Praxis
Die großen Erkenntnisse nehme ich vorweg: Das Opus L Mic-Set ist die feinfühligste Zusammenstellung unter den Budget-Paketen. Glasklar und ausgewogen, sehr fein und definiert in den Höhen erschließt sich einem der Zweck der Zusatz-Features automatisch. Es geht um Jazz und um hochwertigen Pop. Das schließt natürlich andere Musikstile nicht aus, allerdings wird es Opus-Mikrofonen leichter fallen, musikalisch flachere Gewässer zu bedienen, als es den anderen Sets gelingen wird, eben diese feine Definition zu transportieren. Dass die Konstruktions-Künstler aus der Beyerdynamic-Schmiede genau diesen Zweck im Sinn hatten, als sie diese Opus-Serie schufen, dafür sprechen vordergründig die eigenständigen Konstruktionsfeatures, allen voran der Ständer für das Bassdrum-Mikrofon. Das Mikrofon eben nicht in die Bassdrum zu stecken, ist mehr als nur ein Vorschlag, beschränkt man sich auf den mitgelieferten Ständer geht es schlicht nicht anders. Wenn man davon ausgeht, dass die Ingenieure davon ausgingen, dass sich ein solches Loch gar nicht in der mikrofonierten Bassdrum befindet, dann wird es sich um eine offene und klangvolle Trommel handeln. Solche Trommeln findet man zum Beispiel im Bereich des Jazz oder eben in hochwertigen Pop-Produktionen. Das entspricht außerdem voll und ganz den herausstechendsten Eigenschaften des Opus 99, der Kick-Sound des Attacks liegt mittiger als bei vergleichbaren Mikrofonen, der Tiefbass ist deutlich angehoben, der Gesamtklang ist warm und akustisch und nimmt jede feine Klangregung genauestens auf – die Offenheit wird angenehm eingefangen.
Alles ist deutlich auf einen eher feinen Jazzklang abgestimmt. Für brachialere Soundanforderungen fehlt dem Opus 99 etwas Bauch, für Metal fehlen außerdem ein paar mehr hohe Frequenzen, die den Attack deutlicher in den Vordergrund stellen. Was jedoch während unserer Testsession gleich auffiel, war, dass die Opus-Mikros einen enormen Pegel anliefern. Dies ist natürlich auch gerade im Zusammenspiel mit günstigeren Preamps ein großer Vorteil, da man den Pegel nicht mehr extrem verstärken muss und somit der Signal-Rauschabstand eben auch bei schlechteren Vorverstärkern noch einigermaßen gut bleibt. Die positiven Eindrücke von der Opus-Serie überwiegen also weiterhin, und von denen gibt’s ab jetzt einiges zu berichten: Die Overheads, die Opus 53 Kleinmembran-Kondensatormikrofone haben die feinste Tonauflösung aller Overheads im Test.
Im XXL-Koffer der Opus-Serie gäbe es sogar noch zwei hochwertigere Overheads für das Drumset, ein Opus 53 könnte man dann über der Hihat montieren, wo es auch exzellent zur Geltung käme. Allerdings sind im L-Koffer nur zwei OH-Mics vorhanden, also hänge ich beide über das Drumset. Der Klang ist brillant und ausgewogen, allerdings nicht komplett neutral, sondern speziell abgestimmt. Wie bereits erwähnt sind die beiden „Kunststoff-Satelliten“ extreme Leichtgewichte, schwächelnde Galgenständer haben praktisch keine Ausrede mehr, das muss halten. Mindestens genauso gut halten die Klemm-Mikrofone Opus 88 für Toms und Snare und lassen sich über nahezu jede erdenkliche Rim-Konstruktion stülpen. Die von mir in diesem Testmarathon immer wieder nachdrücklich kritisierte Schallbrücke Tom-Klemme wurde hier pragmatisch von Herstellerseite ausgeschlossen. Die schon aus der 87er Serie bekannten patentierten Klemmen von Beyerdynamic sind nicht so hart gespannt wie die unflexiblen Hartplastik-Klemmen der Konkurrenz, übertragen also nicht jede kleinste Schwingung an die Mikrofon-Kapsel, sondern dämpfen diese vorher ab. Die Test-Tom stellt definitv den schlimmsten nur möglichen Härtefall für Klemm-Mikrofone dar: Sie schwingt und schwingt und wummert und tönt schier endlos lange vor sich hin, denn sie ist alt und groß und mit Remo Ambassador-coated Fellen und mit besonders schwingungsfördernden Füßen ausgestattet. Aber keine Angst, hier wummert nichts übers Mikro. Auch sehr sinnvoll ist, dass die Kapseln in gummierten Fassungen sitzen, die das feine Mikrofon vor Sticktreffern schützen. Die 88er Mikros bestechen außerdem durch brillanten Klang – man hat das Gefühl, direkt neben dem Drumset zu sitzen, die Snare klingt knackig und tatsächlich genau so, wie sie im Raum zu hören ist. Die Test-Snare – eine Craviotto Diamond-Series Snare aus Kupfer – bietet alles, was eine gute Snare auszeichnet, sie klingt knackig, überträgt den Teppich-Sound sehr deutlich, hat einem enormen Bauch, ist nicht zu laut und nicht zu leise, sondern äußerst angenehm ausgewogen. Diesen komplexen Klang ohne große Abstriche zu übertragen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe für Mikrofone, die dem Opus Schwanenhals-Mikrofon im Vergleich zu seinen Konkurrenten deutlich am besten gelungen ist. Auch der Tom-Sound ist nicht durch abgesenkte Mitten auf zu zweidimensionale Klangparameter beschnitten, sondern klingt voluminös und schön mittig. Alles ist fein aufgelöst.
Für dich ausgesucht
Hier gibt es nun die Audio-Files im bewährten bonedo-Player (MP3-Format). Wer sich einen detaillierteren Eindruck verschaffen möchte, kann sich auf der Übersicht-Seite alle Audios auch als unkomprimierte Wav-Files downloaden.
Noch zwei Infos zu den Aufnahmen: Die Hi-Hat wurde mit einem KM84 von Neumann mikrofoniert, die Snare-Drum wurde zusätzlich bei den „Snare Bottom“Files mit einem SM 57 von unten versehen, als Raummikros kamen zwei Royer R-121 Bändchen-Mikros zum Einsatz.