Praxis
Dank der Firmware-Version 1.03 erhält die WING einen deutlichen Performance-Boost für den Live-Einsatz. Ich habe die Konsole bei einigen Karnevalsveranstaltungen eingesetzt. Dabei lagen die unterschiedlichsten Signale an meiner Midas DL32-Stagebox an, welche über den AES50-Port A an der Konsole andockte. Handfunken, Headsets, Zuspieler unterschiedlicher Art und komplette Band-Setups gaben sich die Klinken- und XLR-Stecker in die Hand. Eine perfekte Gelegenheit, die neuen Firmware-Features auszuprobieren.
Als Gesangshall wählte ich den integrierten TC-Electronics-VSS3-Hall. Hier hat der Anwender die Möglichkeit, entweder alle Parameter von Hand einzustellen oder über den Encoder unterhalb der Summen-Meteranzeige eine Auswahl aus den zahlreichen Presets zu treffen. Die optische Umsetzung der Oberfläche ist sehr gut gelungen. Trotz der Parameterflut bleibt der VSS3 stets gut bedienbar. Ein kleiner Bug hat sich offensichtlich bei den Presets eingeschlichen.
Kleine Räume haben eine viel zu lange Decay-Zeit. Scheinbar ist ein Fehler bei der Übertragung der Presets von TC Electronics passiert. Bis dieser mit dem nächsten Firmware-Update korrigiert ist, nimmt man die Halllänge einfach manuell zurück. Ein vertretbarer Trade off, denn die gebotene Hallqualität setzt mit dem VSS3 Maßstäbe in dieser Preisklasse. Maßstäbe dürfte auch der neu implementierte USB-Recorder setzen.
Für dich ausgesucht
Statt wie sonst üblich ein Stereo-Signal aufzeichnen zu können, legt Behringer noch einen beziehungsweise zwei drauf. Der USB-Recorder kann bis zu vier Spuren aufnehmen oder wiedergeben. Wozu das gut ist? Man könnte neben der Stereosumme noch zwei Publikumsmikrofone auf Kanal 3 & 4 aufzeichnen und getrennt verarbeiten. Eine andere Idee wäre, Backing-Tracks als Stereosignal wiederzugeben und auf Spur 3 gleichzeitig einen Click-Track für die Musiker auszuspielen. Der Recorder funktionierte im Test problemlos mit einem angedockten 32-GB-Stick von Intenso.
Eine große Hilfe ist die Tatsache, dass sich dank 1.03 in der Sektion „Custom Controls“ Tap-Tempo-Tasten einrichten lassen. Dabei wird nicht nur optisch das Tempo der Taps über die Buttons wiedergegeben. Im Display der Sektion wird sogar das Tempo als Zahlenwert eingeblendet. Feine Sache, ebenso wie die überarbeitete Mute-Gruppenzuweisung. Vor 1.03 musste man die Kanäle mühsam über die „Tags“ im Homescreen der Einzelkanäle zuweisen, was weder intuitiv noch schnell war.
Gerade bei einer Karnevalssitzung passieren immer wieder unvorhergesehene Dinge, weshalb man seine Mute-Gruppen im Griff haben sollte. Dank FW 1.03 ist das kein Problem. Die Mute-Gruppen lassen sich benennen und blitzschnell zuweise oder abwählen. Mehr Tempo verspicht der nun einstellbare Fader-Speed. Die doch sehr entspannt fahrenden WING-Motorfader standen in der Kritik nicht weniger Anwender, worauf Behringer reagiert hat. Wie bereits erwähnt, lässt sich die Geschwindigkeit der Motorfader nun global einstellen. Für diesen Job habe ich die Einstellung „fast“ gewählt, welche die Fader förmlich fliegen lässt.
Im Gebrauch merkt man deutlich, dass Behringer an zahlreichen großen und kleinen Stellschrauben gedreht hat, um den Workflow zu beschleunigen. In der jetzigen Version hat sich das Pult im Testzeitraum als stabil und vor allem als praktikabel erwiesen. Durch die alte Firmware wurde der User teilweise unnötig ausgebremst. Jetzt hat Behringer die Handbremse gelöst und man fährt souverän im vierten Gang. In den fünften und sechsten Gang schaltet man mit den kommenden Firmware-Versionen, die vor allen in puncto App-Steuerung, Offline-Editoren und Optionskarten die Möglichkeiten nochmals erweitern sollen.