PRAXIS/SOUND
Im Karton fand sich keinerlei nennenswertes Zubehör – eine Tatsache, die wir mittlerweile offensichtlich bei Gitarren aus dem „Unter-Tausend-Bereich“ in Kauf nehmen müssen. Hier wird als Erstes beim Zubehör gespart, Koffer oder Gigbag müssen extra erstanden werden. Das Gleiche gilt für Kabel und diversen anderen Kleinkram.
Schon unverstärkt liefert die Gitarre einen guten, kräftigen Ton mit reichlich Sustain. Ich bin mal gespannt, wie sich das über den Amp anhört. Als Erstes nehmen wir uns die drei Pickup-Kombinationen mit einem Cleansound aus dem Fender Twin vor. Den Anfang macht der Hals-Pickup (Audio:Clean 1). Für einen Halstonabnehmer ist der Klang recht brillant. Will man wärmere Jazz- oder Blues-Sounds erzeugen, dann sollte der Tone-Regler etwas zurückgenommen werden; der nämlich senkt alle Frequenzen über 1 kHz ab.
Weiter geht es mit dem Steg-Pickup. Dieser klingt selbstverständlich brillanter und schlanker als die Halsposition, in Sachen Charakter zeigt sich aber eigentlich kein großartiger Unterschied – es sind eben die gleichen Pickup-Typen (Audio: Clean 2). Jetzt kommt die mittlere Position des Toggle Switch und damit beide Pickups im Synchron-Betrieb (Audio: Clean 3).
Hier fällt sofort der extrem reduzierte Pegel im Vergleich zu den einzeln angewählten Tonabnehmern auf. Schade eigentlich, das sollte normalerweise nicht sein. Klingt, als wären die Humbucker für diese Position gesplittet oder mit einer Out-Of-Phase-Schaltung versehen worden. Der hohe Ausgangspegel der einzelnen Pickups macht sich unmittelbar nach dem Anschließen der Gitarre an den cleanen Kanal des Hughes & Kettner Duotone bemerkbar. Hier muss der Volume-Regler weit zurückgedreht werden (9 Uhr), um tatsächlich ein unverzerrtes Signal zu erhalten. Jetzt kann man den Amp durch harten Anschlag leicht übersteuern, und da der Hals-Pickup eine gute Portion Höhen liefert, können dreckige Funk-Riffs authentisch gespielt werden (Audio:Dirt Funk).
Der Attack ist zwar nicht so direkt wie bei einer Strat oder Tele, aber es knackt schon ganz gut. Den Nachteil des geringeren Pegels bei der Kombination beider Pickups kann man sich auch zunutze machen. Wenn die einzelnen Tonabnehmer den Amp schon übersteuern, hat man mit der mittleren Position einen fast unverzerrten Ton. Hier zu hören mit einem Drop D Tuning (Audio: Clean Riff). Die Bassübertragung ist gut, hier wummert nichts.
Für dich ausgesucht
Sogar bei extremeren Downtunings hat der Bassist noch genügend Platz. Am aggressivsten kommt selbstverständlich der Steg-Pickup rüber. Er kitzelt dem Amp bereits in Gain-Settings ein ordentliches Brett heraus, in denen andere Gitarren noch clean klingen (Audio: Rock Chords).
Jetzt wird der Overdrive-Kanal aktiviert und auch hier macht die Soltero einen guten Eindruck. Knackige Palm Mute Powerchords werden mit ausreichend Dynamik übertragen. Man merkt eben, dass genau hier die Stärken dieser Gitarre liegen. Mit diesen Sounds fühlt sie sich wohl, und das spürt auch der Gitarrist (Audio: Classic Overdrive). Jetzt noch etwas mehr Verzerrung vom Amp und wir testen die Leadsounds beider Pickups. Ihr hört zuerst den Hals- und dann den Steg-Tonabnehmer (Audio: Lead). Ansprache und Spielgefühl sind gut, die Obertonentwicklung ebenfalls. Bei langen Tönen gibt es auch entsprechendes Sustain, der schwere Mahagoni-Body schwingt gut mit. Allerdings bin ich mit den Tonabnehmern nicht hundertprozentig zufrieden. Der Klangunterschied ist bei solchen Zerr-Einstellungen nicht mehr so deutlich hörbar wie im cleanen Bereich; da hatte ich schon Les Paul Kopien aus dem gleichen Preissegment in der Hand, die das besser konnten.
Ich höre schon die Buh-Rufe aus der Heavy Ecke: „Was soll das denn, man braucht doch eh nur den Stegpickup und zwar voll aufgedreht! Halspickups sind nur was für Jazzer und andere Weicheier …“ Gesagt getan, hier kommen die Männergitarren!
Da kann man wirklich nicht meckern. Guter Attack auf der tiefen E-Saite und schöne schmatzende Höhen, das macht richtig Spaß, hier kommt das Instrument richtig in Fahrt. Man hat das Gefühl, die Gitarre ist speziell für diese Mid-Scoop-Sounds gemacht, denn die Tiefenwiedergabe ist immer noch knackig und klar, obwohl die Bassfrequenzen am Amp weit aufgedreht sind. Fettes Fundament ohne Dröhnorgien, so soll das sein.
Wir kommen jetzt zu den obligatorischen Tests bezüglich Dynamik und Akkordverständlichkeit bei hohen Zerr-Sounds. Zuerst wird die dynamische Bandbreite des Volume-Reglers an der Gitarre getestet. Ich habe den Steg-Pickup angewählt und spiele zuerst bei heruntergedrehtem Volume (3), dann voll aufgedreht (10/Audio: Dyna Poti). Der Sound ist bei heruntergeregeltem Volume noch recht verzerrt. Hier macht sich der hohe Output-Pegel bemerkbar.
Für Blues und Classic-Rock-Fans, die von verzerrt auf clean mit dem Volume-Regler an der Gitarre wechseln, ist das eher nichts. Weiter geht es mit der Pick-Dynamik. Ich schlage zuerst leicht mit den Fingern und dann hart mit dem Plektrum an (Audio: Dyna Pick) .
Die Pickups neigen dazu, bei hohen Verzerrungen die feinen Spielnuancen nicht mehr so differenziert wiederzugeben. Das ist nun einmal nicht die Stärke dieses Instruments. Ebenso ist es mit der Akkordverständlichkeit bei hoher Verzerrung: Je mehr Saiten angeschlagen werden, desto matschiger der Sound (Audio: Chords). Zum Schluss kommt noch ein Beispiel im Bandkontext, wo die Gitarre ihre Stärken zum Besten geben kann. Powerchords und Overdrive-Sounds im Stoner-Rock Style. Ich habe zu Beginn den Tone-Regler komplett abgedreht und später dann voll auf, wobei die Amp-Einstellung gleich geblieben ist. Ihr werdet es hören … (Audio: Stoner).