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Dave Smith Instruments Prophet ’08 Test

Praxis

Zappt man sich durch die Presetprogramme, stößt man auf eine vollkommen willkürliche Reihenfolge der Klänge. Eine sinnvolle Anordnung der Sounds, sei es nach Instrumentengruppe oder Klangähnlichkeiten, ist das nicht! Meist hat man ja eine gewisse Vorstellung von dem Sound, den man sucht. Da wäre es doch schön, wenn beispielsweise alle Basssounds beieinander liegen und sich schnell und direkt miteinander vergleichen ließen (wie es uns das „Workstation-Prinzip“ vormacht). Beim Prophet ’08 sind allerdings nicht einmal in der Bedienungsanleitung die Programme gelistet. Und so muss man auch noch das letzte Preset nach einem eventuell verborgenen Soundschatz absuchen. Fairerweise ist allerdings zu sagen, dass auch andere Hersteller bei diesem Thema nicht unbedingt glänzen.

Doch zu den Sounds an sich. Bereits der erste Klang, der dem Prophet werksmäßig zu entlocken ist (bezeichnenderweise „Wagnerian“ genannt), macht Einiges klar. Vorsichtig angeschlagen bietet er eine butterweiche Fläche. Bei härterem Anschlag bratzt dann ein eisenharter Blechbläsersound herein, an dem der Richard sicher seine Freude gehabt hätte. Ansonsten ist für jeden etwas dabei: Dicke Trancebässe, flötende Analogflächen, die an Air denken lassen und tatsächlich wunderbar weich und unschuldig klingen, flirrende Effektsounds, bei denen die LFOs gewaltig ins Schwitzen kommen, sowie ein paar Orgel- und Holzbläserimitate. Wer hier erwartet, einen reinen Emulator für Analoges vor sich zu haben, wird sich wundern ob der Vielfältigkeit und der Komplexität der Klänge. Filter, Stereopannings und LFOs treiben selbst nach Tastendruck noch ihr Unwesen. Es schwirrt und klingelt an allen Enden. Im direkten Vergleich mit dem Prophet 5 hat der ‘08er lediglich beim Filter-Sweep das Nachsehen (siehe Klangbeispiel). Das Unterwassergezirpe des Originals klingt da halt weniger elektronisch.

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Wagnerian Bass Pad Poly Sequence FX

Für meinen Geschmack ein wenig ZU gut gemeint sind die in den Presets reichlich verwendeten Pan-Effekte und die Pressure-Funktion (eine Art Aftertouch). Bei leichter Unaufmerksamkeit bezüglich des Tastendrucks wird der Sound teilweise sehr krass verändert, was an sich schön, aber für Werksounds doch etwas zu speziell ist. Aber all das lässt sich natürlich nach Herzenslust mit wenigen Reglerdrehungen nach eigenem Geschmack umgestalten. Hierbei ist allerdings Vorsicht geboten, da eine Reset-Funktion, die es erlaubt, einzelne Sounds auf Werkeinstellung zurückzusetzen, nicht aufzufinden ist. Dafür gibt es allerdings die Möglichkeit, die Voreinstellungen eines Programms zu initialisieren um so seine ganz eigenen Sounds zu kreieren. Sozusagen vom ersten Oszillator an.
Alles in allem klingen die Sounds sehr “dick” und hinsichtlich des Vintage Vorbilds sehr authentisch (siehe Klangbeispiel). Ihre Auswahl ist etwas weniger dancelastig als beispielsweise bei Access Virus und unterstreicht damit den „erwachsenen“ und edlen äußeren Eindruck des Gerätes.

Vor- und Nachteil zu gleich ist die Tatsache, dass die Filtereinstellungen sehr hoch aufgelöst sind – von Null bis zum Maximalwert des Reglers braucht man etwa 2 ½ Umdrehungen. Zum einen hat man zwar so die Möglickeit die Sounds sehr zielgerichtet abzustimmen, zum anderen ist ein schnelles, gleichmäßiges Frequenzaufreißen des Filters im Live-Einsatz fast nicht möglich. Hier hätte ich mir ein optional anwählbares, gröberes, dafür aber auch praktikableres Ansprechverhalten der Regler gewünscht. Abhilfe schafft da die Möglichkeit, das Filter per ModWheel anzusteuern.

Unvergleichlich?

Nun kommen wir zu dem Punkt, der die meisten Interessierten umtreiben wird: ein direkter Vergleich von Prophet 5 und Prophet ’08. Glücklicherweise stand mir für diesen Test auch ein Vintage Prophet (Version 3) zur Verfügung!
Dass sich in den letzten 30 Jahren in Sachen Bedienerfreundlichkeit und technischen Entwicklungen einiges getan hat, ist klar. Es wäre kaum nachzuvollziehen, wenn der neue Prophet, entgegen aller heutigen Standards, das hohe Gewicht und die anfällige Klappertastatur des Originals hätte. Doch wie sieht es mit dem Sound aus? Wie gut schneidet das aktuelle Modell im Vergleich zum 5er ab?
Spielt man den Prophet 5 klingt er zunächst wunderbar charmant. Die Sounds würden ideal in einen Gottesdienst auf Raumschiff Enterprise passen – mit Spock an der Orgel. So klingt die Zukunft – zumindest aus damaliger Sicht. Aber jetzt mal Klartext: Neben einigen Effektsounds (die erinnern dann eher an einen Motorradgottesdienst) sind dem Prophet 5 analoge Klänge zu entlocken, die durch Druck und durchsichtige Klarheit bestechen. Laut aufgedreht, werden in den tiefen Registern keine Gefangenen gemacht und etwas weiter oben flimmern die Sounds herrlich silbern. Doch glücklicherweise fällt der Apfel im direkten Vergleich nicht weit vom Stamm! Auch mit dem daneben stehenden Original im Ohr und zur Hand, braucht sich der ’08er in Bezug auf Schub und Flimmern nicht zu verstecken. Ich scheue es mich den Mythos zu entzaubern, aber ich muss es sagen: für mich ist kein relevanter Unterschied zu hören. Einzig die charakteristisch-analoge Einfachheit leidet manchmal aufgrund von Stereopannings und Aftertouchmodulationen. Das lässt sich aber problemlos abschalten. Hat man ein Original unter den Fingern, ist die Faszination natürlich nicht von der Hand zu weisen: Das Design, die Geschichten, das Gewicht. All das nimmt Einfluss auf den Höreindruck. Man handelt sich -neben besagtem Gewicht des 5er Propheten- aber auch weniger charmante Dinge ein: nicht nur altersbedingte technische Unzuverlässigkeit, Oszillatoren mit anfälliger Stimmstabilität und eine unebene Tastatur ohne Anschlagsdynamik. Schließen wir also die Augen und hören einfach mal hin. Denn meiner Meinung nach ist DSI mit dem Prophet ’08 tatsächlich ein kongenialer Nachfolger gelungen! Zum selber Testen hier zwei Soundbeispiele. Welches kommt vom Vater, welches vom Sohn?

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