Details
Schauen wir uns die C2 mal an: als erstes stechen das Clavia-typische Rot und die geringen Abmessungen ins Auge. Mann, ist die klein! Die ebenfalls rot lackierten Holzseitenteile verleihen dem Instrument ein edles und hippes Erscheinungsbild, wodurch es eine gute Bühnenpräsenz bekommt. Nicht ganz unwichtig, wenn das Publikum eigentlich eine echte Hammond mit ihrem pompösen Wohnzimmermöbel-Design erwartet. Das restliche Gehäuse ist aus Metall gefertigt und macht einen sehr stabilen und robusten Eindruck. Alles ist sauber verarbeitet und die Potis und Knöpfe sehen ebenfalls unempfindlich aus. Leider hat sich im Konzert-Einsatz herausgestellt, dass die Knöpfe ziemlich laut klappern. In kleinen Clubs äußert sich das sehr störend beim Umregistrieren während leiser Passagen.
TASTATUR
Die beiden Manuale sind als orgeltypische Waterfalltastaturen ausgelegt. Die je 61 Tasten spielen sich etwas schwerer als meine A100, sind aber leichtgängig genug, um alle gebräuchlichen Orgelspieltechniken wie Glissandi, schnelle Tonrepetitionen und Squabbeling problemlos anwenden zu können. Qualitativ machen die Tastaturen einen so hochwertigen Eindruck, dass sie locker die ein oder andere Showeinlage in Form von Trommeleinsätzen oder Ellbogenglissandi unbeschadet überstehen werden. Die C2 fühlt sich gut an und spielt sich wie eine „Echte“.
ANSCHLÜSSE
Der Anschluss für das Netzkabel ist leider als zweipoliges Rasierapparatkabel und nicht als gängiger Kaltgerätestecker ausgelegt. Erfahrungsgemäß sind solche ungebräuchlichen Kabel als erstes nach einem Gig verschwunden. Am besten besorgt man sich gleich ein oder zwei Ersatzkabel dazu. An Ausgängen hat die C2 einiges zu bieten. Neben dem obligatorischen (unsymmetrischen) Stereo-Pärchen und dem Kopfhörer-Anschluss gibt es eine Standard 11-Pin-Buchse zum Anschluss eines echten Leslie-Kabinetts. Das Signal umgeht hierbei die interne Leslie-Simulation und wird mit einem höheren Level abgegriffen, damit die Orgel auch richtig schön „schreien“ kann. Erfreulicherweise gibt es diesen High-Level-Ausgang noch einmal als Klinkenbuchse für Leslies, deren Vorverstärker über einen Klinkeneingang verfügen. Schön ist in diesem Zusammenhang, dass die Nord-Orgel über ein sehr flexibles Routing verfügt. So ist es möglich, das B3-Modell nur auf den Leslie-Ausgang zu routen und das Signal der Transistor-Orgeln über den Stereo-Out an einen Keyboardverstärker zu schicken.
Neben den Buchsen für MIDI In/Out gibt es eine extra MIDI-Buchse zum Anschließen eines Bass-Pedals. Clavia bietet als Zubehör ein 27-tastiges MIDI-Pedal mit integriertem Schweller an. Will man eine Orgel authentisch spielen, so kommt man um ein Volumen-Pedal nicht herum. Dies kann bei der C2 über eine Klinkenbuchse angeschlossen werden. Bei einer echten Hammond steuert der Schweller nicht nur die Lautstärke, sondern – abhängig von der Einstellung des Preamps – werden mit zunehmendem „Durchtreten“ des Pedals zusätzliche Obertöne und Verzerrungen generiert. Auch diese spezielle Disziplin weiß der neueste Clavia-Orgelspross zu meistern. Deshalb ist es möglich – und nötig – das Volumenpedal zu kalibrieren. Man kann aus vier verschiedenen Herstellern die richtige Einstellung für das verwendete Pedal wählen. Je eine Klinkenbuchse steht für den Anschluss eines Sustainpedals und für die Steuerung des internen Leslie-Effektes zur Verfügung. Auch hier kann man intern die Orgel an das verwendete Pedal anpassen. Clavia bietet für die Leslie-Steuerung optional einen klassischen Halfmoon-Switch an. Mitgedacht haben die Ingenieure bei Clavia bei dem 3,5mm Stereo-Klinkeneingang. Hier kann jede beliebige Audioquelle angeschlossen werden. Leider gibt es keine Möglichkeit den Eingangspegel zu justieren, und das eingeschliffene Signal wird nur über den Kopfhörerausgang wiedergegeben. So beschränkt sich die Nutzung dieses Eingangs wohl lediglich auf das Einspielen von Playalongs während des Übens. Über den vorhandenen USB-Anschluss kann das Betriebssystem auf den neuesten Stand gebracht werden. Ebenso dient er in Verbindung mit dem Nord Sound Manager zum Verwalten der Programs im Computer.
An Anschlüssen bietet die Nord C2 also alles, was man als Organist braucht. Besonders gut gefallen mir die Anpassungsmöglichkeiten an das verwendete Outboardequipment.
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BEDIENOBERFLÄCHE
Alle Sektionen der Bedienoberfläche liegen kompakt beieinander und sind mittig auf der Gehäuseoberseite angeordnet. Als Elemente hat Clavia sich für die typischen rechteckigen Knöpfe in Schwarz und Grau und ihre dunkelgrauen Potis entschieden. Manche Taster werden durch eine Status-LED ergänzt. Schauen wir uns die einzelnen Abteilungen mal an:
DRAWBAR-SECTION
Das Augenscheinlichste an der Bedienoberfläche sind die mittig angeordneten clavia-typischen 8-stelligen LED-Anzeigen mit je zwei Tastern, welche die Drawbars beim B3-Modell bzw. die Register bei den anderen Orgel-Modellen simulieren. Für diejenigen, die das Clavia-System noch nicht kennen: mit einem Druck auf den unteren Taster „zieht“ man den Zugriegel einen Schritt heraus und mit dem Betätigen des oberen wird der Zugriegel „hinein geschoben“. Der Stand des Drawbars wird durch die Anzahl der leuchtenden LEDs der dazugehörigen LED-Kette angezeigt. Hält man den jeweiligen Taster gedrückt, wird der Zugriegel komplett herausgezogen bzw. hinein geschoben. Hierfür lässt sich die Geschwindigkeit in zwei Stufen einstellen. Bei der C2 gibt es zwanzig dieser virtuellen Drawbars. Wie beim elektromechanischen Vorbild ist ein neuner Drawbar-Set für das Swell-Manual (Obermanual) links und ein neuner Drawbar-Set für das Great-Manual (Untermanual) rechts angeordnet. Dazwischen befinden sich die beiden Drawbars für die Pedal-Register. Diese können mittels des Great Man-Buttons auf die zwei untersten Oktaven des Untermanuals geroutet werden. Es wäre schön, wenn sich der Splitpunkt ändern lassen könnte, damit man bei aktiviertem Manual-Bass einen größeren Tonumfang zur Verfügung hätte. Für die Drawbarsets der beiden Manuale lassen sich je drei Presets einstellen. Bei einer Hammond entspricht dies der Funktion der invertierten Tasten. Der Unterschied jedoch ist, dass sie bei der C2 adhoc verändert werden können, wobei das Perkussions-Register bei jedem Preset genutzt werden kann. Im Live-Betrieb erweist sich die Preview-Funktion als nützlich. Damit lässt sich ein Preset erst stumm voreinstellen, bevor es dann auf Kopfdruck hörbar wird.
VIBRATO/CHORUS
Auf der linken Seite von den Drawbars befindet sich die Sektion für den Vibrato- und Chorus-Effekt. Den großen Drehknopf des Scanner-Vibratos der alten Hammonds hat Clavia durch einen einfachen Drucktaster ersetzt, mit dem die drei Chorus und Vibrato-Typen im Uhrzeigersinn durchgesteppt werden. Ich finde das etwas gewöhnungsbedürftig, da es mir auf der Bühne öfters passiert, einen Schritt zu weit zu steppen. Wie gewohnt hingegen lässt sich der Vib/Cho-Effekt mit den Tastern Swell und Great getrennt für beide Manuale aktivieren. Die Knöpfe zur Steuerung des Rotary-Effekts sind darunter angeordnet und lassen sich während des Spiels gut erreichen. Für die Geschwindigkeiten Slow und Fast gibt es je einen eigenen Taster. Angenehm finde ich den extra Stop-Button, der das virtuelle Leslie zum Stillstand kommen lässt. Den Rotoreffekt kann man über das System-Menu seinem eigenen Geschmack anpassen. Für das Hochtonhorn und den Bassrotor lassen sich jeweils in drei Stufen die Anlauf- bzw. Abbremszeit sowie die Rotationsgeschwindigkeit einstellen.
PERKUSSION
Die vier Taster für das Perkussionsregister sind ergonomisch rechts von den virtuellen Zugriegeln angeordnet und bieten mit den Funktionen On, Soft, Fast und Third das gewohnte Bild. Auch die Perkussion lässt sich den individuellen Vorstellungen des Users anpassen. In jeweils drei Stufen können die Parameter für Fast und Slow Decay sowie für Norm und Soft Level verändert werden.
MASTER- & PROGRAM-SECTION
Über der Drawbar-Abteilung befindet sich links der Regler für die Master Volume und der Shift-Taster, der bei manchen Knöpfen eine Zweitfunktion aktiviert.
Daneben liegt die Program-Sektion. Die 126 überschreibbaren Programs bieten alle gängigen Registrierungen der verschiedenen Orgelmodelle. So, wie es sich gehört, werden hier sämtliche Einstellungen (inkl. EQ-, Effekt- und Drive-Parameter) gespeichert. Zum Anwählen der Programs steht lediglich ein Up- und Down-Taster zur Verfügung, so dass man die Programme nicht direkt anwählen kann, sondern mühselig durchsteppen muss. Gerade in Live-Situationen eine zeitraubende und hektische Angelegenheit, die man nur durch eine gut durchdachte Speicherorganisation der benötigten Programme lösen kann. Hier kommen die beiden „Live“-Buttons ins Spiel, bei denen sich die C2 den gerade aktuellen Gerätezustand „merkt“. So kann man für jeden „Live“-Button eine Basis-Registrierung einstellen und blitzschnell zwischen beiden hin- und herwechseln. Zusammen mit dem gerade aktiven Programm stehen sozusagen drei komplette Programs parallel auf Knopfdruck zur Verfügung. Eine 3-stellige LED-Anzeige gibt Auskunft über die aktuelle Programm-Nummer und die Einstellungen der Parameter aus den Setup-, MIDI- und Sound-Menu. Obwohl das kleine Display nicht wirklich zur Luxusausstattung zählt, ist es für die Werteeingabe doch ausreichend. Behilflich ist dabei die Liste aller Parameter, die rechts auf der Gehäuseseite aufgedruckt ist.
ORGAN/SPEAKER MODEL
In der nächsten Abteilung werden die verschiedenen Orgelmodelle (B3, Vox, Farfisa, Pfeifenorgel) selektiert. Bis auf die Pfeifenorgel lassen sich alle Modelle voll polyphon spielen. Die Polyphonie des Pipe-Organ-Modells hängt von den verwendeten Registern ab. Die Shift-Funktion aktiviert einen einfachen, aber sehr gut einsetzbaren Synth-Bass. Mittels der Drawbar-Taster für die Pedale kann man den Attack-Level für einen punchigeren Sound und die Release-Zeit für einen Organ-String-Bass verändern.
Daneben befindet sich die Auswahl der verschiedenen Verstärker-Modelle. Die Nord C2 bietet Simulationen eines Leslie 122, eines Fender Twin und eines Roland Jazz-Chorus an.
EFFEKTE
DELAY
Die Nord-Entwickler haben der C2 einen schönen Delay-Effekt gegönnt, dessen Delay-Zeit entweder mit einem Poti oder dem „TAP“-Taster eingestellt werden kann. Der „Feedback“-Button bestimmt die Anzahl der Wiederholungen. Hier kann aus drei unveränderbaren Voreinstellungen gewählt werden. Über die Shift-Funktion kann das Delay auch nur auf das obere Manual geroutet werden. Für mich stellt der Delay-Effekt ein Highlight des Instrumentes dar, weil er aufgrund seiner einfachen Möglichkeiten sehr kreativ und musikalisch einsetzbar ist. Man kann der kleinen Roten Sounds entlocken, die auf einer herkömmlichen Hammond nicht so ohne weiteres möglich sind.
EQ
Im Live-Betrieb erweist sich der einfache 3-Band-EQ als große Hilfe, wenn es darum geht, den Sound an die Bühnengegebenheiten anzupassen. Die drei festen Frequenzen für Bass, Mitten und Höhen können um 15dB angehoben oder abgesenkt werden. Ebenso praktisch ist der „On“-Taster, mit dem man den Equalizer an- und ausschalten kann.
DRIVE
Der Overdrive-Effekt der C2 arbeitet sehr funktionell. Schön angewärmte Sounds sind damit genauso realisierbar wie aggressive Bratorgeln. Und das, obwohl nur die Intensität des Effektes geregelt werden kann. Dass der Grad der Verzerrung abhängig von der Stellung des Volumen-Pedals ist, ist den originalen Hammonds nachempfunden und sorgt für ein authentisches Spielgefühl. Allerdings klingt mir die Verzerrung bei höheren Werten zu kratzig und kalt.
REVERB
Fünf Hall-Räume (Room, Stage Soft, Stage, Hall Soft, Hall) mit festen Nachhallzeiten bietet der Reverb der C2. Der Hallanteil wird mit einem Poti geregelt. Klanglich ähnelt der Effekt durch seinen dichten und mittigen Charakter dem Federhall meiner A100 und wertet den Sound noch einmal auf.
SONSTIGE FEATURES
Es gibt noch ein paar weitere Features an der Nord Orgel, die ich erwähnenswert finde. Die Lautstärke des Key-Clicks – im Volksmund als „Schmatzen“ bezeichnet – kann in drei Stufen eingestellt werden.
Zur Steuerung der Perkussion wird bei den elektromagnetischen Orgeln der Tastenkontakt für den 1’-Zugriegel verwendet. Dieser ist bei eingeschalteter Perkussion also stumm. Bei der C2 hat man die Wahl, ob er erklingen soll oder nicht.
Je älter das Baujahr einer Hammond-Orgel ist, desto größer ist die „Leakage-Noise“, also das Übersprechen benachbarter Tonräder. Dies führt dazu, dass der Klang dreckiger und unrunder, aber auch lebendiger wird. Die C2 simuliert dies in vier Stufen: von Clean bis Vintage 3 kann das „Alter“ virtuell getrimmt werden, wobei die Leakage-Noise stets zunimmt. Sehr detailreich ist, dass bei extremster Einstellung dieses Nebengeräusch auch dann hörbar ist, wenn man nicht spielt. Manche Musikerkollegen können sich dadurch allerdings etwas genervt fühlen. Für mich gehört dieses Surren einfach zu einer Hammond.