Beyerdynamic DT 990 Pro (80 Ohm): Testumgebung
Während der estphase habe ich den DT 990 Pro an den Kopfhörerausgängen eines Universal Audio Apollo X4 , dem SPL Phonitor mini und einem iPad (6. Generation) verwendet. Zum Vergleich waren meine ebenfalls offenen Studiokopfhörer Focal Clear MG Professional und AKG K 812 im Einsatz. Beide Referenzkopfhörer sind um ein Vielfaches teurer als das ziemlich preiswerte Beyerdynamic Modell, dennoch erschien mir ein Vergleich sehr aufschlussreich. Gehört wurden vertraute Produktionen (gemastert, ungemastert) sowie Produktionselemente und Signalgeneratoren (DAW).
Anwendungsbereich
Die offene Bauart der Ohrmuscheln schließt den Einsatz bei übersprechungssensiblen Mikrofonierungen im Aufnahmeraum aus. Trotz seiner vergleichsweise geringeren Impedanz ist die Verwendung als Mobilkopfhörer ebenfalls nicht zu empfehlen, was an der fehlenden Dämmwirkung (sowie dem hierfür unpraktisch langem Kabel) liegt. Typische Einsatzszenarien für offene Studiokopfhörer sind Editing, Mixing und Mastering im Regieraum bzw. ruhigen Arbeitsplätzen, an denen keine akustische Abschirmung des Kopfhörers erforderlich ist.
Wie klingt der Beyerdynamic HD 990 Pro (80 Ohm)?
Vorweg: Der DT 990 Pro klingt in seiner 80-Ohm-Variante weitgehend genauso, wie ich das 250-Ohm-Modell in Erinnerung und dem damaligen Testbericht beschrieben habe. Ein Beyerdynamic DT 990 Pro kann durchaus Balsam für die Seele eines selbstkritischen Mix-Engineers sein! Als das Modell bei mir eintraf, war ich gerade mit Mix- und Mastering-Ausspielungen beschäftigt und auf einmal klang alles sehr amtlich – „teurer“ und besser als auf meinen eigenen kritischen Abhör-Tools! allerdings sehe ich in dieser Eigenschaft ein potenzielles Problem, sofern man mit dem DT 990 Pro komplexe Produktionen aktiv mischen oder mastern möchte. Trotz seiner exzellenten Detailfreudigkeit hat der Beyerdynamic Kopfhörer eine häufige Tendenz zur Verschönerung. Letzteres kann allerdings auch ins Gegenteil umschlagen…
Höhenwiedergabe
Tatsächlich besitzt der Beyerdynamic Kopfhörer eine ausgesprochene Höhenpräsenz, die bei scharfen Zischlauten und stark höhenlastigem Material schnell anstrengend und unangenehm klingen kann. Von daher ist der DT 990 Pro allerdings auch ein effektiver Detektor, derartige Missstände zu entlarven! Doch nicht nur das: Auch Schnittfehler beim Editing werden gnadenlos offengelegt. Von daher ist der vergleichsweise preisgünstige Studiokopfhörer ein unbestrittenes Profi-Tool zum Editing und zur finalen „Qualitätskontrolle“.
Basswiedergabe
Der Bassbereich wird satt, rund und geschmackvoll wiedergegeben, was bei einem Kopfhörer der offenen Bauart nicht selbstverständlich ist. Meinen (wie gesagt deutlich teureren) Referenzkopfhörern gelingt die Separierung von (Sub-) Bass, Kick und unteren Mitten spürbar besser, was aktive Mixeingriffe erleichtert. Bei sehr basslastigen Produktionen neigt der DT 990 Pro im Vergleich zu meinen Referenzen auch zur leichten (aber noch tolerierbaren) Kompression. Ein Vorteil der genannten Wiedergabeeigenschaften: Motivierender „Wumms“ bei Kreativprozessen wie Songwriting oder Programming.
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Mittenwiedergabe
Die Wiedergabe mittlerer Frequenzen bei Kopfhörern ist immer so eine Sache. Hier sind häufig Färbungen innerhalb verschiedener Modelle auszumachen, die nach einer gewissen Hörphase aber schnell verblassen. Generell empfinde ich beim vorliegenden Testkopfhörer die Mitten als etwas musikalischer und vielleicht nicht ganz so eingebettet wie bei mir bekannten Beyerdynamic Klassikern. Im Direktvergleich zu meinen Referenzen von Focal und AKG überwiegen die oberen gegenüber den unteren Mitten, was im Zusammenspiel den präsenten Höhen ein helleres Klangbild erzeugt. Für kritische Tonhöhenkorrekturen bei Musikproduktionen würde ich dennoch zu einem Abhörwerkzeug mit noch präsenteren und „fleischigeren“ Mitten greifen.
Die bis hierhin genannten Eigenschaften und Einschränkungen sind Kritik auf hohem Niveau und basieren auf Vergleichen zu Referenzkopfhörern, deren Verkaufspreis um den Faktor x multipliziert wird! Was der in Deutschland hergestellte Beyerdynamic DT 990 Pro (80 Ohm) zu einem aus heutiger Sicht kostengünstigen Preis von etwa 150 Euro leistet, ist dennoch bemerkenswert und zurecht populär. Außerdem gibt es viele Anwendungsmöglichkeiten außerhalb komplexer Mixtätigkeiten, in denen der Beyerdynamic-Klassiker ohne Einschränkung ein erstklassiges Abhörwerkzeug ist.
Raumabbildung & Impulse
Apropos erstklassig: Die transparente und weitgehend natürlich anmutende Räumlichkeit zählt zu den unbestrittenen Stärken des DT 990 Pro. Die Bühne ist groß, aber nicht maßlos überbreit. Dank einer feinen Auflösung gelingt die Ortung einzelner Mischbestandteile/Instrumente mühelos. In gelungenen Produktionen fühlt man quasi die Luft zwischen den einzelnen Instrumenten. Doch auch hier gilt: Ein bisschen Crossfeed schadet nie. Bei aktiver Crossfeed-Matrix an meinem SPL profitiert der natürliche Abhöreindruck nochmals.
Transienten und Spielgeräusche von Instrumenten gelangen sehr detailliert und ungefiltert ans Ohr , was Mixbeurteilungen und Eingriffe erlaubt.
Tragekomfort Beyerdynamic HD 990 Pro (80 Ohm)
Viele der mir bekannten Kopfhörer des Herstellers aus Heilbronn empfinde ich als äußerst komfortabel, was auch auf den DT 990 Pro (80 Ohm) zutrifft. In erster Linie liegt das an den weichen und großzügig dimensionierten Velours-Ohrpolstern, die zu den bequemsten ihrer Art zählen. Auch die Passform, begünstigt von den flexibel gelagerten Ohrmuscheln, beurteile ich als hervorragend. Der ausreichend gepolsterte Kopfbügel passt sich ebenfalls meiner Schädeldecke nahezu perfekt an und sorgt für einen durchaus beherzten Anpressdruck, der in einen sehr sicheren Sitz des Kopfhörers resultiert. Wem dies auf die Dauer zu unangenehm sein sollte, der kann den Federstahlbügel zur Entlastung bei Bedarf etwas biegen, um den Druck zu verringern. Laut Hersteller wiegt der DT 990 (80 Ohm) 250 g ohne Kabel. Mit Kabel bringt der Testproband exakt 403 g auf meine Waage.
Alternativen zum Beyerdynamic DT 990 Pro (80 Ohm)
AKG K702 / K701 | Beyerdynamic DT 900 Pro X | Sennheiser HD 400 Pro |
Klassiker der frühen 2000er in offener Bauweise mit abnehmbarem Kabel. Der AKG K701 ist eine etwas günstigere Variante mit fest verbautem Kabel. | offener Studiokopfhörer; quasi eine höherwertig ausgestattete Weiterentwicklung des DT 990 Pro; derzeit zwar knapp 100 Euro teuerer, aber immer noch relativ preiswert für einen Pro-Kopfhörer | offener Studiokopfhörer in der Preisklasse des DT 900 Pro X, besserer Klang als das altbacken wirkende Design vermuten lässt |