In der bunten Neustadt wird nun mittlerweile seit über einem Jahrzehnt Anfang September das Dresdner Drum & Bass Festival gefeiert. Zum elften Mal konnten Schlagzeuger und Bassisten am 9. September 2017 neben einstündigen Clinics auch Bandworkshops mit anschließenden Konzerten besuchen. Nach dem zehnjährigen Jubiläum 2016 mit einem fulminanten Lineup an gleich zwei Tagen wurde dieses Jahr vor allem nationalen Drummern und regionalen Geheimtipps eine Bühne geboten. Doch auch ein Topstar durfte nicht fehlen, und so kam mit JR Robinson ein Drummer von Weltformat in die sächsische Hauptstadt.
An gewohnter Stelle in der Dresdner Scheune eröffnete Dirk Erchinger mit seinem einstündigen Workshop das Festival und stellte dabei mit Lars Lehmann am Bass verschiedene geschichtsträchtige Grooves vor, die er anschließend mit Festivalbesuchern an zwei separaten Drumsets demonstrierte. Dabei kam er vor allem auf die Rolle des Drummers in der Band und einen stetigen Groove zu sprechen. Der junge Dresdner Drummer Demian Kappenstein sorgte mit seiner Performance auf dem Hof der Scheune für einen krassen Kontrast und offene Münder. Mit seinem nicht enden wollenden Einfallsreichtum improvisierte der Free Jazzer am Schlagzeug mit Spielzeugen und Metallgegenständen und zeigte, dass sich dem Drumset selbst mit Vibratoren neue Klänge entlocken lassen. Mit all diesen Sounds spielte er Beats mit einer eleganten Leichtigkeit, für die Produzenten stundenlang Libraries durchsuchen und sich die Finger wund programmieren müssten.
Währenddessen zeigte die Rhythmusgruppe der Band „Seraleez“ ihre abgefahrenen Beats, und Drummer Stephan Salewski erklärte sein Konzept, E-Drums mit dem analogen Schlagzeug zu verbinden. Danach war es Zeit für das Highlight des Festivals. Mit John „JR“ Robinson konnten die Dresdner einen absoluten Top-Drummer verpflichten. Mit heroisch erhobener Faust, einem fetten Bassdrum-Schlag und den Worten „What’s the word? Groove!!“ begann der Workshop des Top-Session Drummers. Nach einer Soloperformance und einigen interessanten Geschichten aus seinen unzähligen Recording Sessions mit den Weltstars der Musikszene demonstrierte er seinen mächtigen Groove zu Songs der Musikgeschichte. Dass die Songs von Michael Jackson, Lionel Richie, Rufus & Chaka Khan und Eric Clapton allesamt Nummer-Eins-Hits waren, beweist das Format des Ausnahmetrommlers. Dazu beschrieb er auch, wie es zu den Songs, Grooves und Arrangements kam und gab einen Einblick in den Alltag eines Sessiondrummers.
Zeitgleich fanden gleich nebenan in „Katy’s Garage“ die ersten Bass-Workshops statt. Freelancer Lars Lehmann widmete sich auf Bässen der Firma Music Man um 14 Uhr der „Money Scale“ (womit er die Pentatonik meint!). Hier konnten die Teilnehmer eine kleine Auswahl der unendlich vielen Hitsongs der Musikgeschichte, die auf pentatonischen Riffs basieren, kennenlernen. Zum Schluss gab es noch wertvolle Tipps für einen versierteren Umgang mit dieser fünftönigen Tonleiter.
Anschließend bearbeitete Stefan Hergenröder auf einem Instrument von Human Base das Thema „Deadnotes“. Anhand vieler mitgebrachter Beispiele demonstrierte der Bassist aus Riedenberg, wie man mithilfe von spontan eingestreuten perkussiven Tönen auch die einfachsten Basslinien aufpeppen kann. Besonders interessant war, wie Stefan diese Technik genreübergreifend in den unterschiedlichsten Stilen einsetzt.
Quasi ein „Heimspiel“ gab es von dem aus Dresden stammenden Tom Götze, der seit seinem Studienaufenthalt in New York und Los Angeles Anfang der 90er-Jahre als freiberuflicher Musiker in den unterschiedlichsten Stilen als E- und Kontrabassist arbeitet. Götze zeigte um 18 Uhr in „Katy’s Garage“, wie man als Bassist kreativer üben und sich eigene Patterns erarbeiten kann. Alle Bassisten konnten sich übrigens über extra vom deutschen Vertrieb „S.M.I.L.E. Music“ bereit gestellte Bassanlagen der Firma Markbass freuen, welche das Festival schon seit Jahren tatkräftig unterstützt!
Spontan nach Dresden gereist war auch Jan „Stix“ Pfennig, der auf der Open Air Bühne seine verrückte „Spiderpedaltechnic“ vorführte und mit seiner Drum & Bass und Breakbeat Performance für spontane Tanzeinlagen beim Publikum sorgte. Unterdessen begeisterte Pitti Hecht mit zwei Workshops auf dem Hof der Scheune und im Zirkuszelt nicht nur die Jüngsten, sondern oft auch deren Eltern und das Laufpublikum der Dresdner Neustadt. In der fußläufig gelegenen „Groove Station“ zeigte Matthias Macht für den erkrankten Heiko Jung zusammen mit Tom Götze die Vielseitigkeit einer Rhythmusgruppe und gab Tipps für das bessere Zusammenspiel. Zurück in der Scheune bewies Moritz Müller wieder einmal, dass er zu einem der besten Drummer des Landes gehört und sich tatsächlich immer wieder selbst übertrifft. Reichlich übernächtigt kam er ohne Schlaf von einem Konzert aus Kroatien, was ihm jedoch nicht die Spielfreude und die Finesse nahm. In einem beeindruckenden Solo zeigte er sowohl die filigrane, als auch die mit Double-Bass-Gewitter geladenen brachiale Seite seines Spiels.
In der „Groove Station“ demonstrierte die Münchner Band „Organ Explosion“, dass man mit alten Instrumenten und den Einflüssen aus Funk, Jazz, Blues und Punk einen überraschend frischen Sound kreieren kann und erklärte ihre Art der Improvisation im Rahmen der Stücke ihres Albums „Level 2“. Unterdessen zeigte das Nachwuchstalent Steffen Roth im Zirkuszelt die Live-Premiere seiner Solo-Performance „Moondance“. Mit Drummer Tobias Held, Keyboarder Maik Schott und Bassist Danny Samar besuchten „monoPunk“, die unter anderem die Backing Band von Max Mutzke bilden, das Festival. In ihrem Band Workshop gaben sie Beispiele für verschiedene Phrasings und Feels im Soul und Funk und demonstrierten dabei anschaulich die Unterschiede der beiden Stilistiken. Dazu holten sie auch Drummer aus dem Publikum auf die Bühne und gaben Tipps zur Umsetzung. Als „Achse des Guten“ befassten sich Claus Hessler und Stefan Hergenröder mit den Untiefen des Zusammenspiels von Bass und Schlagzeug in der „Groove Station“, während die Free-Jazz Legende Günter „Baby“ Sommer zusammen mit seinem Studenten Steffen Roth ein Improvisationskonzert auf der Open Air Bühne gab. Im Anschluss an ihren Workshop gaben sowohl „monoPunk“ als auch „Organ Explosion“ Konzerte im Saal der Scheune und spielten bis tief in die Nacht Songs aus ihren vielseitigen Repertoires.
Nachdem das Dresdner Drum Festival mit einem äußerst namhaften Programm das letztjährige Jubiläum feierte, war dieses Jahr das Lineup zwar deutlich kleiner, hielt aber mit einem Weltstar und mehreren nationalen Top-Drummern und Bassisten das Niveau weiterhin oben. Die etwas unbekannteren, regionalen Geheimtips waren dazu eine echte Überraschung, während die Bandworkshops sicher auch den einen oder anderen Musiker fernab von Bass und Schlagzeug begeistert haben.