Anfang 2023 wollte die Hamburger Band Revolverheld quer durch Deutschland reisen. Aufgrund fehlender Planungssicherheit wurde die Tournee aber jetzt schon abgesagt. Dahinter steckt mehr als die Angst vor möglichen Corona-Einschränkungen.
Die Kulturbranche ist längst aus dem verlängerten Winterschlaf erwacht. Konzerte, Festivals und Ausstellungen finden täglich statt. Man bekommt das Gefühl, dass Bands und Künstler so viel Nachholen möchten wie nur möglich. Denn die Durchführung einer Tournee scheint nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Jeder Kreative ist derzeit irgendwo unterwegs, kein Auftritt darf abgesagt werden. Das Problem: Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Es gibt an vielen Stellen Personalmangel und die Kosten für die Durchführung sind explodiert. Außerdem fehlt es an klaren Ansagen von Seiten der Politik, wie es in einigen Monaten weitergehen wird.
Ein Problem ist vor allem der Personalbereich. Es ist nicht verwunderlich, dass sich Mitarbeiter an der Bar, Security oder Veranstaltungstechnik in den letzten zwei Jahren nach alternativen Jobmöglichkeiten umgesehen haben. Oder sich allgemein gefragt haben, ob dieses Umfeld das Richtige für sie ist. Denn niemand wusste genau, wann es denn wieder so wie früher sein wird. Als dann im März die Clubs und Konzerthäuser wieder ihre Pforten öffneten, kam es schnell zu einem Besucheransturm. Bereit dafür waren aber nur die wenigsten. Selbst ein 3-Tage-Festival wie das Puls Open Air in Bayern musste die Gäste nach einem Tag nach Hause schicken, weil zu wenig Security eingetroffen war. Unsicher ist sich auch die Hamburger Band Revolverheld, die ein halbes Jahr vor Beginn ihre Tour abgesagt hat.
Keine Planungssicherheit für Revolverheld
In einem Statement auf Instagram meldete sich Revolverheld-Sänger Johannes Strate mit einer “traurigen Nachricht”. Demnach müssen die Konzerte Anfang 2023 abgesagt werden, da niemand gewährleisten könne, dass im Winter ein normaler Kulturbetrieb stattfinden wird. “Nach den Aussagen von Drosten und Co. ist es leider so, dass unsere Branche unter Long Covid leidet. Wir werden wahrscheinlich nicht die Einzigen bleiben, die jetzt diesen Schritt gehen müssen”, sagte Strate. Dabei habe die Band Rücksprache mit Experten aus der Veranstaltungsbranche, Politik und Medizin gehalten.
Verwiesen wird in dem Statement vor allem darauf, dass die “Sicherheit und Gesundheit an erster Stelle stehe”. Diese Sicherheit könne die Band aber ohne den Rückhalt aus der Politik nicht gewährleisten. Dann wird auch noch die Unsicherheit unter den Fans angesprochen: “Die Unsicherheit in der Branche und offensichtlich auch bei euch, ist verständlicherweise noch riesengroß”. Diese Aussage kann auch so gedeutet werden, dass der Vorverkauf mehr als schleppend verlief. Die Aussicht auf eine großartige Tournee war einfach nicht gegeben. Das Risiko in halbleeren Arenen zu spielen war wohl zu groß.
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Letztlich kommen hier wohl mehrere Sachen zusammen. Einerseits weiß niemand, ob es im Herbst und Winter noch einmal größere Einschränkungen im Kulturbetrieb geben wird. Die Politik und Experten möchte keine großen Versprechungen machen. Außerdem gibt es derzeit große wirtschaftliche Herausforderungen: Hohe Inflationszahlen, keine billige Energie, keine vertrauensstiftende Geldpolitik der EZB (USD/Euro Parität nach 20 Jahren). Daneben fehlt es an Personal im Eventsektor und viele Menschen sparen lieber in unsicheren Zeiten, als jetzt schon verteuerte Konzerttickets für 2023 zu kaufen. Wenn dann das letzte Album (wie bei Revolverheld) auch noch kein großer Erfolg war, ist so ein Tournee im “Corona-Winter” hauptsächlich eine wirtschaftliche Frage. Und da hat Revolverheld als einer der ersten Bands die Reißleine gezogen.