PRAXIS
Die Bedienung des Amps gestaltet sich also ziemlich einfach, aber ich bin gespannt, ob auch das Wechseln der Röhren tatsächlich so leicht von der Hand geht, wie der Hersteller es verspricht. Zuerst sollen natürlich die eingebauten 5881 Kolben beweisen, was sie können. Als Gitarre dient eine Strat mit Jeff Beck Humbucker und Fender Noiseless Single Coils. Die schwere 2×12“ Box mit Vintage 30 Speakern habe ich mit einem Shure SM57 in Verbindung mit einem Neve 8801 Mikrofon-Preamp abgenommen.
Ich beginne wie immer clean.
Ich strumme in der Hals-Mittelposition ein paar Akkorde. Der Amp klingt glasklar und direkt, für meinen Geschmack vielleicht ein wenig kühl, aber Metal- und Hard Rock-Gitarristen wird es gefallen.
Ich schalte jetzt in die Halsposition und drehe den Hall auf 9 Uhr.
Auch hier zeigt sich, dass der Clean-Kanal nicht zu den besonders warm klingenden seiner Zunft gehört. Dafür löst der Hall sehr dicht auf und gibt dem Sound eine gewisse Tiefe. Aber Vorsicht, er geht recht heftig zur Sache. Die Trioden-Einstellung verpasst ihm mit einigen zusätzlichen Mitten etwas mehr Wärme, aber trotzdem wirkt er leicht distanziert.
Jetzt geht’s in den Lead-Kanal, ich bleibe im Pentoden-Modus und der Gainregler, der übrigens bis 22 geht (witziges Gimmick), steht auf 2.
Der leicht kühle Charakter bleibt und meine Spannung, wie er sich mit den 6L6ern machen wird, steigt. Natürlich steht die Klangregelung bei allen Beispielen auf Mittelposition.
Der Trioden-Modus ist an der Reihe, die Einstellungen bleiben ansonsten erhalten und auch der Humbucker bleibt im Einsatz.
Aha! Da tut sich ja richtig was! Der Amp bekommt etwas mehr Mitten und dadurch eine kräftige Portion Wärme, die ihm gut zu Gesicht steht. Der Gain-Gehalt steigt und erzeugt ein sattes Crunch-Brett.
Im nächsten Beispiel darf der Hals Singlecoil ran, sonst bleibt alles wie gehabt.
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Der Verstärker geht tatsächlich recht feinfühlig auf die verschiedenen Pickups ein. Sehr gut!
Ich erhöhe den Zerrgrad auf 5 und schalte auf Pentode. Wir hören wieder die Strat mit dem Hals-Singlecoil.
Der Sound wird punchiger und dadurch auch direkter.
Zurück auf Triode, Humbucker aktiviert und ein oldschool Heavy Rock Riff abgefeuert. Auch hier steht der Gainregler auf 5.
Wer sich ein wenig mit der Geschichte des Rock auskennt, und dort besonders mit den Neunzigern, der hört sofort, wie gut der Amp in der Lage ist, eben diesen Sound zu reproduzieren. Die 5881 Röhren liefern ihn!
Abschließend noch ein kleines High Gain Riff mit einer Prise Hall. Es ist gar nicht so einfach, das richtige Maß an Reverb einzustellen, ohne dass es gleich nach Kölner Dom ohne Bestuhlung klingt.
Der Amp hat bei allen Beispielen etwas leicht Sägendes in den oberen Mitten, was damals zum aktuellen Sound gehörte. Mein Ding ist das nicht unbedingt, klingt aber sehr authentisch. Ich bin gespannt, ob das tatsächlich an den Endstufenröhren liegt.
Apropos Röhren… Amp ausschalten, warten, bis sich die Röhren abgekühlt haben, schnell das Lüftungsgitter hinten abgeschraubt, alte Röhren raus und die 6L6er rein. Amp wieder einschalten, warten, Standby deaktivieren und es geht tatsächlich! Ein echtes Erfolgserlebnis. Der Verstärker hat die Justierung von selbst vorgenommen und ich höre jetzt die neuen Röhren. Es kann so einfach sein.
Wieder beginne ich mit dem Clean-Channel. Diesmal wage ich den direkten Vergleich zwischen Pentode und Triode.
Hier lässt sich recht gut heraushören, was die Umrüstung tatsächlich ausmacht. Die Pentoden-Einstellung klingt knalliger und etwas aufgeräumter, im Trioden-Modus verschiebt sich das Mittenbild und wird insgesamt “fleischiger“. In beiden Beispielen habe ich den Hals Single Coil verwendet.
Dasselbe Spielchen jetzt mit einem Crunchsound.
Im Pentoden-Mode wirkt der Amp frischer, da sich eine ganze Menge in den Höhen tut. Dadurch strahlt er mehr als im Trioden-Modus. Hier wiederum treten die wichtigen Mitten mehr in den Vordergrund und packen die (Sound) Faust ins Riff.
Ich ändere nichts an den Einstellungen und schalte in den Hals-PU.
Ich muss zugeben, dass mir der Amp mit den 6L6ern bis jetzt wirklich gut gefällt. Auch bei diesem Beispiel kommen die Mitten schön heraus, ohne sich in den Vordergrund zu spielen.
Es wird Zeit für mehr Gain. Ich erhöhe auf 9 Uhr, aktiviere den Humbucker und lasse den Schalter auf Triode stehen.
Der Sound federt schön bei abgedämpften Getacker und bietet ein sehr amtliches Hardrock-Brett.
Da der 1990 Infinium auch einen Recording-Out bietet, ändere ich nichts an der Einstellung und schließe den Ausgang direkt an.
Ich denke, das Beispiel bedarf keines weiteren Kommentars. In dieser Ausführung ist der Recording-Ausgang leider nicht zu gebrauchen.
Also Kabel wieder raus, auf Pentode geschaltet und den Gain maximal erhöht. Eine kleine Portion Hall obendrauf und los geht’s.
Auch dieser Sound macht richtig Spaß. Er zeigt sich angenehm direkt und klar in der Ansprache.
Wie gesagt, die 6L6er stehen dem Amp meiner Meinung nach besser und geben ihm die Wärme, die er in der ursprünglichen Bestückung vermissen ließ. Aber das ist reine Geschmackssache, denn auch mit der 5881er Bestückung liefert er einen charakteristischen Sound, mit dem man vor allem im Metal und Hard Rock absolut zu Hause ist.