Praxis
Für den Praxistest muss natürlich der laute Marshall SLP100 herhalten. Der ist an eine 4×12 Box (Celestion G12M) angeschlossen, die mit einem Neumann TLM 103 abgenommen wird. Der Amp ist auf einen kernigen Mid-Gain-Sound justiert und die Einstellungen am Amp werden im Laufe des Tests nicht mehr verändert. Alle klanglichen Veränderungen passieren primär über den Tube Amp Expander bzw. durch die Volume-Settings an den unterschiedlichen Gitarren zum Entzerren des Signals.
Attenuator Funktion
Wir starten unseren Praxistest mit den klanglichen Auswirkungen der Attenuator-Funktion und ich versuche, dafür folgendes Szenario nachzubauen: Für den Einsatz auf der Bühne in angenehmer Betriebslautstärke soll der Marshall Plexi entsprechend in der Lautstärke reduziert werden. Dabei ist mir natürlich wichtig, dass der gewohnte Frequenzgang und die Dynamik des Amps so weit wie möglich erhalten bleiben. Ihr hört im ersten Beispiel den Amp mit direkt angeschlossener Box bei kerniger Lautstärke, dann kommt der Tube Amp Expander hinzu und zwar mit unterschiedlichen Einstellungen des Output-Levels. Die Pegel wurden in der DAW angeglichen, damit man die Signale besser vergleichen kann. Die Regler von Resonance-Z und Presence-Z standen beide auf Hi, das ist der Vorschlag des Herstellers für einen Brit-Stack.
Auch bei voll aufgedrehtem Volume kommt die Expander-Endstufe naturgemäß nicht an den Schalldruck des Plexis ran, aber das ist selbstverständlich in Ordnung, denn ich möchte den Plexi ja leiser haben. Für den Fall, dass man einen leistungsschwachen Amp aufpumpen möchte, reicht der Druck aber locker auch für etwas großflächigere Bühnenbeschallungen aus. Beim Thema Dynamik sieht es allerdings im Vergleich zur Endstufe des Marshalls unter der Lupe schon etwas schwächer aus. Man hört es in den Beispielen, wenn ich auf den leichten Fingeranschlag gewechselt habe. Da ist bei der direkten Verbindung das Signal fast clean, bei den Beispielen mit dem Tube Amp Expander lässt sich die Verzerrung nicht so stark per Anschlag herunterregeln. Außerdem ändert sich der Frequenzgang, wenn der Tube Amp Expander zwischengeschaltet wird. In der empfohlenen Einstellung (Resonance-Z und Presence Z auf Hi) wird der Sound etwas dünner, die unteren Mitten sind leicht abgesenkt.
Aber da kann man ja noch etwas einwirken, einmal durch andere Settings von Resonance-Z oder Presence-Z, oder auch, indem man den integrierten EQ für den Speaker Out noch zurate zieht. Mit den je vier Settings von Resonance-Z und Presence-Z lassen sich subtile Bearbeitungen im oberen und unteren Frequenzbereich vornehmen, die laut Hersteller auch die Charakteristiken bestimmter Amp-Lautsprecher-Kombinationen nachbilden. Für mich liegt der Sinn dieses Features eher darin, den gewohnten Sound des eigenen Amps und Cabs in entspannter Lautstärke zu erhalten als durch Frequenzverbiegung aus einem Greenback einen Blue Alnico zu zaubern. Der interne EQ kann dann wesentlich deutlicher ins Geschehen eingreifen, bei dem man die Wahl zwischen parametrischem und grafischem Betrieb hat. Da können dann auch mal die Mitten kräftig rasiert und dem Plexi ein moderner Mid-Scoop-Sound verpasst werden (Bsp. 3).
Bei längerem Einsatz sorgt der Lüfter für Kühlung, der sich an dieser Stelle eingeschaltet hat und das Ganze nicht mehr geräuschlos vonstattengehen lässt. Auf der Bühne ist das absolut kein Problem, aber wer im Studio bezüglich Nebengeräusche empfindlich ist, wird hier wahrscheinlich weniger Spaß haben. Aber der Lüfter ist nicht permanent an, sondern nur dann, wenn Kühlung nötig ist.
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Cab Simulation
Jetzt hat die 4×12 Box Feierabend und wir wenden uns der Cab-Simulation zu und damit dem Thema Silent Recording eines Röhrenamps. In diesem Fall eine feine Sache, die dank Load-Funktion mit dem Tube Amp Expander auch problemlos funktioniert. Wichtig dafür ist natürlich das Editor-Programm, denn alle wichtigen Einstellungen können hier verändert werden. Ab Werk hat der Tube Amp Expander zwar schon zehn abrufbare (und editierbare) Presets an Bord, aber im Editor können Feinheiten wie Cab-Auswahl, Mic-Auswahl, Effekte, etc., eingestellt werden. Für den Bühnenbetrieb oder schnellen Studio-Einsatz kann man sich dann zehn Presets auf das Gerät laden und natürlich auch ohne Editor arbeiten. Es gibt eine Menge Cabs zur Auswahl, auch eigene IRs können geladen werden. Dazu kommen fünf Mikrofontypen in variablen Positionen und drei verschiedene virtuelle Aufnahmeräume für einen mehr dreidimensionalen Sound. Mit 22 Cabs ist man sehr gut aufgestellt, auch die Veränderung der Mikrofonposition in verschiedenen Stufen (Abstand zum Speaker, seitliche Position) ist eine feine Sache, wobei der eine oder andere unter Umständen ein Bändchen-Mikrofon vermissen wird. Das Royer R121 ist mittlerweile schon fast Studiostandard und auch bei den Modeling-Amps meist im Programm. Schön wäre natürlich auch die Kombinationsmöglichkeit von zwei Mikrofonen. In dieser Beziehung ist der Tube Amp Expander doch schwächer aufgestellt als der Mitbewerber Universal Audio mit seiner Ox Box. Aber auch mit den vorhandenen Mitteln und einem virtuellen Mikrofon lassen sich gute Gitarrensounds aufnehmen.
Effekte
Neben den EQs für beide Ausgänge hat der Tube Amp Expander an Effekten auch Reverb, Delay und Kompressor im Angebot. Für jeden Effektblock stehen dabei mehrere Typen (z.B. Spring Reverb, Analog Delay, SDD3000 Delay) zur Verfügung. So kann man auf der Bühne einem einkanaligen Amp ohne Effektloop Effekte nach der Vorstufe hinzufügen, und mit dem eingebauten Loop im Tube Amp Expander natürlich auch externe Effekte. Damit lässt sich bei Bedarf der Sound noch etwas mehr verfeinern und die Klangqualität entspricht dem Klang der hochwertigen Boss-Effekte. Hier sind ein paar Beispiele mit etwas höheren Effektanteilen.