Chandler RS660 Test

Hach, Chandler: Was auch immer Chandler auf den Markt bringt, es ist meistens ziemlich genial. Auf meinen EMI Zener Limiter etwa will ich nie wieder verzichten. Mit dem Chandler RS660 (genauer: “Chandler Ltd. Abbey Road Compressor Type RS660 E.M.I LTD”) in diesem Test hat sich der Chef Wade Goeke eines weiteren Geräts angenommen. Es ist unschwer an der Zahl 660 zu erkennen, dass der Limiter-Klassiker Fairchild 660 eine Rolle spielt, aber ganz so einfach ist es nun doch nicht. Das RS steht stellvertretend für die EMI-Units, die vornehmlich auf dem Altec 436 beruhen. Allerdings gibt es den wichtigen RS124 schon von Chandler. Was macht also den Chandler RS660 aus – und wie klingt er? 

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Quick Facts zum Chandler RS660

  • Vari-Mu-Kompressor nach Art von Altec/RS124 und Fairchild 660
  • einkanalig, linkbar
  • Röhrenbestückung: 6386, 6CG7 und 6AL5

EMI RS124, EMI RS114, Fairchild 660 – und Chandler

Die komplette Entwicklungsgeschichte bis hin zum Chandler RS660 zu erklären, würde den Umfang eines Testberichts komplett sprengen. Vielleicht so viel in kurzen Punkten:

  • original EMI RS124 basiert auf umfangreich veränderten Altec 436B (Release Times, Output Attenuator etc., insgesamt kräftigerer Charakter)
  • RS124 wichtiger Kompressor (Drums, Bass, Gitarren etc.) auf dem Großteil der Beatles-Aufnahmen
  • Statt Fairchilds für die Abbey Road zu kaufen, wurden zunächst von EMI in Hayes RS114 gebaut, die aber enttäuschten. Fairchilds kamen bei späteren Beatles-Platten (und vielen anderen) zum Einsatz (v.a. Drums, Vocals).
  • Chandler bekommt die Genehmigung, EMI-Geräte (die nur für den Hausgebrauch gedacht waren) in neue Produkte umzusetzen. Bekanntes Beispiel: Chandler EMI Zener Limiter TG12413, der nach dem EMI RS168 Zener Limiter und späteren Konsolen-Kompressoren modelliert war (die wiederum alle, obwohl Transistorgeräte, den Fairchild 660 nachahmten)
  • Chandler kommt mit Neuauflage des RS124 (Test)
  • Statt eines weiteren Fairchild-Clones oder -Derivates entwickelt Chandler den RS660, der eine Kombination aus den Fairchilds und den EMI RS124 darstellt

Wer mehr über die Historie der exklusiven EMI-Produkte wissen will, dem sei unabhängig vom Musikgeschmack vor allem die Lektüre von „Recording the Beatles“ ans Herz gelegt, die wir zu den 12 Büchern, die jeder Tontechniker und Produzent kennen sollte zählen. 

Vari-Mu mit 6386

Der Chandler RS660 basiert auf dem Vari-Mu-Prinzip. Die darin so wichtige Cutoff ist beim RS660 eine 6386-(Re-Issue-)Doppeltriode, zudem sind eine 6CG7 und eine 6AL5 im Einsatz. Der Blick in das Gerät zeigt ,dass der grobe Aufbau dem des RS124 nicht unähnlich ist. Es ist natürlich nicht ungewöhnlich oder gar verwerflich, dass sich ein Designer bei Entwicklungen nicht unähnlicher Geräte an eigenen, bewährten Prinzipien orientiert.

An dieser Stelle sei noch einmal der wie üblich hervorragend saubere und nachvollziehbare Aufbau der Chandler-Geräte gelobt. Hochwertige Bauteile können beim nicht unbedingt geringen Preis vorausgesetzt werden, diese Erwartungen werden auch erfüllt. Hier ist nichts versteckt, verbaut, in Kunstharz vergossen oder schwer zugänglich: Bei einem Defekt wird man also auch in vielen Jahren noch mit einem Lötkolben die Probleme angehen können. Auch die Röhren sind keine Exoten! An der linken Gehäusewand sind die beiden Übertrager fixiert, die rechte trägt den Netztrafo des eingebauten Netzteils. Dieses hat – Hurra! – einen frontseitigen On-Off-Schalter.

Fotostrecke: 6 Bilder Klarer, durchdachter Aufbau, der dem des RS124 nicht unähnlich ist.

Bedienelemente des Chandler RS660

Die Input- und Output-Regler des Chandler RS660 sind kontinuierlich, gegen Aufpreis kann man sie auch in der Stepped-Version bestellen. Time Constants – das die kombinierten Attack- und Release-Zeiten Die kleineren Zahlen sind prinzipiell etwas flotter, die höheren etwas langsamer. Wie von Chandler gewohnt, bekommt man hier keine klaren Ansagen im Sinne von AT und RT in Mikro- und Millisekunden. Ich finde das vollkommen in Ordnung: Wer Musikproduktion wie mit der Excel-Tabelle macht, der nimmt wahrscheinlich sowieso lieber ein Plug-in. 

Input, Output
Die riesigen Input- und Output-Regler sind kontinuierlich, können gegen Aufpreis aber auch stepped bestellt werden.

Comp/Limit/THD

Wahlweise im Kompressions- oder Begrenzungsmodus kann der Chandler RS660 betrieben werden. Compression und Limiting unterscheidet beileibe nicht nur die Input-Output-Ratio verändert. Der Einfluss erstreckt sich zudem auf die Lage des Schwellwerts und die Form der Kompressionskurve. Ist man mit der Dynamik eines Signals soweit eigentlich zufrieden oder hat sie anderweitig geregelt, wird man sich freuen, dass der Schalter, der Lim/Comp umschaltet, auch THD anbietet. Damit lässt sich der Sidechain deaktivieren, sodass keine Gain Reduction stattfindet. Mit ist diese Funktion vom Chandler EMI Zener Limiter bekannt. 

Limit, Comp, THD, Time Constants
THD wird manchen Signalen schon reichen. Auf dem Foto ist die siebte Time Constant durch die Kappe verdeckt. Ein Fairchild 660 hat sechs, der Amtec 099 besitzt 11 – und eine zwölfte, die reinem THD-Betrieb entspricht.

Balancing des Chandler RS660

Nicht zu übersehen ist die Aufschrift „Bal.“ ganz vorne links auf der braun abgesetzten Bedienplatte. Der Prozessor arbeitet im Push-Pull-Betrieb, Verstärkungen des positiven und des negativen Teils einer Schwingungen erfolgen separat. Wenn sich das dekalibriert, kann es zu diversen klanglichen Problemen führen. Es ist absolut positiv, dass immer mehr Hersteller dazu übergehen, das Balancing bei eingebautem Gerät von der Frontplatte vornehmen zu können. Mein Amtec Model 099 verbirgt die sehr umfangreichen Möglichkeiten unter einer kleinen Abdeckung, der Electric & Company EC5B besitzt ebenfalls einen Balancing-Modus. Beim Chandler RS660 ist die Prozedur simpel: Balance gedrückt halten, es ertönt ein rhythmisches Klicken; an dem kleinen Schräubchen wird dann so lange gedreht, bis das Geräusch so leise ist, wie es nur geht. Fertig.

Balancing, Meter
Das ab und an notwendige Balancing kann bequem von der Vorderseite aus durchgeführt werden.

Chandler RS660: Ausgangsimpedanz schaltbar. Auf der Rückseite.

Interessant ist, dass der RS660 die Ausgangsimpedanz durch verschiedene Abgriffe am Ausgangsübertrager von 600 auf 200 Ohm verringern kann. 200 Ohm waren früher der Standard in den Abbey-Road-Studios. Wenn man diese historische Eigenschaft in ein Gerät als Option implementiert, muss allerdings die Frage erlaubt sein, was der Schalter auf der Rückseite zu suchen hat. Schließlich werden sicher die meisten RS660 in Racks verbaut, deren Rückseiten nicht so einfach zugänglich sind. Über eine Pull-Funktion des Output-Levels oder auch einen weiteren Schalter hätte ich mich durchaus gefreut. Ein Schiebeschalter auf der Vorderseite wechselt vom Single- in den Linked-Modus. Für das Linking steht rückseitig eine Klinkenbuchse zur Verfügung. 

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