ANZEIGE

Dave Smith Instruments Prophet 12 Module Test

Praxis

Sound

Für den Sound des Prophet 12 Module gilt prinzipiell dasselbe wie für die Tastaturvariante: Er ist wirklich hervorragend. Nicht nur erzeugt diese Architektur mit dem besten beider Welten einen druckvollen, frischen Sound mit jeder Menge Analogfeeling. Auch ist die schiere Flexibilität des Instruments überwältigend. Der P12 lotet seine Ecke des Soundkosmos’ vom schlichten Sinus-Lead bis in die ersten, zarten Gefilde „realer“ Sounds sehr umfassend aus. Man kann es auch so sagen: Es gibt eben Synths, die machen irgendwie alles richtig und doch lassen sie das Herz nicht höher schlagen. Der Prophet 12 aber ist jederzeit extrem inspirierend, man skipt sich von Sound zu Sound und hat an fast allem seine helle Freude.
Allerdings trat bei den beiden von uns getesteten Exemplaren ein Defekt auf, der für ein deutlich wahrnehmbares Störgeräusch bei ca. 11kHz sorgte, wie auch in den Audiobeispielen zu hören ist. Bei dumpferen Sounds mit geschlossenem Filter ist es stärker zu hören als bei hellen Klängen, wo das Störgeräusch vom eigentlichen Sound verdeckt wird. Dass wir diesen Fehler bei zwei Geräten feststellen mussten, lässt natürlich befürchten, dass noch mehr Exemplare davon betroffen sind. Auf Nachfrage versicherte uns Dave Smith Instruments, dass es sich um einen durch einen Austausch des Boards leicht zu behebenden Defekt handele und nicht etwa um einen Design-Fehler. Trotzdem ist das natürlich nicht schön, insbesondere bei einem Instrument vom Kaliber eines Prophet 12.

Audio Samples
0:00
Complex Bass Cutoff Ride Damped Delays Growing Spread Osc Arp Fun Church

Bedienung

Bei der Bedienung der Tastenversion habe ich mich seinerzeit erst etwas zurechtfinden müssen – was bei einem so vielseitigen Instrument vielleicht unvermeidlich ist. Der Prophet 12 Module ist in dieser Hinsicht naturgemäß keine Verbesserung. Offen gestanden hatte ich mich nach den ersten 30 Minuten mit ihm schon auf den Begriff „Presetplayer“ mit mir selber geeinigt. Aber einige weitere Stunden haben gezeigt, dass diese Einschätzung etwas unfair wäre. Gut, für Menschen, die den direkten Zugriff auf alle wichtigen Parameter lieben und brauchen, ist dieser Synth vermutlich nicht geeignet. Dazu sind ihm einfach zu viele Drehregler abhanden gekommen und man muss deutlich zu viel am Display arbeiten. Auf der anderen Seite muss man aber sagen, dass DSI wohl das Maximum an Handhabbarkeit aus dieser kleinen Oberfläche herausgeholt haben und dass das Geschraube nach einiger Einarbeitungszeit durchaus gut von der Hand geht. Dazu trägt sicherlich das sehr brauchbare Display bei. Aber auch die Tatsache, dass man hier und da zu sehr cleveren Lösungen gekommen ist. So war mir beispielsweise beim Test der Tastenversion gar nicht so bewusst, dass man an mehreren Stellen Elemente gleichzeitig bearbeiten kann, wenn man einen der Buttons etwas länger gedrückt hält. Tut man dies beispielsweise bei den Oszillatoren, so erscheinen im Display nicht mehr diverse Parameter eines Oszillators, sondern jeweils ein Parameter für alle vier Oszillatoren nebeneinander. Gleiches gilt für die LFOs und die Delay-Lines. Dies hilft nicht nur dabei, sich schnell einen Überblick zu verschaffen – um beispielsweise zu sehen, welche Oszillatoren oder Delays überhaupt aktiv sind –, sondern schafft eine sehr handliche und dem Programmierprozess gemäße Möglichkeit der Bearbeitung.
Somit ist das Handling des Prophet 12 Module weitgehend als sehr gelungen zu bezeichnen. Nur an wenigen Stellen sind die Damen und Herren aus San Francisco mehr bei den technischen Vorgaben als bei der musikalischen Logik. Dies gilt für die einigermaßen unsinnige „Playlists“-Funktion und auch für das kleine Detail der Pan-Einstellung bei den Delays, die eben nicht über eine Mittelstellung mit Wert 0 nach links in die negativen und nach rechts in die positiven Werte geht (wie man es von virtuellen Mischern kennt), sondern stumpf von 0 bis 127, wobei 0 auch noch auf sechs Uhr beheimatet ist und 127 auf 5:30 Uhr. Eine unschöne, unsymmetrische, unplausible Umsetzung also, aber natürlich nur ein kleiner Schönheitsfehler.

Die Bedienung läuft größtenteils über das Display
Die Bedienung läuft größtenteils über das Display

Soundtower Editor

Beim Thema Handling wollen wir auch den bereits erwähnten Editor nicht vergessen. Er bietet die Möglichkeit, den Prophet 12 vom Rechner aus zu steuern. Lässt man ihn einfach neben der DAW laufen, so fühlt sich das fast wie ein Plug-in an. Diese Option wird Analogenthusiasten der Hands-On-Fraktion wohl nicht trösten, dürfte aber für alle Leute spannend sein, die ansonsten eher mit virtuellen Synths arbeiten. So bekommen sie, verknappt gesagt, das Handling eines Plug-ins mit dem Sound eines echten (teil-)analogen Synths!
Die Software hat ganz offenbar den Anspruch, ein Komplettpaket zu liefern, denn mit ihr lassen sich nicht nur Sounds in Echtzeit verändern. Sie fungiert auch als Bibliothekar, mit dem sich Soundbänke auf dem Gerät speichern und von ihm herunterladen, organisieren und archivieren lassen. Damit nicht genug, versteht sich der Editor ebenfalls als Kreativwerkzeug, das diverse Möglichkeiten bietet, automatisiert neue Sounds zu schaffen.
Die Installation des Editors verläuft ohne Probleme, und sobald die MIDI-Einstellungen vorgenommen und zwei MIDI-Strippen gezogen sind, verbindet sich das Programm umgehend mit dem Prophet, so dass alle Parameter angezeigt und in Echtzeit manipuliert werden können. Die Oberfläche ist der des Gerätes nachempfunden und sieht weitgehend sehr ansprechend aus. Lediglich bei Masken, wo es um Programmlisten und Lade- bzw. Speichervorgänge geht – wie beim „Librarian“ –, fühlt man sich in der Mac-Version optisch an die Zeit erinnert, als OS X das Laufen lernte. Dennoch muss man zugeben, dass dieser Editor im Vergleich seiner Zunft bei weitem nicht im schlechtesten Gewande daherkommt.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Soundtower-Editor erleichtert die Programmierung

Ein riesiger Vorteil der Software gegenüber den Geräten selbst (in Bezug auf das Modul noch mehr als bei der Tastenversion) ist naturgemäß die Übersichtlichkeit. Man hat stets alle verwandten Elemente gleichzeitig im Blick, z. B. alle vier Oszillatoren mit ihren Parametern plus Suboszillator, und dies auch immer simultan für Layer A und B. Gerade Letzteres macht es möglich, einen Sound schnell zu überblicken, was bei keiner Hardwarevariante des P12 wirklich überzeugend gelingt. Allein dieses Feature sollte einem ernsthaften Soundtüftler den Preis des Editors wert sein.
Im Detail haben sich die Macher Mühe gegeben, allen möglichen Editierkomfort umzusetzen. So lässt sich beispielsweise das Verhalten der allgegenwärtigen Drehregler ganz nach eigenem Belieben einstellen (ob zirkular, linear, mit Mousewheel hoch oder runter), und sogar ein virtuelles Keyboard zum Anspielen der Sounds ist an Bord. Ärgerlich ist indes das Fehlen einer Bedienungsanleitung. Der freundliche und schnelle Support verweist hier auf die des artverwandten Editors für den Prophet 08, was nur zum Teil tröstet. Wahrscheinlich ist die Bedienungsanleitung ein Opfer einer kurzen Entwicklungszeit, der man vermutlich auch einen größeren Bug anlasten muss: Alle Envelopes sind hübscherweise auch grafisch dargestellt und lassen sich an Haltepunkten mit der Maus bearbeiten. Allerdings wirken sich diese Veränderungen in der aktuellen Version nicht auf den Sound aus. Hierzu muss man zu den Drehreglern greifen.
Die Features des Editors, soweit sie sich mir ohne Bedienungsanleitung erschlossen haben, befassen sich im Groben mit den Bereichen Soundmanagement und Soundmanipulation. Alle gespeicherten Sounds lassen sich in Listen anzeigen und auswählen. Klickt man ein Programm an, lässt es sich sofort spielen und bearbeiten. Ein mittlerweile allgegenwärtiges Feature (zumindest bei Software) sind Soundkategorien. Auch im Prophet 12 Editor lassen sich Sounds mit Hilfe von Einordnungen wie „Strings“ oder „Sequence“ anwählen, was bei der Fülle der Speicherplätze sehr hilfreich ist. Oder, muss man sagen, sein könnte, denn leider hat DSI hier geschlampt und geschätzten 80% der Sounds keine Kategorien zugewiesen. So läuft dieses schöne Feature leider bisher ins Leere. Natürlich lassen sich auch die – ja dummerweise wenig zweckdienlichen – Playlists bearbeiten, und der „Librarian“ bietet die üblichen Möglichkeiten, Sounds zu kopieren und auf andere Programmplätze zu schreiben, ganze Bänke zu laden, auf den P12 zu schreiben oder sie zu archivieren etc. Ein einfaches Verschieben der Sounds innerhalb der Bank durch Drag’n’Drop ist mir allerdings nicht gelungen – ein Ergebnis, das jedoch zu der etwas altertümlich anmutenden Maske passt.

Fotostrecke: 3 Bilder Leider sind nur wenige der Werkspresets mit Kategorien versehen

Im Bereich der Soundmanipulation gibt es zunächst wenig Überraschungen. Es lassen sich alle Parameter des Sounds einstellen, wobei diese sinnvoll auf Reitern wie „Oscillators“ oder „Feedback/Delay“ zusammengefasst sind. Schön: Diese Reiter lassen sich – für die Zackigen unter uns – auch per Keyboardshortcut ansteuern. Nicht so schön: Die tollen neuen Features bei den Delays – Pan und Filter – sind im Software-Editor noch nicht implementiert. Hier muss in der nächsten Version schnell nachgebessert werden. Wiederum hübsch: Beim Arpeggiator gibt es die Möglichkeit, ein Pattern mit 32 Schritten per Maus einzuzeichnen. Leider wird die Verarbeitung dieser Daten vom aktuellen OS des Prophet nicht unterstützt. Da müssen wir auf ein Update hoffen.
Sehr gefallen hat mir, dass der Editor sich nicht nur mit der Verwaltung des Bestehenden begnügt, sondern auch einige Features anbietet, die beim Soundediting einen echten Mehrwert schaffen. Diese verbergen sich im Menü „Sound Generators“. Dabei handelt es sich zum einen um den „Morpher“, der prozentual skalierbar zwischen zwei wählbaren Sounds morpht. Er liefert audiomäßig spannende, meist brauchbare Ergebnisse und beglückt uns zudem mit einer visuellen Darstellung dieser Ergebnisse, deren Informationsgehalt sich allerdings nur Vulkaniern erschließen dürfte. Der zweite der Generatoren wurde humorvoll „Program Genetics“ betitelt. Dabei wählt man wiederum zwei Sounds aus, die aber hier als „Mommy“ und „Daddy“ fungieren. Beide lassen sich nun mixen, es lässt sich (komischerweise erneut) zwischen ihnen morphen, sie dürfen mutieren oder es lassen sich (auf Basis ihrer Gene) Zufallsprodukte erzeugen. Hierbei kann man beliebig viele Parameter von der Vermählung ausschließen, so dass man sehr gezielt nur Teilaspekte des Sounds beeinflusst. Was jeweils der genaue Unterschied zwischen den vier Prozessen sein soll, lässt sich schwer sagen. Jedenfalls entsteht stets eine Liste von 91 „Kindern“ (interessante Zahl), durch die man sich dann klicken kann. Die Programmierer hatten hierbei die fragwürdige Idee, zur Namensgebung der Kinder eine entsprechend verrührte Buchstabensuppe der elterlichen Namen zu generieren, was den unwohligen Eindruck hinterlässt, etwas sei ganz grandios schief gegangen bei der Kreuzung. Der Nachwuchs reicht, wie zu erwarten, von der kleinen Prinzessin bis zum boxenfressenden Mutanten. Dennoch: Die „Sound Generators“ sind eine extrem willkommene Hilfe!

Audio Samples
0:00
Morph Sound 1 / Sound 2 Some Children

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Editor zwar noch nicht ganz ausgereift ist, alles in allem aber einen guten Job macht, sich gut bedienen lässt und damit zu einer wertvollen Ergänzung des Prophet 12 wird, ganz besonders für die an Bedienelementen deutlich ärmere Modul-Version.

Kommentieren
Profilbild von Bert

Bert sagt:

#1 - 26.03.2015 um 22:18 Uhr

0

Wer einmal einen Soundtower Editor empfielt, dem glaubt man nie wieder

    Profilbild von Christian Roethlisberger

    Christian Roethlisberger sagt:

    #1.1 - 21.10.2015 um 12:34 Uhr

    0

    Wieso? Was ist denn so schlecht an den Editoren? Ich kenne keinen, die sehen aber ganz passabel aus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.