Wir alle kennen das leidige Problem: Der Panoramaregler bei Jazz- oder PJ-Bässen gleicht leider eher einem Schalter als einem Drehregler und ermöglicht nur ein unbefriedigendes Mischen beider Tonabnehmer. Man arbeitet daher zumeist mit den drei klassischen Soundoptionen „beide Pickups“, „Steg-PU solo“ und „Hals-PU solo“, während weitere interessante Mischverhältnisse ungenutzt bleiben. Der niederländische Soundtüftler Bas Becu aus Arnheim hat eine geniale Lösung für dieses Jahrzehnte alte Thema. Mit seinen Xblend-Elektroniken kann man den Sound beider Pickups über den gesamten Weg des Blend-Reglers absolut sanft und stufenlos mischen. Doch die Xblend-Elektronik kann noch mehr: Durch Ziehen der Höhenblende werden die Tonabnehmer von parallel in eine serielle Verdrahtung geschaltet. Das Resultat sind schier endlose, niemals zuvor gehörte Klangoptionen – da kann man schon von einer kleinen Revolution sprechen!
Bas Becu – genialer Soundtüftler aus Arnheim
„Ich war schon immer Bassist und der Typ, der Dinge repariert!“, schrieb mir Bas Becu aus dem niederländischen Arnheim vor einigen Wochen via Facebook-Messanger. „Irgendwann ging ich von der Reparatur kaputter Effektgeräte für meine Bandmitglieder zum Modifizieren und Bauen von Effekten und Verstärkern für die Band und dann auch für Kunden über. Seit 2014 leite ich eine kleine Firma, die Gitarrenelektronik baut und repariert: Verstärker, Effekte und Gitarrenverkabelungen. Seit 2018 konzentriere ich mich hauptsächlich auf die Verkabelung von Gitarren und Bässen.“
Die Arbeit in seiner eigenen Firma verfolgt Bas derzeit an zwei Tagen pro Woche. Den Rest der Woche ist er Techniker an einer Universität. In den letzten Jahren hat Bas einige sehr interessante und zum Teil hoch individuelle Systeme für zumeist niederländische Musiker und Gitarrenbauer (z. B. Brooks oder Swung Guitars) realisiert.
Die Idee zur Jazz Bass X-Blend-Elektronik
Eine von Bas’ neuesten Innovationen ist eine Jazz-Bass-Elektronik, die auf den Namen „Jazz Bass X-Blend“ hört. Im Jahr 2021 trat der bekannte holländische Bassist Xander Vrienten mit der Bitte nach einer passiven Bass-Elektronik an Bas heran, mit der sich das Tonabnehmer-Verhältnis der Pickups leichter mischen lassen sollte. Bekanntlich eignen sich die herkömmlichen Blend-Potis in Jazz-Bässen nicht besonders gut zum stufenlosen Mischen. Der gesamte Klangunterschied konzentriert sich um die Mittenraste des Blendreglers, und der größte Teil der Drehung besitzt keine Wirkung mehr. „Natürlich habe ich diese Herausforderung angenommen!“, lacht Bas Becu.
„Xander Vrienten spielt stets mit voll aufgedrehtem Steg-Tonabnehmer und möchte dem Klang nur gelegentlich mehr Fülle verleihen, indem er den Hals-Tonabnehmer hinzumischt. Den reinen Hals-Pickup-Sound benötigt er nicht.“ Nach vier Versuchen fand Bas Becu schließlich eine Version, die ein perfektes Überblenden der Pickup-Signale mit einer enormen Palette an zusätzlichen Sounds ermöglichte: „Diese Sounds hat man zuvor von einem Jazz nass nicht bekommen. Ich war wirklich überrascht, so viel Raum für Verbesserungen in dem über 60 Jahre alten Jazz-Bass-Design zu finden!
Für dich ausgesucht
Der erste Streich: BQ Music Xblend I
Von der Elektronik existieren inzwischen zwei Versionen: Xblend I und Xblend II. Bei der einfachen Version (Xblend I) wird ein Tonabnehmer als Master festgelegt. Dieser ist dann immer an, während der zweite Pickup stufenlos hinzugeblendet werden kann.
Bas führt aus: „Die Tonabnehmer sind parallel verdrahtet, wie man es vom traditionellen Jazz Bass kennt, aber hier kommt der Clou: Mit einem Knopfdruck können beide Pickups auch in Reihe geschaltet werden! Auf diese Weise kann man vollkommen sanft vom originalen Singlecoil-Sound zu einem lauten und fetten Humbucker-Sound wechseln. Der vordere Knopf ist für die Master-Lautstärkeregler zuständig. Das mittlere Poti ist der Blend-Regler, mit dem man den Grad der Beimischung des Halspickups einstellt. Zuletzt gibt es die passive Höhenblende, wie man sie seit Jahrzehnten kennt. Zwischen der Höhenblende und der Ausgangsbuchse befindet sich jedoch noch ein kleiner Kippschalter, mit welchem man zwischen paralleler und serieller Verschaltung der Pickups wählen kann.“
Ein Schritt weiter – und schlichtweg genial: Xblend II
Die aufwändigere Version, die BQ Music Xblend II, funktioniert exakt wie der erste Elektronik-Typ, verfügt jedoch über einen zusätzlichen Schalter, mit dem man auswählen kann, welcher Tonabnehmer der Master und ist und welcher auf dem Mix-Poti anliegt. Der Schalter ist zwischen der Höhenblende und der Output-Buchse platziert.
Auch die Umschaltmöglichkeit auf die serielle Verdrahtung ist nach wie vor vorhanden, wie Bas Becu erklärt: „In den seriellen Betrieb gelangt man nun über eine Push-Pull-Funktion des Höhenreglers. Bei lauten Bühnensituationen oder rockigen Styles braucht man nur das Tonpoti zu ziehen, und erhält im Handumdrehen wesentlich mehr Dampf!“
Installation
Beide Xblend-Elektroniken von BQ Music kommen vorverdrahtet auf einer Standard-Elektronikplatte für Jazz-Bässe. Modifikationen wie Fräsarbeiten am Korpusholz sind bei herkömmlichen Fender-Bässen oder vergleichbaren Instrumenten daher in der Regel nicht erforderlich!
Da es sich um eine vergleichsweise komplexe Verkabelung handelt, kann die Installation schon etwas länger dauern als bei einer Standardverkabelung. Ein Schaltplan und unterschiedlich farbige Drähte erleichtern die richtige Verkabelung jedoch enorm. Ist diese Hürde erst einmal genommen, steht dem Spielspaß nichts mehr im Wege!
BQ Music Xblend II – ungeahnte Möglichkeiten!
Ich höre jetzt schon die Kritik: „Die herkömmliche passive Basselektronik reicht doch locker aus!“ Na klar tut sie das! Die Basswelt kam Jahrzehnte mit den Möglichkeiten aus, die der Jazz Bass traditionell zu bieten hat. Mit diesen Basssounds wurde Musikgeschichte geschrieben. Alles hätte also im Grunde auch noch viele Jahre so weitergehen können!
Umso erstaunlicher finde ich aber, dass die BQ Music Xblend-Elektroniken von Bas Becu die bekannte Klangpalette von Jazz- und PJ-Bässen derart massiv erweitert, wie man es niemals für möglich gehalten hätte! Es drängt sich die Frage auf: Warum ist darauf niemals zuvor jemand gekommen?
Nicht nur die 100%ige Freiheit beim Mischen beider PU-Signale ist für mich die sprichwörtliche „Wucht in Tüten“. Auch die Möglichkeit der Seriellschaltung durch einen Zug am Höhenregler erweitert das klangliche Spektrum auf aberwitzige Weise. Der Sound beim seriellen Betrieb beider Tonabnehmer kommt ungemein brachial und rockig-schiebend daher, aber er steht ja sogar auch dann noch zur Verfügung, wenn man nur einen Pickup im Vordergrund haben möchte.
Ganz begeistert bin ich beispielsweise von der Möglichkeit, im seriellen Betrieb den Hals-Pickup zu 100% featuren und dann nur etwa 10 oder 20% des Steg-PUs hinzuzugeben. Auf diese Weise mogelt man das drückende „Grundfauchen“ der seriellen Einstellung in den gewohnten bauchig-runden Sound des Halstonabnehmers – sensationell!
Man muss sich schon ein wenig umgewöhnen, wenn man mit den Xblend-Elektroniken von Bas Becu arbeitet, und minimal schwerer als die Standard-Elektroniken sind sie auch. Dafür erntet man aber auch eine Vielzahl unterschiedlichster Soundoptionen, die man von einem etablierten Bassmodell wie dem Jazz Bass bisher noch nicht kannte!
BQ Music: Faire Preisgestaltung und Custom-Optionen
Ich bin begeistert! Wer die klanglichen Möglichkeiten seines Instrumentes umfangreich erweitern möchte, ohne gleich eine hochgezüchtete Aktivelektronik zu verbauen, kommt in meinen Augen an den BQ Music Xblend-Elektroniken nicht vorbei. Zumal die aktuell aufgerufenen Preise mit 125,- Euro für die Xblend I bzw. 150,- Euro für die Xblend II tatsächlich erstaunlich günstig gehalten sind.
Bleibt noch zu erwähnen, dass Bas Becu als kleiner Boutique-Hersteller natürlich ohne Probleme auf Kundenwünsche reagieren kann. Machbar sind zum Beispiel Versionen ohne Elektronik-Platten für Instrumente, deren Potis aus dem blanken Korpusholz gucken, es kann mit unterschiedlichen Poti-Widerständen gearbeitet werden, mit verschiedenen Kondensatoren für die Höhenblende, etc.
Chapeau, lieber Bas Becu! Ich bin mir sicher, der selige Leo Fender hätte seine helle Freude an deinen genialen Ideen gehabt.
Weitere Infos gibt es hier: www.facebook.com/bqpassivetone, www.instagram.com/bqmusic,
Zudem lohnt sich ein Blick in den Etsy-Onlineshop von Bas Becu. Hier gibt es noch weitere innovative Ideen für verschiedene Bass- und Gitarrenmodelle: BQmusic – Etsy Netherlands
Johannes Funk sagt:
#1 - 02.10.2023 um 22:52 Uhr
Hi Lars, besten Dank für diesen Atikel. Klingt für mich wirklich durchdacht und sehr interessant. Ich nehme mal Kontakt zu Bas Becu auf. Grüße Johannes