Praxis
Handhabung
Die Bedienung des GP-510 funktioniert fast ausschließlich über ein kompaktes, relativ selbsterklärendes Bedienfeld mit kleinem Display links neben der Tastatur. Neben Schnellwahl-Buttons für die drei Haupt-Sounds (Berlin Grand, Vienna Grand, Hamburg Grand) gibt es universelle Menü-Buttons, die jeweils zum Scrollen durch die verschiedenen Sounds oder Effekte/Einstellungen genutzt werden können. Über den Layer-Button lassen sich zwei Sounds als Split oder Layer miteinander kombinieren. Ansonsten können im Menü klassische Einstellungen wie Transpose, Octave Shift, Metronome oder MIDI vorgenommen werden.
Effekte und Features
Über den Settings-Button gelangt man in die Effektsektion, wo sich unter anderem zwölf Reverb-Effekte befinden. Diese decken von Room, über Opera bis hin zu British Stadium alle erdenklichen Kapazitäten und Ästhetiken solide ab. Die Reverbs sind Preset-basiert und lassen sich nicht im Detail bearbeiten, das gleiche gilt auch für die verschiedenen Chorus/Flanger-Effekte. Diese Presets sind allerdings sehr brauchbar und wohlklingend voreingestellt, sodass ich kaum das Verlangen danach bekomme, hier noch nachträglich justieren zu müssen. In Sachen Equalizer bietet das Digitalpiano einen sogenannten „Brilliance“-Effekt, bei dem die Höhen des Sounds hörbar angehoben werden. Ansonsten finde ich noch einen vorgestellten Master-EQ, der sich entweder auf die Speaker oder den Line-Out anwenden lässt. Für die Klavierklänge lassen sich detaillierte Einstellungen wie Nebengeräusch-Lautstärken, Anschlagverhalten der Hämmer, Höhe des Flügeldeckels, oder auch die Präsenz von Obertönen/Resonanzen einstellen.
Bei den restlichen Sounds setzt Casio hauptsächlich auf Presets. Bis auf Reverb/Chorus lassen sich hier kaum Parameter ändern. Eine Begleitautomatik ist nicht mit an Bord. Dafür gibt es aber Demo-Songs mit echten Orchester-Aufnahmen, bei denen sich auf Wunsch das Playback-Klavier ausschalten lässt, woraufhin dann selbst zum Orchester gespielt werden kann. Das eigene Klavierspiel aufzunehmen ist auch kein Problem. Dazu bietet das GP-510 zwei verschiedene Modi auf die man nach Gusto zurückgreifen kann: Einen Piano-internen MIDI-Recorder, mit dem sich ein Titel bestehend aus zwei Spuren aufnehmen lässt und einen Audio-Recorder, mit dem man max. 99 Song-Titel verewigen kann. Die Audio-Aufzeichnungsqualität liegt hier in CD-konformen 44.1 kHz / 16 Bit / Stereo. Aufgezeichnet wird auf USB Flash Drive.
Klang
Das Casio GP-510 Digitalpiano beherbergt 35 Sounds, basierend auf der Casio-eigenen AiR Grand Sound Source-Klangerzeugung. Insgesamt sind zehn frei belegbare „User Scenes“ reserviert, in denen eigene erstellte Presets abgespeichert werden können. Diese Option bleibt beim kleinen Geschwisterchen GP-310 aus, wo interne Presets überschrieben werden müssen. Klanglich liegt der Fokus hörbar auf Flügel-Sounds. Das Herzstück bilden drei minutiös gesampelte Flügel, die per Schnellwahl-Taster auf dem Bedienfeld direkt zu erreichen sind. Alle drei bieten unterschiedliche Klang-Charaktere und sind jeweils in drei Ausführungen vertreten: normal, mellow und bright. Beginnen wir mit dem „Berlin Grand“, welches auf der Kollaboration mit Bechstein basiert. Hier wurde ein Bechstein-Flügel mit Liebe zum Detail gesampelt. Der Klang ist relativ trocken, aber dennoch voluminös und hat einen großen Dynamik-Umfang. Bei härterem Anschlag vermisse ich ein wenig Kraft im Bass-Bereich und vernehme eine auffällige Mitten-Präsenz, was aber Kritik auf sehr hohem Niveau ist.
Weiter geht es mit dem „Hamburg Grand“, für welches ein Steinway-Flügel Pate stand. Dieser Klang ist etwas stärker im Bass-Bereich und hat im Vergleich zum Berlin Grand etwas nüchternere Mitten. Bei allen Flügel-Sounds bin ich positiv überrascht über den insgesamt sehr realistischen und natürlichen Grundsound, der ziemlich nah am akustischen Instrument ist. Das merke ich sowohl über Kopfhörer, als auch über das optimierte Lautsprecher-System. Die verbauten Lautsprecher zeigen nicht alle direkt auf den Spieler, sondern teilweise wird der Sound im Gehäuse gebrochen und umgelenkt, wodurch eine indirekte Beschallung entsteht – ähnlich wie bei einem Flügel. Dies verleiht den Klängen einen tiefen, sehr räumlichen Sound, der phasenweise größer klingt, als das Piano eigentlich ist. Verstärkt wird dieser Effekt noch, wenn einer der vielen Reverb-Effekte hinzugeschaltet wird.
Der dritte Klang im Flügel-Bunde ist ein Boesendorfer Grand Piano, das unter der Bezeichnung „Vienna Grand“ aufgerufen wird. Für mich persönlich ist dieser Sound klanglich quasi „best of both worlds“, da er angenehme Mitten, einen dynamischen Charakter und ein solides Bass-Fundament verbindet.
Für dich ausgesucht
Neben diesen drei Haupt-Sounds gibt es weitere Soundbänke für E-Piano, Harpsichord/Vibraphon, Strings, Organ und Bass. Bei diesen kaum veränderbaren Preset-Sounds merke ich dann doch, dass es Casio beim Grand Hybrid zurecht vor allem auf die Grand Piano-Sounds abgesehen hat. Klänge wie Harpsichord oder Orgel klingen phasenweise etwas dünn und digital und haben nicht viel mit den detail-verliebten organischen Flügel-Sounds gemein. Diese Klänge sind, wie bei vielen anderen Digitalpianos auch, dazugepackte Soundalternativen, die nicht auf dem Niveau der gebotenen Piano-Klänge liegen. Für den Heimgebrauch und die Kombination mit den Piano-Sounds sind diese Klangfarben aber durchaus ausreichend. Der Fokus liegt hier eindeutig auf den akustischen Flügel-Klängen.
Die E-Piano Sounds hinterlassen einen guten Eindruck und laden durch eine direkte, relativ trockene Ansprache zu akzentuiertem Groove-Spiel ein. Auch die Layer/Split-Funktion ist sehr intuitiv einstellbar und inspiriert zu kreativen Klang-Kombinationen.
Was mich ein wenig enttäuscht, ist das Fehlen eines angesagten Upright Piano-Sounds. Neben einem relativ unflexiblen Honkey Tonk-Preset würde eine kleine Auswahl solide gesampelter Upright-Sounds das Klang-Kontingent des GP-510 ungemein aufwerten. Gerade im Hinblick auf Bechsteins hochwertige Upright-Klaviere hätte man meiner Meinung nach in der Zusammenarbeit doch noch diesen Schritt gehen können. Vielleicht wurde darauf aber auch bewusst verzichtet, um den eindeutigen Fokus auf Flügel-Klänge zu bewahren und das GP-510 Grand Hybrid nicht als Solo-Alleskönner zu präsentieren.