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Deshalb macht Klavier spielen einen besonderen Menschen aus dir

Das Klavier ist das beliebteste Musikinstrument überhaupt. Unzählige junge Schülerinnen und Schüler strömen zu Beginn eines jeden Schuljahres in die Musikschulen des Landes, um Klavier spielen zu lernen. Und das zu Recht, denn das Klavier ist einfach ein tolles Instrument und seine Anziehungskraft ist auch nach über 300 Jahren noch ungebrochen.

Deshalb macht Klavier spielen einen besonderen Menschen aus dir.
Deshalb macht Klavier spielen einen besonderen Menschen aus dir. (Quelle: Shutterstock / Von: Lipik Stock Media)

Aber inwieweit verändert das Instrument den Menschen, der es spielt? Prägt das Klavierspiel den Charakter und die Eigenschaften des Spielers? Macht Klavierspielen einen Menschen zu etwas Besonderem? Wir behaupten: Ja! Aber wir belassen es nicht bei der Behauptung, sondern treten mit dem einen oder anderen Augenzwinkern den Beweis an.
Also bitte nicht alles allzu ernst nehmen 🙂

Inhalte
  1. Klavier spielen fordert alle Sinne
  2. Klavier spielen kann einsam machen
  3. Klavier spielen kann einsam machen
  4. Menschen die Klavier spielen sind fortschrittlich
  5. Wer Klavier spielt, ist organisiert
  6. Wer Klavier spielen kann ist schlau
  7. Wer Klavier spielen kann ist flexibel
  8. Zum Schluss

Klavier spielen fordert alle Sinne

Neben der Orgel ist das Klavier das einzige Instrument, das ein ganzes Orchester ersetzen kann. Der enorme Tonumfang von 88 Tasten deckt fast das gesamte Klangspektrum eines Orchesters ab, von den Tiefen des Kontrabasses bis zu den Höhen der Piccoloflöte. Und weil man mit nur zehn Fingern nicht alle Töne gleichzeitig spielen kann, gibt es noch das Dämpferpedal, mit dem man zusätzlich Töne erklingen lassen kann, die niemand gleichzeitig greifen kann. Das eröffnet dem Pianisten unzählige klangliche Möglichkeiten und einen fast ebenso unerschöpflichen Reichtum an Literatur in den verschiedensten Stilrichtungen. Hier sind alle Sinne gefordert, beide Hände zu koordinieren und den Fuß für die Pedalbetätigung einzusetzen.

Klavier spielen einen besonderen Menschen aus dir: großer Tonumfang des Klaviers
Abgesehen von der Orgel hat kein anderes Instrument einen so großen Tonumfang wie das Klavier. (Quelle: Tobias Homburger)

Klavier spielen kann einsam machen

Wer mit zehn Fingern spielt und mit dem Fuß noch das Pedal bedient, braucht theoretisch keine anderen Menschen, die ihn musikalisch unterstützen. Als Pianist könnte man sein ganzes Leben in einem Raum mit seinem Lieblingsinstrument verbringen und es würde einem wahrscheinlich nie langweilig werden. Aus sozialer Sicht ist das aber eher ein Fluch als ein Segen, denn so verpasst man leicht, was ebenfalls zu einem befriedigenden Musizieren gehört: die Interaktion mit anderen Musikern.

Klavier spielen macht einen besonderen Menschen aus dir: alleine spielen macht einsam
Pianisten neigen dazu, gerne allein zu spielen. (Quelle: Shutterstock / Von: Kert)

Für Violinisten ist es völlig klar, dass sie ab einem gewissen Punkt mit anderen Musikern interagieren werden. Sei es im Duo, in einem kleineren Ensemble oder sogar im Orchester. Und im Flötenunterricht spielt man viel öfter mit dem Lehrer zusammen als im Klavierunterricht. Außerdem würde sich wohl kaum jemand die Mühe machen, den Solopart eines Violinkonzerts zu erarbeiten oder gar auswendig zu lernen, wenn das Werk später nicht aufgeführt würde. Natürlich zusammen mit anderen Musikern.

Kleines Zwischenfazit

Wer als Pianist also nur allein übt und musiziert, dem entgeht ein sehr spannender Teil der Musik, nämlich das Musizieren mit anderen Menschen. Dieses Phänomen könnte man als die negative Seite der in der Überschrift erwähnten Besonderheit des Klavierspielers interpretieren. Aber dahin wollen wir nicht gehen. Klavier spielen ist etwas sehr Positives, eine der schönsten Dinge, die man als musikliebender Mensch tun kann. Schauen wir doch mal weiter, wie die echten positiven Seiten aussehen.

Menschen die Klavier spielen sind fortschrittlich

Die Entwicklung des Klaviers gilt seit etwa 1850 als abgeschlossen. Nach der Erfindung der Repetitionsmechanik durch Sébastien Érard war es vor allem die Verwendung eines gusseisernen Rahmens, die die Spielbarkeit und den Klang des Instruments in die heutigen Dimensionen brachte.  Erstaunlicherweise ist die Entwicklung des Tasteninstruments bis heute nicht stehen geblieben. Seit der Entstehung der ersten elektrischen Klaviere, auch E-Pianos genannt, in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts sind bis heute unzählige Produktkategorien, Marken und Modelle entstanden: Keyboards, E-Pianos, Stagepianos, Stagekeyboards, Digitalpianos, Workstations und Synthesizer. Und alle nutzen sie die Idee des Tasteninstruments, auch wenn die Taste bei den modernen Instrumenten den Ton nur noch über Strom, Computerchips und elektrische Widerstände auslöst.

Tasteninstrumente haben den technischen Sprung ins neue Jahrtausend endgültig geschafft.
Tasteninstrumente haben den technischen Sprung ins neue Jahrtausend endgültig geschafft. (Quelle: Tobias Homburger)

Pianisten entwickeln sich weiter

Und spätestens seit der Entwicklung von MIDI sind Tasteninstrumente die wichtigste Schnittstelle zwischen der musikalischen Idee selbst und dem Computer für Musikanwendungen, den heute fast jeder Komponist und Musikproduzent zum Komponieren und Aufnehmen von Musik nutzt. Sehr viele Komponisten sind gleichzeitig Menschen, die Klavier spielen können. So ist das Klavier das einzige Instrument, das bis heute weiterentwickelt wird und das fortschrittlichste aller Instrumente. Wenn man sich also nicht nur mit klassischer Musik beschäftigt, wird man früher oder später in irgendeiner Form auf ein elektronisches Tasteninstrument stoßen, also muss man sich auch als Mensch, der es spielt, immer weiterentwickeln. Daher unsere Behauptung: Wer Klavier spielt, denkt fortschrittlicher als andere.

Wer Klavier spielt, ist organisiert

Wer Flöte oder Geige spielt, hat es im wahrsten Sinne des Wortes oft leicht. Zehn Minuten vor dem Unterricht oder dem Konzert wird das Instrument unter den Arm geklemmt und los geht’s. So oder so, der Transport eines kleinen Instruments ist nicht schwer oder kompliziert. Beim Klavier sieht das schon anders aus. Jede Ensembleprobe, ob Trio oder Band, muss vorbereitet und geplant werden. Steht ein Flügel im Raum? Ist er gestimmt und spielbereit? Gibt es im Gemeindehaus oder anderswo ein Ersatzinstrument, beispielsweise ein Digitalpiano? Soll das eigene Instrument mitgebracht werden? Und wie kommt man zum Auftrittsort? Diese und ähnliche Fragen gehören zum Leben eines aktiven Pianisten. Das akustische Klavier ist einfach zu groß und viel zu schwer, um es überall hin mitnehmen zu können.

Fotostrecke: 2 Bilder Je größer das Instrument, …

Probleme? – es gibt keine!

Um solche Problematiken lösen zu können, ist es wichtig, das Gewicht und die Maße seines Pianos zu kennen, Freunde mit Autos zu haben, mit dem Personal des Auftrittsortes oder dem Konzertveranstalter in engem Kontakt zu stehen und sich Gedanken über einen möglichen Transport zu machen. Und vor allem muss man einfach professionell organisieren können. Nur so wird jeder Auftritt ein Erfolg.

Wer Klavier spielen kann ist schlau

Bereits in den 1990er Jahren wurde der sogenannte Mozart-Effekt nachgewiesen. Eine Studie zeigte damals, dass das Hören von Mozart die Gehirnaktivität steigert und insbesondere das räumliche Denken anregt. Was passiert also, wenn man eine Mozart-Sonate auf dem Klavier spielt? Bei Pianisten ist die Vernetzung der beiden Gehirnhälften ohnehin am stärksten ausgeprägt, denn das Klavier ist neben der Orgel das schwierigste Instrument überhaupt. Und bevor Geiger, Gitarristen oder Bläser jetzt aufschreien – hier der Grund: Natürlich ist das Erzeugen des Tons am Klavier nicht so kompliziert wie auf der Geige oder der Trompete. Streicher brauchen Jahre, um die Lage der Töne auf dem Hals ihres Instruments zuverlässig zu finden, und Bläser müssen ihren Ansatz ständig üben, um überhaupt einen ordentlichen Ton erzeugen zu können, das ist klar.

Klavier spielen fordert alle Sinne …

Doch abgesehen von der Orgel ist die Literatur für kein anderes Instrument so komplex wie für das Klavier. Denn durch die vielen Tasten und die Tatsache, dass es in der Klaviermusik neben der Melodie immer auch eine Begleitung und eine Bassstimme gibt und neben Einzeltönen und Melodien immer auch Akkorde erzeugt werden müssen, ist das Musizieren auf dem Klavier eben besonders schwierig.

Das Spielen einer Geige ist nicht leicht.
Das Spielen einer Geige ist nicht leicht. (Quelle: Michael Geisel)

Und dann gibt es noch die Polyphonie. Polyphonie bedeutet, dass ein Stück aus mehreren gleichberechtigten Stimmen besteht, die alle gleichzeitig gespielt werden und harmonisch klingen. Um beispielsweise eine dreistimmige Klavierfuge von J. S. Bach mit Saxophonen zu spielen, braucht man eigentlich drei Musiker. Aber ein Pianist muss das alles alleine schaffen und damit drei Musiker gleichzeitig ersetzen.

Aber nichts ist schwerer als eine Bach-Fuge auf dem Klavier.
Aber nichts ist schwerer als eine Bach-Fuge auf dem Klavier. (Quelle: Tobias Homburger)

… und mehr

Zudem ersetzt in der Oper ein Korrepetitor ein ganzes Orchester, wenn ein Sänger seine Rolle einstudieren möchte. Es wäre einfach zu aufwendig und viel zu teuer, dafür ein Orchester zu engagieren. Und wenn der Sänger gesundheitlich angeschlagen ist, muss vielleicht die ganze Partitur aus dem Stegreif eine kleine Terz tiefer transponiert werden – und das vom Blatt. So etwas muss kein anderer Instrumentalist leisten, und das macht das Klavier zum anspruchsvollsten aller Instrumente und denjenigen, der es spielt, zu einem besonderen Menschen. Denn wer so etwas meisterhaft beherrscht, der muss auch ein bisschen klüger sein.

Was ist ein Korrepetitor?

  • Der Korrepetitor ist derjenige, der anstelle des Orchesters am Klavier spielt, wenn z. B. Sänger, Chöre, Instrumentalisten, Tänzer oder Schauspieler ein Stück neu lernen oder wiederholen, ihre Rollen einstudieren oder Szenen in Oper, Operette, Ballett usw. geprobt werden. Der Korrepetitor gibt auch musikalische Korrekturen in Einzelproben.

Wer Klavier spielen kann ist flexibel

Als Pianist hat man kaum die Möglichkeit, mit seinem Instrument ein Konzert zu geben. Natürlich gibt es Ausnahmen. Vladimir Horowitz zum Beispiel nahm seinen Flügel einfach zu jedem Konzert mit, als er nach Jahrzehnten im amerikanischen Exil eine Konzertreise in seine alte Heimat Russland unternahm. Für den „normalen“ Musiker ist ein solcher Transport eher unwahrscheinlich, schon wegen der Kosten und der möglichen Schäden, die beim Transport von Klavieren und Flügeln entstehen können. Die Vermeidung dieser Unannehmlichkeiten hat aber auch einen entscheidenden Nachteil.


Jedes Klavier spielt sich anders.
Jedes Klavier spielt sich anders. (Quelle: Tobias Homburger)

Welcher Nachteil ist das?

Als Pianist wird man ständig mit anderen Instrumenten konfrontiert, die man nicht kennt, geschweige denn jemals gespielt hat. Man muss immer wieder sein ganzes Können auf neuen, anderen Instrumenten abrufen und unter Beweis stellen. Das wäre für einen anderen Instrumentalisten kaum möglich. Wenn ein Violinist seit fünf Jahren dasselbe Instrument spielt und es kurz vor dem Konzert kaputt geht, wird es schwierig, auf ein anderes Instrument umzusteigen. Auch hier sind Klavierspieler im Vorteil, da sie von Anfang an lernen müssen, sich immer wieder auf ein anderes Instrument einzustellen. Das macht flexibel und anpassungsfähig. Auch das ist ein großer Vorteil. Wenn man dann mal einen Fehler beim Spielen macht, schiebt man die eigenen Unzulänglichkeiten einfach auf das unbekannte Instrument.

Zum Schluss

Es gibt also viele Gründe, Klavier zu spielen. Außerdem ist und bleibt es das großartigste Instrument der Welt. Kein anderes Instrument hat einen so großen Tonumfang, ist so vielseitig und klangvoll wie das Klavier. Durch seine Eigenschaften ist das Klavier ein ganz besonderes Instrument, das denjenigen, der es beherrscht, zu einem besonderen Menschen macht. Vielleicht solltet auch der eine oder andere einmal eine Probestunde am Klavier nehmen. Wer weiß?

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