Das Casio Privia Pro PX-5S ist nicht nur das erste ausdrücklich als Stagepiano bezeichnete Instrument des Herstellers, sondern auch das erste, das den Namenszusatz „Pro“ tragen darf. Zwar sind die transportablen Privia Pianos wie etwa das PX-330 oder das PX-350 schon lange als kostengünstige Bühnenklaviere beliebt, waren aber konzeptionell eher als Heimpianos ausgelegt und konnten sich im Profibereich nicht durchsetzen. Das neue PX-5S erhebt nun unmissverständlich den Anspruch, professionellen Anforderungen zu genügen. Kann Casio damit namhaften Platzhirschen wie den Roland RD- und FP-Serien, den Korg SP- und SV-Pianos oder gar dem Nord Stage Konkurrenz machen?
Im Testbericht zum Casio Privia PX-350 hatte ich orakelt, dass Casio mit der neuen, sehr leichten Tastatur und der im letzten Jahr vorgestellten AiR-Klangerzeugung auch auf dem Stagepiano-Markt angreifen könnte. Auf der diesjährigen Musikmesse Frankfurt war es soweit. Das PX-5S war meist von einer Traube Neugieriger umringt und zog viele Blicke auf sich. Das ist wenig verwunderlich, bietet es doch eine Menge Features, die man sonst nur in deutlich teureren Instrumenten findet.
Die Hammermechanik-Tastatur mit 88 Tasten entspricht jener, die auch in den anderen aktuellen Privia- und Celviano-Digitalpianos verbaut wird. Schon dort konnte sie mit einem guten Spielgefühl und einer angenehmen Beschichtung überzeugen – daran hat sich beim PX-5S natürlich nichts geändert. Dafür kann sie hier einen weiteren Vorzug voll ausspielen: Trotz Hammermechanik wiegt das Instrument nur gut 11 kg. Das schafft sonst nur der Nord Electro 4 HP – und der hat nur 73 Tasten. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei einem Bühneninstrument! Verpackt ist das Ganze in einem schwarz-weißen Kunststoffgehäuse. Was rechts auf den ersten Blick wie ein Lautsprecher aussieht, ist übrigens die Abdeckung des Batteriefachs, die leicht gummiert ist und sich auch als Ablage für Audioplayer o.ä. anbietet. Eingebaute Lautsprecher hat das PX-5S als echtes Stagepiano nicht. Dennoch ist es möglich, das Instrument mit Batterien zu betreiben – was man ohne Speaker mit dieser Mobil-Option anfangen soll, verstehe ich aber nicht ganz.
Die Klavier-Abteilung der Klangerzeugung beruht auf Casios AiR-Technologie (Acoustic and intelligent Resonator), die für einen authentischen und in vielen Parametern regelbaren Flügelsound sorgen soll. Hier findet man viele Klänge, die auch bei den anderen aktuellen Privia-Modellen schon positiv aufgefallen waren, und auch einige neue Varianten. Die Flügelklänge verfügen über Saiten- und Dämpferresonanzen, Hammer Response sowie eine Deckelöffnungs- und eine Key-Off-Simulation.
Ein echtes Stagepiano braucht gute E-Piano-Klänge. Casio hat dem PX-5S eine Reihe neuer Rhodes- und Wurlitzer-Sounds spendiert, die ebenfalls auf dem AiR-Prinzip aufbauen. Schon beim ersten Anspielen wird deutlich, dass diese Klänge ein Fortschritt gegenüber den müden E-Pianos der bisherigen Casio-Instrumente sind. Sie reichen zwar nicht an die Spezialisten wie Nord Electro oder Korg SV-1 heran, gehen in dieser Preisklasse aber in Ordnung.
Getreu dem Motto „viel hilft viel“ hat das PX-5S zahlreiche weitere Sounds wie Orgeln, Streicher, Bässe und Synths im Gepäck – 370 sind es insgesamt. Auch die Hex-Layer-Klangerzeugung des Synthesizers XW-P1 wurde integriert. Auch wenn viele dieser Sounds gegenüber den Klavierklängen etwas abfallen, ist man damit für so gut wie jeden Gig gut gerüstet. Sechs zuweisbare Fader und vier Drehregler stehen für Realtime-Modulationen bereit.
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Kombinieren lassen sich alle diese Klänge in 100 sogenannten Stage Settings. Ein solches kann bis zu vier frei definierbare Tastaturzonen umfassen, die jeweils einen der integrierten Sounds oder einen externen Klangerzeuger steuern können. Auch die Controller wie Pedale, Fader und Drehregler können den Zonen individuell zugewiesen werden. Für ein Stagepiano sind das überraschend umfangreiche Masterkeyboard-Funktionen, mit denen sich das PX-5S als Schaltzentrale für ein größeres Bühnensetup anbietet. Hinzu kommen Features wie ein Phrasen-Player/Recorder, ein Arpeggiator, eine recht umfangreiche Effektabteilung und ein Audiorecorder, der direkt auf einem USB-Stick aufnehmen kann.
Auf den ersten Blick erscheint es so, als brächte das PX-5S alles mit, was ein professionelles Stagepiano braucht, und noch ein bisschen mehr. Wie es sich in der Praxis schlägt und was man noch alles damit anstellen kann, werden wir in einem ausführlichen Testbericht untersuchen.