Herzlich Willkommen zu einem weiteren bonedo-Interview, Busy. Danke, dass du dir noch einmal die Zeit nimmst, uns zum spannenden Thema Mastering Rede und Antwort zu stehen. Wie schon beim letzten Mal werden wir auch heute wieder versuchen, mit nur fünf Fragen kurz und knapp möglichst viel über dich und deine Arbeit zu erfahren. Heute soll es hauptsächlich um das Thema Arbeitsorganisation gehen. Auch wenn das erstmal etwas sperrig klingt, wird es für unsere Leser sicher aufschlussreich.
In deiner mittlerweile 20-jährigen Zeit als Mix- und Mastering-Engineer hast Du mit zahlreichen Künstlern aus etlichen Musik-Genres zusammengearbeitet. Vom Rapper Curse über Seed, The Boss Hoss und Lena Meyer-Landruth bis hin zu Sir Paul McCartney oder aber den Sauf-Metallern von Tankard… das ist ja doch schon eine gewisse Bandbreite. Aus welchen musikalischen Gründen würdest Du eine Zusammenarbeit überhaupt ablehnen?
Sagen wir mal so: Ich finde generell das Ablehnen von Musik schwierig, weil es für mich in jedem Genre irgendetwas gibt, was geil ist. Egal ob Metal, Hip Hop, Schlager… auf ein Genre kann ich es nicht beziehen. Wenn ich etwas ablehne, dann wenn ich merke, dass die Produktion auf mich anstrengend wirkt, wenn ich sie beim ersten Hören nicht so recht greifen kann. Das ist der Fall, wenn ich beispielsweise die musikalische Anordnung der Instrumente nicht nachvollziehen kann. Und auch wenn ich den Textinhalt sehr fragwürdig finde, würde ich ablehnen.
Sascha, schon als Producer hast du von Anfang an den „großen“, amerikanischen Sound als Ziel gehabt. Das heißt, zahlreiche Produktionen der späten 80er und frühen 90er Jahre haben dich damals in deinen Klang-Entscheidungen beeinflusst. Wie stehst du als gestandener Mastering-Engineer heute zum Thema Referenzproduktionen?
Auch als gestandener Mastering-Engineer finde ich es natürlich interessant zu hören, was meine Kunden bevorzugen. Wenn mir aber jemand sagen sollte, dass er klingen möchte wie die Referenz, dann würde ich fragen warum er nicht einfach direkt zu demjenigen geht, der für diesen Sound gesorgt hat. Generell ist es immer super eine Referenz zu haben. Aber man muss sich auch davon lösen können.
Ursprünglich hast du aus einem kleinen Kellerstudio in der ostwestfälischen Provinz heraus deine Arbeit gemacht. Mittlerweile kannst Du dagegen in deinen Berliner TrueBusyness Studios gleich mehrere Studioräume parallel nutzen. Das ist nicht nur ein toller Fortschritt in Sachen Produktivität, sondern sicher auch eine Herausforderung, was das Einrichten und die Wartung der Infrastruktur angeht. Wer kümmert sich in den TrueBusyness Studios um die technischen Belange, die im Hintergrund für eine zuverlässige Arbeitsumgebung sorgen und mit welcher Systematik arbeitest du?
Es ist tatsächlich so, dass ich alles Technische – von der Rechner-Installation bis hin zum Anschluss diverser Patches – zu 100% alleine mache. Das kann zwar manchmal Horror sein, aber ich bin in der glücklichen Situation, dass eigentlich alles gut und fehlerfrei funktioniert, was die Technik angeht. Was hart ist, ist wenn du fünf bis sechs iMacs und Laptops rumstehen hast und du zusehen musst, dass alles geupdatet ist: alle Programme, alle aktuellen Versionen. Auch das mache ich alles selbst. Das hat nichts damit zu tun, dass ich ein Kontrollfreak bin, sondern damit, dass wir den Laden hier zu zweit schmeißen. Und ich bin eben für die technische Seite zuständig. Das Administrative wird mir allerdings abgenommen, also wenn beispielsweise ein Gerät zur Reparatur geschickt werden muss oder Ersatzteile her müssen.
Wir haben hier ein internes Netzwerk aufgebaut und alle Rechner, die mit einem Internetanschluss ausgestattet sind, hängen an diesem Netzwerk dran. Sonst nutzen wir Standard-Internetleitungen ohne Netz und doppelten Boden. Und natürlich wird Sicherheit groß geschrieben, sodass wir von außen her unsere Ruhe haben. Wir haben auch die Möglichkeit, die Mix-Regie, in der die SSL AWS 948 steht, mit dem Mastering-Studio zu verbinden. Der Engineer, der im unteren Stockwerk arbeitet, kann auch im Raum oben per Direktverbindung den Mix abhören. Und dank Ethernet können wir das Pult auch vom oberen Stockwerk aus fernbedienen.
Was den Datenaustausch angeht: Mit Internet oder WLAN funktioniert das nicht. Das reicht vielleicht in einem Homestudio, in dem ein Rechner und ein Laptop genutzt wird. Da kannst Du das dann per Airdrop oder über eine Cloud machen. Aber hier ist es doch schon wichtig, dass ich eben mal was rüberschieben oder abholen kann, ohne dass ich mich irgendwo anmelden muss. Zusätzlich laufen bei uns Backup-Harddisks auf den Macs, die per Time Machine gekoppelt sind.
Heutzutage ist eine Vielzahl von Entscheidungsträgern in eine CD-Produktion eingebunden. Produzenten und Mix-Engineers, A&Rs und Manager, und nicht zuletzt die Künstler selbst haben ein Interesse daran, mit welchem Sound eine Produktion veröffentlicht wird. Wieviele Mix- und/oder Mastering-Revisions bist Du bereit abzuliefern?
Sagen wir mal so: In einer großen Produktion eines namhaften Künstlers, der 1 Millionen Verkäufe anvisiert, hast Du einen Riesen-Pool. Da gibt es den Künstler selber, den Produzenten, den Manager, den A&R bei der Plattenfirma. Da stellt sich dann die Frage wer derjenige ist, der über das Master entscheidet. Alle? Um Himmels Willen. Dann ist der Draht zum Künstler extrem wichtig. Aber es gibt A&Rs, die als mein Auftraggeber auftreten und mein allererster Ansprechpartner sind. Er fasst dann das ganze Feedback zusammen und filtert es für mich. Einen einzelnen Ansprechpartner zu haben und nicht zwanzig, das ist schon wichtig. Und dann kann man auch schon mal zwei oder drei Revisionen machen, falls ich eine Vorstellung nicht gleich getroffen habe.
Workshop: Frequenzverhalten optimieren
Schritt 1: Kick und Low End müssen passen
Als erstes achte ich auf Bass und Höhen und schätze dann ein, wo die Leute das Stück hören werden. Werden sie es eher im Auto genießen wollen, wenn sie im Sommer durch die Gegend fahren, oder wollen sie es im Club hören? Und in allererster Linie würde ich immer auf den Bassbereich hören. Ich versuche dann aus Kickdrum und Bass-Sound eine Einheit zu machen. Der Kick muss da sein, aber es muss eben auch das Low End funktionieren. Und wenn das für mich funktioniert, dann taste ich mich ganz langsam weiter, durch das untere Mittenband ins obere Mittenband, bis ich oben bei den Höhen lande. Ich liebe die 31 Hz und die 39 Hz. Das sind meine Lieblings-Frequenzbereiche fürs Low End. Die bearbeite ich gerne mit dem Massenburg-EQ. Aber wenn es um die Reproduktion von alten und noch aktuellen EQs geht, wie dem API 560, nutze ich auch gerne Plug-ins von UAD. Ich hatte bisher sonst kaum einen EQ, bei dem ich das Gefühl hatte, so ein sattes Low End zu bekommen, ohne dass es unkontrolliert klingt.
Schritt 2: Untere Mitten gezielt abhören
Dann geht es an die unteren Mitten, die liegen für mich so um und unter 800 Hz. Dazu gehören auch 500Hz-Anteile von Vocals beispielsweise. Da kannst Du dann ruhig auch mal mit allen möglichen Mitteln ausprobieren. Es muss kein Mastering-EQ sein, um einen Track Master-fähig gemastert zu haben. Das kann genauso gut auch ein Mix-EQ sein. Wenn er für die Sache gut klingt, dann ist das halt so. Da muss es keine fest eingestellten Frequenzen oder irgendwelche Raster-Potis geben. Ich finde es manchmal spannender, wenn man einfach mal ein bisschen durchdrehen kann und ein paar Sachen ausprobiert. Oft schalte ich auch einzelne Frequenzbereiche solo und höre nur das ab, was ich gerade mit dem EQ anfahre. Wenn ich merke, dass in diesem Bereich – in dieser Problemzone – irgendetwas extrem heraus-hupt, dann werde ich hellhörig.
Für dich ausgesucht
Schritt 3: Keine Angst vor Notch-Filtern in den mittleren Mitten!
Der typische Mittenbereich liegt für mich bei 1 kHz bis 1,2 kHz. Um 1000 Hz herum, da liegt die Wahrheit des Songs, vor allem für die Sprachverständlichkeit. Da entscheidet sich, ob der Song überhaupt verständlich ist. Das ist ein ganz wichtiges Ding. Ich finde, man darf beim Mastern nicht so vorsichtig sein, man muss eingreifen. Es geht manchmal auch drum zu sehen, was die ganzen Kisten überhaupt drauf haben. Mastering ist für viele ein Mysterium, das total überbewertet wird. Aber es gibt Momente, da muss ich auch mit einem Notch-Filter grob die Frequenzbereiche durchsweepen, um zu gucken, wo sich ein gehörter Fehler befinden könnte. So ist das. Manchmal muss eben auch mal das Dach abgedeckt werden, um das Gebälk darunter kennenzulernen.
Schritt 4: US-Sound in den oberen Mitten
Dann arbeite ich bei 2 k und 4 k, da setzen für mich die oberen Mitten ein. Das sind beliebte Frequenzen, die ich für mich erst sehr spät entdeckt habe. Dann habe ich aber festgestellt, dass das ein sehr wichtiger Bereich ist, speziell bei Metal. Aber auch bei Popmusik sind es die 4 kHz, die vor allem in US-Produktionen extrem weit nach vorne kommen. Auch wenn das nicht ganz meinem Geschmack entspricht. Und 3,4 und 3,6 kHz finde ich sogar nochmal wesentlich „gefährlicher“.
Schritt 5: Bei den Höhen tief ansetzen
Für die Höhen habe ich immer ganz gerne den Chandler Limited Curve Bender EQ am Start, der ein tolles Höhenbild um die 16 kHz herum macht. Dazu den Bax EQ, um mit dem High Shelve schon sehr, sehr früh anzusetzen, zum Beispiel bei 2 kHz. Das ist mein High Shelf – sehr tief angesetzt. Und bei Mix-Angelegenheiten nutze ich auch ganz gerne mal den Maaq EQ, um eine gewisse Frische in den luftigen Höhen, im Air-Bereich zu bekommen. Aber ich arbeite auch gerne mit dem MS-EQ des Brainworx V3. Da bearbeite ich dann zum Beispiel gezielt die Höhen des Mittensignals oder sorge für mehr Glanz bei den Seitensignalen. Wenn wir über Frequenzen sprechen: 8 kHz ist heute wichtig, weil es das ist, was sich auch auf den iPhone-Speakern bemerkbar macht.
Wow, das ist sehr interessant. Ein wirklich guter Einblick in dein Frequenz-Denken und deinen Mastering-Ansatz, was EQs angeht. Vielen Dank für das Interview, Busy!