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Besser Mixen – Hochton-Management im Mastering

Geht es in Deutschland um Mastering, steht der Name Sascha „Busy“ Bühren ganz oben auf der Liste vieler Plattenfirmen und Produzenten. Busy arbeitet als Mastering-Engineer und Musikproduzent im eigenen Studiokomplex „TrueBusyness“ in Berlin. Er verhalf Deichkind, Unheilig und Helene Fischer zu Echo-prämierten Produktionen, Seeed, Silbermond und Peter Fox, zu Scheiben mit Gold- und Mehrfach-Platin-Status. Im Interview verrät er euch unter anderem, warum er den direkten Kontakt mit Künstler so liebt und auf welche Probleme er wieder und wieder stößt. Zum Abschluss gibt er außerdem Tipps für die Arbeit mit Höhen im Mastering.

„Wenn es ein gut produzierter Song ist, dann kann er noch so beschissen klingen, die Leute werden ihn feiern“ (Sascha „Busy“ Bühren)
„Wenn es ein gut produzierter Song ist, dann kann er noch so beschissen klingen, die Leute werden ihn feiern“ (Sascha „Busy“ Bühren)
Inhalte
  1. Interview mit Sascha “Busy” Bühren
  2. 5 Tipps von Sascha “Busy” Bühren

Interview mit Sascha “Busy” Bühren

Hallo Busy, schön dass du dir die Zeit für ein Interview mit bonedo nimmst, obwohl du – wie dein Spitzname wohl schon sagt – eigentlich ständig „busy“ bist, was Mastering und Musikproduktion angeht. Deine musikalischen Wurzeln liegen im HipHop der 90er Jahre. Inwiefern glaubst du, dass der Sound, der dich damals prägte, noch heute deine Entscheidungen beeinflusst, wenn es um Scheiben im Bereich Pop, Rock oder sogar Metal geht?

Eine sehr interessante Frage. Für die heutigen Produktionen ist das ganz besonders interessant, auch wenn sie mittlerweile doch ganz anders klingen als noch in den 90ern. Ich bin eigentlich sogar ein Kind der 80er und bin in der Jugend mit dem Hip Hop infiziert worden. Das war so um 1982/83 herum. Aber in den 80ern gab es ehrlich gesagt im Hip Hop nicht unbedingt soundmäßig wegweisende Produktionen, sondern eher solche, die den Hip Hop überhaupt erstmal weltweit berühmt gemacht haben. Vieles davon war einfach Krawall-Mucke, die ganz gut produziert war, aber soundtechnisch haben mich in den 80ern mehr Funk und Soul geprägt, also beispielsweise Midnight Star und alle Sachen, die versucht haben den Sound „groß“ klingen zu lassen. Aber auch die Mitte der 90er war eine sehr interessante und prägende Zeit, was mich und meine eigenen Produktionen angeht.
Heute kommen aber eben auch Kunden zu mir und sagen: „Moment mal, ich hör‘ mal grad‘ auf meinem iPhone, wie’s da klingt.“ Dann hast du tausende von Euros in einen fetten Equipment-Park gesteckt und deine Arbeit wird auf einem austauschbaren Endgerät abgespielt, das definitiv keine HiFi-Stereo-Anlage ist. Und da hilft dann das Knowhow aus dieser Zeit – also den 80er/90ern, als ich angefangen habe mich mit Sound-Ästhetik auseinanderzusetzen – durchaus weiter. Ich habe aus der Zeit gelernt, die Musik so zu transportieren, dass sie auch auf schlecht klingenden Geräten funktioniert. Und das, obwohl es einfach nur Lautmacher statt Schönmacher sind. Und ehrlich gesagt klingen die Produktionen von damals auch heute noch auf einem iPhone richtig geil. Ein Trick aus dieser Zeit, den ich liebe, ist zum Beispiel, wenn eine Bassdrum mit harmonischer Verzerrung angereichert wird, damit sie auch auf kleineren Speakern hörbar wird.

Ein guter Kniff, keine Frage! Interessant an deiner Arbeitsweise ist, dass du auch als Mastering-Engineer am liebsten Kontakt mit den Künstlern hast, um deine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Warum genau ist das für deine Arbeit so wichtig?

Also für mich ist es wichtig, mit dem Künstler Kontakt zu haben, weil ich selber auch Künstler bin. Ich stehe zwar nach außen hin als Mastering-Engineer da, aber ich komme aus dem künstlerischen Bereich, habe selber eine Band gehabt.  Plattenfirmen sprechen Ihre eigene Sprache, aber auch die Leute, die nicht so nah an der Musikproduktion des Künstlers sind. Die A&Rs und Manager haben Ihre Vorstellungen, aber vor allem der Künstler um dessen Produkt es sich handelt, hat eben auch eine bestimmte Vision seiner Musik, deswegen ist es mir wichtig, mit der Plattenfirma und Künstlern Kontakt zu haben und fragen zu können, warum etwas bei einer Produktion so oder so gemacht wurde.Ich frage auch: Was brauchst du von mir? Oder: Was möchtest du von mir haben? Denn die Künstler oder die Band haben ja meistens schon eine ganz bestimmte Vorstellung vom Sound ihres Albums. Und manchmal können sie mir das mit ihren (oft auch nicht so treffenden) Antworten präziser sagen als der Manager oder ein Typ von der Plattenfirma der einfach nur ein Master haben will, das in jedem Radio geil klingen soll. Denn es kann auch sein, dass ein Song beim ersten Hören für meine Ohren total komisch klingt. Dann kann ich mich durch das Gespräch mit dem Künstler einfach besser auf eine Produktion einstellen. Es ist für mich deshalb sehr, sehr wichtig, dass ich weiß wer der Gegenüber ist und das geht nur, wenn ich den direkten Kontakt habe. Mit vielen Künstler, mit denen ich zusammenarbeite, hat sich über die Jahre eine sehr enge Freundschaft gebildet. Manchmal rufen die mich einfach an und fragen mich was ich von ihrem Sound halte. Auch wenn sie gerade mit jemand anderem als mir an ihrem Projekt arbeiten. Ich brauche aber auch den Austausch mit den Mix-Engineers und den Produzenten. Vielleicht möchte jemand beispielsweise einen richtig abgeranzten Sound, seine eigene Produktion ist aber noch zu clean. Dann bin ich als Mastering-Engineer der Letzte in der Kette, der da noch Einfluss nehmen kann.

Viele Homerecording-Produzenten sorgen auch gleich selbst für den abschließenden Feinschliff ihrer Produktionen. Was denkst du: Sollten sich diese „Bedroom-Producer“ die Mühe machen, unterschiedliche Master für die verschiedenen Ziel-Medien (CD, iTunes etc.) anzufertigen und warum sollten sie das tun oder sein lassen?

Wenn ich ein Master anfertigen muss, dann biete ich natürlich auch an, es für verschiedene Vertriebswege auszuspielen. Aber wenn man das mal so auf den Punkt bringen möchte: Diese ganzen neuen Vertriebswege, die wir haben, Spotify, iTunes, YouTube, Amazon, die kommen auf jeden Fall alle auch mit herkömmlichen Mastern klar. Wenngleich es bestimmte Vorgaben gibt, mit denen man sich die Bezeichnung „Mastered for iTunes“ verdient. Und wenn die Leute das zuhause machen – ich gehe jetzt mal von dem typischen EDM-Producer aus – der nutzt dann wahrscheinlich Ableton und fährt das Ding komplett gegen die Wand. Da habe ich dann absolut mit den Pegeln zu kämpfen, da ist alles gegen Null ausgesteuert. So dass sich die Nadel in meinem Meter schon nicht mehr bewegt. Aber… genau diese Scheiben werden da draußen gefeiert. Und da sagt niemand, dass das zu laut ist oder keine Dynamik drin ist. Das verkauft sich und bis zu einem gewissen Punkt gilt: Bring es einfach so raus wie du es gemacht hast. Denn bei den digitalen Vertriebsdiensten wie Spotify laufen Algorithmen, die dafür sorgen, dass laute Master leise gemacht werden. Und dann geht es nur eben noch darum, sich zu fragen, willst du Dynamik oder willst du es laut haben? Aber wenn man mal ehrlich ist, geht doch auch keiner bei einem Rockkonzert zum FOH-Mischer und bittet ihn den Sound leiser zu machen, damit man die Dynamik besser genießen kann. Nein, du gehst natürlich auf ein Rockkonzert, um dich richtig wegblasen zu lassen. Und genauso ist das auch mit vielen Tracks. Mein Tipp für Home-Producer ist deshalb, dass MP3 und AAC nicht gleichbedeutend sein muss mit fehlender Dynamik. Zugleich können aber auch viele Consumer gar nicht mehr entscheiden, ob ein Song gut oder schlecht klingt. Nur der Inhalt zählt. Wenn es ein gut produzierter Song ist, dann kann er noch so beschissen klingen, die Leute werden ihn feiern.

Dies ausgerechnet von einem Mastering-Engineer zu hören, ist wirklich verrückt. Aber Recht hast du. Busy, du hast mittlerweile 20 Jahre Mastering-Erfahrung. Welches sind die häufigsten Probleme angelieferter Mixes? Auf welche Probleme triffst du wieder und wieder?

Sowas gibt es eigentlich nicht. Es ist natürlich so, dass ich Produktionen, die ich bekomme, erstmal begutachte und mir die Fragen stelle: Warum muss ich das überhaupt mastern? Was erwartet der Kunde von mir? Manchmal bekomme ich auch einen Mix von einem Grammy-awarded Mixer und da sind Sachen drin, die ich mir im ersten Moment nicht erklären kann. Dann rufe ich ihn an und frage ihn, ob das genau so gemeint ist oder bei der Überspielung ein Fehler passiert ist. Oft sagt er mir dann, dass das Teil der Produktion ist. „Das soll so bleiben, mach‘ es nur insgesamt ein bisschen lauter.“ Und auf der anderen Seite bekomme ich Ultra-Low-Budget-Demos, bei denen ich merke, dass die Leute allzu „lieb“ und vorsichtig mit dem Material umgegangen sind, zum Beispiel weil die Performance nicht geil war und das versteckt werden soll. Da mache ich dann eher Schadensbegrenzung, was die Gesamtfrequenzen angeht. Heute haben wir aber viele Probleme nicht mehr, weil es so viele Plug-ins gibt, die beispielsweise Raumkorrekturen für den Mixer zuhause vornehmen oder auch Programme für Kopfhörer-Mixes und so weiter. Auf Probleme treffe ich eher, wenn ich als Mixer gefragt werde. Da merke ich dann, wenn die Vocals in einer sehr kleinen Kabine aufgenommen wurden und Raumresonanzen drauf sind. Da muss ich dann bestimmte Resonanzen wegfiltern. Das Einzige, was mich heute noch wirklich nervt, das sind Produktionen, die ich bekomme, in denen noch Digital-Clippings sind. Das kommt natürlich dadurch, dass viele Typen ihre Spuren volles Programm an der Obergrenze fahren und die Plug-ins nicht mehr richtig mitmachen. Und dann muss nachher mit iZotope RX da dran gehen und muss de-clippen wie ein Wahnsinniger, obwohl das eigentlich Aufgabe des Produzenten oder Mix-Engineers ist.

5 Tipps von Sascha “Busy” Bühren

1. Gehör schulen

Erstmal ist es so, dass du Tonnen zwar an Outboard haben kannst, zum Beispiel einen Chandler Curve Bender oder einen Pultec EQ, die dafür stehen, dass sie seidige Höhen liefern, aber es dir nix bringt, wenn die Ohren nicht mitmachen, wenn du diese Höhen gar nicht wahrnimmst und hörst und wenn du auch keine allzu gute Abhöre hast. Und die Abhöre ist sehr entscheidend. Es gibt zwar noch Jungs mit gutem Gehör, aber Leute, die sich heute mit den ultratiefen Bässen von „Beats“Kopfhörern einen immensen Schalldruck auf die Ohrmuschel drücken und sie im Untertonbereich echt hart befeuern, werden diese oberen Höhen gar nicht hinbekommen.

2. & 3. Passende Abhöre für Höhenbeurteilung anschaffen und Erfahrung damit sammeln

Und das führt uns zu Punkt 2: Denn die Höhen nicht beurteilen zu können, liegt oft auch daran, dass diese Leute eine falsche – oder besser gesagt „akustisch nicht optimierte“ – Abhörsituation haben. Ich kenne meine Wiedergabesysteme sehr, sehr lange und ein paar davon sind sogar auf mich eingemessen. Also nicht nur auf den Raum, sondern darauf, wie ich Musik höre. Ich weiß deshalb, was meine Speaker an Höhen liefern können und dementsprechend kann ich Musik auch genau dahin schrauben, ohne dass es harsch klingt. Bei mir verlangen manchmal Kunden, die bei mir sind und ihre Tracks hören, dass ich noch mehr Höhen reinmachen soll, obwohl ich sie schon ok finde. Zuhause hören sie dann, dass das ganz anders klingt als bei mir im Studio. Das liegt daran, dass sie meine Abhöre nicht so gut kennen.

4. Gute Referenz-Tracks nutzen

Generell sind auch Referenz-Tracks sehr interessant. Wenn du zum Beispiel ganz spezielle Höhen haben willst, wie bei Drake, die typisch amerikanisch und für unsere Ohren ein bisschen übertrieben klingen, dann kann man sehr gut mit Vergleichen arbeiten. Die amerikanischen Sounds haben zwar häufig eher viel Höhen und Bässe drin, aber das immer kontrolliert. Dagegen gibt es bei den britischen Masterings eher Mitten-Betonung und weniger Sub-Bässe. Wenndu also die Oasis-Sachen total geil findest, dann besorg’ dir die Tracks und los. Dabei ist es auch egal ob du mit teuren oder billigen Plugins arbeitest. Wenn du deine Lautsprecher gut kennst und deine Referenz-Tracks gut imitieren kannst, dann ist es sogar egal, wie du deine Home-Akustik gestaltet hast.

5. High-Cut- und High-Shelf-Filter

Und dann sind noch High-Cut- und High-Shelf- oder auch Low-Pass-Filter ganz wichtig. Die geben ganz interessante Kurven, die du mit einem normalen Bell [Glockenkurvenfilter] nicht hinbekommst. Deswegen habe ich bei mir auch den Dangerous Music Bax EQ. Das ist ein Low- und High Shelf-EQ, der mit einem Cut ganz tolle Sachen zum Vorschein bringen kann. Meine seidigen Höhen bekomme ich auch dank dieses EQs hin.

Also, Busy, das war eine ganze Menge Info von dir heute. Ich bin mir sicher, dass es viele bonedo-Leser gibt, die jedes Wort davon mit Begeisterung lesen und von deiner Erfahrung profitieren werden. Danke dir für deine Zeit!

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„Wenn es ein gut produzierter Song ist, dann kann er noch so beschissen klingen, die Leute werden ihn feiern“ (Sascha „Busy“ Bühren)

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