Praxis
Soweit zur Ausstattung und den Basisfunktionen, aber kommen wir doch zu dem, worum es in erster Linie geht: viele gute Sounds mit intuitiver Bedienung! Beginnen wir mal mit den Presets. Diese lassen sich per Up/Down-Fußschalter oder im Schnellverfahren per Drehregler 1 wählen. Das funktioniert schon einmal sehr einfach. Ist man auf der Suche nach einem speziellen Sound, drückt man sich hingegen schnell mal den Wolf.
Aus diesem Grund hat Boss dem GT-1B ein neues und sehr nützliches Feature spendiert: Unter der Überschrift Easy befinden sich die zwei Tasten Select (Auswählen) und Edit (Bearbeiten, Editieren). Drückt man Select, gelangt man in ein Menü, in dem die Presets mit Tags (Schlagwörtern) versehen sind. Wählbar sind 16 verschiedenen Stilistiken, nach Verzerrungsgrad (Clean, Crunch, Hard, Heavy) oder nach Effekttyp. Somit beschleunigt sich die Suche nach einem speziellen Sound enorm!
Auch die Bezeichnung der Presets ist sinnvoll gewählt und selbsterklärend. Im Namen sind oft Spieltechnik, Stilistik, Dekade oder Effekttyp enthalten. So weiß man gleich, wo die Reise hingeht. Insgesamt finde ich den überwiegenden Teil der Presets sehr geschmackvoll und praxisnah. Oftmals wird ja mit Muliteffektgeräten versucht zu zeigen, was technisch so alles machbar ist – die Presets sind dann zwar beeindruckend, in der Praxis aber weitestgehend unbrauchbar. Das ist beim GT-1B löblicherweise anders. Die Soundqualität ist dank 24-Bit-Wandlung ausgezeichnet und größtenteils frei von Nebengeräuschen, wie Rauschen etc.
Erstaunlich, wie weit fortgeschritten die Entwicklung mittlerweile ist. Hatten die ersten digitalen Multieffektgeräte noch mit Latenzen und Dynamikverlusten zu kämpfen, so stellen sich diese Probleme beim GT-1B eigentlich nicht mehr. Zwar leidet, wenn man ganz genau hinhört, die Dynamik aufgrund der Wandlung des Signals immer noch minimal, aber im Mix mit Drums etc. spielt das mittlerweile definitiv keine Rolle mehr. Auch das Tracking der Octaver oder Bass-Synthesizer ist inzwischen sehr gut.
Hier kommen für einen akustischen Eindruck einige ausgewählte Presets aus verschiedenen Stilistiken:
Den kompletten Funktionsumfang oder alle Möglichkeiten des GT-1B zu erläutern, würde den Rahmen eines Tests natürlich bei weitem sprengen und eher einer Bedienungsanleitung gleichen. Deshalb beschreibe ich hier hauptsächlich das grundsätzliche Bedienkonzept.
Ganz gleich, in welchem Menü man sich befindet, es gibt immer maximal drei Parameter zu verändern. Diese sind wiederum von links nach rechts den drei Drehreglern zugeordnet. Dieses Konzept zieht sich konsequent durch die gesamte Bedienung und wird am Display sowohl graphisch wie auch mit passender Beschriftung unterstützt. Es ist also immer deutlich, worin die aktuelle Funktion eines jeden Drehreglers besteht.
Besitzt mal ein Effekt mehr als drei Parameter, so gibt es einfach eine weitere Ebene, auf der die nächsten Parameter bearbeitet werden können. Zu dieser gelangt man durch Drücken der Enter-Taste. Hat man dieses Konzept erst einmal verinnerlicht, kann man das GT-1B erstaunlich schnell bedienen. Ich habe bewusst die Bedienungsanleitung in ihrer Verpackung belassen, um zu sehen, ob ich mir das Gerät intuitiv erschließen kann. Und siehe da: bisher funktioniert das bestens! Wer keine Scheu davor hat, einfach mal auf Knöpfe zu drücken, um zu sehen, was passiert, hat schnell den Bogen raus!
Für dich ausgesucht
Insgesamt kann man seinen Lieblingssound aus 26 Effekten wählen. Das fängt mit den üblichen Verdächtigen (Kompressor, Chorus, Octaver, Overdrive, Distortion etc.) an und endet bei Exoten wie Defretter oder Harmonizer. Die Effekte sind teilweise noch einmal in Unterkategorien aufgeteilt, was inkl. der zwölf Ampsimulationen die Anzahl der Optionen auf stolze 90 (!) erhöht. Für diese stehen sechs Slots zur Verfügung. Von links nach rechts sind dies:
Slot 1: Kompressor/Limiter
Slot 2: Verzerrung (Overdrive oder Distortion)
Slot 3: Preamp
Slot 4: Modulationseffekte (Chorus, Flanger, Phaser, …)
Slot 5: Delay Slot 6: Reverb
Diese Reihenfolge ist jedoch nur ein Vorschlag seitens der Company, denn jeder Effekt kann bei Bedarf in jeden erdenklichen Slot geladen werden, und natürlich kann auch ein Effekt mehrfach Verwendung finden. Die Slots können per Tastendruck aktiviert oder deaktiviert werden. Ist ein Slot aktiv, wird dies durch eine rote LED signalisiert. Möchte man einen Effekt editieren, hält man die Taste dieses Slots einfach etwas länger gedrückt und schon landet man im entsprechenden Menü, in welchem dann alles wieder schön logisch den Drehreglern zugeordnet ist.
Möchte man einen anderen Effekt laden und/oder die Reihenfolge in der Signalkette ändern, drückt man die Taste Memory Edit. Schon zeigt einem wieder das Display graphisch und via Beschriftung, mit welchem Drehregler ich etwas anpassen kann. Wie bei vielen digitalen Geräten dient immer die Enter-Taste zur Bestätigung der Änderungen und die Exit-Taste zum Verlassen des aktuellen Menüs.
Durch das konsequente und simple Konzept mit den drei Drehreglern ist die Bedienung schon nach erstaunlich kurzer Eingewöhnungszeit kinderleicht. Wie erwähnt habe ich bewusst keine Anleitung zur Hand genommen und nur spielerisch auf Tasten gedrückt. “Intuitiv” ist hier wirklich das richtige Wort!
Zusätzlich wird man im Display noch graphisch geleitet. Einziger Nachteil: Grundlegende Kenntnisse in Englisch sind unumgänglich, denn bei einem Multieffektgerät kommen notgedrungen doch mehr Begriffe vor als bei einem herkömmlichen Bodentreter. Auch in den Geräteeinstellungen ist leider keine Umstellung auf Deutsch möglich. Vielleicht kommt das noch mit einem Update der Betriebs-Software?
Widmen wir uns noch kurz dem Erstellen eigener Sounds. Das GT-1B besitzt 99 Werkspresets. Diese haben den Buchstaben “P” für “Programm” als Präfix. Abermals 99 Speicherplätze haben ein “U” für “User” (Benutzer) vorangestellt und stehen für eigene Sounds zur Verfügung. Hat man seine Effekte geladen und entsprechend editiert bzw. ein Preset modifiziert, so drückt man gleichzeitig die mit Write überschriebenen Tasten Exit und Enter. Jetzt kann man den Speicherort wählen, den neuen Sound einen Namen geben und ihn mit Tags wie Stilistik, Verzerrung oder Effekttyp versehen. Dies alles natürlich wieder mit dem besprochenen simplen Bedienkonzept!
Bei der Wahl der Sounds habe ich schon die Easy-Select-Funktion erwähnt. Diese gibt es auch bei der Erstellung eines eigenen Sounds. Drückt man unter der Überschrift Easy die Taste Edit, gelangt man in ein Menü, in dem man mithilfe von drei Grafiken bzw. Schlagworten die grobe Richtung des gewünschten Sounds vorgeben kann. Hier muss man keinerlei Vorkenntnisse in Sachen Effekte oder Parameter mitbringen, sondern lediglich eine ungefähre Idee des gewünschten Klanges im Kopf haben – den Rest erledigt das GT-1B! Das ist zweifellos ziemlich cool und wird vielen Bassisten den Einstieg in die Welt der Multieffekte erleichtern.
Das wollte ich natürlich einmal ausprobieren: Mein Ziel war ein schöner Sound für ein melodisches Solo. Den ersten Regler drehte ich auf Basic für einen cleanen Sound. Mit Regler Nummer 2 wählte ich Chorus und mit Regler Nummer 3 Large Room. Und siehe da: der Sound ist ziemlich genau das, was ich mir vorgestellt hatte – und ich musste keinerlei Effektparameter selbst editieren. Wer mit dem gewünschten Ergebnis noch nicht ganz zufrieden ist, kann dieses jetzt noch abermals wie jedes andere Preset bearbeiten.
Wie schon erwähnt, ist es schier unmöglich, den vollen Umfang aller Funktionen eines Multieffektgeräts in einem Testbericht zu beschreiben. Die wichtigsten Aspekte sollten aber nunmehr abgedeckt sein.
Ein kleiner Nachtrag: Zum Entstehungszeitpunkt dieses Test war die Möglichkeit, das GT-1B per Editor am Computer zu konfigurieren, noch nicht gegeben. Die entsprechende Software ist jedoch seit September 2017 verfügbar. Verbindet man das Gerät via USB mit dem Computer, soll man komfortabel Sounds programmieren und neue Presets aus dem Boss Tone Central laden können.
Eine kleine Kritik hätte ich dann aber doch noch! Das GT-1B wird aktiviert, sobald man ein Kabel in den Instrumenten-Input steckt, und nur so kann man es auch wieder ausschalten. Es gibt keinen Bypass- oder Ausschalter; es befindet sich also immer im Signalweg. Dies kann man umgehen, indem man ein “leeres” Preset erstellt – wirklich elegant ist diese Lösung jedoch nicht!
Bleibt noch zu erwähnen, dass auch der implementierte Tuner und der Looper ihren Job einwandfrei machen. Vor allem der Looper ist angesichts des Preises ein wirklich tolles Feature. Will man damit kein Magnum Opus komponieren, reicht die vergleichsweise kurze Aufnahmezeit auch vollkommen aus.