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Besser Mixen – Denke nicht während des Mischens!

Wenn es um stimmungsvolle Rock- und Pop-Produktionen geht, ist Mix-Engineer Michael Brauer die erste Adresse.

"Vergiss nicht, beim Mixen Spaß zu haben – es ist Musik!" (Michael Brauer)
“Vergiss nicht, beim Mixen Spaß zu haben – es ist Musik!” (Michael Brauer)

Seit 1978 arbeitet er als Toningenieur mit einigen der bekanntesten Künstler des Genres, hat u.a. Hits von Coldplay und Luther Vandross abgemischt.
Seine Sporen hat er sich als Assistent von Mixing-Legenden wie Bob Clearmountain verdient und dabei viel über den kreativen Einsatz von Tonstudiotechnik gelernt. Im Interview mit bonedo verrät er seine Sicht auf wie Kreativität, schlechte Angewohnheiten und Entscheidungen im Mix-Prozess geht.

Inhalte
  1. Interview mit Michael Bauer
  2. 5 Tipps von Michael Bauer

Interview mit Michael Bauer

Michael, was denkst du, zu welchem Grad sollte ein guter Mixing-Engineer der Klangästhetik seiner Zeit folgen: Sollte er sie so weit wie möglich aufgreifen oder ihnen doch eher voraus sein?

Die Antwort liegt irgendwo dazwischen. Man muss sich fragen: Welcher Ansatz lässt den Künstler am eigenständigsten und gleichzeitig frisch und für den Zuhörer angenehm klingen? Sehr häufig geben Aufnahme und Produktion die Richtung für den Sound schon vor. Der Künstler hat eventuell schon eine genaue Vorstellung davon, wie die Scheibe klingen soll und der Job des Mixers ist es einfach, diesen Wünschen zu entsprechen.
In so einer Situation sind die Dinge einfach, wie sie sind. Da passen beide Wege vielleicht zusammen, laufen komplett auseinander oder es klingt vielleicht sogar altbacken, aber es ist schließlich die Scheibe des Künstlers. Sofern du ihn in eine Richtung bringen kannst, die auch noch das Letzte aus einem Song herausholt, hast du deinen Job gut gemacht. Manchmal war ich in der Position, soundtechnisch an vorderster Front sein können. Das hängt in den meisten Fällen damit zusammen, dass der Künstler mir vertraut und mir die Freiheit gibt auch mal etwas auszuprobieren.
Aber unabhängig davon versuche ich den Sound zu suchen und zu entwickeln, der den Künstler am eigenständigsten und zeitgemäßesten klingen lässt. Nicht selten läuft das dann auf einen Drahtseilakt zwischen zwei Richtungen heraus. Es soll zwar alternativ klingen, aber ich füge genügend Pop-Elemente hinzu, um auch andere Radioformate zu bedienen, wobei ich immer noch die Integrität des Künstlers im Auge behalte. Ich beschränke mich nicht darauf, was zurzeit angesagt ist, aber ich bin mir natürlich im Klaren darüber, was heute “in” ist und was altmodisch klingt. Der beste Tipp, den ich geben kann: Mixe einen Song so, dass er zeitlos klingt. Das ist für mich immer das Ziel.

Wo wir gerade bei den Freiheiten im Mix sind: Wie haben sich die Freiheiten, die du dir bei deinen Mix-Entscheidungen nehmen kannst, im Laufe deiner Karriere verändert?

In den beinahe 40 Jahren …Grundgütiger! [lacht], in denen ich Platten mixe, ist das wichtigste, das sich verändert hat und das ich gelernt habe, wohl die Diplomatie und das In-Schach-Halten meines Egos. Zu Beginn meiner Karriere war ich von meinen Mixes über die Maßen eingenommen.
Das führte dazu, dass ich nach Abgabe eines Mixes nicht immer auf das Feedback der Künstler gehört habe. Manchmal habe ich es als Angriff auf meine Kreativität aufgefasst und sehr persönlich genommen – mein verdammtes Ego stand mir im Weg. Damals war mir nicht immer klar, dass es die Scheibe des Künstlers ist. Ich bin zwar der Mixer, aber es ist nicht meine Scheibe! Das sagt sich leicht, ist aber nicht so einfach in die Tat umzusetzen, wenn du von dem überzeugt bist, was du machst. Es ist sogar nicht mal unwahrscheinlich, dass es ein besserer Mix und damit eine sehr viel bessere Scheibe wird, wenn man die Ideen des Künstlers berücksichtigt. Falls nicht, kannst du immer noch zu deinen eigenen Ideen zurückkehren.
Nachdem ich gelernt hatte, wie und wann ich mir diese Freiheiten nehmen kann, wurden meine Mixes derart kräftig und mächtig, wie ich es mir nie erträumt hätte. Es wurde einfacher für mich, die Gefühle, die in einem Song stecken, zu interpretieren, sodass ich das Innerste des Zuhörers berühren konnte. Das ist aber erst mit der Zeit passiert, nachdem mein Ego ein immer unbedeutenderer Faktor im Mix-Prozess wurde.

Viele der heutigen Top-Mixing-Engineers sind über viele Jahre zu ihrem Status gelangt – durch eine gute Ausbildung, harte Arbeit und indem sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Welche waren die wichtigen Momente oder Entscheidungen in deiner Karriere auf deinem Weg zu einem der angesehensten Namen der Szene?

Ich wollte immer Musik mixen, die ich liebe, und ich wollte mit tollen Sängern zu tun haben, bekannten wie unbekannten. Wie sich später herausgestellt hat, habe ich die Debüt-Alben einiger später sehr bekannter Sänger abgemischt, wie etwa Luther Vandross und Chris Martin. Es war eine Kombination aus Glück und gutem Timing, dass ich meine Finger an ihre Musik bekam.
Aber es lag auch daran, dass ich erkenne, wenn ich einen großartigen Sänger vor mir habe. Und als Mixer habe ich sichergestellt, dass auf ihm der Fokus der Scheibe liegt. Auf einer Rock-Scheibe wie dem Parachutes-Album musste ich Chris deutlich lauter sein lassen, als es ihm eigentlich lieb war, und auch als es eigentlich zu dieser Zeit für Scheiben im Radio üblich war. Aber mir war klar, dass ich unbedingt die Verletzlichkeit seiner Stimme hervorheben musste.
Es war ein entscheidender Moment für mich, sowohl ehrlich dem Song gegenüber zu sein als auch mir selbst treu zu bleiben. Das fing wahrscheinlich damals mit Luther an. Wenn ich beim Mix eines Love-Songs von Luther nicht den Tränen nahe war, dann wusste ich, dass der Mix einfach beschissen war. Hör dir mal “A House Is Not a Home” an. Das ist pures Gefühl. Und aus diesem Gefühl heraus entsteht ein guter Mix.

Welche Eigenheiten, Defizite oder schlechten Angewohnheiten bist du über die Jahre als professioneller Mixing-Engineer einfach nicht losgeworden?

Ich habe über viele Jahre gelernt, einfach nur da zu sitzen und nicht nachzudenken, wenn ich mixe. Keine meiner schlechten Angewohnheiten, Defizite und Eigenheiten haben irgendeine Bedeutung, wenn ich mich hinsetze, in einen Song abtauche und am Ende mit einem Mix herauskomme, der sich toll anfühlt.

Michael Brauer
Michael Brauer

5 Tipps von Michael Bauer

Michael, lass uns zu unserer Workshop-Frage kommen. Wenn du mal an deinen persönlichen Workflow denkst: Welche fünf Entscheidungen sind die wichtigsten für dich während des Mix-Prozesses?

  1. Denke nicht während des Mixens!
  2. Entscheide, welche Emotion der Song vermittelt und lasse alles, was du tust, auf dieser Emotion beruhen – wie eine Art Impuls, der deine Gedanken leitet!
  3. Mach dir klar, dass du beim Mixen Gott bist und ein dummer Bauer, wenn es um die Anmerkungen des Künstlers geht!
  4. Vergiss nicht, beim Mixen Spaß zu haben – es ist Musik!
  5. Gewinne das Vertrauen des Künstlers, sodass du für den Song der Heilsbringer sein kannst!

Es hat mir großen Spaß gemacht mit dir zu sprechen, Michael. Vielen Dank für diesen interessanten Einblick in deine Mix-Entscheidungen.

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"Vergiss nicht, beim Mixen Spaß zu haben – es ist Musik!" (Michael Brauer)

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