Deutschland: Zwei Drittel aller Kunstschaffenden verdienen weniger als einen Euro mit Streaming

Eine Studie zum Musikstreaming in Deutschland zeigt ein klares Gefälle: Einige kassieren ordentlich ab, der Rest bekommt nur wenige Krümel ab. Dabei wurde sogar ein Vergleich zum CD-Zeitalter gezogen.

© Wesley Tingey

Die Studie “Vergütung im deutschen Markt für Musikstreaming” des Forschungsnetzwerks Digitale Kultur ist am Dienstag veröffentlicht worden und gibt detaillierte Einblicke in die heimische Musikindustrie. Dabei sind die Ergebnisse wenig überraschend: Es gibt eine stark ungleichmäßige Ausschüttungsverteilung. Zwar existieren bereits vereinzelte Lösungsansätze für eine ausgewogenere Verteilung, etwa mit einem nutzerorientierten Vergütungsmodell bei SoundCloud. Dennoch zeigen die Daten klar: Nur eine kleine Minderheit verdient mit Streaming einen relevanten Betrag. Die Mehrheit der Künstler verdient hingegen gar nichts. Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse der Studie zusammengefasst.

Top 0,1% erzielen Mehrheit der Umsätze

Die Mehrheit der Musikschaffenden (über 74 %) sind unzufrieden mit ihren Streaming-Einnahmen. Dazu ist der Markt stark polarisiert: 0,1 % der Künstler erzielen über 75 % der Umsätze, während 68 % weniger als einen Euro im Jahr 2023 verdienten.

Ganz verwunderlich ist das allerdings nicht. Im Jahr 2022 wurden von den insgesamt 158 Millionen Songs auf Streamingdiensten ganze 38 Millionen nicht ein einziges Mal gestreamt. Mittlerweile sehen vermutlich sogar eine größere Anzahl an Künstlern keinen einzigen Cent. Seit 2024 zahlt Spotify nämlich erst ab 1.000 Streams Geld aus.

Der Vergleich mit dem CD-Zeitalter zeigt auch starke Veränderungen. 2002 lagen 5.758 bzw. 9% aller Musikschaffenden über dem Grundfreibetrag. Heute sind es zwar doppelt so viele (13.181), allerdings anteilsmäßig nur noch 0.7%. Dieser wurde für 2023 auf 10.908€ festgelegt. Dafür wächst seit 2014 die Zahl derer mit mittleren und hohen Streaming-Umsätzen.

Bei der Studie kam es zu einer Befragung unter den Musikschaffenden.

  • 76 % der Befragten finden ihre Streaming-Einnahmen schwer nachvollziehbar, insbesondere im Vergleich zu anderen Einnahmequellen. Ursache sind komplexe Vertrags- und Lizenzstrukturen, komplizierte Umsatzberechnungen und fehlender Zugang zu Vergütungsdaten.
  • Drei viertel (75 %) der Befragten bevorzugt dabei ein nutzerzentriertes Vergütungsmodell. Hier fließt das Abo-Geld nur an diejenigen Künstler, die tatsächlich gehört werden. So ein Modell gibt es bei SoundCloud. Bei Spotify oder Apple Music werden hingegen sämtliche Einnahmen in einen Topf geworfen und entsprechend der Anzahl an Streams verteilt.
  • Die überwiegende Mehrheit der Befragten (86,2 %) lehnt die Aussage ab, dass nur Musiktitel vergütet werden sollten, die in den vergangenen 12 Monaten mindestens 1.000 Streams generiert haben.
  • 86,3 % der Befragten sind für eine geringere Vergütung von KI-generierten Songs. 81 % befürworten eine geringere Auszahlung bei funktionaler Musik wie Rauschen (White/Brown/Pink Noise).
  • 76 Prozent können im Vergleich zu anderen Einnahmequellen (u.a. Live-Auftritte und physische Verkäufe) die Einnahmen über Streaming schlechter nachvollziehen.

Kulturstaatsministerin sieht Handlungsbedarf

Claudia Roth (Grüne), Kulturstaatsministerin, sieht noch einiges an Arbeit beim Musikstreaming. Laut ihr sind Förderprogramme für kleinere, unabhängige Musikerinnen und Musiker, notwendig. Dazu benötige es mehr Transparenz entlang der gesamten Verwertungskette, um besser zu verstehen wo das Geld letztlich landet. In einem Statement sagt sie dazu: “Es braucht eine faire Vergütung von Musikschaffenden, mehr Transparenz und insgesamt eine Demokratisierung der Marktmacht.”

Die gesamte Studie gibt es hier (PDF).

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