Praxis
Probefahrt mit dem Denon SC Live 4
Das Gerät bootet zügig und ist schnell betriebsbereit. Im Test arbeiteten wir mit der Beta 2.3.2. Zunächst erfolgt die Auswahl der Datenquelle, bei mir eine bereits Engine-erfahrene SSD und ein USB-Stick mit frischer Musik aus dem Download-Shop (zum Artikel Musik-Shopping für DJs 2022).
Noch nicht zuvor von Engine analysierte Musik auf euren Datenträgern berechnet der Denon im laufenden Betrieb. Der SC Live 4 benötigte im Test für einen 5-minütigen Pop-Song rund 12 Sekunden, für einen 7-Minuten-Housetrack rund 17 Sekunden. Das sind ordentliche Zeiten. Rechter Hand ermöglichen Browser-Encoder und Ladetasten die Navigation und das Befüllen der Decks, was auch über den Touchscreen erfolgen kann. Die Wellenformansichten sind sowohl horizontal wie vertikal gelungen, sie lassen sich zoomen und je nach ausgewähltem 2-Deck- oder 4-Deck-Modus umschalten.
Eingestartet wird über große beleuchtete Tasten, Autosync ist ebenfalls an Bord, wer mag, passt die Tracks manuell via Pitchfader an – so Beatmatching gewünscht ist – und regelt mit dem Handrad nach.
Das Jogwheel kann für meinen Geschmack überzeugen und ist im Gegensatz zum kleineren Modell mit integrierten Displays ausgestattet, die einem Laufzeiten, Tempo und Deck anzeigen. Der Teller liegt gut an der Hand, die Übersetzung ist sehr akkurat. Quasi jede noch so kleine Bewegung wird wahrgenommen und auch das Scratching macht für meine Begriffe eine gute Figur.
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Vier Mischpult-Kanäle und Deck-Umschaltung
Beim SC Live 4 wird auf bis zu vier Kanälen gemixt, wobei die Deck-Sektion auf der linken Seite für Deck 1 zuständig ist und mittels Taste auf Deck 3 umgeschaltet wird. Der rechte Player bedient folglich Deck 2 oder Deck 4.
Das Mischpult geht dabei nicht linear vor, ist also nicht von Kanal 1-4 geradlinig durchnummeriert, sondern setzt auf das 3,1,2,4-Design, analog zu den potenziell meist aktiven Decks. Also die Player 1 & 2 im Zentrum, die Erweiterungsplayer 3 & 4 außen. Gängiges, gut zu adaptierendes Controller-Design, wenngleich es auch diesbezüglich schon Ausnahmen gegeben hat.
Jeder Mischpult-Kanal ist mit Gain und einem Dreiband-EQ ausgerüstet, dessen Crossover-Frequenzen und optionalen Isolator-Mode ihr in den Settings festlegt. Die Pegelmeter sind wie auch beim Mastervolume-Regler mit sechs LED-Einteilungen nicht die längsten, aber typisch in dieser Preis- und Produkt-Kategorie und bieten eine gute Orientierung, beim Mixen nicht zu übersteuern.
Es folgen ein Sweep-FX-Effekt-Poti und die Preview-Taste zum Vorhören des Kanals. Die Vorhör-Abteilung bietet neben der Lautstärke-Anpassung und dem Cuemix auch eine Spilt-Cue-Option. Fein.
Die Channel-Fader gleiten sanft, der Überblendregler ist angenehm leichtgängig. Damit lässt sich gut arbeiten. Via Switch weist DJ jeden Kanal den Crossfader-Seiten A oder B zu oder schließt diesen aus.
Sound
Die Tracks marschieren, der Bildschirm ist informativ und die Jog-Displays ebenso. Das gefällt. Ein transparenter und druckvoller Sound liegt an den Ausgängen des SC Live 4 an. Das Mikrofonsignal ist ebenfalls klar. Der Aux-In ist nützlich zur Setup-Erweiterung. Hier habe ich nichts zu bemängeln. Obendrein will sich der Neuankömmling im Denon-DJ-Universum mit seinen integrierten Lautsprechern abheben, denn so könnt ihr nicht nur die Party im kleinen Kreis ohne aufwendiges Boxen-Setup realisieren, sondern auch bequem Musik hören oder Musik vorhören, ohne weitere Stromfresser anzudocken.
Echtes Ghettoblaster-Feeling darf man selbstredend nicht erwarten, da man die Speaker nicht so laut aufdrehen kann, ohne dass es wummert. Besonders macht sich dies bei basslastiger Musik und auch im unteren Bereich beim Einsatz von Tiefpassfilter und Co. bemerkbar. Dennoch sind die Speaker für manche Anwender ganz sicher eine willkommene Sache. Gerade auch für Mix-Übungen, zur Hintergrundberieselung oder auch um Playlisten zu bauen. Apropos – gehen wir nach dem ersten Mix-Eindruck und Soundcheck noch weiter ins Detail.
Touchscreen, Playlisten und Automix
Der von Denon verbaute Bildschirm versteht Gesten, reagiert zügig und ist mit seinem nicht verstellbaren Betrachtungswinkel auf DJing-typische Entfernung recht gut ablesbar. Auch lässt er sich in der Helligkeit regulieren. Allerdings wirkt die die Schrift in den Preferences und Settings etwas klein auf dem Schirm. Diesbezüglich sind die 10-Zöller aus der Prime-Serie (zum SC6000 Test) etwas überlegen.
Am SC Live 4 organisiert ihr mittels Touchscreen-Tastatur eure Musiksammlung, erstellt und sortiert Playlisten, packt virtuelle Plattenkoffer und Prepare Listen inklusive diverser Filter- und Sortierfunktionen – ein tolles Feature der Denon-Controller. Bereits gespielte Tracks finden sich in der History nach Datum sortiert wieder – sehr nützlich. Playlisten lassen sich zudem automatisch über das Playlist-Deck mixen.
Links vom Display erlauben Direktzugriffstasten (View, Layout, Menu, WiFi, Lighting) den Aufruf der Musikbibliothek, die Umschaltung der Ansichten, den Aufruf von Settings etc.
Das Control Center hat Shortcuts parat für den Lighting Screen, Mix-Recording, Wi-Fi, Quellenauswahl und diverse Einstellmöglichkeiten u. a. für die Abspielmodus, Quantisierung, und den Crossfader. Der Workflow ist soweit straightforward und dürfte selbst für Einsteiger keine große Hürde darstellen.
Streaming am Denon DJ Sc Live 4
Die Live-Serie bietet außerdem Streaming, zudem als erste DJ-Mixstation am Platz die Integration von Amazon Music. Dafür benötigt es laut Hersteller einen sicherheitsspezifisch neuen Chipsatz und somit soll dieses Feature nicht an die älteren Geschwister der Prime-Serie weitergereicht werden können, da hierfür ein Hardware-Update nötig gewesen sei. Aktuell lassen sich folgende Anbieter nutzen, wobei ihr Amazon Music aktuell nur mit zwei Decks streamen dürft.
- Amazon Music Unlimited
- Beatport
- Beatsource
- SoundCloud GO+
- TIDAL
- Dropbox als Cloud-Dienst
Streaming-Qualitäten und Ladezeiten
Was die mögliche Streaming-Qualität angeht, unterscheiden sich die Angebote der Anbieter. So gibt es bei Tidal maximal 1411 kbps, bei Amazon hingegen 6144 kbps. In meinem W-LAN war ein 2:58 Minuten langer „Dance Hits“-Track aus dem Amazon-Fundus nach 10 Sekunden in SD-Qualität (320k OPUS), geladen, weitere 9 Sekunden benötigte die Dateianalyse.
Aber es gibt ja noch andere Formate als SD. Die 1411-HD-Qualität beispielsweise war nach gut 20 Sekunden vollständig gepuffert. Ein 3:45 Minuten langer Titel in UHD veranschlagte 22:36 Sekunden, der 9:30-Minuten-UHD-Track vereinnahmte ganze 67 Sekunden bis zur vollständigen Pufferung. Hinzu kamen hier noch 20 Sekunden Analyse. Aber keine Sorge, beim nächsten Laden des Titels muss Dateianalyse nicht mehr erfolgen.
Mix-Recording direkt auf USB/SD
Ein tolles Feature am SC Live 4 ist die Möglichkeit zur Aufzeichnung des Mix lokaler Tracks auf einen USB-Datenträger, keine Frage. In diesem Zusammenhang muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass Mix-Recording auf einen angeschlossenen Datenträger bei der Nutzung von Streaming-Tracks nicht möglich ist.
SC Live 4 und Performance Pads
Acht Pads mit RGB-illuminierenden Aussparungen sind beim SC Live 4 pro Seite verbaut und diese geben Zugriff auf folgende Performance Modi: Cue, Loop, Roll, Slicer. Die Pad-LEDs bieten unterschiedliche Farbzustände je nach Modus und lassen sich gut triggern. Was mir in diesem Zusammenhang noch gefallen würde, wäre ein Sample-Player-Modus für die acht Pads, sodass man beispielsweise Jingles, Effektsounds und Breaks auf ihnen parken kann. Ein Workaround wäre logischerweise die Hotcue-Funktion im eigenen Breaks-Track, dennoch würde dies eine Stand-alone-Mixstation in meinen Augen bereichern.
Noch mehr Features
Um das Handrad verteilt, finden sich viele weitere bekannte Features ein. Unter anderem die Loop-Encoder-Zone, Censor/Reverse, Slip und Deckswitches sowie Skip/Jump/Search und Transport-Tasten. Gegenüber logieren der 100-mm-Pitch, der im Hundertstel-BPM-Bereich agieren kann. Dazu Pitch-Bends sowie Tasten für den Vinyl-Mode, Auto-Sync, Keylock und Key-Sync, also der Tonartsynchronisierung. Wo es Sinn macht, verfügen die Tasten über eine Status-LED. Eine Möglichkeit zur Beatgrid-Editierung gehört ebenfalls zur Ausstattung.
Effekte am Denon DJ SC Live 4
Statt lediglich mit einem dedizierten Kombi-Filter pro Kanal aufzuwarten, bietet SC Live 4 vier Sweep-FX pro Channel, jedoch ohne dedizierten Parameterregler, wie man ihn vom DJM-900NXS2 kennt. Außerdem werden euch 13 Beat FX mit Dry/Wet-, Parameter- und BPM-Regelung gereicht, die ihr dem Master oder einem der vier Kanäle zuweisen könnt.
Denons Effektangebot ist in der Praxis gut eizusetzen und einsteigerfreundlich anzuwenden. Bleibt noch zu sagen, dass auch mein Einsatz von FX, Cuejuggling, Scratchen und Timestretching die Konsole nicht in die Knie zwingen konnte.
Hier ein Auszug aus den Denon SC Live Effekten
Steuerung eures Licht-Setups via Touchscreen
Wie zuvor schon dem Mixstream Pro, den aktuellen Engine-Prime-Mediaplayern und Mixkonsolen, wurde der Live-Serie das SoundSwitch-GUI zuteil. Damit bindet ihr Philips Hue und Nanoleaf für euer Streaming Studio ein undlasst beatsynchron Lichteffekte laufen, bei denen ihr auch manuellen Zugriff habt. Umfangreichere Setups greifen auf DMX zurück, wobei sich SoundSwitch-Hardware direkt mit dem SC Live 4 verbinden lässt. Prima, denn das kleinste SoundSwitch-Interface kostet gerade mal 30 Euro.
Ob stimmungsvolles Umgebungslicht oder pumpende Party-Lichtshow – der Touchscreen erlaubt euch gute Interaktionsmöglichkeiten inklusive diverser Setups:
- automatisch generierte Lightshows zum Beat
- manuelle Farbwechsel
- Strobes und Blackouts
- Gruppensteuerung
- XY-Pad
Ableton Link
Wer möchte, kann weitere Hard- oder Software sogar über das Ableton-Link-Protokoll syncen und somit sein DJ-Set erweitern. Zum Beispiel natürlich um Ableton, aber auch um eine iOS-App wie Remixlive oder Hardware wie die MPC One (zum Test), womit sich die Möglichkeiten um ein Vielfaches erweitern. Dabei könnt ihr den Zuspieler einfach über den Aux-Input einschleifen und zu eurer DJ-Session jammen, Samples abfeuern oder was euch so in den Sinn kommt.
DJ-Controller, Serato und Virtual DJ
Last but not least wurde seitens Denon DJ-Controller-Funktionalität für PC/Mac-Software ausgerufen. Serato und VDJ haben dies bereits bestätigt. Wer unseren SC-Live-2-Test bereits gelesen hat, weiß, dass das Gerät via USB-Port auch mit Seratos DJ-Software auf dem Laptop funktioniert.
Als der Test des SC Live 2 erfolgte, war es noch nicht möglich mit Virtual DJ zu arbeiten, was sich mittlerweile geändert hat. Nachstehend ein paar Eindrücke, wie sich Virtual DJ am SC Live 4 präsentiert. Ziemlich gelungen, wie ich finde.
Das Mix-Vergnügen ist dabei in vielen Bereichen anpassbar, beispielsweise lassen sich hier auch Stem-EQs zum live Remixen nutzen.
Denon DJ SC Live 4 – mögliche Alternativen
Features | Denon DJ Prime 4 | Pioneer XDJ-RR | Denon SC Live 2 |
Kanäle | 4-Kanal-Mixer | 2-Kanal-Mixer | 2-Kanal-Mixer |
Display | 10 Zoll HiRes | 7-Zoll Vollfarb | 7-Zoll Hi-Res |
Inputs | 2x XLR/Klinke Combo-Mike 4x L/R-Cinch Phono-Line | Mikrofon,Aux-In | Mikrofon |
Outputs | XLR (Master,Booth,Zone) Cinch Master | XLR, Cinch (Master) 2 x Kopfhörer | XLR, Cinch (Master) 2 x Kopfhörer |
Media-Inputs | 4 x USB-A | 2 x USB-A | 2 x USB-A, 1x SD |
Streaming/WiFi/LAN | LAN/WiFi: Tidal, Beatport, Beatsource,Amazon, Soundcloud, Dropbox | kein WiFi/LAN | WiFi: idal, Beatport, Beatsource,Amazon, Soundcloud, Dropbox |
Standalone-Mixer | ja, 4x Phono/Line In | nein | nein |
Effekte | Sweep FX, Beat-FX | Color FX, Beat FX | Sweep FX, Beat-FX |
Performance Pads | 8 | 4 | 4 |
Audiointerface | |||
USB | USB-Typ-B | USB-Typ-B | USB Typ-B |
Mix-Recoring integr. | ja | ja | ja |
DJ-Software komp. | Serato, Virtual DJ | rekordbox dj | Serato, Virtual DJ |
sonstiges | Engine Lighting GUI Zone-Out Playlist-Deck Sata-Festplattenfach | Link-Export-Modus für rekordbox | 4 eingebaute Lautsprecher Engine Lighting GUI |
Preis | 2499,- Euro | 1199,- Euro | 1099,- Euro |
Martin Fuetz sagt:
#1 - 18.11.2022 um 19:52 Uhr
Ein schöner Bericht, vielen Dank. Ich stimme dem Fazit voll zu. Lieber noch die 200€ drauflegen und dafür die besseren Anschlüsse, Jog-Displays, 8 RGB Pads, Slicer und 4 Kanäle mitnehmen. Zum halben (!) Preis eines Prime 4 habe ich direkt zugeschlagen. Die Lautsprecher sind übrigens praktischer als man denkt...
DJ Pat La Roche sagt:
#2 - 17.07.2023 um 13:53 Uhr
Stimmt, guter Controller mit vielen Funktionen, welcher sich nicht hinter anderen Controllern verstecken braucht. Das einzige Manko ist für mich jedoch der Überschuss an Kunststoff. Da fühlte sich mein alter MCX8000 wertiger an. Etwas schade auch dass Denon die SAMPLER tasten entfernt bzw eingespart hat. Fand diese Recht nützlich.