In der letzten Folge unseres Crashkurs Blues Improvisation haben wir bereits gelernt, wie man durch die Verwendung von Arpeggios ganz gezielt den Akkordsound nutzen und auf diesem Weg auch die Blueschanges sehr deutlich herausheben kann. Vielleicht ist euch aufgefallen, dass wir dadurch unweigerlich einen sehr “Dur-igen” Bluessound kreieren, da wir beispielsweise die kleine Terz der Am-Pentatonik gar nicht über dem A7 im Arpeggio verwenden. Aber gerade das Spannungsverhältnis zwischen Dur- und Mollterz sind ein elementarer Bestandteil des Blues.
Aus diesem Grunde soll es heute um eine Vermischung der A-Bluesscale mit den Tönen der jeweiligen Arpeggios gehen. Und zwar werden wir ganz konkret nur die große Terz der Bluesakkorde zu Beginn des Akkordwechsels anspielen, bleiben aber danach nicht zwangsweise im Arpeggio, sondern fahren in einer Pentatonik nach Wahl weiter.
In unserem Fall wäre das ein c# für den A7-Akkord, ein f# für den D7 und das g# für den E7, also – wie euch vielleicht auffällt – alles Töne, die eben nicht in der A-Bluesscale vorkommen und dadurch deutlich machen: “Holla, da kommt ein neuer Akkord!” Wie wir dann innerhalb des Taktes weitermachen, bleibt uns selbst überlassen. Wir verfügen ja bereits über die Auswahl an Moll- und Durpentas auch aus den Arpeggiotönen und können so aus dem Vollen schöpfen.
Im folgenden Diagramm findet ihr noch einmal eure Arpeggiofingersätze, allerdings habe ich die Durterz blau markiert, denn es wäre sinnvoll, diese Funktion auswendig parat zu haben:
Nun ein Beispiel, bei dem ich die jeweilige Durterz zum Taktbeginn eines neuen Akkordes anspiele:
Auch hier gilt natürlich wieder: Phrasing, Motivplatzierung, Vibrato, Slides und Bendings sind erwünscht und sogar verlangt. Versucht – Übung hin oder her – so viel Musik wie möglich zu machen, während ihr das Gelernte anwendet.
Im folgenden Playback dürft ihr euch austoben:
Für dich ausgesucht
Und nun viel Spaß beim Improvisieren!
Wenn ihr damit fertig seid, geht es weiter mit einem interessanten Improvisationskonzept, genannt
Der vertikale Ansatz
Die letzten Folgen hatten sich zunehmend mit dem Thema beschäftigt, wie man individueller auf den einzelnen Akkord eingehen kann, anstatt eine einzelne Skala über den gesamten Blues zu verwenden. Fachlich spricht man von einem “horizontalen” Ansatz, wenn man alle Akkorde einer Progression zusammenfasst und im Tonmaterial der übergeordneten Tonart spielt – in unserem Fall wäre das z.B. die A-Bluestonleiter über den kompletten Blues.
Der “vertikale” Ansatz hingegen sucht zu jedem Akkord das passende Tonmaterial, so geschehen, als wir z.B. die Dur- und Moll-Pentatonik über bestimmte Akkorde gewechselt oder auch die jeweiligen Arpeggios ausgefahren haben. Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit, nämlich das Anpassen der jeweiligen Pentatonik an den Akkord.
Und für diesen Fall haben wir prinzipiell zwei Skalen pro Akkord zur Verfügung, nämlich:
– die Durpentatonik (und die daraus entspringende parallele Bluesscale)
– die Mollpentatonik (und die daraus entstehende gleichnamige Bluesscale)
Bezogen auf unserer Stufen wäre das:
Akkord | Dur Pentatonik | Moll Pentatonik | Bluesscale |
---|---|---|---|
A7 | A | F# | A und F# |
D7 | D | B | D und B |
E7 | E | C# | E und C# |
All diese Skalen lassen sich nun je nach Belieben miteinander kombinieren und über dem jeweiligen Akkord einsetzen. Sicherlich werden sich hier und da ein paar Lieblingskombinationen herausstellen. Mir persönlich gefällt beispielsweise die große Terz über dem D7 besser als die kleine Terz der D-Bluesscale, aber das ist Geschmackssache.
Im folgenden Beispiel habe ich mich für folgende Skalenverwendung entschieden:
A7: A und F# Bluesscale
D7: B Bluesscale oder D-Durpentatonik
E7: E-Bluesscale
Und so könnte das klingen:
Bevor ihr zum Playback spielt, empfiehlt es sich, zuerst die Skalen, die ihr einsetzen wollt, einmal innerhalb einer Lage langsam und ohne Backing durchzuspielen, denn das Spielen mit diversen Scales verlangt am Anfang sehr viel Konzentration.
Hier ist euer Backing:
Und nun viel Spaß beim Erkunden der verschiedenen Bluessounds!
Chris sagt:
#1 - 13.09.2015 um 19:05 Uhr
Genial, Danke! Endlich habe ich mal zumindest theoretisch kapiert wie man aus der normalen Moll Pentatonik "ausbrechen" kann :-)