KONZEPT
Das Nord Stage 88 gehört zur Familie der Stagepianos und sucht seine Besitzer hauptsächlich im professionellen Kundenbereich. Der talentierte Familiennachwuchs oder Hobby-Pianist findet sein Homepiano meist eher bei der Konkurrenz in Form eines Clavinovas oder Ähnlichem. Das Nord Stage 88 hingegen fühlt sich auf den Bühnen der Welt zu Hause und punktet immer dann, wenn es um professionelle Piano-, Hammond- und Synthie-Sounds geht. Sollte der Keyboarder sein Nord Stage noch selber transportieren und aufstellen müssen, so ist das Einstandsgewicht von 18,5 kg ohne Case noch als recht bandscheibenfreundlich zu bezeichnen – nicht zuletzt, wenn man die satten 32 kg eines Kawai MP-8 dagegensetzt, von den berühmten Originalen B3 oder Fender Rhodes mal ganz zu schweigen! Der Einstiegspreis von knappen 3000 Euro begrenzt die Käuferschicht abermals auf eine kleinere Gruppe von Tastenexperten, die mit ihrer Kunst in den meisten Fällen ihre Brötchen verdienen müssen.
Wir wollen nun herausfinden, ob der Gegenwert des in der Oberklasse angesiedelten Instrumentes hält, was das aufreizende Rot des Gehäuses verspricht.
ERSTER EINDRUCK
Optisch kommt das Nord Stage 88 nicht gerade bescheiden daher. Das bewirkt nicht nur die typische rote Farbe, sondern auch die unzähligen Regler und Taster, die zum überwiegenden Teil auch noch mit roten und grünen LEDs garniert sind. Die Bedienelemente des Stagepianos erscheinen auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig und wirr, ist man doch als Keyboarder oftmals die Arbeit mit Menus, Unter- und Zwischen-Menus gewohnt. Die Oberflächen der genannten Konkurrenz sieht zugegebenermaßen aufgeräumter aus, da sich die Zahl der Taster und Regler hier im Normalfall auf das Nötigste beschränkt. Das entspricht aber schlicht nicht der Firmenphilosophie von Clavia. Alle Veränderungen am Sound sind direkt über die verschiedenen Regler und Taster zu erreichen – vorausgesetzt, man hat die Gerätefunktionen durchschaut, bereitet das direkte Eingreifen in die Sounds großen Spaß. Die gummierten Regler ohne Rasterung fühlen sich edel an und Drehungen verlangen ein solides Zupacken. Dagegen leisten die Taster nur wenig Widerstand. Sie sind keine Designobjekte, sondern scheinen eher aus dem Standardelektronikhandel entnommen.
Highlight in Sachen Design und Haptik sind meiner Meinung nach das Modulation-Wheel und der so genannte Pitchstick. Letzterer ist aus Holz und hat eine ergonomische Rundung für Zeige – oder Mittelfinger. Ist man die Plastik-Spielhilfen aus Fernost gewöhnt, verlangt der Umgang mit dem Pitchstick ein wenig Routine. Sein Federmechanismus fordert “Nachdruck” und weist gewisse Parallelen zum Saiten-Bending beim Gitarrenspiel auf. Hat man sich einmal damit angefreundet, ist es eine wahre Wonne, mit Daumen und Zeigefinger ein Synthie-Solo zu perfektionieren, und man möchte dieses Feature in Zukunft nicht mehr missen. Bei der Pitchrange gibt es jedoch einen Wehrmutstropfen, da diese beim Stage 88 nicht frei wählbar ist. Man muss sich leider mit zwei Halbtönen (“up and down”) begnügen. Dies ist mir, gerade wenn es um Soli im Rockstil der 80er geht, einfach zu dürftig.
Das Display ist klein. Sehr, sehr klein. So klein, dass es diesen Namen nach dem aktuellen Stand der Technik eigentlich auch nicht mehr verdient hat. Es ist vielmehr ein illuminiertes Namensschild für Sound und Banknummer sowie die nötigsten Einstellungen im System oder MIDI-Menu. Und mal ehrlich, mehr brauchen wir in diesem Falle auch nicht, da wir beim Stage 88 ja sämtliche Sound- und Effekteinstellungen sogleich optisch erfassen und verändern können.
Das Nord Stage 88 macht insgesamt einen sehr gut verarbeiteten und stabilen Eindruck. Die Flanken sind aus rot lasiertem und lackiertem Holz gefertigt und unterstreichen den edlen Look des Instrumentes. Sie erinnern mich ein wenig an einen schön lackierten Gitarren-Body, und es wäre nicht auszudenken, wenn Kratzer oder Transportschäden diesen Look beschädigen würden. Der Korpus des Nord Stage 88 ist aus Leichtmetall und entsprechend solide und verwindungssteif. Die Verarbeitungsqualität ist dem Preis entsprechend hochwertig – das ist jedoch nicht immer selbstverständlich. Schön, wenn man nach so vielen Jahren der Produktion immer noch den Eindruck von solider Handwerkskunst bemerkt. Das Gerät hatte nach Ende einer Rocktour, bei der ich mitgewirkt habe und deren Erfahrungen natürlich mit in diesen Test einfließen werden, jedenfalls nicht eine Schraube locker.
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Das Nord Stage 88 macht insgesamt einen sehr gut verarbeiteten und stabilen Eindruck. Die Flanken sind aus rot lasiertem und lackiertem Holz gefertigt und unterstreichen den edlen Look des Instrumentes. Sie erinnern mich ein wenig an einen schön lackierten Gitarren-Body, und es wäre nicht auszudenken, wenn Kratzer oder Transportschäden diesen Look beschädigen würden. Der Korpus des Nord Stage 88 ist aus Leichtmetall und entsprechend solide und verwindungssteif. Die Verarbeitungsqualität ist dem Preis entsprechend hochwertig – das ist jedoch nicht immer selbstverständlich. Schön, wenn man nach so vielen Jahren der Produktion immer noch den Eindruck von solider Handwerkskunst bemerkt. Das Gerät hatte nach Ende einer Rocktour, bei der ich mitgewirkt habe und deren Erfahrungen natürlich mit in diesen Test einfließen werden, jedenfalls nicht eine Schraube locker.
TASTATUR
Wer unter den Lesern zu den eingeweihten Pianisten gehört, dessen musikalische Wege auf einem akustischen Klavier oder gar eines Flügels des Elternhauses begannen, der weiß, dass die Tastatur zu den leidigen Themen eines Stagepianos gehört. Bei einem Autotest ist das mit der Bewertung des Lenkverhaltens vergleichbar. Spüre ich den Kontakt zur Straße? Spricht die Lenkung direkt auf meine Befehle an? Was auf dem Markt so alles an so genannten gewichteten Tastaturen mit Hammermechaniken angeboten wird, hat mit dem Original oft leider nur wenig zu tun. Gut, das ist nicht zuletzt auch ein Kostenfaktor. Im Falle des Nord Stage ist die Tastatur für den verwöhnten Pianisten viel zu leichtgängig. Man sollte allerdings nicht außer Acht lassen, dass das Instrument auch Hammond- und Synthie-Sounds an Bord hat und diese ein anderes Spielverhalten und somit auch eine andere Tastaturmechanik bzw. Beschaffenheit verlangen als Piano-Sounds. So sollte ein Organist, der zusätzlich Piano-Sounds nutzen möchte, besser zum Nord Stage Compact greifen, das mit einer Hammond-typischen Waterfall-Tastatur ausgestattet ist. Auch der Synthie-Virtuose findet andere Spielzeuge in den Clavia-Regalen, z.B. den Nord Lead , der mit einer entsprechenden Keyboardtastatur aufwarten kann.
Die Tastatur des Nord Stage 88 stellt für mich einen guten Kompromiss aus den unterschiedlichen Keyboard-Spezies dar. Slides für ein Hammond typisches Spiel sind genau so möglich, wie ein flockiges Synthiesolo. Ein anderes Thema ist die Haltbarkeit der Tastatur, die sich meist erst nach einigen Jahren der Beanspruchung beurteilen lässt. Ich wurde in dieser Hinsicht allerdings bislang von allen Tastaturen enttäuscht – und die damit verbundenen Reparaturen sind meist teuer und aufwändig. Über die Haltbarkeit der Tastatur des Nord Stage 88 werde ich gegebenenfalls in einem nachfolgenden Test berichten können. Meines Erachtens gehört die Holztastatur eines Kawai MP-8 zu den absoluten Highlights, allerdings schlägt sie auch durch ihr hohes Gewicht zu Buche.
Der Headphone-Anschluss, in Form einer Stereoklinke, ist auf der Rückseite des Instruments zu finden. Besser ist hier meines Erachtens die Lösung, den Kopfhörerausgang generell auf der Frontseite unterzubringen, da er so viel leichter zu finden ist, z.B. im Halbdunkel einer Bühne. Neben der Kopfhörerklinke sind vier Channel Output – Klinken angeordnet. Hier können die verschiedenen Instrumentensektionen paarweise geroutet werden. Das vereinfacht die Arbeit im Studio oder im Konzertbetrieb, da so die Pegel der gewünschten Sounds vom Toningeneur separat abgemischt werden können. Neben den zwei Buchsen für MIDI In / Out finden wir die diversen Controller Ausgänge für Sustainpedal, Rotorspeed, Organswell, Controlpedal und eine USB Schnittstelle für den Datentransfer mit der Nord Stage Managersoftware.
Die Anschlüsse des Nord Stage 88 sind durch die Ausführung als verschraubte Metall-Klinkenbuchsen für den beanspruchenden Bühnenbetrieb bestens gerüstet. Die fest verschraubten Buchsen können den Zug der Kabel besser verkraften und so ist Knacksern und Rumplern durch kleine Bruchstellen erst einmal vorgebeugt. Ein Wehrmutstropfen ist die kleine Buchse des Netzkabels, kompatibel zu jedem handelsüblichen Rasierapparat – das passt so überhaupt nicht in das bisherige Bild des Nord Stage! Eine schöne Lösung zeigt uns die Firma Doepfer mit dem LMK 4, dessen Netzstecker in Form einer XLR-Verbindung sicher einrastet und so optimal vor der Überraschung eines ungewollten Stromausfalls schützt.
Clavia stellt über den Zubehörhandel anschraubbare Standbeine à la Fender Rhodes bereit. Außerdem wird ein schickes Softbag mit Rollen für den Transport angeboten. Ich brauche aber eigentlich nicht zu betonen, dass ein solches Instrument ein ebenso solides Hardcase verdient – gerade dann, wenn man oft unterwegs sein sollte.
In der Mitte der Bedien-Oberfläche finden wir die Schaltzentrale des Nord Stage, die Programm-Sektion. Der Großteil der dortigen Taster ist mittels einer Shift-Funktion doppelt belegt. Rechts und links von der Programm-Sektion sind die Einheiten für die Sound-Sections angeordnet.
Das Nord Stage verfügt über drei verschiedene Sektionen, über die jeweils unterschiedliche Soundarten gesteuert werden. Die Piano-Sektion beinhaltet neben eine Steinway- und einem Yamaha C7 auch die üblichen verdächtigen E-Pianos und ein Clavinet. Die Orgelsektion ist mit B3, Vox Continental und Farfisa bestückt und wie man es von Clavia erwarten konnte, wurde bei der dritten, der Synthesizer-Sektion, nicht gegeizt: Neben virtuell-analoger Synthese samt Pulsbreitenmodulation können Wavetables eingesetzt werden. Als Sahnehäubchen setzen Clavia noch eine Frequenzmodulations-Synthese obendrauf. Mit drei Operatoren lässt sich schon eine Menge anstellen! Zusätzlich ist es möglich, MIDI-Daten an angeschlossene Geräte zu verschicken, das Stage also als Masterkeyboard zu verwenden. Selbstverständlich lassen sich die Sounds mit vielen Parametern editieren. Wo es dem Hersteller sinnvoll erschien, sind teure Endlosdrehgeber mit LED-Kranz eingesetzt worden, um beim Programmwechsel Parametersprünge zu verhindern.
Mit einer USB-Schnittstelle ermöglicht Clavia seinen Kunden, auf der Firmen-Webseite neue Samples und Sounds herunter zu laden. Außerdem lassen sich mit Hilfe der kostenlos downloadbaren Nord Stage Manager Software schnell Backups eigener Programme speichern oder abrufen.
Des Weiteren steht eine umfassende Effekt-Sektion zur Verfügung. Mit den Source-Schaltern unter den jeweiligen Effekteinheiten kann der Effekt durch eine der drei Soundsektionen genutzt werden. Neben Standard-Effekten wartet der Stage mit Ping-Pong-Delay, Verstärker- und Lautsprechersimulationen, Leslie und Master-Kompressor auf.
Frida sagt:
#1 - 10.04.2013 um 18:58 Uhr
Vielen Dank für den Bericht!
Ich habe nun die Möglichkeit ein gebrauchtes Nord Stage zu kaufen. Wie ist es nun mit den Tasten? Halten die über eine längere Zeit?Vielen DankFrida
Lasse Eilers (bonedo) sagt:
#2 - 11.04.2013 um 20:05 Uhr
Liebe Frida, das Nord Stage zeichnet sich durch eine rundum hochwertige Verarbeitung aus - besser als bei den meisten anderen aktuellen Instrumenten. Wenn beim Antesten alles geht, ist also auch nicht damit zu rechnen, dass es in der nächsten Zeit kaputt geht. Viel Spaß damit! Viele Grüße, Lasse