Double-Stops auf benachbarten Saiten
Beginnen wollen wir mit zwei Tönen auf jeweils benachbarten Saiten, hier bieten sich für die Gitarre vor allem Quarten und Terzen an.
Das erste Beispiel zeigt die Möglichkeiten für Terz- und Quart-Double Stops, bestehend aus Tönen des G-Dur-Dreiklangs auf den ersten beiden Saiten.
Nun sorgen wir für etwas mehr Bewegung, indem wir die Zwischenräume mit weiteren Terzen aus Tönen der G-Dur-Tonleiter auffüllen.
Das Ganze können wir nun noch verfeinern, indem wir chromatische Durchgangstöne einbauen.
Für dich ausgesucht
Nach diesem Schema lassen sich für jede Tonart und jeden Durakkord passende Double Stops finden. Auch andere Saitenkombinationen sind natürlich denkbar, probiert doch einfach mal ein bisschen herum!
Kommen wir nun zu einem Beispiel für die praktische Anwendung der Terz- und Quart-Double Stops:
Der Auftakt beginnt mit den Tönen g und h, Grundton und Terz des zugrundeliegenden Akkords G-Dur. Das nächste “Ziel” sind h und d, Terz und Quinte von G-Dur.
Die Überleitung zwischen diesen beiden “Polen” besteht einmal aus a und c, also den nächsthöheren Tönen der G-Durtonleiter, gefolgt von a# und c#, einer chromatischen Annäherung an die Zieltöne h und d. Auf ähnliche Weise geht es weiter. Aus Akkordtönen bestehende Double Stops werden, wie in den ersten Beispielen gezeigt, mit diatonischen und chromatischen Zwischentönen verbunden. Zusätzlich dazu habe ich an manchen Stellen Verzierungen mit Hammer Ons eingebaut, wobei jeweils die Quarte zur Terz erhöht wird.
Das nächste Beispiel basiert auf einer Akkordfolge in E-Dur. Wie bereits erwähnt, lassen sich alle hier gezeigten Double Stops in jede Tonart übertragen. Ich habe mich zu Demonstrationszwecken für G-Dur entschieden, weil es eine der am häufigsten verwendeten Tonarten in der Countrymusik ist. Trotzdem würde ich empfehlen, immer alles in allen Tonarten zu üben.
Auch hier kommen vorwiegend Terzen mit Quartvorhalt zum Einsatz, nur dass diese diesmal nicht mit Hammer On, sondern mit Bending gespielt werden. Das Resultat ist dem Sound einer Pedal-Steel-Gitarre ähnlich, die in der Countrymusik ja bekanntermaßen eine große Rolle spielt. Die klangliche Besonderheit der Pedal Steel ist, dass klingende Töne nachträglich stufenlos mit Fußpedalen erhöht werden können. Durch die Bendings versuchen wir Gitarristen, diesen wunderbar fließenden Klang zu imitieren.
Um die genaue Ausführung der Bendings bestmöglich nachvollziehen zu können, sollten unbedingt auch die Aufnahmen herangezogen werden. Die Notation alleine genommen ist hier oftmals etwas verwirrend, gerade wenn zwischen Bend und Release Bend noch “normal” gespielte Töne auf einer anderen Saite zu spielen sind.
Da die Noten etwas länger sind, haben wir sie diesmal als PDF hinterlegt. Klickt auf das Icon unterhalb des Audioplayers und ladet euch das File runter!
Bei den ersten Beispielen standen Terzen und Quarten im Mittelpunkt. Nun wollen wir unsere Möglichkeiten für Double Stops noch etwas erweitern und uns Sexten und Quinten vornehmen. Terz und Sexte sowie Quarte und Quinte sind jeweils sogenannte Komplementärintervalle, das bedeutet, sie ergeben zusammen eine Oktave.
große Terz + kleine Sexte = Oktave
kleine Terz + große Sexte = Oktave
reine Quarte + reine Quinte = Oktave
Komplementärintervalle haben jeweils einen ähnlichen Klangcharakter, da sie aus denselben Tönen bestehen:
z.B. c – g = Quinte
g – c = Quarte
Das nächste Notenbeispiel zeigt die Möglichkeiten für Sext- und Quint-Double Stops, bestehend aus Tönen des G-Dur-Dreiklangs auf der ersten und dritten Saite:
Und hier das Ganze aufgefüllt mit weiteren diatonischen Sexten:
Garniert mit chromatischen “Durchgangssexten” könnte das Ganze dann so aussehen:
Es folgt wieder eine Akkordfolge aus der Praxis, bearbeitet mit Sexten und Quinten. Da die Noten diesmal wieder ein bisschen länger sind, haben wir das Ganze erneut als PDF hinterlegt.
Das nächste Beispiel ist eine kleine Country-Ballade in C-Dur, diesmal im 3/4-Takt. Hier wende ich einen besonderen Trick an: Ich spiele “gebendete” Sexten und Terzen, die ich vor der eigentlichen Zählzeit stumm mit geschlossenem Volumenpedal anschlage, um dann das Pedal langsam durchzutreten, also den Ton langsam einzublenden. So erreiche ich einen sehr weichen Sound, der wieder etwas an eine Pedal Steel erinnert.
Die Noten findest du als PDF Download unterhalb des Audio-Players!
Jerry Reed – The Claw
Nun habe ich noch ein paar Beispiele für die Spezialisten unter euch auf Lager: Sprechen wir von Double Stops im Bereich Countrygitarre, darf ein Name nicht unerwähnt bleiben: Jerry Reed, der Meister der Country-Double Stops! Neben seinen Talenten als Sänger, Schauspieler und Songwriter gilt Jerry Reed als einer der einflussreichsten Countrygitarristen überhaupt. Er perfektionierte die Double Stop-Technik auf einzigartige Weise, zu hören beispielsweise in seiner Komposition “The Claw”. Die nächsten Notenbeispiele sind kleine Ausschnitte aus diesem Instrumentalstück.
Beginnen wir mit der Einleitung des Songs: Die ersten Töne erinnern mich ein wenig an den Anfang von “Johnny B. Goode” von Chuck Berry, wobei es danach in eine ganz andere Richtung geht. Neben den schon besprochenen Quarten und Terzen fällt hier besonders die Verwendung des Tritonus (übermäßige Quarte bzw. verminderte Quinte) auf.
Als nächstes folgt ein Ausschnitt aus dem A-Teil, sozusagen dem Hauptthema des Stücks. Interessant ist der Wechsel zwischen A7 und C, einer eher untypischen Akkordverbindung, die hier für die nötige Spannung sorgt.
Der B-Teil von “The Claw” ist ein Paradebeispiel für den Einsatz von Double Stops. Die Beispiele sind, wie gesagt, nur kleine Ausschnitte aus diesem Stück, das man getrost als Meilenstein der Countrygitarre ansehen kann.
Wer das Stück ganz spielen möchte: Komplette Transkriptionen und Lehrvideos findet man im Internet. Nun gilt es wie immer, das neu Erlernte kreativ umzusetzen!
Viel Spaß dabei, bis zum nächsten Mal! Christian