Hinter Cherry Audio Yellowjacket verbirgt sich ein Software-Instrument, das an den Electronic Dream Plant Wasp von 1978 anknüpft. Cherry Audio hat den Synthesizer hier kurzerhand in ein effektiv erweitertes Plugin verpackt. Mit seinem auffälligen Schwarz-Gelb-Look, der berührungsempfindlichen Tastatur und dem eigenwilligen Filtersound galt der EDP Wasp in den späten 70ern als Exot unter den analogen Synthesizern.

Yellowjacket ist nicht die erste Neuinterpretation – auch Behringer hat sich bereits daran versucht. Jener Desktop-Synth hat uns im Behringer WASP Deluxe Test allerdings enttäuscht – da half selbst der Händler-Preis von gerade einmal 130 Euro nicht mehr.
Als deutlich fitter entpuppte sich da das Multimode-Filter Doepfer A-124 Wasp Filter SE fürs Eurorack. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Cherry Audios Yellowjacket uns ebenfalls nicht enttäuschen wird – auch wenn ich den Produktnamen weniger treffend finde. Er erinnert mich ständig an die Fusion-Band Yellowjackets, die den britischen Vintage-Synth wohl kaum verwenden würde.
Ein britisches Original
Chris Huggett, der auch schon den PWM Mantis entwickelt hat, brachte damals zusammen mit Adrian Wagner ein Unikat auf den Markt: Der hybride WASP vereint zwei digitale Oszillatoren mit einem analogen Multimode-Filter. Er steckte in einem billigen Plastikgehäuse, integrierte einen Lautsprecher, verfügte über ein spezielles Touch-Keyboard und ermöglichte schon vor der MIDI-Geburtsstunde die Koppelung mehrerer Units. Sein Sound ist schroff, dreckig und aggressiv. Bands wie The Human League, Throbbing Gristle oder Whitehouse griffen gern zu dem kultigen Zwei-Oktaven-Synth.
DETAILS & PRAXIS
Cherry Audio Yellowjacket – mehr Stimmen als WASP
Natürlich hat Cherry Audio WASP nicht einfach kopiert – sondern erstmal einen smarten Arpeggiator hinzugepackt. Damit könnt ihr den Yellowjacket bis zu 16-fach polyfon spielen. Die Stimmen sind in einem speziellen Multi-Modus nutzbar.
Wenn ihr beispielsweise den Arpeggiator im Cycle-Modus aktiviert, werden die Stimmen nacheinander wiedergegeben. Mit den Multi-Voice-Modi könnt ihr die Parameter für jede einzelne Note ändern. Auf der Oberfläche seht ihr zusätzlich drei Voice-Panels. Wenn ihr euch außerdem etwas tiefgreifender damit beschäftigen wollt, könnt ihr den Yellowjacket in Klang, Arpeggiator und Stimmenverteilung individuell editieren.

Eine smarte Tastatur für Control Freaks
Der Yellowjacket ist zwar nicht MPE-kompatibel, dafür verarbeitet er aber polyfonen Aftertouch. Außerdem könnt ihr rund 30 verschiedene Parameter steuern. Wie sein Vorbild stellt auch diese Ausgabe eine spezielle Tastatur bereit. Damit spielt ihr treffsicher beliebige Skalen in jeder Tonart ein.
Obendrein ist die kapazitive Tastatur des Yellowjacket sogar multitouch-fähig, wenn ihr sie auf einem Windows-Tablet wie Surface Pro spielt. Mit meinem Mac Studio konnte ich dieses Feature leider nicht ausprobieren.

Das Edit-Panel von Cherry Audio Yellowjacket
Grundsätzlich bekommt ihr zwei Panels zur Ansicht: Edit und ARP/FX breiten sich über die gesamte Oberfläche aus. Das GUI ist trotz der fiesen gelb-schwarzen Färbung nicht anstrengend fürs Auge – da gibt es deutlich schlimmere Plugins.
Im Edit-Panel seht ihr alle Bausteine des originalen WASP: Zwei Oszillatoren mit PWM und Sync plus Noise, ein charaktervolles Multimode-Filter mit Tief-/Hoch-/Bandpass und Bandsperre sowie zwei Hüllkurven. Neben dem Panning gibt es auch einen Limiter.

Arpeggiator und Effekte Cherry Audio Yellowjacket
Auf dem ARP/FX-Panel findet ihr praktisch fast alles, was es beim originalen Vintage-Synth nicht gibt. Das fängt auf der linken Seite mit einem Arpeggiator an. Cherry Audio stellt hier zum ersten Mal die beiden Parameter Chance und Humanize zur Verfügung. Besonders schätze ich Chance. Man kennt das eher unter dem Begriff „Probability“. Damit legt ihr ganz einfach fest, wie oft die einzelnen Noten in zufälliger Reihenfolge erklingen. Durch das Arpeggio gewinnt das Instrument jedenfalls an Lebendigkeit. Eigentlich sollte Cherry Audio alle bisherigen Plugins updaten und dieses neue Arpeggiator-Feature implementieren.

Die Effekte passen wunderbar zum Klang des Synthesizers. Ihr bekommt einen Oktafuzz, einen Phaser, einen Flanger/Chorus, ein sehr flexibles Echo und einen vielseitigen Reverb. Die komplette Ausstattung lässt sich intuitiv programmieren und klingt erstaunlich gut.
Als besonderes Extra simuliert Cherry Audio sogar den eingebauten Lautsprecher des Originals – inklusive Hiss- und Hum-Reglern für Rauschen und Brummen. So erzeugt Yellowjacket bei Bedarf auch überzeugende LoFi-Sounds.
So individuell klingt der Cherry Audio Yellowjacket
Der schwarz-gelbe Brite kann ziemlich bissig werden – und bekennt bei Bässen oder Leads massiv Farbe. Mit den 16 Stimmen lassen sich klassische Flächen und Polysynths spielen. Wie immer übernimmt Cherry Audio bereits das Sounddesign und überzeugt mit musikalisch durchdachten Presets.

Wie ihr gleich hören werdet, hat der Cherry Audio Yellowjacket seinen eigenen Sound. Es ist gar nicht so leicht, sich für bestimmte Presets zu entscheiden. Bei den 14 Audio-Demos habe ich meinen Bauch entscheiden lassen. Sicherlich gibt es in der Library aber noch Dutzende weitere interessante Klänge.
Cherry Audio Yellowjacket und Alternativen
Kaum zu glauben, aber eine gute Emulation des WASP-Synths findet man unter den unzähligen VSTs derzeit nicht. Wenn es aber unbedingt dieser spezielle britische Klang sein soll, haben wir einen Tipp für euch: Der GForce impOSCar3 orientiert sich am hybriden OSCar, den ebenfalls Chris Huggett entwickelt hat. Bei diesem Software-Synth könnt ihr aus über 150 Wavetables und mehr als 1.800 Presets wählen. Regulär kostet der GForce impOSCar 3 zwar mehr als doppelt so viel wie der Cherry Audio Yellowjacket, dafür gibt es aber immer wieder 50%-Deals.
Als weitere Alternative schlage ich euch Atomika vor, eine Emulation vom Formant Polivoks mit rauem und forschem Sound. Sie stammt ebenfalls aus dem Portfolio von Cherry Audio.


Fazit – Yellowjacket Test
Cherry Audio liefert fast pausenlos solide und bisweilen auch sehr gute Plugins. Yellowjacket zähle ich zu den guten, aber speziellen Software-Synths. Schließlich gibt es bisher keine andere Variante des WASP für die DAW – vor allem keine mit so einem brachialen und zugleich musikalisch verwertbaren Klang. Außerdem sind diesmal die Windows-User etwas im Vorteil. Auf einem multitouch-fähigen Bildschirm des Surface Pro kann man die kapazitiven Tastatur voll auskosten. Wenn ihr den Synth auf einem Mac installiert, bleiben trotzdem noch sehr viele Einsatzmöglichkeiten. Vielleicht denkt Cherry Audio ja vielleicht auch schon bald über eine iOS-Version nach. Aufs iPad würde Yellowjacket jedenfalls gut passen – zumal er sich per Touchscreen anders als auf dem Studiorechner spielen lässt.
Bei Yellowjacket handelt es sich definitv nicht nur um den nächsten langweiligen VA-Synth. Gemessen am Preis, Sound und Konzept gebe ich dem Cherry Audio Yellowjacket fünf Sterne – vergesst nicht, die Demo zu probieren!
- Einzig souveräne Emulation des WASP
- Typisch britischer Sound
- Dynamischer Arpeggiator
- Multi-Touch-Support (Windows)
- Gute Library mit vielen Presets
- Extrem preiswert
- kei Contra


Features
- Emulation des Electronic Dream Plant WASP von 1978
- 16 Stimmen (Poly, Unisono, Cycle)
- Dual-Panel mit Synthese und Arp/FX
- Erweiterter Multimode-Filter
- Simulation des internen Lautsprechers
- Arpeggiator mit Wahrscheinlichkeit und Humanize
- Kapazitative Tastatur mit Poly-Aftertouch
- Unterstützung Multitouch-Screens von Tablets wie Surface Pro
- Skalierbares GUI mit Zoom-Feature
- Library mit über 270 Presets
- Systemvoraussetzungen: Ab Windows 7, Mac OS X 10.13 (M1 Support), Online-Aktivierung, VST, VST3, AU, AAX, Standalone.
- PREIS: 49 Euro (Straßenpreis vom 22.04.2025)
Wellenstrom sagt:
#1 - 23.04.2025 um 15:45 Uhr
Guter Test, schöne Klangbeispiele! Kann sich als gekauft betrachten. Bei Yellowjacket kam mir als erstes ein alter, fast vergessener Marvel Comic-Charakter in den Sinn. Aber jut, ist ja generell eine gängige, nordamerikanische Bezeichnung für 'ne Wespe. Damit weist sich Cherry Audio als US-amerikanisches Unternehmen aus.