In dieser Folge unserer Serie über die deutsche Bassszene treffen wir dieses Mal auf den Kölner Bassisten, Musikproduzenten und Songwriter Günter Asbeck. Seit mehr als 30 Jahren tummelt sich der gelernte Kaufmann nun bereits in der Musikszene, spielte live und im Studio Bass für Stars wie Thomas D, DJ Bobo, Bernd Stelter, Udo Lindenberg, The Rasmus, Robin Beck oder TV-Sendungen wie “Nur die Liebe zählt” (SAT 1), “RTL Chart Show” (RTL) oder “Top of the Pops” (RTL). Die für Musiker extrem schwierige Corona-Zeit seit dem Jahr 2020 nutzte Günter Asbeck, indem er sein Soloalbum “Evolve” produzierte, welches sogar in den US-Radiocharts landete! Wir sprachen mit Günter über seine Karriere, seinen Werdegang, sein Equipment, sowie über harte Zeiten für Musiker.
Hallo Günter! Du zählst seit vielen Jahren zu den gefragtesten Bassisten in Deutschland und wirst auch immer wieder von internationalen Acts gebucht. Sogar Basslegende Nathan East hat dich als Begleiter für sein Soloprojekt ausgewählt, was man definitiv als Ritterschlag werten kann. In der Musikszene sind wir allerdings leider aufgrund von Corona immer noch nicht annähernd in die Normalität von vor zwei Jahren zurückgekehrt. Erzähl doch mal, wie diese Zeit für dich war bzw. ist? Hattest du auch in den Lockdowns Jobs, oder hast du die unfreiwillige Auszeit anderweitig genutzt?
Günter Asbeck: Leider hat die Pandemie – wie bei vielen anderen Kollegen und Kolleginnen – auch bei mir voll eingeschlagen, da ich eben den größten Teil meines Lebensunterhaltes durch Livekonzerte verdiene und diese von heute auf morgen gänzlich weggefallen sind. Das war schon eine immense Umstellung! Ich konnte zum Glück verstärkt als Studiomusiker arbeiten, musste aber trotzdem auch meine hart ersparten Rücklagen anzapfen, um über die Runden zu kommen. Allerdings hatte die Situation tatsächlich auch etwas Gutes, denn ich konnte in der Zeit ohne Gigs endlich mein Debütalbum “Evolve” fertigstellen und veröffentlichen!
Apropos Album, was erwartet den interessierten Hörer denn auf deiner Soloscheibe? Ich durfte ja schon mal reinhören und darf verraten, dass es nicht gerade ein typisches Bass-Soloalbum ist …
Günter Asbeck: Mein Album ist stilistisch eine “mixed bag”, d.h. ich habe mich beim Songwriting nicht um die Erfüllung bestimmter stilistischer und inhaltlicher Erwartungen an das Debütalbum eines Bassisten bemüht. Ich wollte, wie du sofort erkannt hast, kein typisches “Bassisten-Album” machen, sondern bin einfach meiner Inspiration gefolgt. Es finden sich verschiedene musikalische Stile und unterschiedliche textliche Themen auf dem Album, das reicht von meinen Beatles-Wurzeln (“Love Under Open Air”) über den von Glenn Hughes beeinflussten Titelsong (“Evolve”) bis hin zu im Smooth Jazz angesiedeten Titeln, bei denen ich mir auch Partner aus diesem Genre dazugeholt habe, wie z. B. die US-Sängerin Selina Albright auf “Don’t Give Up”. Oder meinen guten Freund und Songwriting-Partner Dennis LeGree auf “Don’t Give Up” und “Make It Work Again”. Oder den US-Saxophonisten Will Donato auf “Where Are You Now” und “Make It Work Again”. Alles in allem besitzt das Album einen tollen positiven Vibe und soll eine hoffnungsvolle und zuversichtliche Atmosphäre vermitteln. Und: Auf 10 von 11 Tracks bin ich zudem auch als Sänger zu hören!
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Der Hammer ist ja: Dein Album ist im amerikanischen Radio zurzeit ziemlich erfolgreich und sogar in einigen Hörer-Charts gelandet. Wie hast du das denn bitte angestellt?
Günter Asbeck: Mit ganz, ganz viel Arbeit, positivem Denken – und einfach guter Musik! (lacht) Meine beruflichen Erfahrungen aus dem Marketing haben mir hierbei sicherlich geholfen und ich habe mich voll reingekniet, mein Album überregional bekannt zu machen. Zusätzlich habe ich mir eine US-Radio-Promofirma ins Boot geholt, welche die Scheibe und die dazugehörigen Singles sehr professionell ins US-Radio gebracht haben. Ein toller Nebeneffekt war, dass auf diese Weise auch Radiostationen aus Ländern wie Brasilien, Ecuador, Spanien, Frankreich, Kanada, Russland etc. auf meine Musik aufmerksam wurden und Songs von mir in ihr Programm aufgenommen haben.
Das ist ja der Wahnsinn, herzlichen Glückwunsch! Die Scheibe ist natürlich auch auf allen gängigen Streaming-Portalen zu finden. Beschreibe uns doch einmal die traurige finanzielle Wahrheit dieser “Schönen Neuen Welt”.
Günter Asbeck: Tja, das ist in der Tat ein Trauerspiel mit diesen Streaming-Diensten und der finanziellen Entlohnung, welche dort (nicht) stattfindet: Die Streaming-Anbieter betreiben ein Geschäftsmodell, welches eigentlich dem den früheren Plattenfirmen nicht unähnlich ist: Es wird einfach finanziell alles Machbare aus dem Content der Künstler rausgepresst, was möglich ist, um anschließend einen sehr, sehr geringen Anteil davon an die Musikschaffenden weiterzuleiten. Den viel größeren “Rest” steckt man sich hingegen lieber in die eigene Tasche! Ich bin recht froh, dass ich im Grunde alles selbst gemacht habe und nicht auch noch eine Plattenfirma im Boot ist. Man sollte sich z. B. als junger, aufstrebender Künstler auf keinen Fall auf eine hohe Entlohnung der Streaming-Anbieter einstellen. Am besten sollte man tatsächlich gar nicht erst mit Geld rechnen, welches über Streams generiert wurde! Stattdessen sollte man seine Karriere gleich auf mehrere Säulen stellen: Eben des Öfteren Musik veröffentlichen, viel live spielen, und parallel Aufmerksamkeit in Form von regelmäßigen Posts in den sozialen Medien erzeugen.
Mir ist sofort der außergewöhnlich gute Sound deines Albums aufgefallen. Mit welchen Mixing- und Mastering-Engineers hast du zusammengearbeitet?
Günter Asbeck: Für insgesamt vier Titel des Albums, nämlich “Love Under Open Air”, “Only With You – Album Edit”, “Only With You – Radio Edit” sowie dem Titelsong “Evolve” konnte ich meinen absoluten Mixing-Traumkandidaten verpflichten: den fünffachen Grammy-Preisträger und Mixing-Legende Chris Lord Alge, der u.a. für James Brown, Green Day, Muse, Rick Springfield, Joe Cocker uvm. am Pult saß. Die Titel “Make It Work Again”, “Where Are You Now” und “Where Do You Go From Here” wurden in den weltberühmten “Abbey Road Studios” von Chris Bolster gemischt, der u. a. für Florence & The Machine, Paul McCartney (auf dem Album “New”), Take That und die Beatles (“Anthology Remixes” und das “Love”-Album) verantwortlich zeichnet. Chris hat die drei Tracks auf meinen Wunsch hin auf der analogen TG-Konsole gemischt, auf denen die Beatles 1969 ihr Album “Abbey Road” gemischt haben – eine sehr große Ehre! Weitere Mixing Engineers waren mein alter Freund Marin Subasic, der die zweite Single “Don’t Give Up” feat. Selina Albright gemischt hat, sowie mein Kunpel und Songwriting-Partner Peter Wieschermann, mit dem ich zwei Songs zusammen geschrieben und gemischt habe, nämlich “Do You Remember When” und “Meet John Doe”. “Slow Motion” habe ich selbst in meinem Studio gemischt. Gemastert wurde das Album dann von Alex Kloss in den “Maarweg Studios” in Köln.
Themenwechsel: Du hast ja tatsächlich mal “etwas Gescheites” gelernt und hast dich relativ spät für die Karriere als Profimusiker entschieden. Wie kam es dazu?
Günter Asbeck: Eigentlich wollte ich, seit ich im Alter von acht Jahren die Beatles das erste Mal gehört habe, professioneller Musiker werden. Später, im Teenager-Alter, gab es dann aber einige Irrungen und Wirrungen sowie die Erwartungshaltung meiner Eltern nach einem “Brotberuf”, wie es mein Vater zu nennen pflegte. Ich habe nach der Schule erstmal einen kaufmännischen Beruf gelernt und bin dann als Quereinsteiger in der Werbebranche gelandet. Ich habe aber immer “nebenher” Musik gemacht, meine eigenen Bands gehabt, aber schließlich mit 35 Jahren dann den Absprung gewagt und meinen bürgerlichen Beruf hinter mir gelassen, um Profimusiker zu werden. Bereut habe ich es bis heute nicht!
Für einige unsere Leser sicher die wichtigste Frage: Wie wird man ein derart erfolgreicher und gefragter Sideman? Wie hast du da deine ganz spezielle Nische gefunden?
Günter Asbeck: Ich glaube, da gibt es mehrere wichtige Punkte: Zunächst natürlich ein paar menschliche Komponenten, wie z. B. Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, gute Vorbereitung und einfach ein netter und unkomplizierter Kollege zu sein. Mein Freund und überaus geschätzter Kollege Nathan East sagte mir mal vor vielen Jahren: “Always be a nice guy to hang with!” Hinzu kommen natürlich die nicht weniger wichtigen Fähigkeiten am Instrument, stilistische Vielfalt, schnelle musikalische Reaktionsfähigkeit und Auffassungsgabe. Eine noch größere Kompatibilität schafft man, wenn man lernt, gut und schnell Noten zu lesen. Professionelles, gut gewartetes Equipment spielt auch eine wichtige Rolle. Und last but not least hat es sich für mich auch häufig ausgezahlt, dass ich ausgebildeter Sänger bin und nicht nur den Bass, sondern auch Lead- und Backingvocals beisteuern kann, wenn dies gewünscht wird. Da können dann manche Künstler sich einfach eine Kostenstelle sparen, da ich Bass und Vocals parallel anbieten kann.
Nenne uns doch mal einige deiner wichtigsten musikalischen Stationen!
Günter Asbeck: Eine wichtige Station war meine eigene Band Value, die ich von 1985-1994 hatte. Da konnte ich mich musikalisch und kompositorisch komplett ausleben. Später kamen einige für mich sehr wichtige Sideman-Gigs zustande, bei denen ich in kurzer Zeit wie in einer Masterclass sehr viel lernen konnte, z. B. auf Tourneen jeweils als zweiter Bassist von Nathan East, Michael Manson (Bassist von George Duke) und Gerald Veasley. Ich war für das “very low end” bei allen drei Künstlern verantwortlich, während sie in den mittleren Lagen oder, wie im Falle von Mike, mit Piccolo-Bässen in den höheren Lagen gespielt haben. Jeweils eine zweistündige Probe vor dem ersten Gig, und los ging die Fahrt! Davon findet man übrigens auch viel Zeug noch auf Youtube. Dann natürlich noch mit Leuten wie David Benoit, Gerald Albright, Kirk Whalum, Chuck Loeb uvm. zu spielen – das war und ist ein gelebter Traum! Auch bei Nino de Angelo, Jennifer Rush, DJ Bobo, Sandra, Gloria Gaynor und James Blunt war es immer interessant zu spielen. Dieser Moment im Konzert, wenn das gemeinsame Spielen der Musik mehr wird als die Summe der einzelnen Instrumente, wenn man gemeinsam “fliegt”, diese “Magic Moments”, die man immer wieder erlebt … das ist einfach unvergleichlich!
Seit einiger Zeit bist du auch Endorser für Bässe von Music Man. Wie kam es dazu und welche “Musik-Männer” gefallen dir am besten und warum? Stingray, Sterling, 4- oder 5-Saiter?
Günter Asbeck: Ich freue mich in der Tat sehr, nunmehr zur Ernie Ball/Music Man Familie zu gehören! Ich habe im Laufe der Zeit schon mehrere 4- und 5-Saiter Stingray-Bässe besessen und diese immer sehr gerne gespielt. Aktuell besitze ich seit gut 14 Jahren einen alten 4-Saiter Stingray aus 1989 in Rot, den ich mir vor ein paar Jahren von meinem Guitar Repair Tech und guten Freund Walter Kraushaar zum Fretless habe umbauen lassen. Ein Trauminstrument, sehr nahe an diesem für Pino Palladino typischen knurrig-singenden Sound! Und von Musik Meyer, dem deutschen Vertrieb von Music Man, konnte ich mir kürzlich zwei unglaublich vielseitige Instrumente aussuchen: Einen Stingray 5 H Special in der sehr schönen neuen Farbe “Smoked Chrome” mit einem unglaublich gut klingenden und bespielbaren Ebenholz-Griffbrett. Ein Killer-Basssound und ein echter Hingucker auf der Bühne. Dieses Instrument ist jetzt mein neuer Hauptbass! Und dann erhielt ich einen Sterling Ray34 – genau genommen ebenfalls ein Stingray, allerdings aus der günstigeren Sterling-Ray34-Reihe – in der Killerfarbe Trans Black Satin. Ich bin wunschlos glücklich mit den Instrumenten und der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit Music Man und Musik Meyer!
Dein Basssound auf “Evolve” ist übrigens phänomenal, gerade auch, was die tiefe B-Saite angeht. Wie nimmst du deinen Bass am liebsten auf? “Old School”-mäßig analog mit Amp und Mikros oder “In The Box” mit Plugins? Oder irgendwas dazwischen? Gibt es irgendwelche Geheimnisse, die du uns verraten kannst?
Günter Asbeck: Vielen Dank für das Kompliment! Ich nehme in meinem Studio alle Bässe in der Regel direkt “In the Box” auf. Zu rund 80% werden bei Fremdaufträgen aktive 5-Saiter angefragt. Ab und zu spiele ich auch Tracks mit meinen passiven Fender Jazz-Bässen ein. Z.B. habe ich für die 2 Tracks auf DJ Bobo’s “Mystorial” Album meinen Squier Classic Precision Bass eingesetzt, der passte soundmässig zum Schlagzeugspiel von JR Robinson (der auf “meinen” Tracks auf dem Bobo-Album gespielt hat) am besten! Je nach Bass benutze ich auch ein paar Preamps, die ich vor den Wandler schalte zum Einspielen, wie z.B. einen Avalon U5, eine RNDI Rupert Neve DI, einen Aguilar Tonhammer Preamp, oder auch einfach nur die in den aktiven Bässen eingebauten Preamps. Dabei bin ich immer bemüht, die jeweiligen Tracks ohne Edits in einem Durchgang einzuspielen und achte dabei u. a. auf Ausdruck, Tonlängen, Groove im Allgemeinen – und darauf, wie und was der Drummer spielt.
Du hast mit vielen nationalen und internationalen Künstlern gearbeitet und bist auf zahlreichen Platten zu hören. Kannst du uns ein paar typische “Günter-Asbeck-Signature-Basslines” zeigen, auf die du besonders stolz bist?
Günter Asbeck: Sehr gerne, hier die drei dazugehörigen Videoclips:
Welche Projekte stehen bei dir als nächstes auf dem Zettel?
Günter Asbeck: Ich habe gerade wieder ein paar Basstracks eingespielt, drei Titel – einer davon sogar mit Basssolo – für das kürzlich erschienene neue Album von Wolfgang Petry und u. a. für den US-Saxophonisten Will Donato ein paar Smooth-Jazz-Tracks für sein neues Album. Tja, und “nach dem Album ist vor dem Album”: Ich schreibe tatsächlich gerade schon an meinem zweiten Album, das ich stilistisch ähnlich angehen werde wie das erste. Nur werde ich dieses Mal versuchen, es deutlich schneller fertigzustellen und auf den Markt zu bringen als das erste! (lacht) Es wird auch wieder ein paar interessante Duett-Partner:innen geben! Stay tuned!
Surftipp zum Thema: www.guenterasbeck.de