Praxis
Die jecken Tage stehen vor der Tür und so muss ein Karnevalswagen präpariert werden. Vier passive Doppelachtzehner für den Bass sollen zusammen mit vier 15/2 Tops lautstark ihre Runden ziehen. Angetrieben werden die vier Stacks durch zwei Vierkanal-Endstufen. Die Frequenzverteilung übernehmen zwei Digitalcontroller, einen davon habe ich im Test durch den teureren Venu360 ersetzt. Setup und Gain-Struktur sind auf beiden Controllern identisch: Die Bässe werden mit einem 18-dB-Butterworth bei 38 Hz beschnitten und bei 95 Hz mit einem 24-dB-Linkwitz/Riley getrennt. Die Topteile starten bei 120 Hz, ebenfalls mit einem 24-dB-Linkwitz/Riley. Dazu kommen fünf EQ-Punkte pro Weg.
Der günstige Controller besitzt keinen Netzwerkzugang und muss per USB konfiguriert werden. Das geht beim Venu360 per iPad deutlich eleganter und schneller. Deutlich langsamer ist unser Testkandidat allerdings beim Booten. Satte 40 Sekunden vergehen, bis er die Audioausgänge freischaltet. Das Laden eines Presets dauert mit 20 Sekunden ebenfalls recht lange.
Beim Probehören fällt auf, dass der Venu360 hörbar weniger rauscht als der Budgetkollege. Auch klanglich ist er überlegen: Der günstige Controller unterstützt eine maximale Samplerate von 48 kHz, der dbx rennt dagegen mit zeitgemäßen 96 kHz. Werden die AES/EBU-Inputs anstelle der analogen Pendants genutzt, erhält man ebenfalls eine subtile Klangverbesserung.
Den Job als Frequenzverteiler erledigt der Venu360 souverän und klanglich überlegen. In der Crossover-Sektion stehen Linkwitz-Riley- und Butterworth-Filter von erster bis achter Ordnung (6 – 48 dB) zur Auswahl, Bessel-Filter fehlen leider. Diese liefern konstante Gruppenlaufzeiten im Durchlassbereich, was eine lineare Phase bedingt. Bessel-Filter sollten daher, trotz des flachen Dämpfungsverlaufs, zur Grundausstattung eines Digitalcontrollers gehören. Daumen hoch allerdings für die Dynamiksektion: Bei den Kompressoren und Limitern für den Treiberschutz kann dbx seine Kernkompetenz voll ausspielen. Es ist erstaunlich, wie wenig Artefakte selbst bei deutlicher Limiter-Aktivität entstehen.
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Hohen Mehrwert bieten die Zusatzfunktionen. Der bewährte AFS Feedback-Unterdrücker beispielsweise funktioniert sehr gut. Je höher die Koppelfrequenz, desto schneller hat der Venu360 das Problem im Griff. Satte 6 dB mehr Gain before Feedback lassen sich so aus zwei passiven Monitoren herauskitzeln. Schade allerdings ist, dass der Venu360 je nach Samplerate Latenzen bis zu 2,5 ms erzeugt. Wird der Controller über ein digitales Mischpult angefahren und eine digitale Funkstrecke genutzt, kann ein Sänger die Gesamtlatenz bereits als störend empfinden.
Ein echter Problemlöser ist das Input-Delay, mit dem sich die Haupt-PA auf die Backline verzögern lässt. Gerade in kleinen Clubs ist es nämlich sinnvoll, die PA auf das lauteste Instrument der Backline zu verzögern (meistens die Snare). Ziel ist es, die Laufzeit der Beschallung an die des Instruments anzupassen und somit einen differenzierten Sound zu erhalten. Für die Verzögerung einzelner Wege (Delay Lines oder Treiberversatz) stellt der Venu360 separate Delay-Einheiten zur Verfügung.
Als letztes probiere ich die Auto-EQ-Funktion aus. Das passende dbx Messmikrofon besitze ich nicht, für einen Versuch muss mein Beyerdynamic MM-1 reichen. Bis zu vier Mikrofonpositionen können für eine Messung gewählt werden, der Controller mittelt dann die Ergebnisse. Nach einigen Experimenten in der nicht gut klingenden Lagerhalle des Autors wird klar: Das Ergebnis kann sich hören lassen kann. Natürlich ist diese Funktion kein gleichwertiger Ersatz für einen erfahren Tontechniker samt dezidiertem Messplatz. Aber für unerfahrene Anwender kann der Auto-EQ durchaus eine Hilfe sein. In unserem Test hat die Auto-Funktion jedenfalls eine Menge Tiefmitten herausgefiltert, was zu einer deutlichen Klangverbesserung in der Glas- und Betonhalle geführt hat.