Geballte Erfahrung und praktische Zeichnungen im Servietten-Stil: Das Handbuch von Moses Schneider soll ein praktisches Helferlein für alle sein, die sich an kostensparenden Aufnahmen im eigenen Proberaum versuchen möchten.
Die eigenen Songs sind geschrieben und die Finger sind wundgeprobt. Jetzt muss ein Demo her – Gigs wollen gebucht werden! Tonstudios sind aber teuer und so ist man als Nachwuchsband eigentlich immer unter Zeitdruck. Und der ist schlecht für das Ergebnis. Am schönsten ist es doch immer noch zu Hause – will meinen im eigenen Proberaum. Dort kann man sich frei fühlen und es klingt irgendwie doch immer am besten. Und er kostet (hoffentlich) keine hunderte Euronen am Tag. Aber man kann das Demo, oder das Album, doch nicht in den eigenen 4 Wänden aufnehmen, oder doch?
Genau das ist der Ansatz den der Produzent Moses Schneider mit seinem Handbuch verfolgt, in dem er seine gesammelten Erfahrungen mit Bands wie den Beatsteaks, Tocotronic oder Kreator verarbeitet. Im Gegensatz zu der häufig praktizierten Aufnahmetechnik mit Midi-Rastern in klinisch sauberen Räumen, stellt der Berliner einfach alle Bandmitglieder in einen Raum und lässt sie scheinbar munter durcheinander lärmen. Es geht also um die reine Live-Aufnahme, in der das „gefürchtete Übersprechen“ der einzelnen Mikrofone zum „Salz in der Suppe“ wird. Mit wenig Geld in kleinen Räumen soll so ein guter Sound erreicht werden, der nicht wie eine austauschbare Pop-Produktion klingt, sondern „das kollegiale Kopfnicken und Schwitzen in den Vordergrund stellt“.
Mikrofonierungs-Schnellkurs für den Proberaum
Dabei wird er natürlich dem Profi kaum bahnbrechende Neuigkeiten liefern – aber das ist auch nicht der Anspruch. So macht der Autor denkbar einfach klar, wie man sich im Proberaum zu positionieren hat, damit jeder sich und die anderen hört: Mit charmanten Zeichnungen im Bierdeckel-Stil. Jeder Band sollte mit Hilfe dieser Anleitungen und eines Zollstocks eine gelungene Aufstellung gelingen. Ebenso simpel wird die richtige Anordnung der Mikrofone dargelegt: Zuerst werden die Basics erklärt: Wie nehme ich meinen Gitarren-Verstärker richtig ab? Wo muss das Bassdrum-Mikro hin? Hier gibt es die Antworten, die für „ein gewisses Minimum an Professionalität und mixfähige Spuren“, sorgen sollen. Darüber hinaus liefert Schneider nun das angekündigte „Salz in der Suppe“: Mit eher unbekannteren Arten der Mikrofonie, wie der „Wurst“ oder der „Glyn Jones-Technik“, soll sich der Kontrollverlust, der mit dem Übersprechen der einzelnen Mikrofone entsteht, in einen Vorteil verwandeln.
In der Kürze liegt die Würze…
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…aber auch die Schwachstelle des Buches. Zum Beispiel in dem Kapitel über Phasenauslöschungen: Das Thema lässt sich in der Form natürlich nicht einmal annähernd erschöpfen, weswegen der Aufruf sich zu „sensibilisieren“ eigentlich das einzige ist, was nach der Lektüre kleben bleibt. Auf der anderen Seite sind Faustregeln wie „was gut aussieht klingt auch gut“ nicht nur unterhaltsam zu lesen, sondern auch einfach zu merken. Hier wird die Einsteiger-freundliche Ausrichtung auf die Praxis weiter unterstrichen.
Dennoch sollte der totale Recording-Laie nicht erwarten sofort Aufnahmen überdurchschnittlicher Qualität zu machen: In der Motivation, die Moses Schneider freizügig verteilt, liegt die Gefahr, den nach wie vor komplexen Aufnahmevorgang zu unterschätzen. Schon die Anzahl der Mikrofone, die der Autor bei seinen Aufnahmen verwendet, lässt den Laien schlucken: Für die meisten jungen Bands wird der Tipp „so viele Mikros wie möglich“ aufzustellen wahrscheinlich nicht ohne erhebliche Investitionen möglich sein.
Trotzdem kann man sich kaum einen besseren Einstieg wünschen. Das Büchlein ist so kurzweilig und kompakt geschrieben, dass man es auf der Fahrt in den Proberaum in der Bahn lesen kann, bevor man sich dann gleich an einzelnen Tipps versucht. Vor allem die Einsichten in die Gruppendynamik einer Band lassen das Buch sympathisch und unterhaltsam werden. So findet man den Band-Klamauk, der entsteht wenn ein Haufen Rocker tagelang aufeinander hockt, wunderbar in Begriffen wie die „verkackte Erdmännchen-Stelle“ oder der „YoYoYo!-Take“ ausgedrückt. Vor allem dieser vorletzte Abschnitt sorgt für dauerndes Geschmunzel. Eine echte Empfehlung!
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