Das Jahr neigt sich dem Ende zu, die alljährlichen TV-Jahresrückblicke sind schon gelaufen und auch das Weihnachtsgeschäft ist in den letzten Zügen. Auch wir blicken zurück auf das Synthesizer-Jahr 2015. Welche Neuerscheinungen waren in diesem Jahr besonders spannend, richtungsweisend und erfolgreich? Hier lassen wir die wichtigsten Synthesizer aus dem Jahr 2015 noch einmal Revue passieren.
Die großen Trends rollten dieses Jahr mit unverminderter Stärke. Analog heißt noch immer das Zauberwort, derzeit kann man so viele neue analoge Synthesizer kaufen wie seit den frühen 1980er Jahren nicht mehr. Eine Entwicklung, die ich persönlich von Herzen begrüße! Der zweite Trend, der sozusagen im Kielwasser des Analogdampfers folgt, heißt „Modular“. Vor allem das Eurorack-System erlebt gerade einen beispiellosen Boom und nun springen auch die ersten großen Hersteller auf den Zug auf. Hier sind die aus meiner (natürlich gänzlich unvoreingenommenen) Sicht wichtigsten Neuheiten des zurückliegenden Jahres.
1. Dave Smith Instruments Sequential Prophet-6
Mit dem Prophet-6 ist dem Altmeister Dave Smith ein ganz großer Wurf gelungen. Völlig unabhängig davon, dass er sozusagen der legitime Nachfolger des legendären Prophet-5 ist (ohne eine exakte Kopie zu sein), hat der neue Prophet etwas Magisches an sich. An diesem Synthesizer stimmt alles, von der makellosen Verarbeitung und der wieder auferstandenen Sequential-Namensplakette bis hin zu seinem ganz und gar nicht altbackenen, rundum glücklich machenden Sound. Der Prophet-6 ist ein Synthesizer für alle Sinne, der sofort inspiriert und den Puls steigen lässt. Er gehört zum erlesenen Kreis jener Instrumente, die einfach immer gut klingen, was auch immer man damit macht – das habe ich zuletzt bei meinem Roland Juno-60 so empfunden. Ganz nebenbei hat Dave Smith damit den ersten echten, in nennenswerten Stückzahlen gefertigten analogen Polysynth seit dem Alesis Andromeda erschaffen. Für mich ist der Prophet-6 das absolute Highlight aus dem Jahr 2015. Hier geht’s zum Dave Smith Instruments Sequential Prophet-6 Test.
2. Rolands Offensive
Hier geht es jetzt nicht so sehr um ein einzelnes Produkt, sondern um das Comeback eines Traditionsherstellers. Lange Zeit schien es so, als wären Roland die Ideen ausgegangen. Während andere Hersteller mit innovativen Ideen am Puls der Zeit waren, wirkte Roland ein bisschen orientierungslos. Das hat sich im Jahr 2015 schlagartig geändert. Die AIRA-Serie war der Vorbote dieser Entwicklung, die sich auf der diesjährigen Musikmesse in einer groß angelegten Produktoffensive manifestierte. Die zwei heißen News lauteten: „Roland baut wieder analoge Synthesizer“ und „Roland steigt ins Modular-Geschäft ein“ – also sicher nicht ganz zufällig genau die beiden Trends, von denen ich eingangs sprach. Angefangen bei den Hybrid-Synthesizern JD-Xiund JD-XAüber die AIRA Modular FX bis hin zu den Eurorack-Modulen des SYSTEM-500, die nun wohl auch bald endlich lieferbar sein werden, ist Roland wieder da. Dem SYSTEM-1 wurde die patchbare Rack-Variante SYSTEM-1m zur Seite gestellt, die sich mit dem Eurorack-System versteht. Die mittlerweile vier dafür erhältlichen Plug-Out-Synthesizer klingen allesamt sehr gut und gehören auch ohne SYSTEM-1 zu den besonders empfehlenswerten Software Synthesizern. Der SYSTEM-100 Plug-Out Synth lässt sich in Verbindung mit dem SYSTEM-1m sogar hardwareseitig patchen. In der zweiten Jahreshälfte ließ Roland mit der Boutique-Serie die Mini-Synthesizer JU-06, JP-08 und JX-03 folgen, die drei der berühmtesten Roland-Synths modellieren. Natürlich ist bei dieser Flut neuer Gerätschaften nicht alles zu 100 Prozent gelungen, so wurde zum Beispiel bei der Boutique-Serie unverständlicherweise die Implementierung von MIDI CC vergessen. Insgesamt hat Roland aber in diesem Jahr ein eindrucksvolles Comeback hingelegt und man darf gespannt sein, was als nächstes kommt.
3. MFB Dominion 1
Der MFB Dominion 1 erschien zwar schon 2014, aber es gab lange Zeit Lieferschwierigkeiten, sodass er erst in diesem Jahr so richtig durchstarten konnte. Auch bei MFB hat man die Zeichen der Zeit erkannt und den Analogsynthesizer mit jeder Menge Patchmöglichkeiten ausgestattet. Der Dominion 1 hat drei Oszillatoren, die neben monophon auch dreistimmig paraphon spielbar sind. Wenn man sich die weiteren Features zu Gemüte führt, als da wären: ein Multimodefilter mit 12 Typen, drei Envelopes, drei flexible LFOs, zwei Ribbon Controller, Arpeggiator und Step Sequencer, dann muss man erkennen: Der MFB Dominion 1 ist einer der funktional umfangreichsten analogen Monosynths, die man derzeit kaufen kann, und der Sound stimmt ebenfalls. So kann er es durchaus mit dem Moog Voyager aufnehmen, dessen Produktion übrigens in diesem Jahr eingestellt wurde – ob der deutlich günstigere Konkurrent etwas damit zu tun hat?! Spaß beiseite: Den Berlinern von MFB ist mit ihrem bislang komplexesten Instrument ein toller Synthesizer gelungen, der das Zeug zum Klassiker hat. Hier geht’s zum MFB Dominion 1 Test.
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4. ARP Odyssey
Der von Korg in Zusammenarbeit mit dem ARP-Entwickler David Friend neu aufgelegte ARP Odyssey ist eine leicht verkleinerte Kopie eines der berühmtesten Vintage-Monosynths, voll analog und optisch wie klanglich extrem nah am Original. Ein paar kleine Verbesserungen konnten sich die Ingenieure nicht verkneifen: So besitzt der neue Odyssey alle drei historischen Filtertypen und natürlich USB-MIDI. Die komplett analoge Umsetzung sorgt für ungetrübten Schraubspaß ohne Menüs, Speicherplätze und andere moderne Ablenkungen und natürlich für den tollen Sound des Odyssey, der mich klanglich echt vom Hocker gehauen hat. Wer sich mit den Minitasten anfreunden kann, bekommt mit dem neuen ARP Odyssey alles, was den Vintage Synth so begehrt und teuer macht. Hier geht’s zum ARP Odyssey Test.
5. Korg MS-20M
Nach dem großen Erfolg des MS-20 mini schien das Thema MS-20 schon fast zu Ende erzählt, da ließ Korg den MS-20M folgen. Das Desktop-Modul muss man zuerst selbst zusammenbauen, bevor man in den Genuss seines Sounds kommt. Aber es lohnt sich, denn Korg erfüllte der Fangemeinde einige lang gehegte Herzenswünsche. Der MS-20M ist der erste und einzige MS-20 mit Pulsbreitenmodulation, Sync, FM und einem CV-Input im 1V/Oct.-Format. Hinzu kommen die Verteilerbuchsen im Patchfeld, die neben der Anbindung an den mitgelieferten und ebenfalls gelungenen Sequencer SQ-1die Aufsplittung von Steuerspannungen auf mehrere Ziele ermöglichen. Der MS-20M ist für mein Empfinden tatsächlich so etwas wie der endgültige MS-20 und in meinen Augen begehrenswerter als das Vintage-Original. Hier geht’s zum Test!
6. Dreadbox Hades
Kurz vor Jahresende hat sich noch ein kleiner Desktop-Synthesizer in diese Liste geschlichen. Der Dreadbox Hades stammt von einer kleinen Firma aus Griechenland, die vom Geschwisterchen Erebus derzeit mehr verkauft, als sie herstellen kann. Der neue Hades ist ein monophoner, analoger Bass-Synthesizer, der simpel aufgebaut ist, aber hervorragend klingt. Dazu ist er patchbar und lässt sich mit modularen Systemen kombinieren. Ich mag solche schnörkellosen Synthies: Man kann sich nicht verzetteln und das Panel zeigt immer genau die momentanen Einstellungen. Wenn es dann noch gut klingt und nicht die Welt kostet, bin ich überzeugt. Der Hades bringt das alles mit und in Athen sollte man besser schon mal die Produktionskapazitäten steigern, denn ich bin mir sicher: Auch der Neue von Dreadbox wird ein großer Erfolg werden. Hier findet ihr den Dreadbox Hades Test.