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Dein Gesang im Profi Check – Jonny von Twist of Fate

Herzlich willkommen zur dritten Folge unseres neuen Vocal-Formats. Hier geben wir euch ein Profifeedback zu eurem Gesang und eurer Darbietung. Unsere Vorschläge sollen euch helfen, eure gesangliche Performance immer weiter zu verbessern.

Bild: Twist of Fate
Bild: Twist of Fate

Jonny, 27, ist Sänger der Band Twist of Fate aus Emden und singt seit acht Jahren. Ziemlich klasse. Finde ich. Das öffentliche Feedback zu seiner Stimme geht aber leider auch in eine andere Richtung. Jonny schreibt: „Seit dem ich angefangen habe zu singen wurde ich ziemlich stark kritisiert. Die Lager teilten sich immer in zwei ziemlich entgegen gesetzten Richtungen. Die einen fanden es sehr gut, wie und was ich mache, die anderen haben (mich) dagegen sehr stark kritisiert und mochten meine Stimme überhaupt nicht leiden. Teilweise ging es auch so weit, dass wir Contests nur deshalb nicht gewonnen haben, weil der Jury meine Stimme überhaupt nicht gefallen hat.“ Puuh. Das ist harter Tobak.


Da Jonny nur ein klanglich eingeschränktes Livevideo hat (vielen Dank, Jonny, für den Mut, es trotzdem zu schicken!) habe ich ihn gebeten, mir den Song auch als Studioaufnahme zu mailen, damit ich beide Fassungen gegenüber stellen kann, um einen runderen Eindruck seiner Stimme zu bekommen. 


Audio Samples
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The Road so far

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Stimme



Ich finde die Studioaufnahme gesanglich super und auf hohem Niveau. Jonnys Stimme hat eine ganz eigene Farbe, was ich immer gut finde, und auch seine Band hat musikalisch Gesicht. Jonny hat mir per Mail versichert, dass keine Tonkorrektur (Melodyne etc.) verwendet wurde, dass sie aber viele Takes gesungen haben, bis alles gesessen hat. Bestimmt gab es auch einige Schnitte. Aber das ist für eine Studioaufnahme erstmal nicht schlimm. Jonnys Studio-Ggesang ist fokussiert und trotz des schnellen Songtempos und der vielen einzelnen Wörter und Silben in sich ruhend.

Fokus und Ruhe sind immens wichtig, wenn sich die Band drum herum musikalisch austobt. Die Hörer brauchen einen kraftvollen Mittelpunkt, um den sie die vielen musikalischen Infos ordnen können. Und den liefert Jonnys Gesang. Für die Studiofassung habe ich keine Verbesserungsvorschläge, sondern denke nur: Go, Jonny, go! Alles prima.

Live ist der Gesamteindruck natürlich wilder und rauer. Der verwischte Sound desr Kameramikros schmälert die Gesangspräsenz. Wenn ich jedoch genau hinhöre, erkenne ich, was Jonny kann. Ich gebe seinen Gesangskritikern nicht recht. Es gibt viele bekannte Bands, bei denen die Stimme des Sängers oder der Sängerin nicht gemocht wurde und die irgendwann trotzdem Karriere gemacht haben. Ich finde, Jonny soll sich in diesem Punkt ein dickes Fell wachsen lassen, weitermachen und einfach drüberstehen!

Stimmlich gefallen mir die Aufnahmen gut. Und doch gibt es einige andere Punkte, die Jonny verbessern könnte, um als Gesamtes weiter nach vorne zu kommen.

Kondition



Ich höre mir die Studioaufnahme und danach das Livevideo mit geschlossenen Augen an und stelle fest, dass Jonnys Gesang live viel hektischer und weniger fokussiert als im Studio klingt. Die vielen kurzen Töne seiner Melodie kommen nicht direkt zu mir, sondern verlieren sich im Raum. Am Ende der Zeilen bricht die Intonation manchmal etwas ein. Ich schaue mir das Livevideo noch einmal an und habe den Verdacht, dass diese Schwächen einfach an fehlender Kondition liegen könnten. Das mache ich daran fest, dass Jonnys zu wenig Körperspannung, für das was er machen und singen will, hat.

Konditionell fit zu sein hat große Auswirkungen auf euren Gesang! Gerade wenn iher mit Kraft und Tempo arbeitet. Kondition hilft dabei, gut performen und trotzdem die Ruhe im Körper behalten zu können, damit der Gesang optimal kommt. Denkt immer daran: Ihr funktioniert wie Sportler.

Mein Tipp: Ab zum Laufen in den Wald oder ins Sportstudio, um die Ausdauer zu trainieren! Ideal geeignet dafür sind ein freies Training wie Freelatics oder HITT.

Bühnenpräsenz


Ein weiterer Unterschied zwischen Studioaufnahme und Liveperformance ist Jonnys Präsenz auf der Bühne. Ich habe das Gefühl, nicht zu erfahren, wer Jonny ist. Ich sehe, dass da ein junger, ehrgeiziger Sänger steht, der ein Bild im Kopf hat, wie er wirken möchte. Seine Performance soll mega routiniert und lässig wirken, erzählt aber etwas anderes. Jonny wirkt ungerichtet. Er singt viel zur Seite und ist nicht beim Publikum. Er läuft viel umher, um Druck zu machen, nimmt den Druck dadurch aber eher weg. Die Energie seines Gesangs findet sich nicht im Körper wieder.

Schaue ich mir seine Vorbilder Gerard Way (My Chemical Romance) oder Benjamin Kowalewicz (Billy Talent) an, dann sehe ich, wie sich beide Sänger in der Bühnenmitte, gerade nach vorne gerichtet, platzieren und von dort aus performen und singen. Das ist ein alter Bühnentrick. Vorne Mitte = größtmögliche Präsenz.

Beide starten ihren Auftritt von der Bühnenmitte. Jonny versucht es hingegen komplizierter, indem er für den Überraschungseffekt bis kurz vor dem Gesangseinsatz rechts hinten in der Bühnenecke steht. Leider ist er zu sehen und der Effekt ist weg. Denn sobald man sichtbar ist, ist man Teil der Show.

Obwohl sie, von der Masse der Bewegungen, eher ruhig wirken ist Gerard Ways und Benjamin Kowalewiczs Körperspannung wesentlich höher als die von Jonny. Sie wirken beide wie ein Tiger auf dem Sprung. Das hilft dem Gesang (siehe oben) und erzeugt Energie.

Tipp: Aus dem Black auftreten oder ruhig von der Bühnenmitte aus starten. Meinetwegen zunächst mit dem Rücken zum Publikum stehen und sich erst beim Gesangseinsatz umdrehen. Oder: Gerade nach vorne gerichtet aus der Bühnenmitte singen. Das hat den Vorteil, dass das Publikum die Persönlichkeit des Sängers auf sich wirken lassen kann.

Band



Die Band macht ihr Sache performancetechnisch ordentlich. Trotzdem wirkt sie nicht wie eine Einheit, sondern wie fünf Einzelkämpfer, die sich zwar auch mal anspielen, aber nicht in die Augen sehen und keinen wirklichen Kontakt haben. Vielleicht ist das der Situation geschuldet vor einer fast leeren Halle zu spielen, aber gerade dann ist die einzige Chance sich auf die Band zurück zu ziehen und miteinander Spaß zu haben. Sich auch in der Auftrittssituation wirklich gegenseitig zuzuhören und  miteinander Musik zu machen.

Backings


Ich finde es sehr schade, dass die Backing Vocals im Refrain, die viel zur Energie des Songs beitragen, im Livevortrag fehlen. In der Studioaufnahme shoutet die ganze Band die Enden der Zeilen, was die Melodie ungeheuer puscht. Dieses wichtige Element fehlt im Livevortrag ganz. Die letzte Zeile des Refrains singen Backings und Leadstimme in der Studioaufnahme zusammen. Live machen das die Backings eines einzelnen Bandmitglieds alleine, Jonny pausiert, was musikalisch energetisch ein Dämpfer ist und nicht gut funktioniert.

Auch aus Performancesicht kommt es immer viel kräftiger rüber, wenn die ganze Band an die Mikros tritt. Schaut euch diese Energie beim Livevideo von Billy Talent (Minute 2:40) am Ende des Artikels an.

Wettbewerbe



Ich kann verstehen, dass Bands Wettbewerbe spielen, um nach vorne zu kommen und sich zu messen. Natürlich möchte man auch gewinnen. Aber ist es wirklich wichtig Bandwettbewerbe zu spielen und/oder zu gewinnen? Es ist eine (!) Option und auf alle Fälle ein gutes Training. Die Kritik der Jury sollte ernst genommen werden, aber kein Hindernis sein. Gewinner unterliegen auch dem Geschmack der Jury.

Viel wichtiger ist es, die eigene Nische zu finden und ganz viel live zu spielen. Touren ist toll für die Routine und um wichtige Erfahrungen zu sammeln. Und dadurch kann sowohl die Band als Ganzes und als auch jeder einzelne Musiker das ganz Eigene, Unverwechselbare immer weiter ausformulieren. Beim Touren könnt ihr eure Musik und Performance so lange üben, bis sie 150% sitzt. Zudem könnt ihr euch ein eigenes Publikum aufbauen. Was für mich die Basis für einen zukünftigen Erfolg ist.

Akustikversionen



Jetzt muss ich doch noch mal kurz aus dem Nähkästchen plaudern, da mir der Punkt zu wichtig ist, um ihn unbehandelt zu lassen.

Ich habe Jonny zuerst nämlich gar nicht nach einer Studiofassung des Songs gefragt, sondern ihn gebeten, den Song noch mal mit seinem Gitarristen in einer Akustikversion, in einem Take, aufzunehmen. Diese Idee fand leider kein Gehör. Die Band wollte wohl nicht und Jonny schrieb mir, dass ihre harte Musik nicht geeignet sei, akustisch gespielt zu werden.


Dem muss ich widersprechen. Oh doch! Ich nenne es „das Beatles- Prinzip“. Ein guter Song kann in jeder Stilistik, halb schief gesungen und mit verstimmten Instrumenten gespielt werden. Und überlebt trotzdem. Ich wiederhole: Jeder gute Song, egal aus welcher musikalischen Richtung, funktioniert auch nur mit Gesang und Gitarre oder Klavier. Schaut euch die vielen Unplugged Shows, auch von ganz harten Bands, an. Oder gebt einfach mal bei Google „Billy Talent Unplugged“ ein. Die vielen Coverversionen sprechen für sich.

Mein Tipp hier: Jonny sollte mit seiner Band alle Songs in einer Lagerfeuer-Fassung mit Westerngitarre, Bass und Minimalschlagzeug üben. Das hilft, sich auf den Kern der Songs zu konzentrieren, verbessert das zukünftige Songwriting, und die ganze Band kann in lockerer und leiser Atmosphäre Backings singen üben.

Viele Grüße 

Catharina

Jonnys Vorbilder 


Gerard Way (My Chemical Romance), Chester Bennington (Linkin Park), Benjamin Kowalewicz (Billy Talent), Craig Mabbitt (Escape the Fate) und M. Shadows (Avenged Sevenfold), Asking Alexandria, Bullet for my Valentine

Videovorschläge

Billy Talent: 1. 
Red Flag, Live in Hamburg. 2. Afraid of Heights, live und Clip. Gute Backings. Gitarrist gesanglich top fit.   

Ihr wollt professionelles Feedback zu euren Demos?

Dann schickt uns bitte folgende Infos:
– Link zu Soundcloud oder zum Video
– Ein Foto
– Einige Infos von euch: 1) Wie lange singt ihr schon? 2) Was sind eure Ziele? 3) Wer sind eure gesanglichen Vorbilder? 4) Wer sind eure Songwriting-Vorbilder?
an diese Adresse: social (at) bonedo.de
Weitere Infos zum Vocal Check findet ihr in diesem Artikel.

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Bild: Twist of Fate

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Profilbild von Henrik

Henrik sagt:

#1 - 08.01.2017 um 19:56 Uhr

0

Fakt ist, Jonny kann singen.
Eventuell wäre ein Song wie Hope de Novo, von dem es eine, wirklich schöne, Akustik-Version gibt, die damals bei der Release Show auch gespielt wurde, anschaulicher gewesen.
Zu dem Livemitschnitt: Zugegeben, das war nicht der beste Auftritt, vermutlich aus einer Mischung von Enttäuschung durch fehlendes Publikum und Verärgerung über einen FOH-Techniker der solche Dinge wie, das Metronom nur aufs Monitoring zu legen, nichtmal auf die Reihe bekommen hat.

    Profilbild von Jonathan Meyer

    Jonathan Meyer sagt:

    #1.1 - 09.01.2017 um 08:30 Uhr

    0

    Aber dafür hast auch du,trotz der Umstände, eine Klasse Figur an den Drums abgeliefert! ;-) Aber du hast Recht,ich bin ein Idiot,dass ich nicht an Hope de Novo gedacht habe -.- Diese Aufnahme liegt doch immer noch fertig und unveröffentlicht auf meinem PC -.-

    +1
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