PRAXIS
Soweit die Theorie. Kommen wir zu den Taten, die wir mit unserem kleinen Begleiter vollbringen können. Wir werden nun die verschiedenen Betriebsmodi in der Praxis testen. Außerdem gibt es noch einige hilfreiche Funktionen, die es Wert sind, vorgestellt zu werden. Wir starten mit dem Live-Mode. Neben dem Power-Schalter befindet sich die Anzeige für den Betriebs-Modus, die den Status mit einer kleinen blauen LED anzeigt. Beim Einschalten ist automatisch der zuletzt benutzte Mode angewählt. Möchte man wechseln, muss der Power-Schalter erneut gedrückt werden.
Im Live-Mode gibt das Display Auskunft über die Aufnahmezeit, außerdem zeigen zwei Balken den Eingangspegel an. Dieser ist selbstverständlich über den Rec Level-Regler auf der rechten Seite justierbar. Dreht man am Rädchen, wird im Display sofort der aktuelle Wert (0-100) angezeigt, was eine sehr genaue Justierung des Aufnahmepegels erlaubt. Wir beginnen mit dem ersten Fallbeispiel: Der Gitarrist hat eine Idee für einen neuen Song und nimmt das Ganze mal eben schnell als Skizze auf.
Jetzt wird es schon etwas kerniger: Wie sieht das Ganze mit einem lauten Schlagzeug aus. Mein Kollege Dirk Rosenbaum war gerade zu Drum-Aufnahmen bei mir im Studio und hat mal zwischendurch einen Beat auf der kleinen Kiste verewigt. Bei der Aufnahme stand das Gerät ca. 1 Meter vor dem Drumset. Zwar musste der Pegel weit zurückgenommen werden, unterm Strich hat der BR-80 den Härtetest aber souverän gemeistert. Man kann die Dynamik-Unterschiede, vor allem bei den Ghostnotes, sehr gut wahrnehmen. Dementsprechend sollte ein Proberaum-Mitschnitt, auf dem man alle Instrumente differenziert hört, mit dem BR-80 problemlos zu bewerkstelligen sein.
Auch die Bedienung ist recht simpel: Gerät einschalten, Mode wählen, Rec drücken und Pegel einstellen, dann noch mal Rec oder Play drücken, Aufnahme läuft. Man kann hierbei entweder im WAV- oder unterschiedlichen MP3-Formaten (16, 64, 128, 192, 320 kbit/s) aufnehmen. Die Sampling-Frequenz beträgt immer 44,1 kHz. Das Schöne am BR-80 ist, dass man zwischen den einzelnen Modes „kommunizieren kann“. So hat man z.B. die Möglichkeit, eine im Live-Mode gemachte Aufnahme in den eBand- oder MTR-Mode zu importieren, um anschließend zum Drumbeat zu jammen oder den Song mit dem neuen Beat im Multitrack-Modus fertig zu produzieren.
Der eBand-Mode richtet sich an den Gitarristen (Bassisten, Sänger), die zuhause (oder wo auch immer) üben und Spaß haben möchten. Hier stehen eine Menge Backing-Pattern mit Drums, Bass und Rhythmus-Gitarren zur Verfügung – das Ganze natürlich in unterschiedlichen Stilistiken. Damit kann munter losgedudelt und das Solospiel perfektioniert werden. Die Playbacks sind extrem vielseitig und klingen gut und inspirierend – keine Plastik-MIDI-Pattern, hier kann richtig gerockt werden. Stilistisch reicht das Ganze von Rock, Blues, Metal über Pop, Jazz bis zu Electro-Beats. Hier ein kleiner „Hit-Mix“:
Im eBand-Mode wird die Gitarre an den BR-80 angeschlossen und ein entsprechendes Sound-Preset aus dem internen Speicher ausgewählt. Auf die Gitarrensounds werde ich später noch detaillierter eingehen. Jetzt wollen wir uns zunächst einmal um die kleinen Specials zum Üben kümmern, die der BR-80 im Angebot hat. Man hat die Möglichkeit, entweder zu den internen Jamtracks oder zu MP3-Dateien zu jammen. Im iTunes Store gekaufte Songs im AAC-Format spielt er nicht ab – hier hilft nur das Umwandeln der Datei ins MP3-Format. Die Playbacks bzw. Songs können in Tempo und Tonhöhe verändert werden. Das Tempo wird dabei in Prozent dargestellt, die Tonhöhe kann in Halbtonschritten (Shift) und Fein-Getuned (Fine) werden. Gerade wenn man zu älteren Aufnahmen spielen möchte, die wegen der damals verwendeten Band-Technik nicht immer 100% „in Tune“ sein müssen, ist das eine gute Sache.
Wenn man das Ganze nicht so extrem einsetzt, geht die Qualität dieses Features in Ordnung. Hier ein paar Beispiele, bei denen ich die Tonhöhe und Geschwindigkeit verändert habe. Zuerst das Tempo – einmal 100, dann 90, 80 und 70 Prozent.
Man merkt natürlich, dass der interne Prozessor bei dieser Aktion einem Computer mit Quad Core Prozessor nicht das Wasser reichen kann. Die Audioqualität wird schlechter, wenn man die Speed-Funktion zum Einsatz bringt, aber zum Üben reicht es auf jeden Fall. Beim Aktivieren der Pitch-Funktion wird der Sound ebenfalls schlechter. Wenn keine großen Sprünge gemacht werden, geht aber auch das noch in Ordnung.
Für dich ausgesucht
Zu jedem Backing-Pattern gibt es einen vorgefertigten Gitarren-Sound. Sie wurden geschmackvoll ausgewählt, und man kann das Motto „Plug In and Play“ hier tatsächlich wörtlich nehmen. So klingt´s dann beim Jammen.
Im Multitrack-Mode wird im Display zuerst einmal ein Übersichts-Fenster gezeigt, das die Spuren und beim Abspielen die Pegel per Balken darstellt. Ansonsten gibt es noch Angaben zu Tempo, Takt und Zeit. In weiteren Fenstern werden die einzelnen Fader, die Klangregelung mit Treble, Middle, Bass , der Reverb-Anteil pro Spur und die angewählten V-Tracks angezeigt. Das Ganze macht trotz der kompakten Größe einen recht übersichtlichen Eindruck und ich denke, dass auch Recording-Neulinge einen schnellen Einstieg in die Materie hinlegen werden. Dennoch sollte man nicht erwarten, dass gleich alles von selbst funktioniert. Dieses Gerät hat eine Menge auf dem bzw. im Kasten, und da sollte man auch einen Blick ins gut geschriebene Handbuch nicht scheuen.
Neben den acht Aufnahmespuren hat uns der Hersteller einen kleinen Drumcomputer spendiert, den man zusätzlich mitlaufen lassen kann und der sich natürlich gerade für Songlayouts optimal eignet. Tempo anwählen, Style aussuchen und schon ist die Basis des Songs skizziert. Um das Ganze noch etwas abwechslungsreicher zu gestalten, gibt es zu jedem Pattern auch noch verschiedene Variationen (Intro, Verse, Fill, Break, Ending). Klanglich kann man sich aus neun verschiedenen Drumkits bedienen. So klingt der interne Schlagzeuger.
Für Gitarre, Bass und Vocals gibt es selbstverständlich eine Menge Sounds und Effekte, die dem GT-10, GT-10B und dem VE-20 entliehen wurden. Darunter sind unter anderem auch ein Guitar-to-Bass-Effekt (mit der E-Gitarre Bass-Sounds erzeugen), ein Akustik-Gitarren-Simulator, eine Pitch-Correction-Funktion für den Gesang und natürlich eine Menge E-Gitarren-Sounds, von denen wir uns jetzt einige etwas genauer anhören möchten.
Im BR-80 lauern die „üblichen“ Modeling-Amps, von Fender über Marshall bis hin zum Hi-Gain-Brett. Die dem Ganzen zu Grunde liegende Technologie entstammt dem GT-10, allerdings in leicht abgespeckter Form. Es gibt natürlich etwas weniger Effekte und einstellbare Parameter, aber mehr ist für so ein kleines Aufnahmeteil ja auch nicht notwendig. Viel wichtiger ist, dass man recht schnell zum Ziel kommt, und das ist hier tatsächlich der Fall. Schließt man die Gitarre an, erkennt dies der Recorder und schaltet automatisch auf die Gitarrenpresets um. Drückt man jetzt den COSM-Schalter, hat man das Menü für die Gitarreneffekte vor sich, schön nach Stilistik geordnet. Mit dem Value-Rad lassen sich jetzt die einzelnen Presets abrufen. Zum Beispiel eine Marshall-Simulation, die ein wenig an Herrn Hendrix erinnert.
Mit dem Preset R-Fier (Boogie Rectifier Ampsimulation) kann man sogar aus einer dünnen Tele eine Metal-Axt machen.
Natürlich gibt es auch eine ordentliche Portion Effekte. Wir hören einen Clean-Sound mit Phaser – den Funkmeister.
Wenn gerade keine Akustik-Gitarre zur Hand ist, ist der Akustik-Simulator ein gutes Tool, um zumindest den Klangcharakter zu skizzieren.
Die Klangqualität hat Demo-Status und ist selbstverständlich kein Ersatz für das „richtige“ Instrument. Dennoch ist es schön, dass man sowohl einen Akustikgitarren- als auch einen Bass-Simulator zur Verfügung hat, denn so hat man die Möglichkeit, lediglich mit einer E-Gitarre bewaffnet, ein Songlayout authentisch zu skizzieren.
Im BR-80 gibt es sechs unterschiedliche Effekt-Algorithmen, jeweils auf die entsprechende Anwendung zugeschnitten:
E-Gitarre/E-Bass Multi – Ampsimulationen und Effekte für E-Gitarre und E-Bass
Acoustic Simulator – Verpasst der E-Gitarre einen Akustik-Gitarrensound
Guitar To Bass – Macht aus dem E-Gitarren- einen Bass-Sound
Vocal Multi – Effekte für die Stimme (u.a. Compressor, Pitch Correction, EQ, Delay)
Stereo Multi – Effekte für die eingebauten Mikrofone (u.a. Compressor, EQ, Modulation, Chorus Delay)
Guitar Multi – Effekte für die Akustik-Gitarre (u.a. Acoustic Processor, Compressor, EQ, Chorus, Delay
Durch die unterschiedlichen Kategorien ist die Bedienung wirklich übersichtlich gestaltet, und man kommt schnell zu dem Sound, der benötigt wird. Dieser kann zwar auch noch verfeinert werden, aber ich finde die Presets schon recht aussagekräftig und praxisorientiert. An der Klangqualität gibt es erst mal nichts auszusetzen, allerdings nervt beim Einstellen der Sounds das etwas langsame Value-Rad. Es ist zwar mit kleinen Noppen ausgestattet, aber der „Grip“ ist nicht sonderlich gut, und so sollte man etwas Geduld mitbringen.
Scott sagt:
#1 - 16.12.2011 um 08:16 Uhr
Hi there, wow, das ist mal ein wirklich umfassender Artikel der kaum Fragen offen lässt.
Super sind auch die Audiobeispiele.
Herr Dill, Respekt ! Große Klasse !!! Besser geht`s wirklich nicht !!! Belohne mich jetzt selber zu Weihnachten und kauf mir den BR-80 beim freundlichem "T" :)
Keep rockin`!!! Greets, The Sunny Bottom Boys
Rolf Doeschner sagt:
#2 - 25.05.2012 um 03:39 Uhr
Richtig gutes Teil. Meine Kids haben damit eine Menge Spaß, aber auch ich jamme und tracke was das Zeug hält. Für den Preis gibt es jede Menge Möglichkeiten. Das Rad ist wirklich nicht optimal, aber sonst. Cool ist, das man seine Drums´s über Midi eintrommeln kann und dann in den BR importiert, welcher dann die sehr guten Drumsounds verwendet. Aber ich flehe BOSS an: bitte das nächste BR , bitte nicht noch kleiner!!!!
Dirk Taubenheim sagt:
#3 - 21.11.2012 um 18:31 Uhr
Vielen Dank für diesen tiefgehenden, detailierten und unabhängigen Test! Ich bin sehr gespannt auf das Gerät! Nochmals besten Dank für diese kostenlose "Kaufberatung".
szczur sagt:
#3.1 - 30.07.2023 um 17:24 Uhr
Der eingebaute Mic ist absolute Spitze. Für Konzertaufnahmen sogar!
Antwort auf #3 von Dirk Taubenheim
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#4 - 04.04.2015 um 12:22 Uhr
Danke für den Überblick. Meine Wünsche für die nächste Version: Gern alles in einem Modus (MTR, mir erschließt sich der Sinn einer Trennung der anderen Modi nicht), gern alle Bedienelemente vorn auf die Bedienläche (Vol+Pegel), bitte ohne Rad, nüchternere Menüs (ohne Bilder, Start im zuletzt genutzten Setup), Anschlüsse nur an einer Seite (am besten nach hinten), fester Batteriedeckel, und bitte: mehr Sounds und JamTracks auch für Bassisten. Bin froh dass es das Micro BR giebt :-)