PRAXIS
Um den Kandidaten mit dem Rest der lokalen Beschallungsgerätschaft bekannt zu machen, bedarf es in meinem Fall eines USB-Kabels für das MacBook, eines Kabels für die Monitorboxen, sowie einer Klinke-zu-XLR-Strippe fürs Mikro und eines Stereo-Cinch-Kabels für den CD-Player oder Notfall-iPod. Dann geht es zur Softwareinstallation über: Windows-User spielen in gewohnter Manier Denons ASIO-Treiber auf, wohingegen sich der MC2000 am Mac der Core-Audio-Schnittstelle bedient. Konfigurationshinweise finden sich auf der weißen CD. Der lilablaue Silberling befördert 22 MB-Programmcode für Serato DJ-Intro auf die Festplatte. Verglichen mit fast einem Gigabyte für Traktor nebst Remixdeck-Content und Samplelibrary ist das ein Hauch im (Daten-) Wind. Serato DJ Intro ist die „kleinste“ Fassung der Serato-Software-Reihe und kann kostenlos von der Herstellerwebsite geladen werden. Zum Betrieb ist ein kompatibles Interface nötig. Das Programm wird im Bundle mit diversen DJ-Controllern angeboten. Aktuell finden sich hier Kommandozentralen der Marken Vestax, Pioneer, Numark, Reloop und eben auch der Denon MC-2000 ein. SDJI liegt auf CD in der Version 1.09 bei, was sich als aktuell entpuppt und einen Ausflug zur Website des Herstellers überflüssig gemacht hätte, stünde nicht noch die Fahndung nach weiteren Konfigurationsfiles für alternative Software auf der Tagesordnung. Ich stelle fest, dass es aktuell (12.11.2012) weder für VDJ- noch für Mixvibes-Mappings gibt, aber für Traktor. Die Traktor Pro 2 Datei wird von einem PDF begleitet, in der alle Belegungen als Tabelle und als Controller-Schaubild aufgeführt sind. Vorbildlich, Denon. Auch die Belegung an sich weiß zu gefallen (Gruppen- und Single-FX, Samples, Loops in festen Intervallen abrufbar, Loop-Recorder, Volume für Decks C und D, individuelle Sampleslot-Pegel etc. etc…) Aber zurück zu Serato Intro: Beim ersten Aufruf konfiguriert sich das Gespann eigenständig und ich kann sofort loslegen. Das ist doch einsteigerfreundlich. Für den Fall, dass mal ein Kollege übers Kabel stolpert und die USB-Verbindung kappt, reicht es, die Strippe wieder einzustöpseln und nach einen kurzen Unterbrechung des Sounds geht alles automatisch wieder seinen Gang. Ausgehend von der letzten Abspielposition des Titels ertönt aus der PA innerhalb weniger Sekunden wieder Musik.
SDJI
Rechts werden die sinnbildlichen Plattenkisten (Crate) angelegt, in die sich aktuelle Einkäufe per Drag´n´Drop packen lassen. Mit dem Encoder geht’s durch den Verzeichnisbaum inklusive iTunes, Playlisten und Crates. Der Browser ist übersichtlich aufgebaut und bietet eine Vielzahl von Tags und Suchfiltern für umfangreiche Datenbestände. Links unten lässt sich auf Wunsch auch das „Plattencover“ einblenden. Im Test stellte sich dummerweise heraus, dass meine auto-befüllenden, intelligenten Crates aus Scratch-Live/Itch nicht eingelesen werden. Landet ein Song im Software-Player, analysiert Serato DJ diesen im laufenden Betrieb und stellt danach sämtliche relevanten Informationen im zugehörigen Deck dar. Als da wären:
- Farbcodierte Wellenformgesamtübersicht mit Cuepoints,
- Titel- und Artist-Tag,
- Playback- und Keylock-Modus,
- Looplänge, Pitchwert,
- Pitchrange und Abspielzeit,
- Virtuelles Vinyl mit Positionsmarker
Jedoch ist aus Performance-Gründen anzuraten, die Musikbibliothek im Offline-Modus zu analysieren, also bei nicht angekoppelter Hardware. So lassen sich große Musikbestände ganz unkompliziert über Nacht berechnen, wobei jeder CPU-Kern eine Datei übernimmt. Das Lob ich mir! Im Offline-Player lassen sich unter Verwendung der internen Soundcard auch Loops antesten und Cuepoints festlegen.
Je nach gewählter Ansicht sind die Wellenausschnitte mittig vorzufinden oder gestapelt, wobei in dieser Ansicht Tempomatching- und Beatmatching-Transienten zur Verfügung stehen. Die orangenen und gelben Peaks zeigen ergo, wenn sie exakt übereinander liegen, lediglich an, ob zwei Titel im Tempo synchron sind, was aber noch nicht bedeutet, dass die Beats perfekt abgestimmt sind, denn darauf geben nicht die Tempo- sondern die Beatmatching-Transienten einen Hinweis. Für manchen ressourcenverbrauchender Schnickschnack, für den anderen eine willkommene Mixhilfe. Besonders auch, weil Serato DJ Intro im Gegensatz zu Itch KEINE Beatgrids zur Verfügung stellt. Wobei sich herausstellt, dass – wenn ich mehrfach kurz hintereinander auf die „Sync“-Taste drücke – der Mix in Intro aus dem Takt gerät. Unter Itch führt dies (an einem anderen Controller, der MC2000 ist nicht kompatibel) nicht zu diesem „Taktgerumpel“ führt. Schade ist ferner, dass das Viertakt-Beatmeter im Deck dem Rotstift zum Opfer gefallen ist.
Um den gleichen Track mit identischer Position in den zweiten Player zu befördern und richtig „durchzuscratchen“ stehen auch bei Intro Instant-Doubles zur Verfügung. Der Crossfader öffnet in Cut-Stellung (Software) auf dem erstem Millimeter. Der Keylock arbeitet bis etwa vier Prozent artefaktfrei.
In den Kreativ-Abteilungen springen zuoberst die sieben Bedienelemente für die beiden Effekt-Abteilungen ins Auge. Jede Garnison ist mit drei Klangverbiegern ausgestattet und den jeweiligen Decks fest zugeordnet. Die Klangqualität der Effekte HPF, LPF, Flanger, Phaser, Reverb und Echo ist solider Natur. Das Timing lässt sich für einige Variationen obendrein über einen Encoder einstellen, erfordert jedoch, um auf den Punkt zu laufen, korrekt ermittelte BPM (siehe Audiobeispiele). Leider muss ich die FX-Typen mit der Maus austauschen. Ich hätte hier lieber eine Hardwarelösung oder Kombination mit Shift gesehen.
Für dich ausgesucht
In der Loop- und Cue-Sektion, deren Anzahl der von der Hardware aus zugänglichen Hotcues auf vier limitiert ist, können Freunde gepflegter Schleifenbindereien manuelle Wiederholzyklen anlegen, die sich jedoch nicht über die Cut-Funktion in der Länge stutzen oder strecken lassen. Das ist bei den Autoloops anders, denn diese werden über die angrenzenden Plusminus-Buttons variiert – jedoch anders als im Handbuch angegeben nicht von 1/8 ausgehend und lediglich in vier Größen von (1/1, 2/1, 4/1, 8/1). Schade. Bei den großen Brüdern reicht die Skala von 1/32 bis 32. Loop-Rolls sind bei Intro ebenfalls nicht mit an Bord. Schleifen werden auf Basis der ermittelten durchschnittlichen BPM angelegt.
Hotcues werden grundsätzlich direkt an Auslöseposition platziert und genauso direkt angesprungen. Warum ich das hier erwähne? Weil es auch Softwares gibt, die Cuemarker optional auf das Beatgrid verschieben und beim Abspielen im Takt bleiben (Stichwort: Quantisierung von Benutzereingaben). Doch ein Beatgrid ist hier ja nicht zugegen und daher kann in der Folge auch der Hotcue nicht an einem Beatmarker einschnappen. Das ist im Übrigen bei Itch trotz Grid nicht anders.
Der Vier-Slot-Sampleplayer lässt sich an der Hardware mit den Hotcue-Buttons abfeuern. Eine gleichzeitige Steuerung von Hotcues und Samples auf einem Deck ist zumindest ausschließlich mit dem Controller nicht möglich. Zum Laden wird die Maus benutzt. Festzuhalten ist ferner, dass die Wiedergabe nicht beat-synchron ist, wie zum Beispiel bei Traktor. Habe ich meine Samples erstmal vom Startpunkt meiner Wahl (Start, Cue, Loop) abgefeuert, laufen diese bis zum Ende durch, es sei denn, der Audioschnipsel wird per erneutem Tastendruck vom Start- oder einem Cuepoint abgefeuert oder per Shift-Kombination an der gleichen Stelle gestoppt. Das Summensignal der Sample-Player landet direkt auf dem Master und kann in seiner Gesamtheit in der Lautstärke mittels Timing-Encoder und Shift justiert werden. Für die einzelnen Slots steht keine Pegelanpassung – aber immerhin ein Software-Pegelmeter zur Verfügung. Was mich zu einem Kritikpunkt führt.
Und zwar möchte ich das Thema „Pegelstände“ noch einmal aufgreifen, denn weder für den Master Out noch für die Einzelkanäle gibt es LED-Ketten. Manch einem wird es vielleicht schnuppe sein, doch ich finde es schade. Die Anordnung der Master-, Monitor und Phones-Regler entspricht eher einem Clubmixer-Layout. Während sich die Monitoring-Sektion in Form eines Lautstärkereglers für den Kopfhörer und eines Cuemix-Potis zum stufenlosen Blenden von Master- und Preview-Signal auf der linken Seite befindet, wird der Masterpegel rechts festgelegt. Das geht schnell in Fleisch und Blut über, allerdings hätte ich den Lautstärkeregler für den Kopfhörer lieber neben der Anschlussbuchse gesehen, um oben Platz für das Mikrofon-Poti. Apropos Mikrofon: Dessen Signalweg ist relativ rauscharm und für Moderationszwecke geeignet. Jedoch ohne Einschaltknopf an der Hardware und fehlendes Talkover, kombiniert mit dem rückseitigen Level-Regler ist der Workflow etwas umständlich. Der Aux-Input ist für die Einbindung von Line-Zuspielern konzipiert. Wenngleich in der Regel nur einmal pro Abend erforderlich, ist das Einpegeln am Backpanel ziemlich fummelig. Aber praktisch ist die Funktion dennoch, um einen Silberling für`s Warm-Up, also bevor man seine Darbietung beginnt, oder einen DJ-Wechsel einzuschieben. Im Übrigen funktioniert der Aux-Input auch ohne Serato, sodass man schon mal Winamp/iTunes auf seinem Mobiltelefon starten und über den Aux-Input abfeuern kann, um dann in Ruhe die Software hochzufahren und irgendwann loszulegen. By the way, in Intro gibt es auch eine Automix-Funktion, die den nächsten Track aus der Playlist nachlädt, sobald der vorherige Titel durchgelaufen ist.
Klang
Auch im Einsteiger-Segment gehört der Klang der Audio-Wandler, gepaart mit einem ordentlich lauten Kopfhörerausgang und sauberen Eingängen mit zu den wichtigsten Kaufargumenten. Hierzu ein paar Zahlen: Die Samplingrate des MC2000 liegt bei maximal 48 kHz, die interne Signalverarbeitung bei höchstens 16 Bit. Der Hörtest offeriert einen transparenten Klang. Auch der Sound des regelbaren Aux-Eingangs passt gut ins Gesamtbild, jedoch sind hier das direkte Routing auf den Master und der fehlende EQ definitiv nicht jedermanns Sache. Dem Kopfhörerausgang kann ich attestieren, dass er zum einen genügend Ausgangspegel aufweist, um das Spektrum von Freiluft-Afterhour, Abiparty oder Sessions mit weniger intensivem Schalldruck bis hin zum Partykeller bedienen zu können, allerdings trübte folgende Situation die Gesamtvorstellung:
Im zweiten Testlauf ist es mir passiert, dass mir beim geringsten Vorhörversuch fast das Trommelfell um die Ohren geflogen ist und ich froh war den Hörer schnell vom Kopf reißen zu können. Ursache ungewiss. Die Ohren hatten jedenfalls für ein paar Minuten nachhaltig zu kämpfen. Glück im Unglück: Gut, dass die Monitorboxen noch ausgeschaltet waren. Im Anschluss habe ich dann erstmal mit einer ausrangierten 20-Euro-Wuppe weitergemacht, konnte aber später wieder genug Vertrauen fassen, um auch die satteren Jungs anzuschließen und den Powerbutton der Boxen zu betätigen. Der Fehler ist im Übrigen während des Testlaufs nicht mehr aufgetreten. Dennoch halte ich es für erwähnenswert, werde es aber nicht als Kontrapunkt aufführen, da es nur einmal vorkam. Davon abgesehen zeigte sich das Bundle im Praxiseinsatz auf dem Mac als stabiles und Ressourcen-schonendes Setup. Einen Session-Rekorder zum Aufzeichnen der Performance gibt es hier nicht, was ich auch vor dem Hintergrund, dass es nur einen Playout gibt, beanstanden möchte. Zwar wird Serato im Dezember das soeben erschienene Serato DJ als Update für den MC2000 zur Verfügung stellen, doch die anvisierten 199 Dollar sind nicht von schlechten Eltern. Das führt uns nun hinaus über den …
… Tellerrand
Gerade ist der Release von Serato DJ vollzogen, dass das in die Jahre gekommene Itch ersetzen wird. Es ist jedoch momentan nur für den Pioneer-DDJ-SSX verfügbar. Auf Seratos Website steht der Fahrplan für den Rest der Controller-Gemeinschaft bereit. Mein VCI-300 ist zum Beispiel erst im Frühjahr 2013 dran. Wie auch immer: Es halten eine Vielzahl neuer Features Einzug, unter anderem die lang erwartete Implementierung einer MIDI-Learn-Funktion, die wir bereits vor drei Jahren in diesem Artikel (Test VCI-300) gefordert hatten. Dazu gesellen sich verbesserte FX von iZotope und zudem Vierdeck-Mixing. Erste Screenshots erinnern stark an Scratch Live. Auch was den MIDI-Button oben rechts angeht, daher ist für einen Großteil der MIDI-Befehle mit einem Klick´n´Trigger-System zu rechnen.
Doch was hat das nun mit dem MC-2000 zu tun? Der kommt doch mit Intro und hat doch schon die für Intro relevanten Funktionen belegt. Ganz einfach. Zum einen lassen sich durch das Update so der Session-Recorder, iZotope-FX oder auch Beatgrids zukaufen und zudem weitere Controller für die erweiterten Features integrieren. Mal ganz davon abgesehen, dass „MIDI-Learn“ mehr als überfällig, nichtsdestotrotz aber klasse ist, muss jedoch Erwähnung finden, dass wir dann auf einen Gesamtpreis von etwa 450 Euronen Street für den MC2000 und Serato DJ kommen – zuzüglich des eventuell anvisierten Zusatzcontrollers. Das geht preiswerter, denn NI bietet seine Traktor Pro 2 aktuell für unter 100 Euro an, Mixvibes Cross DJ kostet 39 Euro in der Controller-Version, in der Timecode-Version 79 Euro (ohne Interface-Dongle) – da könnte man also fast von einem ambitionierten Preis seitens Serato sprechen. Wir werden euch jedenfalls auf dem Laufenden halten und wenden uns langsam dem Fazit zu, jedoch nicht ohne noch einmal zu betonen, dass das MC-2000 Gesamtpaket gerade für Einsteiger mit einem hohen Qualitätsanspruch an die Hardware unterm Strich ziemlich stimmig ist.
Matthias sagt:
#1 - 24.01.2013 um 22:34 Uhr
Hallo Peter. Danke für den guten Test. Er ist umfangreich und detailiert. Leider kann ich Dir an der Stelle nicht folgen, an der du den DM2000 für Clubungeeignet hältst. Ich habe schon bestimmt 50 Clubs von innen gesehen und bei allen das DJ-Pult unter die Lupe genommen. Alle haben mindestens einen Battle Mixer festinstalliert an dem sich alle DJ's mit ihren Playern und Controlern anschliessen können. Diese haben dann den (fals nötig) symm output und (fals ebenfals nötig) both- und mic Regler. Es ist immer das gleiche. Die DJ's kommen heutzutage mit kleinem Rucksack, in dem Controller und Laptop drinne sind und schliessen sich an die vorhandene Hardware an. Daher kann ich dir bei dieser Kritik nicht ganz folgen. Davon mal abgesehen arbeiten seeehr viele DJ's lieber mit dem Kopfhörer als mit PFL/Master oder Master-only auf dem Monitorspeaker (selbst wenn eine gute Monitor Box vorhanden ist). Erst bei den riesigen Festival Floors und Bühnen wie auf der Mayday bekommt der Both wegen der Laufzeitverzögerungen seine daseinsberechtigung für jeden einzelnen Übergang. Wer allerdings dort auflegt, kann sich locker ein 1000 € Interface leisten.
Peter sagt:
#2 - 25.01.2013 um 14:04 Uhr
Hallo Matthias, vielen Dank für deine Einschätzung. Absolut richtig. Der DM2000 lässt sich natürlich wie jeder andere Controller an einen Clubmixer anschließen. Keine Frage. Der Passus, wo ich in Frage stelle, ob der MC2000 tatsächlich das richtige Werkzeug ist, um den propagierten Schritt von der Tanzfläche in die DJ-Kanzel zu unternehmen, ist nicht klar formuliert, habe es geändert. Vielmehr soll zum Ausdruck kommen, dass ich die Konsole nicht für „das Profi-Tool“ halte. Was den Booth angeht, bin ich der Meinung, dass eine getrennt regelbare Monitoranlage einer Veranstaltung einfach gut tut. Auch ich arbeite gern über den Kopfhörer, aber es geht halt nicht immer und überall.