Praxis
Um eine Audio- oder MP3-CD zu initialisieren, verstreichen zwischen drei und fünf Sekunden. Der Wechsel zwischen den einzelnen Titeln geschieht sekundenschnell. Noch flotter geht’s beim Speicherstick, der trotz einer Ansammlung von über hundert Titeln auf meinem 8GB-USB-Cruiser im Rekordtempo abspielbereit war und bei dem Track-Wechsel zügiger erfolgen, als manch tanzwütiger Gast „Haste auch was von „Guavid Detta“ sagen kann. Das Gerät spielt AAC, AIFF, MP3 und WAV ab.
Der USB-Typ-A Schlitz ist auf die Bedienoberfläche gewandert, was gerade bei einer Festinstallation im Club oder in der Tanzbar deutlich praktischer ist, als ständig hinterm Tisch rumzufummeln. Was die Limitierung der Datenträger angeht, freut es mich, zu berichten, dass FAT bis 32 und HFS+ mit an Bord sind und die externen Speicherplatten zwei Terrabyte Fassungsvermögen auffahren dürfen. Wobei Windows-Anwender ein wenig in die Röhre schauen, da sie weder NTFS noch ExtFat verwenden können. Bedenkt man jedoch, dass bereits für unter 30 Euro USB-Sticks mit 64 Gigabyte erhältlich sind und diese eine unkomplizierte Alternative darstellen können, relativiert sich das wieder ein wenig. Klar, niemand möchte anstelle einer Terrabyte-Platte mit über 15 Sticks des zuvor genannten Fassungsvermögens in der Tasche losziehen, aber Hand aufs Herz: So viele MP3-Titel muss man erstmal gekauft haben, denn je nach Länge und Datenrate errechnen sich rund 3000 Musikstücke bei durchschnittlichen 20 MB pro Stück auf eben diesem einen 64-GB-Stick). Und braucht man die wirklich abseits der menschlichen Jukebox-Dienstleistung? Ich denke, nicht. Titel am USB-Port direkt vom iPod oder von einer SD-Card im Android-Handy abzuspielen, könnt ihr euch allerdings (noch) abschminken. Für die Apple-Jünger gibt’s die Engine App, die wir gleich vorstellen werden, doch täten Denon gut daran, auch die Fraktion der Androiden zu bedienen – sei es direkt oder per WLAN-Funktion in der Software.
Was den Beatcounter angeht, muss ich leider feststellen, dass dieser nicht gerade der sattelfesteste seiner Art ist. Dieser Umstand macht sich in erster Linie bemerkbar, wenn der DJ von CD arbeitet, denn das Zählwerk veranschlagt im Schnitt knapp zwanzig (!) Sekunden bei meinen Test-CDs, teilweise sogar mehr. Mein altgedienter, direktangetriebener CDX ist hier mit knapp drei Sekunden schneller (was nichts über den Wahrheitsgehalt seiner BPM-Bestimmung aussagt, zudem aktualisiert er ständig). Erschwerend kommt hinzu, dass die Analysen identischer Tracks eben nicht identisch waren (Beispiel: erster Durchgang 128 BPM, zweiter Durchgang 130 BPM oder einmal 102 BPM, einmal 127 BPM oder 85 BPM für Titel, die laut der Software „Mixed in Key“ und Traktor alle 127 BPM betragen). Da kommt dem geschulten Gehör und der Fähigkeit zum manuellen Beatmatchen gleich eine neue Bedeutung zu. Dass die Werte nicht in einem internen Speicher landen, sondern auf dem Stick macht gerade angesichts einer Festinstallation Sinn, denn wer möchte schon die Trackinfos von all seinen Bookings im Player haben? Was jedoch etwas umständlich beim ersten Einlesen eines Silberlings ist: Bei jedem Track-Wechsel muss die Memo-Funktion zur Aufzeichnung der BPM und Loops erneut eingeschaltet werden. Gut finde ich hingegen, dass es möglich ist, Tempoinformationen bei bereits ausgewerteten Titeln über den ID3-Tag auszulesen. Das lässt sich zum Beispiel über die mitgelieferte Engine-Software absolvieren oder aber auch durch externe Analyseprogramme. Und in diesem Zusammenhang und unter der Betrachtung, dass viele Deejays mit komplett getaggten Titeln auflegen, ist dann auch der wankelmütige Beatcounter zu verschmerzen. Ferner lässt sich das Tempo auch manuell durch Drehen des Encoders oder durch mehrfaches Tippen auf den „Tap“-Button eintippen. Daraus errechnet das Zählwerk in Abhängigkeit vom Timing des DJs den Mittelwert.
Engine PC/MAC
Die Musikmanagement-Software Engine soll dem DJ bei der Vorbereitung seines Sets helfen. Dazu gehört, dass sie Musikstücke automatisch nach Geschwindigkeit und Wellenform analysiert. Auch steht sie dem DJ zur Seite, wenn es heißt, virtuelle Plattenkisten (Crates) zu packen, Marker, Loops und Metadaten einzugeben sowie mit Playlisten zu arbeiten – Hotlist, History und Recent inbegriffen. Außerdem steht die iTunes-Bibliothek zur Auswahl. Möchte der DJ eine virtuelle Plattenkiste packen oder eine Abspielreihenfolge zusammenstellen, kann dies über das Programm-Menü oder per Drag-Drop erfolgen. Die Anzahl der Crates und Titellisten ist nicht limitiert, die maximale Anzahl Tracks in einem Register beträgt 1000.
In den linken Spalten werden Library und Targets (USB-Datenträger) ausgewiesen, eine Ansicht, die praktisch für den Datenaustausch per Drag´n´Drop zwischen Mac und Stick ist, wobei die Software beim Zugriff auf die Laufwerke des öfteren Mal ins Stocken kommt und etwas träge nachzieht. Insgesamt kann ich mich für eines von fünf Screen-Layouts plus Fullscreen-Browser entscheiden, wobei in diesem Fall die Instrumente zur Abspielsteuerung im oberen Drittel ausgeblendet werden. Die Inhalte erscheinen übersichtlich im Zentrum, wo sie anhand diverser Filter und per kontextsensitiver Eingabemaske durchstöbert werden. Obendrein steht die Musikbibliothek fein säuberlich nach Genre, BPM, Artist und Album aufgelistet Spalier und der Deejay bekommt einen praktischen Tag-Editor an die Hand. Schließlich kann er auch direkt in der Übersicht editieren.
Welches Audiogerät er zur Ausgabe verwendet, ist ihm selbst überlassen. Prima, er kann also jederzeit mit dem Notebook auf der Couch arbeiten oder die Soundkarte mit den angeschlossenen Nahfeldmonitoren anfahren. Befördert er einen Track in den Software-Player, zeigt dieser gängige Titelinfos inklusive Cover-Art sowie eine Wellengesamtüberblick ähnlich der Dotmatrix am Gerät an, wohingegen das Beatgrid in der vergrößerten Ausschnitt-Betrachtung zum Vorschein kommt. Dieses lässt sich über das Kontextmenü anpassen, jedoch nicht elastisch. Einzelne Beatmarker zu setzen, ist ebenfalls nicht möglich. Die Software kennt einen RAW und BPM-Average-Modus zur Analyse. Der erste Fall bietet sich für Titel mit schwankenden BPM an: Hier werden die Beatmarker an die Positionen gesetzt, die durch Engine ermittelt wurden. Im zweiten Fall wird das Grid vom Aufschlagtakt an gesetzt und ist das Ergebnis aus den durchschnittlichen BPM und der Titellänge. Anhand dieser Informationen lassen sich maximal drei Slave-Player zu einem Master-Player synchronisieren, was leider mangels kompatibler Testeinheiten nicht zu überprüfen, jedoch theoretisch nachzuvollziehen war. Auch bei der Beatpoint-Verschiebung für die Hotcues macht sich die gewählte BPM-Detektion bemerkbar, wie auf den nachstehenden Screenshots zu sehen. In diesem Zusammenhang ist es schade, dass die Benutzereingaben nicht quantisiert werden.
Für dich ausgesucht
Flankiert wird das Software-Deck von der Abspielsektion links und den grafischen Elementen zum Anlegen von Hotcues und Loops rechts, sodass sich diese auf Wunsch auch im Vorfeld am Screen statt Live platzieren und auf einen Stick oder eine Harddisk exportieren lassen. Für ein nächstes Update würde ich mir wünschen, ich könnte noch weiter in die Welle hereinzoomen. Sagen wir mal um den Faktor vier?
Engine kann zwar nur maximal einen Titel simultan auswerten, dies geschieht jedoch innerhalb von zwei bis fünf Sekunden, was ich als recht flott einstufen würde. Was mir jedoch bitter aufstößt: Sollte ein Ordner versehentlich verschoben werden, fehlt eine Suchfunktion für nicht mehr aufgefundene Titel. Leider ist mir auch kein Integritätscheck oder eine “re-build database” Funktion für die Datenbank aufgefallen. Ich begebe mich also per Finder auf die Fährte des Ordners und Reimportiere diesen im Anschluss nach Engine, woraufhin beide Einträge erhalten bleiben – und mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als die Titel manuell zu löschen. Es gibt also auch hier noch Verbesserungspotenzial.
Konnektivitätsreigen
Ist ein Player im Netzwerk angeschlossen, findet Engine diesen automatisch und die Wellenübersicht verschwindet zugunsten eines Fullscreen-Browsers. Titel lassen sich nun per Rechtsklick auf einen Zuspieler schicken, wenngleich ich festhalten möchte, dass ich lieber zur Link-Funktion am Gerät selbst gegriffen habe. Womit ich dann Zugriff auf die Musikbibliothek des MacBook habe, mit dem Encoder durch die aktuelle Titelliste browse und der Song per „Push“ im Deck landet. Sehr schön. Das Streaming über mein 20 Meter langes Netzwerkkabel erfolgte ohne Stocken, Scratch-Vorgänge verliefen genauso problemlos wie das Abfeuern von Loops und Hotcues. Stellt sich die Frage, was passiert wenn zwei Rechner simultan im Netz laufen. Dann gilt das Recht des Älteren, besser gesagt, desjenigen, der zuerst die Engine-Software gestartet hat. Ob es für DJ-Teams vielleicht angebracht wäre, dass netzwerkfähige Player auch auf mehrere Notebooks im WLAN zugreifen können sollten, ist ein Thema für den DJ-Stammtisch, wenngleich die Protagonisten mit externen Festplatten und Sticks bewaffnet beim SC2900 ausreichend Spielraum haben sollten.
Entscheidender finde ich jedoch die Frage, was denn passiert, wenn dem Rechner die Luft ausgeht, das Programm abstürzt oder ein Saboteur die Kabelverbindung unsanft mit dem Taschenmesser zerschnibbelt. Ganz so weit wollte ich nicht gehen, also ziehe ich auf halber Titel-Strecke einfach mal das Netzwerkkabel aus der Buchse und es stellt sich heraus, dass der SC2900 nach knapp 20 Sekunden Zwischenpuffer die Wiedergabe abbricht und in den CD-Modus zurückschaltet, wobei der Track kurz vor Ende des Puffers mit einem Bremseffekt gestoppt wird, als sei dies gewollt. Aber Achtung! Es gibt keinen Warnhinweis im Display, sodass der Knockout am Ende doch ziemlich abrupt erfolgt. Das gleiche Spiel bei der Software. Trotz verbundenem Player erfolgt keine Warnmeldung oder ein Popup-Dialog, als ich das Fenster am PC mit Absicht schließe. Das Programm endet und der Stream verabschiedet sich nach einiger Zeit. Der Bremseffekt ist hier keine schlechte Idee, doch würde mir ein längerer Puffer – ein altes 100 MBit Netzwerk kann immerhin rechnerische 12 MB pro Sekunde durchjagen oder ein integrierter Flashspeicher, auf dem ich eine autarke Notfallsession ablegen kann, die in einem solchen Fall von selbst reingemixt wird, besser gefallen. Schauen wir nun der App auf die Finger.
Unterm Strich bietet die App einen sehr komfortablen Zusatznutzen, doch gibt es auch hier Raum für Verbesserungen. Ob der WLAN-Router für das iPad-Netzwerk nun zum Standard-Equipment eines DJs avancieren wird, wird die Zeit zeigen, denn Denon ist mit dieser Marschroute nicht allein auf weiter Flur. Sollte bei der Vielzahl an Möglichkeiten, die unserer Testkandidat in Aussicht stellt, nun jemand auf die Idee kommen, sich zwei der SC2900 Geräte im Club oder der Bar zu installieren oder die mobile Diskothek damit auszustatten, möchte ich noch auf den Clubmixer Denon-X1600 verweisen, der bestimmt ein guter Partner für den SC2900 wäre und obendrein Traktor-Scratch-kompatibel ist, was uns zum Thema MIDI überleitet.
MIDI-Modus
Im MIDI-Modus werden die Bedienelemente zur Steuerung von Software-Funktionen genutzt, wobei die Wiedergabe über das integrierte Audio-Interface erfolgen kann, aber nicht muss. Denon verbaut im SC2900 hochwertige 24 Bit Burr-Brown-Wandler, die von klanglicher Seite keinen Anlass zur Kritik bieten. Das Interface arbeitet jedoch leider nur mit einer Samplingfrequenz von 44,1 kHz. Es taktet auf dem Testrechner (MacBook Pro/ 4 GB/ 2,2 GHz) unter Traktor mit einer Latenz von 13,6 Millisekunden ein, die ich für einen adäquaten Test erfolgreich unter die Fünf-Millisekunden-Grenze setzen konnte (128 Samples/ 2,9ms processing/ 2,0ms output). Vorweggesagt: Was die Stabilität und das subjektive Echtzeitgefühl beim Aufrufen zeitkritischer Aktionen im MIDI-Betrieb angeht, ist alles in Butter.
Unser Testkandidat wird von Native Instruments Traktor Pro nativ per Setup-Wizard unterstützt. Das Mapping gefällt, denn es beinhaltet grundsätzliche Basiswerkzeuge für die Mixsession, wie Transport, Search, Scratch und Browe (Liste, Next-Track, Max-View, Favourites..). Es kann zudem mit Steuerbefehlen für verspieltere Naturen aufwarten (Filter, Keylock, manuelle Key-Correction, Hotcues) und mittels fest zugeordneter Schleifenintervalle auf der zweiten MIDI-Bank wechselnde Loop-Stakkatos abfeuern. Das passiert zwar nicht Serato-typisch „gerollt“, aber ist dennoch cool. On Top haben die Softwarespezialisten, damit auch die Freunde gepflegter Sampleschlachten auf ihre Kosten kommen, gleich einen Stapel Modifier programmiert, mit denen sich Samples laden, im Verbund oder separat abfeuern, stoppen, gemäß ihrer eingestellten Quantisierung re-triggern und muten lassen. Über die Horizontale unter dem Encoder halten in Kombination mit Start-Stop für jeden Slot einzeln Filter und Volume Einzug. Klasse.
Interessanterweise hat der Hersteller bereits eine aktuellere Version seiner Konfigurationsdatei (SC2900-V1010-wVFD) ausgearbeitet, die mir vom deutschen Support zugeflankt wurde. Bei diesem Mapping zeigt das Display auch Titelinformationen und Laufzeit an.
Nun ist es sicherlich legitim zu behaupten, dass es auch Anwender gibt, bei denen sich beim Gedanken an Doppel- und Dreifach-Belegungen die Anzahl der Schweißperlen auf der Stirn drastisch potenziert. Doch ist klar festzuhalten: Die oberste Arbeitsebene funktioniert genau so, wie man es erwarten sollte. Auch Traktor-Deejays, die am Gig unvorbereitet auf zwei SC2900 treffen, sollten mit den Standards zügig zurechtkommen. Die tiefer verschachtelten Funktionen können zwar anhand des Controller-Managers und der erfreulicherweise beigelegten MIIDI-Chart (oder per Try-and-Error) ergründet werden, doch hat dazu am Set keiner Zeit. Und ob das Handbuch irgendwo rumliegt, ist mehr als fraglich. Hier bedarf es schon eines Probelaufs.
Kommen wir kurz vor dem Fazit auf die Kompatibilität zu gängiger DJ-Software zu sprechen. Serato Itch/Intro fällt aufgrund fehlender geschlossener Architektur zum Testzeitpunkt komplett raus. Traktor Scratch und Serato Scratch Live laufen ja bekanntlich nur mit zertifizierten Interfaces oder Mixern. Ansonsten hat der DJ die freie Wahl zwischen dem bereits erwähnten Traktor Pro, VDJ, Mixvibes, Mixxx und sämtlichen Programmen, die über eine Lernfunktion für MIDI-Kommandos verfügen. Somit sind auch die Inhaber der globalen Beschallungs-Etablissements mit zwei dieser Einheiten ziemlich flexibel aufgestellt. Erwähnung finden sollte ferner, dass im MIDI-Betrieb ab zwei Einheiten mit den integrierten Audio-Interfaces je nach verwendeter Software virtuelle „Knoten“ errichtet werden müssen. Kein Stolperstein, aber man muss es wissen, da nicht jedes Programm multiple Soundkarten akzeptiert. Unter Windows bedient man sich der Allzweckwaffe ASIO4ALL, am Mac erzeugt man ein neues virtuelles Hauptgerät, dass sämtliche potenzielle Player zu einem Device zusammenfasst.