Praxis
Bedienkonzept
Die Art der Bedienung ist mir schon beim Test des Casio LK-S450 positiv aufgefallen. Viele vergleichbare Keyboards anderer Hersteller verfügen über ein Frontpanel mit einer großen Anzahl von Tastern, um viele Funktionen zu steuern und entsprechende Parameter aufrufen zu können. Das Casio CT-S1000V kommt mit sehr viel weniger Bedienelementen aus, da die fünf Taster unter dem Display je nach Menü unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Ein wechselndes Kontextmenü am unteren Displayrand zeigt dabei die jeweiligen Funktionen an, die den Tastern zugewiesen sind. Dadurch werden viele festverdrahtete Taster überflüssig. Natürlich ist es zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man die Variation oder das Fill-In eines Rhythms nicht über eine Hardware-Taste aktiviert, sondern über eine der Tasten, mit der man vorher noch durch die Kategorien der Sounds manövrierte, aber man stellt sich schnell auf diese Art der Bedienung ein.
Das Benutzerinterface des CT-1000V ist effizient und begeistert. Man kommt schnell zum Ziel und verliert nicht den Überblick. Steigt man allerdings tief in die Untermenüs für komplizierte Funktionen, wird’s dann doch etwas unübersichtlich. Das ist aber kein Nachteil, vielmehr ist es toll, dass ein so kompaktes Instrument so viele gut editierbare Features besitzt. Über HOME CSTM lassen sich sogar die Funktionen der fünf Tasten im Home-Bildschirm individuell ändern, was einen direkten Zugriff auf eigene favorisierten Menüs oder Parameter gestattet.
Tastatur und Lautsprecher
Das Casio CT-S1000V verfügt über eine leicht gewichtete 61-Tasten Klaviatur im Piano-Look. Alle Tasten – weiß und schwarz – zeigen sich mit leicht rauer Oberfläche für guten Grip. Beim Spielen erzeugt die Tastatur nur wenig Geräusch und ist ausreichend gewichtet, um selbst pianistisch agieren zu können. Auch die Anschlagdynamik lässt sich wahlweise in drei Stufen von hart bis weich einstellen und selbst deaktivieren.
Die beiden ovalen 13x 6 cm Lautsprecher und der 2x 2,5 W Verstärker des Instruments zeigen sich mit angenehmem, ausgewogenem Klang und genügend Lautstärke, welcher durch die Bass-Reflex-Öffnungen auf der Unterseite des Instruments mit ordentlich Druck unterstützt wird. Schaltet man im SETTINGS Menü den Surround-Effekt hinzu, erzeugen die integrierten Speaker einen breiten, virtuellen Raumklang. Dieser Effekt wirkt allerdings nicht bei Kopfhörer-Betrieb oder wenn über Line-Out extern verstärkt wird.
Tones
Zunächst beleuchten wir die AiX-Tonerzeugung, die bereits in den Keyboards CT-X5000, CT-X3000, CT-X800 und CT-X700 verwendet wird. Das CT-S1000V bietet 800 verschiedene Instrumenten-Sounds und eine 64-stimmige Polyphonie. Die verwendete AiX Klangerzeugung klingt sehr gut und wird durch eine leistungsstarke DSP-Effekt-Sektion unterstützt, deren Effekte sehr flexibel im Menü „Active DSP“ einstellbar sind. Selbst wenn man zwei Klangfarben zum Layer kombiniert oder das Keyboard splittet, kann man weiterhin separate Effektketten für jeden einzelnen Sound anwenden. Mithilfe der drei Knobs können Parameter der 100 verschiedenen Effektketten justiert werden. Zusätzlich stehen 3 (!) System-Effekte zur Verfügung: Reverb, Chorus und Delay.
Die akustischen und elektrischen Pianos sowie die Orgeln klingen hochwertig und lassen sich auf der Tastatur des CT-S1000V sehr gut spielen. Der Klang „AdvPianoPad“ legt ein Layer-Pad unter den Piano-Sound, sobald man drei Tasten gleichzeitig spielt. Einstimmige Melodien verwenden hingegen nur den Klavierklang. Der Orgel „Amp Organ 1“ habe ich einen Rotary Effekt hinzugefügt, der mittels Knob 1 in der Geschwindigkeit regelbar ist. Mithilfe von Knob 2 änderte ich den Gain des Overdrive und auf Knob 3 lag der Reverb Send Parameter.
Auch die Reproduktion der sonstigen natürlichen Instrumente ist mit der AiX-Synthese sehr gut gelungen.
Eine besondere Stärke des Casio CT-S1000V sind die Synthesizer-Sounds. Sie klingen fett und sind in vielen sinnvollen Varianten vorhanden:
Einige Sounds sind als Retrospektive der klassischen Casio Synths der 80er Jahre zu verstehen. Beispielsweise wurden Klänge des legendären VL-1 oder des VZ gesampelt und können direkt genutzt werden. Der Arpeggiator wertet gerade die Sounds der Synth-Kategorie erheblich auf. Im folgenden Beispiel habe ich einmal viele Möglichkeiten des CT-S1000V genutzt: Die linke Hand steuert einen Synth-Bass mit Arpeggiator. Die rechte Hand spielt zwei übereinander gelegte Synth-Lead-Sounds, die mit einer wirkungsvollen DSP-Effektkette belegt sind. Mit den Knobs steuere ich den Cutoff des Filters, und das Feedback des Delays. Später starte ich noch einen Rhythm, um eine Steigerung zu erzeugen. Diese Features sind sehr flexibel einsetzbar. Es dauert allerdings etwas, bis man die Möglichkeiten verstanden hat und umsetzen kann. Eine solche Kompletteinstellung kann auch als Registration gespeichert werden.
Rhythms
Der Arranger des CT-S1000V bietet 243 Rhythms mit je einem Intro, zwei Variationen, zwei Fill-Ins und einem Ending. 50 weitere User Rhythms (im Format AC7, CKF, Z00) können bei Bedarf über einen USB-Stick in das Gerät geladen werden. Von modernen Dance-Styles bis hin zu traditionellen chinesischen Begleitpatterns ist alles im Angebot. Über das ACCMP-Feld lassen sich alle Begleitspuren simultan ausschalten, sodass nur die Drum-Spur läuft. Leider ist es nicht möglich, die Spuren einzeln zu muten und den Rhythm auf diese Weise auszudünnen. Immerhin gibt es die beiden Variationen mit unterschiedlicher Dichte. Durch längeres Drücken der RHYTHM Taste stellt sich automatisch ein passender Sound für die rechte Hand ein und per SYNC START wartet der Arranger, bis ein Akkord im Begleitungsbereich angespielt wird. Hier ein paar Audio-Beispiele, bei denen ich in vielen Fällen die “One Touch Presets” verwendet habe.
Beim Spielen der Rhythms sind auch ein paar Mal die Klänge der Vocal Synthesis zum Einsatz gekommen, um deren Möglichkeiten aufzuzeigen.
Vocal Synthesis
Jetzt wird’s wirklich interessant: Das CT-1000V bietet mit der Vocal Synthesis ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Dabei handelt es sich nicht um einen Vokal-Prozessor, der bei einigen Entertainer-Keyboards Verwendung findet, um ein Mikrofonsignal in Echtzeit zu verfremden. Nein, Vocal Synthesis bedient sich geschriebenem Texts zum Erzeugen von synthetischem Gesang, dessen Tonhöhe durch das Spiel auf der Tastatur gesteuert wird. Der Liedtext und die Stimm-Klangfarbe können weitreichend verändert werden. Das CT-S1000V wird mit 100 vorgefertigten Textzeilen geliefert, damit man direkt loslegen kann. Es können allerdings auch eigene Liedtexte innerhalb der zugehörigen App “Lyric Creator” erstellt und gespeichert werden, die anschließend via Kabel ins Keyboard übertragen und dort gespeichert werden. Für diese Anwendung benötigte ich ein Micro-USB-Kabel und einen Camera Connection Kit Adapter. Die Daten über den mitgelieferten Bluetooth-Adapter zu übermitteln, ist leider nicht möglich.
Hören kann man das Ergebnis der Texteingabe erst nach der Übertragung ins Keyboard. Wie klingt die Vocal Synthesis nun? Hier zunächst der eingegebene Text im Phrase-Modus, bei dem der Text bei gespielten Tasten im eingestellten Tempo und mit den eingegebenen Notenlängen und -pausen abgespielt wird:
Die zweite Möglichkeit ist der Note-Modus, bei dem bei jeder neu gespielten Taste eine Silbe ertönt:
In einer weiteren Möglichkeit lassen sich auch die Tasten der linken Hand zur Silbensteuerung einsetzen. Dabei wird dem tiefsten “C” die erste Silbe zugeordnet, die folgenden weißen Tasten sind dann für die weiteren Silben zuständig.
Bei den folgenden Beispielen werden die Möglichkeiten der Klangbeeinflussung deutlich. Eigenschaften wie Alter, Geschlecht, Vibrato und vieles mehr lassen sich einstellen. Zu den Parametern zählen außerdem Attack-Zeiten, Modulation, Effekte, eine Arpeggiator- und eine Retrigger-Funktion, welche bei gehaltener Taste eine schnelle Repetition erzeugt.
Im Folgenden eine bekannte Textzeile aus der “Bohemian Rapsody” von Queen umgesetzt und mit verschiedenen Klangeinstellungen (Vocalists) versehen. Am Ende wurde der Lyric-Sound mit einem Pad aus der AiX-Sound-Engine gelayert. Auch diese Kombination ist möglich.
Natürlich können die Lyrics auch synchron mit einem Rhythm abgespielt werden:
Um einen kompletten Song mit Vocals am CT-S1000V umzusetzen, lassen sich mehrere Text-Phrasen in einer „Sequence“ aneinanderreihen, sie werden dann beim Spielen der Reihe nach wiedergegeben:
Die Vocal Synthesis ist ein cooles Feature, mit dem man moderne Gesangselemente in eine Performance oder einen Song einbinden kann.
Sonstiges
Kompletteinstellungen können mittels 64 Registrations gespeichert werden, welche in 16 Bänken á 4 Speicherplätzen organisiert sind. Zusätzlich lassen sich vier sogenannte MY SETUPs ablegen, mit denen auch globale Parameter gespeichert werden, also Tuning, Equalizer, Surround-Klang, oder ob die Lautsprecher ausgeschaltet sein sollen, weil das Instrument extern verstärkt wird. Auch als MIDI-Controller macht das CT-S1000V eine gute Figur. Die einzelnen Parts senden auf verschiedenen MIDI-Kanälen, und auch die Knobs senden Control-Change-Daten. MIDI Sync ist ebenfalls einstellbar auf Master oder Slave. Das CT-S1000V verfügt über einen MIDI-Recorder, mit dem entweder einspurige „Easy-Recordings“ oder bis zu fünf Multi-Track-Aufnahmen mit jeweils sechs Spuren aufgezeichnet werden können. MIDI-Songs sind ebenfalls abspielbar. Auch ein Sampler befindet sich in der Ausstattung, der Audio-Files im WAV-Format lesen kann und über die Audio-In-Buchse direktes Sampeln ermöglicht; ein Audio-Recorder ist nicht an Bord.
Weitere Ausstattung
Alle User-Daten (auch Registrations, Sample-Klänge oder MIDI-Recordings) können auf einem USB-Speichermedium archiviert werden. Mittels mitgeliefertem Bluetooth-Adapter WU-BT10 lässt sich z. B. Audio von einem Smartphone empfangen sowie MIDI senden und empfangen. Details darüber kann man im Test des Casio CT-S1 nachlesen. In Verbindung mit der gerade neu vorgestellten „Casio Music Space” App (iOS und Android) ergeben sich tolle Lesson-Möglichkeiten mit Notendarstellung und sogar völlig neuartige Anwendungen wie ein „Live Concert Simulator“, bei dem die akustischen Gegebenheiten eines Live-Konzerts einschließlich Applaus simuliert werden. Auch die Einstellungen des CT-S1000V können komfortabel über diese App verändert werden.
NEK sagt:
#1 - 22.05.2024 um 04:50 Uhr
Danke für den sehr ausführlichen und treffenden Test! Das Casio CT-S 500 ist wahrscheinlich das beste Keyboard in dieser Preisregion, es hat 800 hervorragende Sounds, eine wirklich wundervolle Tastatur, eine sehr gute Verarbeitung, tolle Lautsprecher und sehr viele Möglichkeiten! Auch ein Batteriefach ist dabei, leider halten normale Batterien nicht allzu lange, aber man kann ja gute Akkus nehmen! Kurzer Überblick über die Features: 800 Sounds wovon die meisten wirklich hervorragend sind, eine sehr gut spielbare Ivory feel (d.h. angeraute) Tastatur im Piano Look die auch den meisten Klavierlehrern Freude bereitet und insgesamt ein sehr überschaubares Layout, lassen mit dem Gerät sehr viel Spaß aufkommen! Ich hatte mittlerweile etliche Keyboards und Synthesizer in der ähnlichen Preisklasse und muss sagen dass das Casio alle in die Tasche steckt, darunter waren sogar so namhafte Vertreter wie Yamaha mx49, Korg Triton Taktike oder Roland go Keys, aber diese genannten Mitbewerber können im Soundcheck nicht wirklich überzeugen! Das Casio hat einfach die realistischeren Saxophone, Pianos, Streicher und eine hervorragende Welt Sound Abteilung, dazu kommen noch Spezialitäten wie das spezielle Tuning auch auf arabisch, indisch und so weiter und sehr viele passende Begleitungen! Zwei kleine Kritikpunkte habe ich allerdings doch und zwar ist natürlich durch die Vielfalt der Funktionen die etwas reduzierte Bedieneinheit überfordert, man muss schon sehr viel klicken um an die verschiedensten Parameter zu kommen, vor allem ist eben nicht alles sooo intuitiv wie die ausführliche Anleitung suggeriert... Wirklich vermissen tue ich eigentlich nur zwei Dinge und zwar zwei dezidierte Buttons für die Oktavverschiebung und ein zweites Rad für die Modulation, der kleine Drehregler links kann da nicht wirklich überzeugen! Ansonsten ist das Gerät hervorragend verarbeitet, sehr leicht und kompakt und durch Batteribetrieb sehr flexibel einsetzbar, in eine schöne Rucksack Tasche gepackt kann es leicht überall mit hinnehmen, auch an den Strand oder ans Lagerfeuer wie es immer so schön heißt, die eingebauten Lautsprecher machen ordentlich Druck und verzerren auch bei vollem Anschlag nicht was sehr selten ist! Die Tastatur ist wie gesagt eher Klaviermäßig, was vielleicht für Synthiesounds nicht unbedingt am besten geeignet ist, aber das kann man sich ja angewöhnen bzw weiß man im voraus. Dafür lässt sie sich sehr dynamisch spielen und hilft die tollen Sounds sehr ausdrucksstark zu spielen! Leider haben wir es doch zurückgeben müssen, weil unsere Tochter doch lieber Gitarre spielen möchte.. Ich kann es trotzdem allen empfehlen die ein günstiges und transportables Instrument mit hervorragendem Klang suchen!