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Das richtige Mikrofon und der richtige Kopfhörer für eure Stimme

Vor einer Gesangsaufnahme im Studio stellt sich immer wieder die gleiche Frage: Welches Mikrofon wird benutzt? Steht euch ohnehin nur ein Mikro zur Verfügung, ist diese Frage schnell beantwortet. Die meisten Studios und Produzent/innen besitzen aber diverse Optionen mit den unterschiedlichsten Klangeigenschaften. Das teuerste ist hierbei nicht unbedingt auch das beste Mikrofon für eure Stimme. Auch die Wahl der richtigen Kopfhörer kann die Qualität eurer Vocal-Performance stark beeinflussen. Warum das so ist und wie ihr mögliche Stolpersteine umgehen könnt, zeigen wir euch hier.

(Bild © Shutterstock, Foto von SpeedKingz)
(Bild © Shutterstock, Foto von SpeedKingz)

Inhalte
  1. Recording: Das richtige Mikrofon für eur…
  2. Kondensator-Mikrofone
  3. Dynamische Mikrofone
  4. Bändchen-Mikrofone
  5. Charakter, Song und Performance
  6. Mic Shootout
  7. Vocal Recording: Der richtige Kopfhörer
  8. Offene Kopfhörer
  9. Geschlossene Kopfhörer
  10. Die richtige Lautstärke
  11. Fazit

Recording: Das richtige Mikrofon für eure Stimme

Vor der Suche nach eurem “Traum-Mic” stellt sich natürlich erst einmal die Frage: Welche Mikrofon-Typen gibt es überhaupt? Für Vocal Recordings kommen speziell drei in Frage, die technisch bedingt mit unterschiedlichen Klang-Charakteristika aufwarten:

Kondensator-Mikrofone

Bei Kondensator-Mikrofonen entsteht das elektrische Ausgabesignal durch die Abstandsänderung zweier Kondensatorplatten, von denen eine die hauchdünne Membran ist. Diese Mikrofone zeichnen sich durch ein sehr detailreiches Klangbild mit großem Übertragungsbereich aus und reagieren sehr sensibel auf akustische Impulse. Dadurch werden auch viele Nebengeräusche und der Raumklang eingefangen, weshalb sie sich für Live-Situationen nur bedingt eignen und eher im Studio brillieren. Durch ihren vollen, feinen Sound eignen sich Kondensator-Mikrofone wie das Neumann U67, das U47 oder das AKG C414 vor allem für qualitativ hochwertige Aufnahmen, welche die Stimme besonders detailreich und unverfälscht abbilden sollen. Kondensator-Mikrofone sind die Go-To-Studiomikrofone bei Jazz/Soul-Produktionen, erfreuen sich aber in jeglichen Genres großer Beliebtheit.

Fotostrecke: 2 Bilder Neumann Mikrofone wie das U67…

Dynamische Mikrofone

Dynamische Mikrofone funktionieren wie Lautsprecher, nur “umgekehrt”. Das Ausgabesignal wird analog zum Schallereignis durch eine Membran erzeugt, an welcher eine Schwingspule montiert ist. Im Gegensatz zu Kondensator-Mikrofonen sind dynamische Mikros weniger sensibel in der Klangaufnahme, was sie rückkopplungsärmer und somit bühnentauglicher macht. Ihre robuste Bauweise ermöglicht es außerdem, sie bei der Performance in der Hand zu halten, was hingegen bei Kondensator-Mikrofonen starke Nebengeräusche hervorruft. In den Höhen sind dynamische Mikrofone etwas dumpfer aufgelöst. Das ist für Hochglanz-Produktionen eher weniger geeignet, kann aber durch einen hochwertigen Preamp oder Equalizer mitunter aufgefangen werden. Je nach Charakter der Stimme finden Mikrofone wie das Shure SM7-B, das Electro Voice RE20 oder das Sennheiser MD421 viel Verwendung in den Bereichen Rock, Punk, aber auch im Pop.

Fotostrecke: 2 Bilder Künstler wie Anthony Kidies von den Red Hot Chili Peppers schwören auf dynamische Mikrofone wie das SM7-B …

Bändchen-Mikrofone

Bändchen-Mikrofone haben vor allem in den letzten Jahren eine regelrechte Renaissance erfahren. Rein technisch fallen sie unter die Kategorie der dynamischen Mikrofone, da die Klangerzeugung auch hier durch ein Magnetfeld stattfindet. Jedoch fällt die Tauchspule weg und die Membran ist ein hauchdünner, sehr empfindlicher Aluminiumstreifen. Auffällig sind vor allem die weichen Höhen im Gegensatz zu den mitunter sehr spitzen Kondensator-Mikrofonen. Bändchen-Mikrofone reagieren außerdem konstruktionsbedingt schneller auf rhythmische Impulse und kreieren einen sehr direkten und dennoch sanften Sound – auch durch ihre Acht-Richtcharakteristik, welche ungewünschte Nebengeräusche gut auslöscht. Daher sind Mikrofone wie das Coles 4038, das Beyerdynamic M160(Vorsicht: Hypernieren-Charakteristik!) oder das AEA R44C beliebt für sanfte, intime Vocal-Klänge mit weichgezeichneten Höhen.

Fotostrecke: 2 Bilder Bändchen-Mikrofone wie das Coles 4038 haben normalerweise immer eine Acht-Charakteristik …

Okay, das Angebot ist groß und vielseitig – aber welches Mikrofon ist nun das richtige für meine Stimme?
Bei der Frage spielen drei Faktoren eine wesentliche Rolle.

Charakter, Song und Performance


Da jede/r Sänger/in einzigartig klingt, empfiehlt sich grundsätzlich ein Mikrofon, welches die Besonderheiten eurer Stimme natürlich aufgreift und hervorhebt. Habt ihr eine tiefe Stimme, sollte das Mikro in der Bass-Wiedergabe brillieren, während ihr bei höheren Stimmen speziell auf den Hochmitten-Sound achten solltet. Je besser ein Mikrofon zu dem Charakter eurer Stimme passt, desto wohler fühlt ihr euch beim Einsingen – und desto authentischer ist schließlich die Performance. Es kann allerdings auch sein, dass der aufzunehmende Song stilbedingt gar nicht eure Sahne-Eigenschaften hervorheben muss, sondern das Mikrofon den Vocal-Sound bewusst manipulieren und färben soll – beispielsweise bei einem dreckigen Rock-Song, wo ein kalter, kantiger Charakter für eure eigentlich warme Stimme gewünscht sein kann. Die Suche nach dem passenden Mikrofon steht und fällt schließlich mit dem Performance-Test. Wie beeinflusst ein bestimmter Mikrofon-Sound auf den Ohren eure Performance, wie reagieren die Mikrofone auf eure Stimme und welches Gerät transportiert am besten eure individuelle Emotion und Energie?

Mic Shootout

Habt ihr Zugriff auf verschiedene Mikrofone und könnt euch schwer für eines entscheiden, hilft der altbewährte “Mic Shootout”. Dabei stellt ihr die zur Wahl stehenden Mikrofone der Reihe nach auf und singt nacheinander stets die gleiche Gesangspassage in die jeweiligen Mikrofone. Das wird jeweils (mit gleichbleibenden Preamp und Interface) aufgenommen und ihr könnt hinterher in Ruhe vergleichen, welches Mikrofon euch am meisten anspricht, am besten die Emotionen transportiert und interessante Stimmmerkmale hervorhebt. So ein Shootout kann sehr aufschlussreich sein. Tendieren wir Menschen doch oft zu dem Gedanken, dass das Teuerste auch immer das Beste sein muss, so kann sich im Shootout zeigen, dass für eure Stimme ein 100 € günstiges Shure SM57 besser funktioniert als beispielsweise ein Neumann U67, welches ein Vielfaches mehr kostet.
Während Norah Jones der hochpreisige Studio-Klassiker “U47” sehr gut steht, griff Freddy Mercury zum erschwinglichen Shure SM58. Trotzdem wurden die Aufnahmen von Queen zu Megahits. Wie auch in der Performance ist Perfektion und High-Class-Equipment also kein Garant für eine gelungene Aufnahme. Entscheidend ist vielmehr, ob der/die Künstler/in sich mit dem Mikrofon wohlfühlt. Jeder kommt mit unterschiedlichen Erfahrungen und Erwartungen ins Studio. Ein/e Sänger/in, der/die vor allem live performt, kommt beispielsweise mit einem (dynamischen) Handheld-Mikrofon klar und fühlt sich womöglich eingeschüchtert von großer, hochwertiger Studiotechnik. Wie schon gesagt: Je wohler sich der/die Sänger/in an einem bestimmten Mikrofon fühlt, desto authentischer wird schließlich auch die Performance, die am Ende ja den Song trägt und definiert. Kurz: Der Take steht immer über der Technik! Die Frage nach dem richtigen Vocal-Mikrofon ist also ein sehr sensibles, persönliches Thema und sollte deshalb niemals unter Ausschluss des/der Sänger/in entschieden werden. Scheut euch daher nicht, eurem/eurer Produzent/in Wünsche oder Zweifel mitzuteilen, was die Wahl des Mikrofones angeht.

Vocal Recording: Der richtige Kopfhörer

Die Art, wie ihr euch und die Musik im Studio hört, hat ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Qualität eurer Performance. Es gibt verschiedene Kopfhörertypen, von denen sich einige mehr, einige weniger für Vocal Recordings eignen. Im Studio empfehlen sich grundsätzlich Muschel-Kopfhörer. In Ears sind aufgrund ihres Konzeptes, Tragekomforts und Sounds eher seltene Studiogäste. Bei Muschel-Kopfhörern gibt es zwei unterschiedliche Bauweisen – offen und geschlossen.

Offene Kopfhörer

Das Gehäuse der Kopfhörermuschel ist hier perforiert und somit luftdurchlässig. Dadurch gelangen mehr Geräusche von außen nach innen und umgekehrt. Das ist einerseits etwas ungünstig, da somit auch Playbacksound aus den Kopfhörern auf die Gesangsaufnahme gelangt, andererseits haben offene Kopfhörer einen großen Vorteil gegenüber anderen Bauweisen: Der Klang der menschlichen Stimme entsteht zwar im Körper, lebt jedoch von der natürlichen Resonanz und Reaktion des Raumklangs. Bei offenen Kopfhörern hört und spürt ihr die Antwort des Raumes auf eure Stimme, wie ihr es aus “Nicht-Studio-Situationen” kennt. Somit wirkt euer Vocal-Sound insgesamt natürlicher und ihr fühlt euch wohler bei der Performance. Außerdem bietet die relativ leichte Bauweise einen hohen Tragekomfort. Beliebte offene Kopfhörer sind beispielsweise die Beyerdynamic DT990-PRO oder die AKG K-240.

Fotostrecke: 2 Bilder Offene Kopfhörer wie etwa der Beyerdynamic DT-990 Pro…

Geschlossene Kopfhörer

Bei geschlossenen Kopfhörern wie den Sennheiser HD-25 oder den Beyerdynamic DT-770 PRO ist das Gehäuse komplett geschlossen, es gelangen kaum zusätzliche Klanginformationen von außen an die Ohren und umgekehrt. Toningenieure freuen sich über cleane Aufnahmen ohne Playback-Übersprechungen auf dem Vocal Mic. Sänger/innen hingegen müssen mit einem stark isolierten Vocal-Sound auskommen, der im Vergleich zu offenen Kopfhörern unnatürlich und womöglich sogar erdrückend wirkt. Darunter kann eure Intonation leiden, denn das menschliche Gehör ist bei freier Intonation das natürliche Mitschwingen des Raumes gewohnt. Das erlischt bei geschlossenen Kopfhörern, wodurch eure Wahrnehmung von Tonhöhen manipuliert werden kann.
Daher sei es bei freier, feiner Intonation (zum Beispiel Gesang, Streicher) “immer besser, einen offenen Kopfhörer zu benutzen, bei dem man sich auch noch ein bisschen aus dem Raum hört”, sagt Chris von Rautenkranz, seines Zeichens erfahrener Toningenieur, Produzent und Mastering Engineer aus dem Hamburger Soundgarden Studio. Umso absurder ist es, dass die meisten Studios aus technischen Gründen vorwiegend mit geschlossenen Kopfhörern ausgestattet sind. Auch hier gilt jedoch wieder: Take vor Technik! Denn was bringt euch eine technisch saubere Gesangsaufnahme, wenn der/die Sänger/in darauf schief singt?
Ist kein offener Kopfhörer im Studio zur Hand, kann man sich alternativ nur eine Muschel des geschlossenen Kopfhörers auf das Ohr legen, um mit dem freien Ohr den Raumklang wahrzunehmen. Oder ihr sorgt vor und kommt mit eurem offenen Kopfhörer ins Studio, um unabhängig von den Vorlieben des Produzenten zu sein und sicher eure bestmögliche Performance abzuliefern.

Fotostrecke: 2 Bilder Geschlossene Kopfhörer wie die Sennheiser HD-25 …

Die richtige Lautstärke

Ein weiterer ausschlaggebender Punkt für eine gute Performance und Intonation beim Vocal-Recording ist die richtige Lautstärke im Kopfhörer, egal ob offen oder geschlossen.
Denn “ab einer gewissen Lautstärke interpretiert unser Gehirn die Töne als zu hoch und wir können nicht mehr richtig intonieren”, so Chris von Rautenkranz. Dieser Fakt werde in der Musikbranche immer noch viel zu wenig beachtet, weswegen es live und im Studio durch zu lautes Monitoring immer wieder dazu komme, dass Sänger/innen unsauber intonieren, was aber oft nichts mit ihren gesanglichen Fähigkeiten zu tun hat. Stellt ihr also im Studio fest, dass ihr ungewöhnlich schief singt, wechselt lieber einmal den Kopfhörer und probiert verschiedene Monitoring-Lautstärken, bevor in Selbstzweifeln versinkt. Scheut euch dabei nicht, den/die Toningenieur/in auf das Lautstärke-Phänomen hinzuweisen – denn es kann sehr gut sein, dass es ihm/ihr nicht geläufig ist!

Fazit

Das Thema Vocal Recording ist sehr persönlich und sensibel. Die Wahl von Vocal-Mikrofon und Kopfhörern kann die Vocal-Performance im Studio erheblich beeinflussen. Je wohler ihr euch mit dem Mikrofon und den Kopfhörern fühlt, desto authentischer und besser wird die Performance und schließlich die gesamte Produktion. Deshalb solltet ihr euch im Studio unbedingt die nötige Zeit nehmen, sowohl einen adäquaten Kopfhörer als auch das ideale Mikrofon für eure Stimme zu finden. Es ist leider keine Seltenheit, dass technische Wünsche der Sänger/innen von Produzent/innen nicht ernst genommen, sondern eher damit abgetan werden, die Künstlerin oder der Künstler sei kompliziert oder zu eitel.
Doch viele Probleme beim Vocal Recording sind nicht auf den Menschen, der singt, sondern auf technische Fallen und Sensibilitäten zurückzuführen. Wenn sich etwas seltsam anfühlt, verlasst euch also ruhig auf euer Bauchgefühl und probiert unter Umständen solange herum, bis wirklich alles stimmt. Die Produktion wird es euch schließlich danken!

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