Praxis
Clavia Nord Stage 4 – Anschließen und Inbetriebnehmen
Nach dem Einschalten braucht das Nord Stage 4 etwa 20 Sekunden, bis es spielbereit ist. Zum Vergleich: das Nord Stage 3 benötigt mit dem aktuellen Betriebssystem nur etwa 13 Sekunden. Hier ist es allerdings wichtig zu erwähnen, dass zum Zeitpunkt unseres Tests noch ein vorläufiges Betriebssystem (OS v0.92) auf dem Nord Stage 4 aufgespielt ist. Seitens des Herstellers hat man uns schon verraten, dass derzeit noch an einigen Details gearbeitet wird, und es in Kürze ein offizielles OS herausgegeben wird. Aus eigener Erfahrung kann ich hier nur sagen: Die Software wird bei Nord ständig weiterentwickelt und der Support ist zudem sehr zuverlässig!
Eine Bedienoberfläche für alle Modelle
Neu ist im Vergleich zum Vorgänger Nord Stage 3, dass alle drei Nord Stage 4 Modelle über dasselbe Bedienfeld verfügen. So haben nun – egal ob Hammermechanik oder Waterfall-Tastatur – alle Modelle physische Drawbars mit LED-Anzeige. Selbst echte Vollblut-Pianisten kommen ab jetzt in den Genuss der echten Zugriegel – was mir persönlich besonders gut gefällt.
Programme und Layer des Nord Stage 4
Nach dem Hochfahren wartet das Nord Stage 4 bereits darauf, gespielt zu werden. Im Test zeigte sich, dass die 8 Programm-Taster eine sehr gute Orientierung für den Live-Betrieb mit sich bringen. Die grün-leuchtenden LEDs der verschiedenen Layer lassen sofort erkennen, welche Sound-Engines gerade aktiv sind. Dazu werden außerdem alle aktiven Layers samt Preset-Namen im Display angezeigt.
Wie klingt das Clavia Nord Stage 4?
Hören wir zunächst ein paar Pianos aus dem Nord Stage 4. Die verschiedenen Flügel- und Upright-Modelle klingen alle ausnahmslos gut und haben sehr unterschiedliche Charakteristika. Mit einer Prise Reverb verleiht man den Pianos noch eine feine Portion Raumakustik, und man sitzt sprichwörtlich mittendrin. Dank der neuen Tastatur lassen sich die Piano-Sounds hervorragend spielen.
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Weitere Features in der Piano-Sektion
Neben dem bereits bekannten Timbre-Modi, hinter denen sich verschiedene EQ-Presets verbergen, verfügt die Piano-Sektion jetzt auch über zusätzliche neue Features. Der Unison-Modus beispielsweise vervielfacht das angewählte Piano und verstimmt es in mehreren Stufen. Damit erhalten Piano Sounds à la „Don’t Stop Believin’“ gleich einen angenehmen Chorus-Effekt. Wem dann ein Piano zu dynamisch erklingt, der kann eine leichte Kompression in drei Stufen mittels „Dyn Comp“ Taster hinzufügen. Entgegen der Erwartung hebt diese Kompression aber leise Signale an, nicht umgekehrt.
Neues bei den Orgeln
Weiter geht es mit der Orgel-Sektion, welche über die sechs Modelle B3, Vox Continental, Farfisa, Pipe1, Pipe2 und jetzt auch über eine B3-Bass-Version verfügt. Letztere ist eine Emulation des B3-Fußbass-Pedals. Ist der Preset-Taster aktiviert, werden die Zugriegel-Einstellungen per LED sichtbar. Schaltet man das Preset aus, dann erlaubt die Orgel-Sektion eine zweite Registrierung, jedoch ohne LED-Anzeige. So kann man praktischerweise zwischen zwei Registrierungen hin- und herschalten. Zur besseren Übersicht werden die jeweils aktuellen Zugriegel-Einstellungen schließlich über das zentrale Display angezeigt.
Geballte Synth-Power im Nord Stage 4 mit der Nord Wave 2 Engine
Die Nord Wave 2 Engine hat es in sich, denn gleich drei Synth-Layer können hier kombiniert werden, was sehr vielseitige Sounds ermöglicht. Neben dem bekannten Sample-Modus für die hauseigene Nord-Sample-Library bietet der Analog-Modus die eigentlichen Synth-Sounds und Wellenformen. Neben den Klassikern wie beispielsweise Sinus und Sägezahn kann man hier aus einem großen Fundus an Wave-Shapes, Multi-Wellenformen und Super-Wellen für Techno-Sounds schöpfen. Im Gegensatz zum Nord Stage 3 gibt es auch vielmehr FM-, Sync- und Wavetable-Sounds.
Der Klang ist in jedem Fall extrem druckvoll und fett! Während des Tests des Nord Stage 4 hatte ich jede Menge Spaß beim Entdecken und Tüfteln, was durch die leichte Bedienung schnell und unkompliziert vonstattenging. Einziger Nachteil für mich persönlich: das Fehlen der dezidierten Hüllkurven-Regler für Filter und Amp. Diese müssen über den „Envelope“-Taster angewählt werden, um dann über das Display und den zugehörigen Drehencodern bearbeitet werden zu können.
Arpeggiator/Gate–Funktionen für viel Spielspaß
Der vielseitige Arpeggiator des Nord Stage 4 gehört zu meinen persönlichen Highlights, denn neben klassischen Arpeggios ist auch der polyphone Modus sehr interessant. Der spielt nämlich Akkorde je nach Range-Setting auch in Umkehrungen. Im Pattern-Modus bietet das Stage 4 zudem sehr viele Rhythmen, die sich vielseitig einsetzen lassen. Der Gate-Modus hingegen lässt stehende Klänge rhythmisch pulsieren. Über das Display kann man aber auch eigene Patterns erstellen.
Effekte des Nord Stage 4: mehr ist mehr!
Apropos Effekte: hören wir doch mal in die neuen Effekte. Der Pump-Effekt beispielsweise imitiert das rhythmische „pumpen“ einer Side-Chain-Kompression. Beim Spielen mit einem Piano-Sound weckt das sogar direkt Erinnerungen an Popsongs wie „Can’t Stop The Feeling“ von Justin Timberlake. Neben der Synchronisierung zur Master-Clock kann man diesen Effekt auch per Pedal live „tappen“, beispielsweise zum Beat einer Bassdrum. Neu ist aber auch der Spin-Effekt, welcher einen einfachen Rotary Speaker emuliert. Schließlich hören wir noch den neuen Federhall, der eine sehr schöne Abwechslung zu den sonst klassischen Raum-Emulationen darstellt.
FX Focus für den Überblick
Um hier den Überblick nicht zu verlieren, hat Clavia den sogenannten FX Focus implementiert. Aktiviert man den links vom Effekt-Panel liegenden „FX Focus“-Taster, dann folgt das Effekt-Panel den jeweils angewählten Layern. Dabei zeigt es die dort verwendeten Effekte, was man anhand der zahlreichen LEDs erkennt. Für eine bessere Übersicht hat man unterhalb des FX Focus Tasters drei Taster verbaut, anhand derer die verschiedenen Effekt-Layer angezeigt werden können. Auf Wunsch kann man hier auch beide Piano- sowie alle drei Synth-Layer global mit Effekten versehen, dann wirken die Einstellungen auf alle drei Layer gleichzeitig. Schließlich gilt es, keine Zeit zu verlieren!
Weitere Details unterstützen die Bühnenperformance
Natürlich bietet das Nord Stage 4 weitere zahlreiche Highlights, die gerade die Bühnen-Performance sehr gut unterstützen. So kann man zum Beispiel sämtliche Parameter über das Morph-Assign-Panel auf wahlweise Modwheel, Aftertouch oder das Controlpedal routen. Auch Splits sind im Handumdrehen erstellt. Über die 11 Splitpunkte, welcher per LED angezeigt werden, lassen sich bis zu 4 Zonen erstellen. Dank der Crossfades-Funktion, die es auch schon beim Vorgänger gab, können beispielsweise zwei benachbarte Split-Klänge in zwei einstellbaren Intervallen ineinander übergehen.
Nord Sample Editor 4 und Nord Sound Manager
Um die Samples der Nord Library auf das Nord Stage 4 zu übertragen, benötigt man den vom Hersteller bereitgestellten Nord Sound Manager. Viel interessanter ist allerdings die Möglichkeit für User des Nord Stage 4, eigene Samples zu erstellen. Der dafür entwickelten Nord Sample Editor 4 gehört zu den praktischsten Tools, die ich persönlich für solche Zwecke je benutzt habe. Die neueste Version bietet zudem alle wichtigen Werkzeuge in nur einer App, inklusive Aufnahmefunktion, Schnitt und automatische Zuweisung der richtigen Tonhöhe. Auch das Mapping auf die richtige Taste funktioniert fast immer sofort richtig. Damit wird es zum Kinderspiel, wenn man für anstehende Auftritte ein paar Samples schnell und einfach in den Nord Stage 4 laden möchte.
Triple-Sensor Weighted Hammer Action
Was wäre das Nord Stage 4 nur ohne seine Tastatur: Zeit also, um auch darüber ein paar Worte zu verlieren! Tatsächlich lässt sich die Tastatur sehr gut spielen und sie ist darüber hinaus hervorragend auf die internen Sounds abgestimmt. Hier kommt echtes Spielgefühl auf. Für diesen Test konnte ich mehrere Tage auf dem Nord Stage 4 üben, und der Unterschied zu meinem echten Flügel war kaum spürbar. Insgesamt fühlt sich die Hammermechanik sehr realistisch an, lässt sich besonders dynamisch spielen und verfügt trotzdem über einen gewissen „Grip“. Gerade dann, wenn man E-Pianos, Orgel- oder Synth-Sounds spielt, kam mir diese Griffigkeit entgegen. Natürlich braucht es etwas Zeit, bis man sich an diesen Spagat gewöhnt: dann fühlt sich das Nord Stage 4 mit Hammermechanik richtig gut an.
Clavia Nord Stage 4 – Das sind die Alternativen
Natürlich gibt es im heißumkämpften Markt professioneller Stagepianos auch Konkurrenten zum Nord Stage 4, von denen wir dem Stagepiano zwei Kandidaten gegenübergestellt haben: das Yamaha YC88 und das Kurzweil SP-7.
Features | Clavia Nord Stage 4 88 | Yamaha YC88 | Kurzweil SP-7 |
---|---|---|---|
Polyphonie | 120 (Piano) ,48 (Synth) | 128 | 256 |
Klangerzeugung | Piano, Orgel & Synth | VCM Organ, AWM2, FM | A.T.S.T. |
Speicher | 2 GB Piano, 1 GB Sample | — | 2 GB |
Orgel | 6 Orgel-Modelle | VCM Orgel | PCM |
Zugriegel/Fader | 9 | 9 | — |
88er Tastatur | Nord Triple Sensor Weighted Hammer Action | NW-GH3 | Fatar TP/110 |
Zonen | 4 | Layer/Split | 16 |
Arpeggiator | ja | — | ja |
Pitchbend/Modwheel | ja | ja | — |
Display | 2x OLED | graphisches LCD | 7″ Touchscreen |
Ausgänge | 4x 6,3mm | 2x 6,3mm | 4x 6,3mm |
Preis | 4.899 € | 2.769 € | 2.159 € |
Test-Bewertung | 5/5 | 4/5 | 4/5 |
Produkt bei Thomann | Clavia Nord Stage 4 88 kaufen (Affiliate) | Yamaha YC88 kaufen (Affiliate) | Kurzweil SP-7 kaufen (Affiliate) |
ThomaschW sagt:
#1 - 05.06.2023 um 11:54 Uhr
Bin noch hin und hergerissen. Vieles ist besser geworden (Piano Sektion, Effekte, Tastatur, Drawbars für alle Modelle), aaaaaber die Synthesizersektion hat etwas gelitten. Konnte ich beim 3er die digitalen Waves, Noise und die Formant-Waves z.B. in die Oszillatorkonfiguration mit einbeziehen (Bell, FM), so geht das jetzt gar nicht mehr. Vielleicht kann mans ja per Update noch nachrüsten, ebenso ein paar weitere digitale Waves, das Zweier z.B. hatte noch über 60.
Friedhelm sagt:
#2 - 04.08.2023 um 16:58 Uhr
Hallo, ich kann mich dem Bericht "nicht" anschließen! Ich hatte einen NS4-73, wurde zurückgegeben. Im Austausch habe ich einen NS4-Compact mitgenommen, da wir gerade im Studio waren. Die Aufnahmen wurden für 2 Tage unterbrochen! Fazit: Der NS4-73 hat große Probleme, einen Ton auf den Punkt zu bringen. Es funktioniert nur, wenn man die Tasten kräftig und schnell drückt. Ansonsten gibt es Verzögerungen, die um die 32tel liegen. Ein dynamisches Spiel ist damit ausgeschlossen. Die NS4-Compact klingt ganz anders als die NS4-73. Das liegt daran, dass die Bauteile in der Elektronik nicht gleichwertig sind. Natürlich haben die Bauteile Toleranzen, aber die Klangveränderung ist dann nicht so groß. (Vermutlich wird nicht der gleiche Wandler verwendet = Qualitätsunterschiede). Dann wurde über MIDI ein externes Soundmodul angesteuert. Dabei musste festgestellt werden, dass das MIDI Signal erst mit dem 2. Tastenkontakt gesendet wird. Ich frage mich ernsthaft, was da in Schweden zusammengebastelt wird. .... Meine Bewertung für so viel Geld ist definitiv MINUS 5Sterne. Unterm Strich wird ein stabiles Gehäuse mit minderwertigen Bauteilen und einer abgespeckten Fatar-Tastatur verbaut. Resultat = Unbrauchbar.
Matthias sagt:
#3 - 17.05.2024 um 21:15 Uhr
Ich halte mich normalerweise mit Kommentaren zurück. Aber ein Profigerät für knapp 5.000 EUR (in der 88er Variante) aus dem Jahr 2023, bei dem der Hersteller lediglich eine USB 1.0 Schnittstelle mit sagenhaften 12 MBit auf die Platine lötet und bei dem bspw dadurch das Backup auf den Rechner ganze 80 Minuten dauert, kann in 2023 maximal 3 von 5 Punkten bekommen. Das ist nur noch peinlich. Ein ganz klar übersehener Contra-Punkt!!