Mit dem iPad auflegen ist eine Sache, das Gefühl, das sich dabei im Gegensatz zum Hantieren an echten Drehknöpfen oder Schiebereglern einstellt, eine andere. Sicher, virtuelle Play-, Sync- und Loop-Schaltflächen drücken und Tracks selektieren, das geht auch mit dem Tablet gut von der Hand.
Doch wer gern an Frequenzen und Effekten schraubt und virtuellen Flachbahnreglern und Potis nichts abverlangen kann, fühlt sich vielleicht mit physischen Kontrollwerkzeugen wohler. Ein anderer arbeitet vielleicht lieber am Mischpult mit einer DJ-Software auf dem Laptop und möchte das iPad tatsächlich nur für Trigger oder Pad-Aktionen nutzen. Auch hierfür haben die Programmierer etwas in der Hinterhand. Welche Möglichkeiten sich beim Thema iPad und/oder als Controller bieten, erfahrt ihr in diesem Crashkurs.
Die Controller-Brigade
Zunächst mal zu den Modellen, die als reine Steuerhardware fungieren, wobei die Audioausgabe dann über die Kopfhörerbuchse am iPad erfolgt. So ein Controller ist Hercules DJControl Wave, der via Bluetooth mit der iOS-App Verbindung aufnimmt. Er verfügt zudem über einen integrierten Akku. Habt ihr ein Splitter-Kabel, eine Akku-Box und einen Kopfhörer nebst Controller und iPad dabei, könnt ihr damit zum Beispiel ein paar Stunden „stromlos“ am Baggersee abrocken. Das iPad findet Platz auf einer verstellbaren Ablage.
Wer kein Splitter-Kabel nutzen möchte, besorgt sich zusätzlich ein externes Audiointerface wie das Native Instruments Traktor Audio 2 MK2 oder Griffins DJ Connect. In der Summe kann man sich dann aber schon einen Kompakt-Controller wie die nachfolgenden kaufen und spart sich je nach weiterer Ausrüstung den Umweg über ein Hub und/oder Camera-Connection-Kit.
Ein besonderes Gadget ist DJit Mixfader. Der Crossfader arbeitet mit der DJ-App edjing zusammen, die sowohl für iPad als auch für iPhone erhältlich ist. Der kleine silberne Flachbahnregler mit dem integrierten Akku hat sich nur eine Aufgabe zum Ziel gemacht und zwar die Überblendung zweier Musikstücke via Bluetooth-Protokoll. Nicht mehr, nicht weniger.
Modelle mit integriertem Audiointerface ermöglichen, gleichzeitig vorzuhören und eine Anlage zu speisen. Kopfhörer vorn, hinten Ausgänge für Desktop-Monitore, Hi-Fi-Equipment oder einen Mixer-Kanal, das ist schon ziemlich komfortabel und reicht für so manche Party im Freundeskreis und zum Nachgehen des eigenen Hobbys durchaus aus.
Zwei besonders kompakte Vertreter sind Native Instruments Traktor Kontrol Z1 und Reloop Mixtour.Beide Controller setzen auf das Vertikalformat und passen locker zusammen mit den iPad ins Messenger-Bag, können jenes auch gleich laden. Aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl an Bedienelementen sind sie ein probates Mittel, wenn man das eigentliche Mixen und ineinander Blenden von Frequenzbereichen via EQ sowie die Cuemix-Kopfhörerregelung mit echten Knobs und Fadern vornehmen möchte, Sample-, Effekt- und Abspielsteuerung jedoch überwiegend am Tablet erfolgen soll. Jene kann der Mixtour noch über Tasten am Gerät bedienen.
Für dich ausgesucht
Wer nicht ausschließlich auf Autosync angewiesen sein möchte, sondern ganz klassisch mit Pitchfader und Tellerschubsen das altgediente Beatmatching trainieren möchte, greift gern zu einem Controller, der Jogwheels und Pitch an Bord hat. Für Algoriddim Djay ist Reloops Beatpad 2 eine gute Wahl, bietet er doch reichlich Platz und eine Vielzahl an Funktionstastern und Anschlüssen. Ebenso stellt sich Pioneers kompakter DDJ-Wego3 zur Auswahl.
Auf eine ähnlich kompakte Größe setzt der Universal DJ. Er ist der erste Cross-Plattform DJ-Controller aus dem Hause Hercules. Ausgeliefert mit der Software DJUCED 40° sowie einer Gratis-App für Smartphone und Tablet arbeitet er universell mit PC, MAC, Android und iOS, also auch einem iPad zusammen. Die zugehörige App erlaubt sogar Mixing vom Dancefloor aus und lässt auf Wunsch die Gäste über die Musik abstimmen.
Zwei „alte Haudegen“ unter den Controllern und mittlerweile in der zweiten Version am Markt: Traktor Kontrol S2 MK2 undS4 MK2. Sie bedienen Native Instruments App sehr kompetent, das Zusammenspiel funktioniert Plug&Play reibungslos und die Geräte sind auch für Traktor hervorragende Steuerkonsolen mit zahlreichen Bedienelementen und Anschlüssen. Wer sich für einen der beiden Controller entscheidet, bekommt dazu eine Vollversion Traktors.
Eine “Sonderrolle”, zumindest was das Auflegen mit dem iPad angeht, nehmen DJ-Controller ein, die von keiner App nativ unterstützt werden. Hier sei der Faderfox DJ4genannt. Folglich benötigt man zum Betrieb ein Programm, mit dem sich der physische Befehlsgeber antrainieren lässt. Die sind allerdings – zumindest im DJ-Bereich – wie die Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Seltsam, beherrscht doch jede PC/Mac-Software diese Disziplin …
Eine weitere Sonderrolle nehmen Controller/App-Bundles ein, bei denen die iOS-Apps zusätzliche Befehle bereitstellen oder als Zuspieler dienen. Zwei Beispiele hierfür sind Pioneers XDJ-Aero und XDJ-R1. Erstgenannter erlaubt, Musik von der iOS-App Rekordbox via WLAN auf das Gerät zu schicken und diese damit abzuspielen und ineinander zu mixen. Der XDJ-R1hingegen nutzt das Zusammenspiel mit der App Remote-Box zur Steuerung von Funktionen und Effekten via Tasten, Fadern oder XY-Pad auf dem Tablet. Ein Konzept, das Pioneer mittlerweile auch für seine 3000 Euro Flaggschiff-Controller DDJ-RZX und dessen Touchscreens entdeckt hat. Das führt uns schlagartig zu den MIDI-Controller-Apps.
Die App-Brigade
Wesentlich preiswerter als eine physische Kommandozentrale ist eine MIDI-Controller-App. Sie kann lediglich zum Übermitteln von Sample-Triggern, FX und Hotcues dienen oder auch die ganze Software inklusive File-Browsing und Decksektionen, Laden/Abspielen für die Decksektionen übernehmen. Rechner und Tablet machen den Handshake via WLAN oder Kabel.
Grundsätzlich gilt es hier zwischen speziellen, nur für eine Software entwickelten out-of-the-box Lösungen sowie „modularen“ Ansätzen zu unterscheiden, bei denen man sich die Bedienoberfläche mit Fadern, Knobs, Pads und Tasten, die man mit Noten und Control-Change-Befehlen belegt, für seine Mixer-, Cuepoint-, Sampler- und FX-Sektionen auf mehreren iPad-Seiten selbst zusammenstellt. Alternativ greift man auf vorgefertigte Konfigurationsdateien zurück. Ein Beispiel dafür ist Touch OSC von hexler.net.
Cross DJ Remote ist das genaue Gegenteil dazu, denn das Layout ist fix und fertig und gemappt. Die App stellt unter anderem sämtliche für den DJ-Mix essenziellen Werkzeuge vom Browser und Mischpult bis hin zum Effektbataillon bereit, Transportfunktionen für die Decks inklusive.
Gerade die MIDI-Controller Apps machen euch natürlich sehr flexibel, lässt sich doch ein iPad beispielsweise auf einem Laptop-Ständer hinter dem Mischpult platzieren, neben oder über dem Turntable aufbauen und von da aus – zum Beispiel im DVS-Verbund mit Serato Remote oder als erweiterter Befehlsgeber zu einem kompakten Traktor Controller wie dem X1 – verwenden.
Da nicht wenige Hersteller von DJ-Apps auch eine Software für PC oder Mac im Programm haben (exemplarisch möchte ich hier Native Instruments und Algoriddim anführen), bieten sich einige Kommandozentralen für “beide Welten” an, also auch zur Übermittlung von MIDI-Kommandos an Laptops oder den Desktop-Rechner. Man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe.
Doch wie auch immer man sich letztlich sein Setup aufbaut, so leicht zu erweitern, wie dies bei einem Notebook mit zahlreichen USB-Ports und MIDI-Learn-Softwares ist, ist das beim iPad nicht. Die Entscheidung für ein Modell ohne integrierte Audiolösung, eine Splitter-Lösung oder ein zusätzliches Interface, einen Kompakt- oder Fullsize-Controller, will also wohl überlegt sein. Ich hoffe, dieser Crashkurs konnte ein wenig über die Möglichkeiten informieren, die sich einem so bieten.