Als die Ankündigung zum Großmembran-Kondensatormikrofon CAD Equitek E300S die Runde gemacht hat, wurden meine Augen größer.
Denn schließlich war das Equitek E200 mein erstes Kondensatormikrofon, das mir seither treue Dienste geleistet hat. Mehr noch: Ich habe mir sogar ein zweites zugelegt. Das CAD E300S beerbt allerdings nicht das E200, sondern das E300, welches vor allem eine andere Kapsel nutzte.
Equiteks waren nie eine Legende, sondern immer so eine Art Geheimtipp – ein Legendchen also. In den späten 1990ern, als die Auswahl an Kondensern noch mehr als überschaubar und an chinesische Mikrofone zum Taschengeldpreis nicht zu denken war, waren die amerikanischen CAD-Mikros – gemeinsam mit denen von Audio-Technica aus Japan eine willkommene und vor allem preiswerte Alternative etwa zu Neumann und AKG.
Details
Früher war mehr Lametta, oder?
CADs Equitek-Serie, von der das bis heute in unterschiedlichen Ausführungen erhältliche Supernierenmikro E100 von manchen Usern vor dem Gitarrenamp abgöttisch geliebt wird, war nie für zurückhaltende Optik bekannt. Und irgendwie erinnern CADs immer an amerikanische Autos, etwa an Buicks. „Built to last“-Look mit mattschwarzem Finish, immer etwas grobschlächtig, und – „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ – ziemlich prollig. Das war vielleicht ein kleiner Faktor, aber nicht der Hauptgrund dafür, dass Equiteks eine große Beliebtheit beim Recording oft goldkettenbehängter und kappentragender Hip-Hopper hat. Es ist der präsent-mittige In-Your-Face-Sound, der besonders E200 und E300 zum beliebten Vocal-Mike machte. Genau so extrem geht es optisch nicht mehr zu, denn das Gold-Bling-Bling ist etwas verhaltener als beim E200. Aber schon das ursprüngliche E300 und sein Nachfolger E350 waren deutlich seriöser unterwegs.
Built with … ist ja auch egal
„Conneaught Audio Devices“ steckt hinter der Abkürzung „CAD“. Doch das Unternehmen aus Ohio musste sich den Vorwurf des Ausverkaufs gefallen lassen. Zeitweilig waren nur recht preiswerte, in China gefertigte Mikrofone von CAD erhältlich, die mit den Equiteks nach Meinung vieler Tonleute nicht mithalten konnten. Allerdings haben CAD auch früher schon Kapseln aus chinesischer Produktion verbaut, was technisch und klanglich aber durchaus erfolgreich war. Schließlich lässt die Herkunft eines technischen Gerätes nicht zwingend auf die Qualität schließen. Insofern hat es mich schon beim E200 verwundert, „Built with Pride in Ohio“ lesen zu müssen. Das hat bei mir zudem die Frage aufgeworfen, ob das Mikrofon nicht genauso gut wäre, wenn es ohne „Pride“ gebaut worden wäre.
Drei Richtcharakteristiken
Die Echtkondensator-Doppelmembrankapsel ist beidseitig mittenkontaktiert, mit einem Schalter kann die rückseitige Niere der vorderen entweder mit normaler oder invertierter Polarität zugemischt werden, um entsprechend Kugel oder Acht zu erhalten. Laut Frequenzdiagramm ist bei frontaler Besprechung die Kugel sehr offen mit einem leichten Präsenzen-/Schärfe-Dip, die Acht mit einem kleinen Präsenzboost versehen und die Niere bis auf den heute typischen Boost um gut 10 kHz herum recht ausgewogen. Ohne 20dB-Pad liegt die Zerrgrenze bei 125 dB(SPL), das Rauschen des 20 mV/Pa ausgebenden Mikrofons ist mit 12 dB(A) durchaus moderat. Das Hochpassfilter greift nur sehr sanft ein, liegt dafür mit 135 Hz (-3 dB) aber recht hoch.
Strom an, Strom aus. Moment… an einem Mikrofon?
Dass Röhrenmikros über einen Powerschalter verfügen, sollte bekannt sein. Aber wieso beim CAD E300S? Ganz einfach: Es gibt, ganz in der Tradition der Equiteks, eingebaute Akkus. Diese internen NiMH-Akkumulatoren werden von der 48V-Speisespannung bei Bedarf geladen und können damit eine konstante, verlässliche Versorgung der Kapselvorspannung und der Elektronik bewerkstelligen. Wer einmal an verschiedenen, gerade preiswerteren Preamps mit einem Messgerät geschaut hat, wie unterschiedlich die eigentlich vorgegebenen 48 Volt tatsächlich aussehen und sich verändern können, der wird mir beipflichten, dass das eine gute Idee zu sein scheint.
Lautlos
CADs Equitek E300S kommt in einem lustig geformten Hartplastikkoffer, bei dem ich prompt an die Roboter „Dewey“ und „Huey“ in „Lautlos im Weltraum“ („Silent Running“) denken muss. Das Mikro kommt nicht alleine, sondern mit einer Spinne und ein wenig Papier-Beiwerk.
Chris sagt:
#1 - 12.05.2017 um 07:34 Uhr
Hi Nick,
testest du das e70 auch noch?
Wäre interresant was das kann und was nicht..LG
Chris
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#1.1 - 13.05.2017 um 08:03 Uhr
Hi Chris,fast: Ein anderer Autor hat das e70 schon im Test gehabt – und der ist im Grunde fertig. Du wirst das also demnächst hier finden!Beste Grüße,
Nick
Antwort auf #1 von Chris
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