Der Chandler Limited TG2 Preamp im bonedo-Test – Das Feld der TG-Technik beackert Chandler Limited mit Hingabe. Eines der Geräte aus der TG-Linie wurde kürzlich 10 Jahre alt – Grund genug, beim TG2-Preamp noch einmal genauer hinzuschauen! Chandlers Mastermind Wade Goeke begann seine Pro-Audio-Gehversuche mit Clones bekannter Neve-Designs. Recht schnell begann er auch, Nachbauten legendärer Schaltungsdesigns herzustellen, welche die britische EMI in den späten 60er-Jahren entwickelte. Daraus entwickelte sich schnell eine exklusive Zusammenarbeit mit dem Abbey Road, den Gralshütern aller Vintage-EMI-Belange. Und während es beispielsweise Neve-Clones wie Sand am Meer gibt, ist Chandler bis heute der einzige Hersteller, der Neuauflagen der klassischen TG-Designs im Angebot hat.
Neben den beiden aktuellen Topmodellen Curve Bender und Zener Limiter hat Chandler Limited eine recht große Palette verschiedener Analogprozessoren mit TG-Technik im Programm. Der TG2, ein Stereopreamp, gehört zu seinen TG-Units der ersten Stunde. Und noch immer erfreut sich dieser Preamp allergrößter Beliebtheit. Der „zweite Frühling“ dieses klassischen Designs dauert nun schon mehr als 10 Jahre, ein Ende ist nicht abzusehen. Kein Wunder, denn das Vintage-Vorbild kommt mit Beatles- und Pink-Floyd-Referenzen daher, und augenscheinlich ist Chandlers Rekreation dieser Transistorlegende eine Punktlandung gelungen.
Details
TG12345 beerbte die REDD
Noch Mitte der 60er-Jahre verließ man sich im Abbey Road, dem Hauptquartier der britischen EMI (damals noch schlicht „EMI Studios“ genannt) fast vollständig auf Röhrentechnik. Doch eine technologische Zeitenwende war auch in diesen heiligen Hallen nicht aufzuhalten. Die Röhrentechnik klang zwar gut und war bei den Künstlern und Engineers, die im Abbey Road damit arbeiteten, durchaus sehr beliebt – doch sie hatte unbestritten auch ihre Nachteile. Und so wurde ein Designteam damit betraut, einen Transistornachfolger der REDD-Konsolen zu entwickeln, die nun für ein knappes Jahrzehnt bei allen EMI-Produktionen den Ton angegeben hatten. Um 1968 war es schließlich so weit: Die TG12345-Konsole (das Kürzel bezieht sich auf den EMI-Vorläufer „The Grammophone Company“) wurde in den Dienst gestellt. Rechtzeitig genug, um noch dem letzten Beatles-Album „Abbey Road“, nach dem schließlich auch das Studio benannt wurde, seinen Stempel aufdrücken zu können. Mit vielen revolutionären Features wie etwa einem Limiter in jedem Kanalzug war das TG-Pult ein voller Erfolg, auf dessen Basis in den folgenden Jahren eine ganze Produktlinie entstand, die beispielsweise auch Transfer- bzw. Masteringkonsolen umfasste. Diese Designs waren jedoch nie auf dem freien Markt erhältlich, sie kamen ausschließlich in den EMI-eigenen Studios zum Einsatz.
TG2 ist nach dem Originaldesign gebaut
Auf der Basis dieses Mischpultkanalzugs wurde auch der Chandler TG2 entwickelt. Hierbei handelt es sich um einen Vorverstärker mit satten 75 dB Gain, welche aus übertragersymmetrierten Class-A-Transistorstufen gezogen werden. In technischer Hinsicht also ein typisches Kind der späten 60er-Jahre! Damals voll auf der Höhe der Zeit, wirken solche Schaltungen heute ein wenig archaisch, aber diese Ära hat unserer Zunft einige ihrer größten Equipmentklassiker beschert, beispielsweise den 550a von API oder die Neve-Kanalzüge 1066, 1073 und 1084. Und genau in diese Liga müssen wir auch die Chandler-TG-Units einsortieren.
Kein Pad notwendig
Das Preamp-Gain wird angesteuert über einen Drehschalter mit 5-dB-Stufen, welche einen Bereich von 5 bis 75 dB überstreichen. Damit, im Zusammenhang mit dem hohen Headroom der Schaltung, entfällt auch die Notwendigkeit einer (schaltbaren) Pegeldämpfung am Eingang. Am Ausgang des Preamps arbeitet ein Poti, welches in etwa die Funktion eines Mischpultkanalfaders hat. Man kann also den Eingang bewusst heiß fahren und am Ausgang trotzdem ein Signal mit „vernünftigem“ Pegel weiterreichen. Weitere Möglichkeiten zur direkten Klanggestaltung bietet der TG2 jedoch nicht. Von den unterschiedlichen Schaltfunktionen fällt noch am ehesten die Umschaltung der Eingangsimpedanz zwischen 300 und 1200 Ohm in diese Kategorie – je nach verwendetem Mikrofon kann dies durchaus einen klanglichen Effekt mitbringen.
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Keine LEDs oder Meters
Mit Phasendrehung und Phantomspeisung bringt der TG2 auch die typischen Preamp-Standards mit, wobei das Gerät aber über keinerlei LED- oder sonstige Anzeigen verfügt, welche diese Schaltfunktionen optisch unterstützten. Somit muss man sich hier ausschließlich auf die Position der weißen Schalter verlassen. Auch ein Metering sucht man beim Chandler vergebens. Letztlich kontrolliert man den Pegel heute doch zumeist am DAW-Eingang, aber wenigstens eine Signal-LED zur Routing-Fehlersuche wäre schön gewesen.
Mic-Mix
Dafür bietet jeder Preamp-Kanal aber einen eigenen Instrumenteneingang mit frontseitiger Klinkenbuchse. Und zudem verfügt der TG2 noch über einen Schalter, mit dem sich beide Kanäle auf einen Ausgang summieren lassen. Wenn man beispielsweise eine Gitarre oder eine Snare mit zwei Mics abnimmt, aber Recording-Kanäle sparen möchte, kann das ganz praktisch sein.
Externes Netzteil muss separat erworben werden
Auf der Rückseite des Gehäuses finden sich lediglich die Signal-XLRs sowie der Anschluss des externen Netzteils. Dies hat schaltungstechnisch den Vorteil, dass potenziell unschöne Einstreuungen durch den Netzstrom weit von den schwachen, empfindlichen Mikrofonsignalen ferngehalten werden, aber beim Kauf muss das Netzteil, das immerhin mit satten 300 Euro zu Buche schlägt, zusätzlich budgetiert werden. Immerhin kann es zwei Chandler-Geräte mit Strom versorgen, so dass dieser Posten beim Kauf des zweiten Chandler-Prozessors entfällt.
Gute Bauteile, könnerhaft verbaut
Im überaus robust und solide gefertigten Gehäuse des Chandler-Preamps regiert diskrete Transistortechnik, die mit all den Insignien einer solchen Schaltung in Luxusausführung daherkommt. Dazu zählen die extrem hochwertigen (und im Einkauf extrem teuren…) Drehschalter von ELMA ebenso wie penibelst gebundene Kabelbäume, die insgesamt aus einer sehr überschaubaren Anzahl von Bauteilen konstruierten Verstärkerstufen sowie die beiden Ein- und Ausgangsübertrager pro Kanal. Hier wird ein überdurchschnittlicher Fertigungsaufwand betrieben, und das dürfte sich nicht zuletzt in der Langlebigkeit und Betriebssicherheit des Gerätes äußerst positiv niederschlagen.
Fred sagt:
#1 - 19.06.2014 um 13:30 Uhr
Abbey Road sagt einem ja schon alles! Nun kann die Stimme der Beatles wieder aufleben :D