Praxis
Zum Test liegt mir die DVD-Version (alternativ als Download bei Best Service) vor. Nachdem die neueste Version von Engine 2 bereits auf meinem MacBook Pro (OS X 10.8.3, 2.66 GHz Intel Core i7, 4 GB) installiert ist, kopiere ich lediglich den Sample-Content auf eine Festplatte meiner Wahl. Zum Freischalten der Library benötigt man einen Account bei Best Service. Die erforderlichen Schritte werden umfassend in der (auch) deutschsprachigen (!) PDF-Anleitung „Installation & Aktivierung“ erklärt und der auf diesem Wege generierte Freischaltcode traf binnen weniger Minuten per E-Mail ein. Best Service!
Darauf folgte natürlich ein erstes neugieriges Durchsteppen der Sounds bzw. Layer. Man spürt sofort, dass im Nachfolgeprodukt Cinematique Instruments 2 durchaus eine Weiterentwicklung der Sounds stattgefunden hat. Den Layers in Volume 1 mangelt es meines Erachtens etwas an der fantastischen Räumlichkeit und Direktheit, an die ich mich durch den Nachfolger bereits gewöhnt hatte. Die Klangqualität ist dennoch als gut zu bezeichnen, lediglich ohne Aha-Effekt. Die überwiegende Auswahl der Sounds/Instrumente wirkt, trotz teils exotischer Namen, klanglich auf den ersten Blick etwas unspektakulärer als erwartet. Statt plakativer Effekte punktet man mit Charakter und guter musikalischer Einsatzfähigkeit. Viele Layer sind mit inspirierenden Belegungen des CC01 Modulation Wheel ausgestattet. Hiermit können z.B. noisige Geräusche in Flächensounds „reingefadet“ werden. Hervorzuheben sind außerdem die bei Repetition alternierenden Samples (Round Robin) einiger Instrumente. Hierdurch gelangt man zu einem weitaus musikalischeren und realistischeren Ergebnis als mit Soundprogrammen „herkömmlicher“ Libraries.
Im Folgenden möchte ich konkret auf die einzelnen Instrumentengruppen eingehen. Alle Audiobeispiele sind, mit Ausnahme eines Limiters auf der Summe, ausschließlich mit Cinematique Instruments und Engine 2 entstanden. Ich habe lediglich bei einigen Sounds Anpassungen im Quick Edit Fenster vorgenommen sowie beim multitimbralen Einsatz mehrerer Sounds Volume und Panorama im Engine 2 Mixer geregelt.
Autoharp
Laut Beipackzettel handelt es sich um eine Zither, die durch Anwahl von „Akkord-Knöpfen“ unerwünschte Saiten abdämpft. Die sieben Layers bieten neben der „Akkord Automatik“, die meiner Meinung nach stark an Akkorde einer akustischen Gitarre ähnelt, noch diverse Single Note Layers. Über die gelben Tasten (Key Switch) in Abbildung 4 kann man steuern, ob ein Dur-, Dur-Septim- oder Moll-Akkord gespielt wird – zu hören ganz am Ende von Audiobeispiel 01. Bei den Arpeggios und Single Notes handelt es sich ebenfalls um Autoharp Layers, ergänzt durch einen MS 20 Sinusbass der Downbeat Box und gestrichenen Legato- und Staccato-Tönen des Saiteninstruments Bowed Psaltery.
Baritone Muted Ukulele
Drei Layers widmen sich der ausschließlich gemuteten Spielweise einer Ukulele. In der Dokumentation und im Plug-In war man sich anscheinend nicht ganz einig, ob es nun Baritone Muted Ukulele, Baritone Ukulele Muted oder Muted Baritone Ukulele heißen soll (Mensch, kann ich pingelig sein …) – sollte dem Anwender eigentlich egal sein, ist aber vielleicht ein Indiz für weitere kleine Unzulänglichkeiten, wie z.B. unterschiedliche Key Range eigentlich vergleichbarer Layers und andere kleine Makel, auf die ich an späterer Stelle noch eingehen werde. Wie die Ukulele Muted Baritone (Eigenschöpfung) klingt, hört ihr in Audiobeispiel 02 neben den Instrumenten Celtic Nylon Harp und Glass Mallet.
Für dich ausgesucht
Bowed Psaltery
Dieses, bereits in Audiobeispiel 01 zu hörende Saiteninstrument, wird mit dem Bogen gespielt. In sieben Layers werden vielfältige Spielarten, temposynchrone Loops und Sounds bereitgestellt. Es handelt sich hier quasi um den Urahn der von mir hochgeschätzten Bowed Instruments in Vol. 2.
Celtic Nylon Harp
Die vier Layers bieten unterschiedliche Sounds und Spielarten. Das Layer aus Audiobeispiel 2 nutzt den voreingestellten Arpeggiator von Engine 2. Ein sehr schöner Harfen-Sound mit Charakter!
CI Combinations
Diese Kategorie beinhaltet 10 Layers, in denen einzelne Sounds der Library übereinandergeschichtet sind (der nochmalige Gebrauch des Wortes „Layer“ könnte verwirrend wirken). Die Sounds lassen sich vorwiegend als Pad oder Arpeggien einsetzen und unterstreichen den tendenziell subtilen Charakter von Cinematique Instruments.
Downbeat Box
Überwiegend synthetische Gene scheinen die 14 Layers dieser Kategorie in sich zu tragen. Zum einen gibt es puristische Pads, die Brian Eno Fans das Herz höher schlagen lassen, die andere Hälfte ist von überwiegend perkussiven Korg MS 20 Samples und daraus generierten, temposynchronen Loops geprägt. Der, sich ohne weitere Mischaktionen gut einfügende MS 20 Sinusbass aus Audiobeispiel 01, entstammt ebenfalls dieser Kategorie.
Experimental Box (12 Layers)
Einen kurzen Zusammenschnitt der überwiegend atmosphärischen Soundeffekte und Atmos hört Ihr in Audiobeispiel 05. Vorhandene Überblendungen wurden durch das Modulationsrad gesteuert.
Das folgende Audiobeispiel 06 spielt verschiedene Samples des Experimental Box Layers „Railway Slices“ kurz an. Der pulsierende Lokomotiven-Effekt wird per Quick Edit /Automation temposynchron gesteuert.
Glass
Hier gibt es insgesamt drei Layers, in denen Gläsern und Vasen durch verschiedenartige Penetration perkussive und flächige Töne entlockt wurden – zu hören in Audiobeispiel 02.
Kantele (3 Layers)
Hierbei handelt es sich abermals um ein Zither-artiges Saiteninstrument aus dem baltischen Raum. Im folgenden Audiobeispiel 07 erkennt man die authentischen Repetitionen durch den Einsatz von „Round Robin“-Samples.
Magnus Harmonica Organ
In den Audiobeispielen 08 und 09 hört ihr die einzigen beiden Layers der aus heutiger Sicht skurillen, elektrisch betriebenen 70er Jahre Gebläse-Orgel. Hat Schmutz und Charakter!
Metallic Objects (5 Layers)
Sehr unique geht es auch in dieser Kategorie zu. Von Samples eines Metallgeländers und einer metallenen Küche bis hin zu überraschend musikalischen und chromatisch spielbaren Topfdeckeln.
Hört selber! Selbst ein musikalischer Einsatz der beiden Erstgenannten erscheint mir gar nicht so abwegig.
Percussion
Die beiden Layers „Beach Towel Drums“ und „Percussion Set“ sind von ordentlicher Qualität. Ähnliches findet man aber auch in anderen Libraries. In Audiobeispiel 13 hören wir neben der Bassdrum eine groovige Snare, die nur durch variierende Anschlagstärke einer einzigen Taste erzeugt wurde. Vier weitere Tasten mit weiteren Snaredrum Artikulationen stehen zur Verfügung, um ggf. ein realistisch anmutendes Programming zu gestalten.
Percussion Singles (11 Layers)
In dieser Kategorie finden wir einzelne Percussion-Instrumente in separaten Layers. Besonders bemerkenswert finde ich die beiden Chimes-Layers. Hier wird nicht, wie man es gewohnt ist, durch Anschlagen einer Taste ein Aufwärts- oder Abwärts-Glissando getriggert, sondern „nur“ eine einzelne Röhrenglocke angeschlagen! Es ist sogar regelbar (Abbildung 07 Parameter „Response“), ob und wie stark die benachbarten Kollegen davon in Mitleidenschaft gezogen werden. Hierdurch sind tempounabhängige, kreative Klangverläufe möglich – Super!
Folgendes Bild zeigt das Programming des folgenden Audiobeispiels. Da die schwarzen Tasten anscheinend natürliche „Klick-Artefakte“ abspielen, habe ich sie im Editor etwas leiser gemacht. Man könnte sie ggf. auch weglassen und ausschließlich auf den weißen Tasten „performen“.
Im folgenden Audiobeispiel 15 hören wir ein mir bis dato unbekanntes Percussion-Instrument, die Spring-Drum:
Rhodes Mk I (drei Layers)
Rhodes Samples gehören nicht unbedingt zu den Raritäten, dieses spröde bis warme Exemplar passt aber gut ins Gesamtkonzept. Das folgende Audiobeispiel enthält neben der leicht angezerrten Rhodes-Variante noch die beiden Instrumente Glockenspiel und Spieluhr.
Spieluhr & Glockenspiel (7 Layers)
Diese beiden authentisch klingenden Instrumente fügen sich ebenfalls bestens in die puristische Ästhetik der Library ein. Zu hören in Audiobeispiel 16.
Super Stereo EK-470
Die drei Layers des, laut eigener Angaben, 25€-Billig-Keyboards Super Stereo EK-470 verdienen 10 von 10 Schrulligkeitspunkten. Der Witz an der Sache ist, dass es einfach „autorenkinomäßig“ passt und sich musikalisch sowie klanglich überraschend gut einfügt. Im folgenden Audiobeispiel 17 hören wir die gleiche Sequenz mit den drei vorhandenen Layers.
Zeitter & Winkelmann
Last but not least wären wir in der einzigen Kategorie angelangt, wo es fast Überschneidungen zu Cinematique Instruments 2 gibt. Die Sounds des Nachfolgers sind allerdings in der Tat deutlich überarbeitet und aufgrund andersartiger „Stimulationen“ des in die Jahre gekommenen Upright Pianos entstanden. Hier finden wir drei Layers, wobei das Soundprogramm mit dem Namenszusatz „FX“ gezupfte Klaviersaiten wiedergibt und einen Hauch von Vintage-Romantik versprüht. Zu hören im folgenden Audiobeispiel, zusammen mit dem „normalen“ Layer.
Nun zu den kleineren „Bockigkeiten“, die im Laufe meines Tests zu Tage getreten sind.
1.) Beim gerade besprochenen Instrument Zeitter & Winkelmann hat sich die Grafik des Quick Edit Fensters auf für mich unerklärliche Weise in Luft aufgelöst. Stattdessen gibt es folgende Fehlermeldung:
Die besagte Grafikdatei ist nach wie vor im installierten Content vorhanden und lässt sich separat öffnen. Da die Layers funktionieren und da sich auch im Pro Edit Fenster alles problemlos editieren lässt, habe ich keine weiteren Rettungsversuche unternommen.
2.) Beim Spielen des Rhodes Mk I sowie auch des Zeitter & Winkelmann Upright Pianos sind durch den Gebrauch des Sustain-Pedals CC64 des Öfteren Noten abgeschnitten worden. Eventuell könnte es daran liegen, dass mein Kawai Digital-Piano außer den Werten 0 und 127 noch weitere Mittelwerte sendet. Hier könnte man sich, sofern man Zeit und Lust hat, irgendein Transformations-Tool, Filter oder ähnliches basteln – falls es daran liegen sollte wohlgemerkt! Bei vergleichbaren virtuellen Instrumenten/Piano-Emulationen auf meinem Rechner taucht dieses Probleme allerdings NICHT auf.
3.) Teils unsaubere Sample-Regions. Die letzten beiden leisen Snaredrum Schläge/Schnipsel in Audiobeispiel 13 z.B. sind nicht gespielt, sondern unsaubere „Anhängsel“.
4.) Kein wirklicher Bug, aber als Indiz einer gewissen Lässigkeit deute ich die zum Teil abweichenden Key Ranges der unterschiedlichen Layers eines Instruments. Somit ist es teilweise nicht möglich, ein anderes Layer als Soundvariation einer bereits gespielten Sequenz/Melodie zu nutzen, obwohl dies meines Erachtens physikalisch möglich gewesen wäre.
So, genug des Meckerns! Ich könnte der Auflistung der kleinen Schönheitsfehler bestimmt noch ein bis zwei Punkte hinzufügen, was aber den Eindruck erwecken würde, dass mir die Library nicht gefällt. Doch das ist absolut nicht der Fall, und mit diesen kleinen Zickereien lässt es sich durchaus leben! Auf zum Fazit!