Alle drei möglichen Anschlagsarten haben Vor- und Nachteile:
Begleitung
Bereits in der ersten Folge habe ich eine einfache Plektrum-Wechselbassbegleitung vorgestellt, auf die ich nun aufbauen möchte. Haben wir damals noch unsere ganze Aufmerksamkeit der Bassfigur gewidmet, soll es heute darum gehen, sie mit weiteren Akkordtönen zu verbinden. Dabei kommt es auf die Unabhängigkeit der Finger der rechten Hand an, eine Fähigkeit, die wir Schritt für Schritt entwickeln müssen.
Die Basis unserer Trainingseinheit stellt eine Bassfigur bestehend aus Grundton, Terz und Quinte des jeweiligen Akkordes dar, die wir wahlweise mit einem Plektrum, einem Daumenpick oder dem Daumen der rechten Hand spielen können. Dabei soll die Saite für einen kurzen prägnanten Basston mit dem rechten Handballen abgedämpft werden (palm mute), da es in der Kombination mit den anderen Fingern sonst zu verwaschen klingen würde.
fühlt sich vermutlich für die meisten E-Gitarristen am natürlichsten an und es produziert einen sehr durchsetzungsfähigen, klaren Basston.Da wir Daumen und Zeigefinger zum Festhalten des Plektrums benötigen, fehlt bei vierstimmigen Pickings der Zeigefinger. Wir müssten dann den kleinen Finger mitbenutzen, um vier Saiten gleichzeitig zum Klingen zu bringen.
löst dieses Problem, da es mithilfe eines Rings am Daumen befestigt wird. Somit ist der Zeigefinger wieder frei verfügbar. Ein Daumenpick ist für Ungeübte erst mal sehr schwierig zu kontrollieren, man fühlt sich damit wieder wie ein absoluter Gitarrenanfänger und es dauert eine Weile, bis man ein Gefühl dafür entwickelt hat.
fühlt sich für geübte Fingerstyle-Gitarristen natürlich an und er produziert einen vollen, bassigen Ton. Dem Daumenanschlag fehlt die nötige Attack, die man mit einem Plektrum hinbekommt. Somit kann es gerade im Bandkontext schwierig werden, sich klanglich damit durchzusetzen.
Das sind natürlich alles nur meine subjektiven Erfahrungen und jeder Gitarrist wird aufgrund seiner Prägung Schwierigkeiten anders orten und empfinden. Für mich persönlich lautet das Fazit: Im Bandkontext verwende ich für den Wechselbass ein Plektrum, wenn ich alleine spiele, schlage ich die Basssaiten auch hin- und wieder mit dem Daumen an. Mit dem Daumenpick konnte ich mich bisher nicht anfreunden bzw. mir fehlte dazu einfach die Geduld.
Nun aber wollen wir zur Tat schreiten. Im ersten Beispiel zeige ich eine Wechselbassfigur solo, ohne weitere Töne.Die Noten gibt es als PDF-Download.
Im zweiten Beispiel füge ich nun zwei Töne hinzu. Auf der Zählzeit “2” schlage ich zusätzlich die erste Saite an, auf der “3 und” die zweite Saite. Ich verwende zum Zupfen den Ringfinger, weil es sich für mich aufgrund des Abstandes zu den Basssaiten so am besten anfühlt. Aber auch der Mittelfinger wäre denkbar. Bei Akkordvoicings, die die erste Saite nicht beinhalten, wie hier D7, schlage ich statt der ersten und zweiten die zweite und dritte Saite an. Im Gegensatz zu den kurzen abgedämpften Basstönen lasse ich die zusätzlichen Akkordtöne länger ausklingen.
Um das Ganze rhythmisch etwas aufzulockern, platziere ich die hinzugefügten Akkordtöne nun in jedem zweiten Takt auf den Zählzeiten „1“ und „2 und“. Somit ergibt sich folgendes zweitaktige Rhythmusschema:
Dieser Begleitstil lässt sich auch problemlos auf Barré-Akkorde anwenden, wie das nächste Beispiel zeigt. Ich habe hier absichtlich die gitarrenunfreundliche Tonart Bb-Dur ausgewählt, weil der begleitende Gitarrist auch in der Praxis nur äußerst selten gefragt wird, in welcher Tonart er ein Stück gerne spielen möchte. Das entscheiden so gut wie immer die Sänger! Daher ist so eine Begleitung natürlich besonders praktisch, wenn sie sich in jeder Tonart anwenden lässt. Beim E-Typ-Barré-Akkord liegt die Terz des Akkords jeweils auf der dritten Saite. Aus diesem Grund habe ich sie hier in das Zupfschema mit integriert.
Für dich ausgesucht
Auch komplexere Akkorde wie Vier- und Fünfklänge lassen sich mit dieser Technik umsetzen. Der bekannteste und einflussreichste Gitarrist, wenn es um die Verbindung von komplexeren, eher jazzigen Akkorden und Wechselbassbegleitung geht, ist sicher Chet Atkins. Alleine mit seinem Arrangement von „Mr. Sandman“ hat er unzählige Gitarristen nachfolgender Generationen beeinflusst. Bekannte Virtuosen dieses Stils sind z.B. Tommy Emmanuel, Marcel Dadi oder Greg Koch, der u.a. auch Rockklassiker wie „Stairway To Heaven“ in diesem Stil arrangiert hat.
Als nächstes zeige ich das Beispiel einer 1-6-2-5-Verbindung mit Akkorderweiterungen. 1-6-2-5 bezieht sich hierbei auf Stufen einer Tonleiter, der die Grundtöne der folgenden Akkorde entnommen sind.
Der Fantasie sind also keine Grenzen gesetzt, jede Akkordfolge lässt sich mit dieser Technik bearbeiten!
Solospiel
Wie anfangs bereits erwähnt, wollen wir uns auch in dieser Folge dem Solospiel widmen. Stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten es noch gibt, unser Improvisationsvokabular stilecht zu erweitern.
Dazu möchte ich euch heute den mixolydischen Mode vorstellen. Die Stufen der Durtonleiter nennt man auch Modes, Modi oder Kirchentonarten. Spiele ich beispielsweise die C-Durtonleiter über einen G7-Akkord, nimmt der Zuhörer G als Grundton wahr. Den Sound der Durtonleiter über den Akkord ihrer fünften Stufe nennt man mixolydisch.
G – A – H – C – D – E – F – G
G-Mixolydisch ist nicht zu verwechseln mit der G-Dur Tonleiter, die an siebter Stelle ein Fis (F#) enthält. Für ein tieferes Verständnis des Themas Modes/Kirchentonleitern möchte ich euch auch die Reihe Harmonielehre-Workshop von Haiko Heinz ans Herz legen.
Wir merken uns: Über einen Dominantseptakkord (Dur-Akkord mit kleiner Septime) können wir mixolydisch spielen. Auch und gerade in der Countrymusik wird dieser Sound häufig verwendet
Es handelt sich, wie schon erwähnt, bei G-mixolydisch eigentlich um die C-Durtonleiter, hier gezeigt in zwei Beispielpositionen auf dem Griffbrett. Hat man also einmal die Durtonleiter in den Fingern, kann man automatisch auch deren sieben Modi oder Kirchentonarten spielen. Der Rest ist nur Kopfsache.
Als kleine Vorübung trainieren wir mixolydisch exemplarisch in der offenen Lage (Position 1), indem wir eine Tonleitersequenz auf- und abwärts spielen. Diese Übung könnt ihr in jede Lage und jede Tonart übertragen. Als erstes spiele ich die Sequenz komplett mit Wechselschlag.
Zum Vergleich hier noch einmal dieselbe Sequenz mit Hammer On und Pull Off gespielt, das Ergebnis klingt lässiger, entspannter. Je nach Charakter des Stücks verwende ich beide Techniken.
Das folgende Beispielsolo speist sich ausschließlich aus den gerade geübten Tonleiterpositionen.
Beim Spielen über einer Akkordfolge verwende ich über jedem Akkord die jeweilige mixolydische Tonleiter. Nehmen wir uns einmal die Akkordfolge aus den obigen ersten Beispielen vor:
G-Dur, C-Dur und D7.
Über den einzelnen Akkorden spiele ich also folgendes Tonmaterial:
G-Dur: G-Mixolydisch = C-Dur
C-Dur: C-Mixolydisch = F-Dur
D7: D-Mixolydisch = G-Dur
Hier noch zwei Beispielfingersätze für C-Mixolydisch:
Und der Vollständigkeit halber noch die Griffbilder für D-Mixolydisch:
Zum Abschluss nun ein Beispielsolo über dieser Akkordfolge. Beim Akkordwechsel klingt es meines Erachtens immer elegant, einen benachbarten Ton des neuen Akkords oder zumindest der zugehörigen Tonleiter zu erwischen. Große Tonsprünge oder ständige Lagenwechsel würde ich eher vermeiden bzw. sparsam einsetzen. Beim Üben könnt ihr euch vornehmen, nur in einem bestimmten Griffbrettbereich zu spielen. Ich verwende im folgenden Beispiel nur den Bereich vom ersten bis zum sechsten Bund (inklusive Leersaiten). So lernt ihr nach und nach systematisch, in jeder Tonart und an jeder Stelle des Griffbretts zu improvisieren, statt immer nur eure Lieblingslicks hin- und herzuschieben. Viel Spaß und viel Erfolg beim Üben!