Praxis
Tragekomfort dank Memory-Foam
„Als Patric L. am heißesten Tag des Jahres den Beyerdynamic DT 1990 Pro aufsetzte, ahnte er noch nicht, dass er ihn für die darauf folgenden fünf Stunden nicht mehr absetzen würde.“ So, oder so ähnlich würde der Praxisteil von „Aktenzeichen XY…“ anmoderiert werden. Aber ich fange erst mal von vorne an…
Ich stöpsle das gestreckte Anschlusskabel ein und setze den Kopfhörer auf. Die ausgewogen klingenden Velours-Polster mit der leichten Bassanhebung sind werksseitig montiert. Mein erster Eindruck ist, dass der Anpressdruck etwas hoch ist, und ich bin gespannt, ob dies mit der Zeit nicht unbequem werden wird. Doch der Sitz ändert sich. Für etwa zehn Sekunden arbeitet der in den Polstern verwendete Memory Foam und passt sich meiner Kopfform rund um die Ohren an. Der gefühlte Anpressdruck ist weniger geworden, da sich dieser Spezialschaumstoff nun wohl ideal angeschmiegt hat. Fühlt sich gut an und drückt auch nicht mehr zu fest. Nur um es zu testen, hüpfe ich ein wenig, und schüttle meinen Kopf. Der DT 1990 Pro sitzt gut und verrutscht nicht: Pogo-Test bestanden. Für Hörsituationen, bei denen man sich viel bewegt, sollte man allerdings besser das Spiralkabel verwenden. Dieses macht nicht nur die Bewegungen besser mit und räumt sich durch seine Wicklung quasi selbst aus dem Weg, sondern überträgt auch weniger Störgeräusche, wenn man mal gegen das Kabel stößt, oder wenn das Kabel an harte Oberflächen schlägt. Sitzt man ruhig und mehr oder weniger bewegungslos, so bietet sich das bequemere, gestreckte Kabel an. Dieses fühlt sich beim Tragen wesentlich leichter an, und führt auch nicht bei jeder kleinen Bewegung zu einem Pendel-artigen mitschwingen. Und: Klanglich konnte ich zwischen den beiden Kabeln keine Unterschiede heraushören.
Klang
Den DT 1990 Pro möchte ich hier wie mit Ilya Richters Spruch „Licht aus, Spot an!“ gerne präsentieren, denn er klingt sagenhaft. Als mein All-Time-Favorite-Soundcheck-Song durch die Treiber pumpt, weiß ich aber zunächst gar nicht, wie der Kopfhörer klingt, denn generell fallen mir bei jeder Art von Abhöre zunächst unschöne Frequenzbuckel auf. Nölende Mittennasen, Karton-artige Resonanzen, vermatschte Bässe oder überspitzte Höhen? Fehlanzeige. Die offenen Hörer mit den Tesla-Treibern klingen extrem ausgewogen ohne irgendwelche störenden Ausuferungen. Meine anfängliche Orientierungslosigkeit schwenkt um in Hörspaß. Wo mir anfangs Klangmakel gefehlt haben, um den Sound mit anderen Kopfhörern zu vergleichen, stellt sich nun eine Art sorgen- und schmerzfreies Hören ein. Um doch noch ein Haar in der Kopfhörersuppe zu finden, spiele ich alle meine gewohnten Testsongs an und finde bei keinem irgendwelche Kritikpunkte. Der Beyerdynamic DT 1990 Pro klingt mit den „ausgeglichen“-Polstern angenehm bassig und lässt in den Höhen jede noch so feine Frequenz erklingen. Mit dem anderen Polsterpaar, dem analytisch linear ausgelegten, höre ich insgesamt weniger Bässe, aber ansonsten keinen Unterschied. Wen Bassanteile auf Dauer ermüden oder wer vielleicht größtenteils Sprache aufnimmt oder editieren muss, der sollte vielleicht eher jene lineareren Polster verwenden. Allen anderen würde ich die von Beyerdynamic als ausgewogen bezeichneten Polster empfehlen. Bei mir haben sie dazu geführt, dass ich von einem Song zum nächsten geschliddert bin, und ganze fünf Stunden am Stück Spaß am Musikhören hatte, bevor ich den Kopfhörer wieder freiwillig absetzte.
Impulsverhalten
Wie auch dem Tesla-Geschwistermodell DT 1770 Pro bescheinige ich dem DT 1990 Pro ein Impulsverhalten und eine räumliche Abbildung, die ihresgleichen suchen. Die Tesla-2.0-Generation spielt ihren Trumpf aus und kann aufgrund der besonders dünnen und leichten Bauweise attackreiche Sounds äußerst präzise wiedergeben. Die Hi-Hat-Attacks einiger audiophilen Aufnahmen klingen wirklich so, wie ich eine live gespielte Hi-Hat in „Ohrinnerung“ habe. Bassdrum-Kicks klingen zugleich druckvoll und haben diese gewissen ersten Schmatz-Attacks, die den Akustiksound normalerweise durch das Vermatschtsein von Lautsprecherwiedergaben unterscheidet und trennt.
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Räumliche Abbildung
In Sachen Abbildung und Stereoauflösung gibt es, natürlich auch dank der offenen Bauweise des Gehäuses, nichts auszusetzen. Im Gegenteil, der DT 1990 Pro zeichnet ein ausbalanciertes Stereobild das eine präzise Monomitte abbildet und Klänge jenseits der Mitte fast punktgenau ortbar erklingen lässt. Im Vergleich zu meinem DT 880 Pro fällt mir außerdem auf, dass ich Hallfahnen einzelner perkussiver Sounds auf dem DT 1990 Pro viel länger ausklingen höre. Das Ausklingen von Hallräumen, die auf dem 880er bereits von anderen Elementen und Instrumenten verdeckt werden, höre ich auf dem 1990er einfach noch etwas länger.
_11VV_ sagt:
#1 - 12.09.2016 um 18:13 Uhr
Wie ist das Preis-/Leistungsverhältnis gegenüber dem DT 880 Pro?! Der DT 1990 kostet aktuell 390,- € mehr. Bringt der DT 1990 gegenüber dem DT 880 Pro einen entsprechenden Mehrwert mit?!mfg
Patric Louis sagt:
#2 - 13.09.2016 um 15:08 Uhr
Meiner Meinung nach lohnt sich die Mehrausgabe. Wenn man nicht ganz so analytisch hört, und nur aus Spaß Musikhören möchte, dann hauen einen der Sound, die Lautstärke und der Tragekomfort um! Wer genau hinhört und den Kopfhörer beruflich einsetzen möchte, bekommt ein super definiertes Klangbild, ausgewogenen Frequenzgang (sogar mit wählbaren unterschiedlichen Polstern), wobei mich die Wiedergabe der Räume und Hallfahnen erstaunt haben. Mein DT880 Pro ist trotz Reperatur nicht Mono-mittig, d.h. das Panorama ist leicht nach links versetzt, auch nach einem Tausch von Beyerdynamik. Der 1990 spielt absolut präzise. Wenn man noch keinen guten Kopfhörer besitzt und mit dem Gedanken spielt: Der DT1990 Pro lohnt sich total! Der DT1770 Pro ist fast genauso gut, nur ist dieser geschlossen, also auch für unterwegs "tauglicher". Den DT880Pro würde ich mir nur kaufen, wenn mir schlicht das Geld für ein anderes Modell fehlen würde. Ich habe mir mal den Spaß erlaubt und vor nem Jahr im Multimediamarkt die angebotenen 20 Kopfhörer durchgehört. Alle bis auf die Beyerdynamikmodelle konnte man einfach in die Tonne kloppen. Egal ob mit Doktortitel oder ohne, länger als 10 Sekunden konnte ich die meisten nicht ertragen. Furchtbare Resonanzen, bescheidenster Frequenzgang. Sorry, vom Thema abgekommen. Wenn Dir 390 Euro mehr zuviel sind, warte vielleicht ein paar Wochen? Vielleicht wird er ja günstiger.
Schönen Gruß!
Danny Who sagt:
#2.1 - 07.11.2017 um 13:30 Uhr
Ich bin durch etwas schwachen Bass und Wirkungsgrad vom 880 auf den 1770 gewechselt. Der ist dort besser, aber auch schärfer in den Höhen. Ich fürchte, dass meine Kopfform durch wenig Knochen hinterm Ohr aber dennoch kein voller Abschluss zwischen Muschel und Kopf zustande kommt und der Hörer Druck verliert.Frage: gehe ich richtig in der Annahme, dass die Polster von 1770 und 1990 Identisch weich sind?Weitere Frage: ist der 1990 bis auf evtl besseres Stereobild sonst noch besser als der 1770?Ich bin gespannt, ob ein evtl kommender 1880 den 1990 und 1770 ausstechen wird, so wie der 880 auch der neutralste der alten war.
Antwort auf #2 von Patric Louis
Melden Empfehlen Empfehlung entfernen_11VV_ sagt:
#3 - 14.09.2016 um 08:05 Uhr
Vielen Dank für dein Feedback!Ich nutze den DT 880 Pro schon mehrere Jahre in meinem Studio und bin an für sich sehr zufrieden damit. Das Preis-/Leistungsverhältnis, die Verarbeitung und der Sound sind einfach sehr gut.Aber der DT 1990 Pro reizt mich irgendwie, insbesondere auch weil ich im Studio zu 95 % mit Kopfhörern arbeite.
Ich werde ihn wohl mal testen befürchte aber, dass ich dann nicht widerstehen kann :Dmfg
Patric Louis sagt:
#3.1 - 02.02.2017 um 10:31 Uhr
Habe gesehen dass es gerade ein Gewinnspiel bei bonedo gibt, bei dem man einen DT1990Pro gewinnen kann. Vielleicht willste ja mitmachen?
LG
Patric
Antwort auf #3 von _11VV_
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenWowa Ackermann sagt:
#4 - 03.03.2017 um 21:57 Uhr
Worin liegt der größte klangliche Unterschied im Vergleich zum DT1770?