Der Traditionshersteller DBX hat die 500er-Bühne mit einem Paukenschlag betreten: Ein knappes Dutzend Module werden angeboten. Für die Schaltungen können die Amerikaner auf eine breite Palette eigener Designs aus mehreren Jahrzenten zurückgreifen.
Der Hersteller, von Mastermind David Blackmer als DBX (kurz für Dave Blackmer Experience) bereits 1971 gegründet, spielte eine wichtige Rolle im Studiomarkt der 70er-Jahre. Lange Jahre galt der Markenname als Synonym für VCA-Kompressoren, war man doch einer der ersten, der solch ein Design im Portfolio hatte. Heute weniger bekannt ist, dass DBX auch einen eigenen Modulstandard proudzierte. Die 900-Reihe war weit verbreitet, ermöglichte sie es doch, viele Prozessoren auf vergleichsweise engem Raum unterzubringen – auch heute noch einer der großen Vorteile modularer Studiotechnik. Das originale 900er-Programm umfasste Basics wie EQs und Kompressoren, aber auch speziellere Einheiten wie Modulationseffekte.
Heute schwenkt DBX auf den allgemein und in großer Breite etablierten 500er-Standard ein, zu groß ist mittlerweile die Akzeptanz von APIs System, als dass sich hier ein eigenes Format noch lohnen würde. Doch die Palette von DBX-Modulen ist vom Start weg groß – und zu erstaunblich angenehmen Preisen zu haben.
Details
DBX-Bauteile in SSLs
Wie bereits angesprochen ist der Name DBX untrennbar mit Dynamikwerkzeugen des VCA-Typus verknüpft. Selbst ein weiterer Traditionshersteller, SSL, setzte zu Beginn auf VCA-Bausteine aus dem Hause Blackmer. Kompressoren/Limiter wie der legendäre 160VU oder seine vielen Nachfahren haben seit den bunten 70ern Transienten jedweder Couleur fest im Griff, und dabei bietet DBX eine riesige Bandbreite von Darreichungsformen an, von ausgesprochen preisgünstigen Dynamics bis hin zu den Flaggschiffen mit edler Hardware und proprietären, diskret aufgebauten VCA-Bausteinen.
Über Limiting hinweg zu negativen Ratios
Das Modul 560A trägt das von DBX-Dynamics bekannte „A“ im Namen, und es kommt gewissermaßen als 500-Entsprechung der 19“-Einheit 160A (hier im Test) daher: Ein ausgewiesener Klassiker am Kompressorhimmel, der keineswegs zu den hochpreisigen Units zählt, und andererseits mit einer interessanten, ja fast ungewöhnlichen Konzeption aufwarten kann. Im Prinzip richtet sich das Design an alle Anwender und Anwendungssitiationen, wo zuverlässige (Spitzen-)Pegelkontrolle ohne großes Brimborium gefragt ist. Dazu kann man natürlich Studios zählen, aber auch Bühnen und Beschallungsanlagen, kurzum alle Momente, wo ein großer Parameterwust eher hinderlich ist, aber trotzdem Wert auf zuverlässige Ergebnisse gelegt wird. Zu diesem Zwecke bietet der 560A eine überschaubare Anzahl an Bedienelementen. Die Gainstruktur wird mit den Potis Threshold (-40 bis +20 dB) sowie Output Gain (±20 dB) festgelegt, dazu ist lediglich noch der Ratio-Parameter einstellbar. Dieser bietet stufenlos durchstimmbar Werte von 1:1 bis ∞:1, jedoch endet der Parameterweg hier nicht, das Modul hat noch einen Clou parat. Es bietet nämlich auch sogenannte negative Ratios an, von -5:1 bis -1:1. Dies ist ein ungewöhnliches Feature, das ansonsten nur wenige Spezialwerkzeuge etwa von Elysia parat haben. Die mathematische Übertragungsfunktion dreht hier sozusagen die Dynamik des Ausgangssignals um, je lauter der Eingang desto leiser der Ausgang (und umgekehrt). Dieses Regelverhalten ist für allerlei Spezialeffekte gut, so lassen sich bei ensprechender Einstellung Betriebssituationen herstellen, in denen das Ausgangssignal beinahe wie rückwärts abgespielt klingt. In der Praxis ist man natürlich von den Fähigkeiten des verwendeten VCA-Bausteins abhängig, denn nicht jeder mathematisch darstellbare Wert lässt sich eins zu eins in Audio übersetzen, hier kommen noch die Eigenheiten wie die Anstiegszeit und das Nebengeräuschverhalten des jeweiligen Regelelementes ins Spiel. Erstaunlich ist diese Funktion hier jedoch auch deswegen, weil das Layout des 560A ansonsten nicht stromlinienförmiger sein könnte. Einerseits setzt man auf ein „Fail-Safe“-Konzept mit programmadaptiven Zeitkonstanten, andererseits packt man an dieser Stelle, nur Millimeter von „konventionellen“ Settings entfernt, die Sounddesign-Keule aus. Vermutlich war man zur Zeit der Entwicklung des 19“-Originals so stolz auf diese speziellen Möglichkeiten der VCA-Technologie, dass man nicht anders konnte, als diese konzeptionell ansonsten eher biedere Dynamikkutsch mit solch einem Turbolader auszustatten – einer dieser „Quirks“ der Audiodesigngeschichte, wie sie heute nur noch eher selten geschehen.
Geringste Attackzeit mit 3 ms recht lang
Apropos Zeitkonstanten: Diese variieren je nach Eingangspegel und bieten relativ interessante Werte. Der Attackparameter bietet einen Bereich von ca. 3-15 ms, die Releasephase dauert je nach Eingangssignal zwischen 8 (!) und 400 ms. Die eher lang gewählten Ansprechzeiten lassen Transienten ein Stück weit passieren, was dem kompletten Plattbügeln des Signals entgegen wirkt. Sehr interessant ist die Release, die bei Pegelspitzen extrem schnell zurückfedern kann. Wie viele VCA-Tools lässt sich auch der 560A zwischen Hardknee- und Softknee-Kompression umschalten, wobei letztere bei DBX traditionell „Overeasy“ genannt wird. Sehr schön ist immer wieder die „LED-Ampel“, die das Eingangssignal anzeigt. Verschiedenfarbig wird hier codiert, ob das Signal sich ober- oder unterhalb der Eingangsschwelle oder aber im Bereich des Kompressionsknies bewegt. Besser hat dies kein anderer Hersteller jemals hinbekommen, alleine für dieses so anschauliche Feature muss man DBX einfach lieben. Auch die weiteren Pegel werden im 560A in für ein 500-Modul ungewöhnlicher Gründlichkeit angezeigt: Eine LED-Kette mit zwölf Segmenten bleibt für die Pegelreduktion reserviert, eine weitere mit nicht weniger als 19 Leuchtdioden visualisiert zweifarbig und umschaltbar wahlweise Ein- und Ausgangspegel. Schließlich wurde die Kassette noch mit einem Hardwire-Bypass ausgestattet, bei dem der Eingang direkt auf den Ausgang geroutet wird.
Hardware: ordentlich
Die Kassette kommt in geschlossener Bauform und gibt sich konstruktiv keine Blöße. Zwar – mit Hinblick auf den Kaufpreis – darf man hier keine luxuriöse Ausstattung mit Vollmetall-Potikappen etc. erwarten, aber es wurde auch an keiner Stelle über Gebühr gespart, das gesamte Modul wirkt robust und langlebig konstruiert, hier gibt es hardwareseitig keine Schwachstellen. Die Steuerung der Anzeigen befindet sich auf einer kleinen Platine hinter der Frontplatte, ansonsten befinden sich alle Bauteile auf dem Mainboard. Überwiegend in SMD-Bauweise gefertigt, kommt die Schaltung ohne Audioübertrager aus. Herzstück ist DBX’ eigener VCA-Baustein V72B, welcher in zentraler Position auf der Hauptplatine thront.