Cherry Audio liefert pausenlos, vor allem das Angebot an virtuellen Synthesizern wächst ständig. Im Sommer ’22 steuert ein seltenes Flaggschiff der frühen 80er auf uns zu: Der Elka Synthex heißt nun Elka-X und bringt einige sinnvolle Erweiterungen mit. Den hat Xils-Lab übrigens schon mit dem Syn’X und dessen Low-Budget-Variante miniSyn’X emuliert. Wir sind uns aber sicher: Cherry Audio ist bezüglich Preis-Leistungs-Verhältnis bestimmt wieder einmal nicht zu toppen.
Die Eckdaten des Synthex vom italienischen Orgelbauer Elka sind euch vielleicht schon aus den vielen News-Meldungen und Bonedo-Features über Synthesizer-Flaggschiffe bekannt. Kaum ein Leser hat so ein Original wahrscheinlich jemals in echt berührt oder gar bei Live- bzw. Studio-Gigs verwendet. Daher verzichten wir bewusst auf einen Exkurs in die Synth History und auf Klangvergleiche zwischen Original und Emulation. In diesem Kurztest geht es um die Praxis und wir setzten den Fokus auf die klanglichen Eigenschaften. Spoiler-Mode an: Er kann mehr als „Italo Disco“ und klingt nach einem individuellen Soundlieferanten.
Details & Praxis
Cherry Audio Elka-X: Panel und Sound Engine
Auf den Punkt gebracht: Der 16-stimmige Cherry Audio Elka-X ist ein virtueller Analog-Synthesizer mit zwei Oszillatoren, einem flexiblen Multimode-Filter, zwei LFOs, zwei ADSR-Hüllkurven, internen Effekten sowie einem Split/Layer-Mode, der zusammen mit dem Vier-Spur-Sequencer mit bis zu 128 Schritten so einige musikalische Ereignisse beschert. Cherry Audio hat das Wesen des Elka Synthex behutsam adaptiert. Zudem haben die Entwickler dem Elka-X noch einige Optimierungen (etwa bei LFO, Filter oder Hüllkurven) und praktische Erweiterungen (Arp, Sequencer, Effekte, Chord Memory, Midi Funktionen) spendiert.
Das skalierbare GUI erinnert an den originalen Synthesizer. Es macht sich auf Wunsch auf dem Bildschirm ordentlich breit. Nach einer kurzen Aufwärmphase bekommt man einen Blick für die wichtigsten Funktionen. Wie bei anderen Produkten von Cherry Audio hilft das „Focus Control“-Feature beim Heranzoomen bestimmter Bereiche des Panels – der Elka-X lässt sich also schon mal sehr gut bedienen.
Elka-X: Step-Sequencer und Effekte erweitern
Die Entwickler haben den Elka-X an den richtigen Stellen aufgewertet: Der Steo-Sequencer macht mit bis zu vier Spuren richtig viel Spaß. Sie verfügen jeweils über bis zu 128 Schritte. Damit kann man tatsächlich vier- oder achttaktige Phrasen „Schritt für Schritt“ eingeben und sie zwischen einzelnen Presets kopieren. Wer den Sequencer ausreizen möchte, sollte einen Blick ins Online-Manual werfen. Ansonsten erklärt sich der Elka-X aber von selbst.
Integriert sind drei klassische Stereo-Effekte. Sie sind parallel geschaltet und ihr könnt sie für beide Layer (Upper/Lower) unterschiedlich einstellen – sehr gut. Während der Chorus nur drei Varianten abrufbar macht, erlauben Delay und Reverb weitere Eingriffe. Hervorzuheben sind das Tape Delay und der Galactic-Algorithmus. Cherry Audio bedient sich also eigener Effekt-Plugins wie dem Galactic Reverb-Plugin. Die Effekte sind klanglich passabel und fügen sich ins Bild der 80er-Jahre-Popmusik ein.
Was bietet die Factory Preset Library?
Es ist eine schöne Routine, die gesamte Factory Library zu inspizieren. Cherry Audio klotzt mit über 600 Presets. Beim Elka-X ist man mangels Vorwissen besonders gespannt: Wie klingt denn so ein Elka Synthex in der eigenen DAW? Im Grunde beherrscht er alles, was man von einem analogen Synthesizer erwarten kann. Von Bässen, Leads, Plucks über Drums und FX bis hin zu komplexeren Arpeggiator- und Sequencerklängen reicht die mitgelieferte Library. Generell ist der Sound nicht besonders sanftmütig und liefert auch keine enorme Wärme oder Breite für Ambient oder Trance. Beim Anspielen des Elka-X kommt das Gefühl von Zeitreise auf: back to the 80ies! Die Presets klingen fast immer nach Retro, haben eine gute Präsenz und zeigen sich öfter angenehm kräftig wie simpel, was die Audio-Demos 09 („Brass Pad“) oder 11 („Stereo Glider“) zeigen.
Die individuelle Stärke des Elka-X liegt klar bei den bis zu vier vierspurigen Sequencerklängen im Layer- oder Split-Modus. Wie sich das konkret anhört, verdeutlichen unsere Hörbeispiele: Demo 01 (80s Night Waves), Demo 02 („80s Powerful Progression“) oder 06 („80s Tense Throwback“). Dabei ist das eigentlich nur ein Anfang. Wer sich mit dem Elka-X intensiver beschäftigt, wird künftig noch einige atemberaubende Sequencer-Phrasen entwickeln können.
Ein kompletter Song mit dem Elka-X?
Wegen seiner klanglichen Flexibilität könnte man mit dem Cherry Audio Elka-X allein bereits ein komplettes Song-Arrangement aufziehen. Genau das haben wir einmal probiert – mit dem Ziel, möglichst viele unterschiedliche Sounds des Elka-X unterzubringen. So basiert das Demo-Arrangement auf nicht weniger als 15 Presets. Der Song, im Tempo um die 110 bpm, demonstriert neben Drumsounds und Effekten des Elka-X einen knackigen Stereo-Bass sowie vor allem Arpeggios. Die Spurennamen entsprechen den tatsächlichen Presetnamen. So sieht man genau, welche Factory Presets zum Einsatz kommen.
Was sollte verbessert werden?
Konzeptionell nichts! Der Cherry Audio Elka-X wirkt eigenständig und läuft während der Testphase absturzfrei, ohne den Rechner auffällig zu beanspruchen. Einen optionalen Wunsch haben wir dennoch: Eine klassische Modulationsmatrix würde dem Elka-X tatsächlich auch gut stehen. Sicherlich wird Cherry Audio – wie bei den bisherigen Emulationen – einer tollen Produktpflege nachkommen.
Fazit
Unikater, kerniger Retro-Sound aus Italien! Der Elka-X von Cherry Audio ist für einen klassischen Analog-Synthesizer ziemlich flexibel. Allerdings gönnt er nicht allen Producern ein Dolce Vita. Mit seinen kräftigen Klängen empfiehlt er sich vornehmlich für elektronische Popmusik der 80er und der frühen 90er Jahre. Für aktuellere Stile und insbesondere auch für sphärische Musik gibt es bessere Alternativen unter den virtuell-analogen Software-Synths.
Wie sein Vorbild ist der Cherry Audio Elka-X ein Instrument mit speziellen Ecken und Kanten, die jeder für sich aufspüren und nutzen sollte. Trotz üppiger Preset Library lässt er beim Erschaffen von Soundkreationen noch viel Platz, der Sequencer-Einsatz ist dabei ein großer Spaß. Das praktische GUI motiviert sowieso zum Klangschrauben.
Alles in allem sollte man sich den Cherry Audio Elka-X keinesfalls entgehen lassen. Wenigstens das Probieren der 30-tägigen Demo-Version ist bei diesem Retro- Synthesizer ein Muss. Letztlich versteht er sich als charismatische Alternative zu den Pendants von Oberheim, Moog, Sequential oder Roland. Grazie mille – grandioso e unico!
- Überzeugende Emulation
- Charismatischer Retro-Sound
- Split und Layer Mode
- Vier-Spur-Sequencer
- Sehr günstiger Preis
- Praktisches GUI
- kein Contra
Features
- Emulation des raren Flaggschiff-Synths „Elka Synthex”
- Zwei DCO, Multimode-Filter, klassische Hüllkurven, Effekte (Chorus, Delay, Hall)
- Chord Memory, Dual/Split Mode, Vier-Spur-Sequencer
- mehr Features als das Original und insgesamt sehr preiswert
- VST2/3, AU, AAX Standalone
- Ab Windows 7 (64-bit)
- Mac OS X (64-bit) ab 10.9
- Online-Aktivierung
- PREIS: regulär 59 USD