Erst vor zwei Jahren präsentierte der italienische Hersteller Dexibell mit den Modellen aus der VIVO-Serie mehrere leistungsstarke Stagepianos, die mit beachtlich großem Speicher und hervorragenden Klängen ausgestattet waren. Mit dem VIVO S7 Pro stellt Dexibell nun das Nachfolgemodell des S7 vor, welches durch einige interessante neue Features erweitert wurde. Auffallend ist jetzt die Ähnlichkeit zum Spitzenmodell VIVO S9, denn neben der optischen Aufmachung besitzt das VIVO S7 Pro jetzt einige neue Anschlussmöglichkeiten und das „human Interface“ des großen Bruders. Auch in puncto Sounds und Tastatur hat man nachgelegt. Preislich gesehen ist das neue Modell etwa 500 € teurer als sein Vorgänger. Ob sich das knapp 2.000 € teure Stagepiano auf dem Markt behaupten kann, das wollen wir in diesem Testbericht herausfinden.
Neben einigen kosmetischen Eingriffen fallen mir beim Durchgehen der Features des neuen VIVO S7 Pro viele Gemeinsamkeiten mit dem Vorgänger auf. Dabei sind es vor allem die Details, an denen Dexibell gearbeitet hat. Gut zu wissen ist jedenfalls, dass die hochgelobte T2L-Engine mit einer Polyphonie von 320 Stimmen und sehr langen Samples weiterhin in den Stagepianos integriert ist. Mit einem Speicher von 1,5 GB bietet das VIVO S7 Pro genau wie alle anderen Modelle der italienischen Manufaktur, jede Menge Platz für verschiedene Sounds: Akustische Pianos, E-Pianos und klassische Keyboard-Sounds befinden sich an Bord des Stagepianos.
Über den True To Life (T2L) Editor lassen sich klangliche Details wie z. B. Saiten-Resonanzen und Dämpfergeräusche einstellen. Erweitert wurde u. a. die Multitimbralität: Verfügte der Vorgänger noch über drei Parts, so bietet das S7 Pro jetzt auch einen vierten Part. Außerdem verfügt das VIVO S7 Pro jetzt auch dank des neuen Parts über zwei zusätzliche Effekt-Slots. Was beim Vorgänger noch fehlte, das wird jetzt serienmäßig mitgeliefert: Ein stufenloses Haltepedal gehört zum Lieferumfang. Schauen wir uns das Dexibell VIVO S7 Pro also etwas genauer an!
Details
Gehäuse
Auf den ersten Blick erinnert mich das Dexibell Vivo S7 Pro an das von uns bereits getestete Vivo S9, welches erst Ende 2018 seinen Einstand auf dem Stagepiano-Markt feierte. Im Gegensatz zum Vorgängermodell Vivo S7 hat man das neue Vivo S7 Pro optisch aufgewertet und ihm das Design des Flaggschiffs Vivo S9 spendiert: Jetzt präsentiert sich unser Testkandidat im selben weiß-blauen Design wie das Spitzenmodell aus dem Hause Dexibell. Das Vivo S7 Pro wirkt damit hochwertiger und edler, wenngleich ich mir sicher bin, dass die farbliche Komposition eher Geschmackssache ist. Eines ist jedenfalls klar: Optisch hebt sich das Stagepiano stark von den sonst eher dunklen oder roten Konkurrenten auf dem Markt ab.
Was da aus dem Karton kommt, ist übrigens ein echter Bolide, denn mit 17,9 kg ist das Vivo S7 Pro kein Leichtgewicht mehr. Das spricht allerdings für die Qualität des Instruments: Das Stagepiano ist erstklassig verarbeitet und verfügt über ein sehr schönes Aluminium-Gehäuse, welches durch Holz-Seitenteile ergänzt wird. Im Lieferumfang des Dexibell Vivo S7 Pro befinden sich übrigens ein stufenloses Haltepedal, sowie ein externes Netzteil und eine Bedienungsanleitung.
Tastatur
TP-40 Graded nennt sich die Tastatur des Vivo S7 Pro und verspricht damit ein besonders realistisches Spielgefühl. Die Modellbezeichnung lässt erahnen, dass es sich hier um eine Tastatur aus dem Haus Fatar handelt. Wie könnte es auch anders sein! Fatar ist schließlich seit vielen Jahren führender Hersteller, wenn es um hochqualitative Tastaturen jeglicher Art geht. Mit „graded“ ist hier die Gewichtung gemeint: Der Bassbereich lässt sich etwas schwerer als der Diskant spielen. Daneben soll ein Dreifachsensor eine gute Velocity-Auflösung ermöglichen. Einen Druckpunkt vermisse ich hier allerdings, denn das unterscheidet die Digitalpiano-Tastatur von einer echten Flügeltastatur. Vielleicht kann man dies aber vernachlässigen, denn immerhin wird das Vivo S7 Pro auch für andere Sounds verwendet, bei denen ein Druckpunkt nicht zum Instrument gehört.
Bedienfeld
Das Bedienfeld des Vivo S7 Pro ist dank der blau hinterlegten quadratischen Felder gut strukturiert und übersichtlich. Im Gegensatz zum Flaggschiffmodell ist es allerdings einen Hauch kleiner, was der fehlenden Orgelsektion geschuldet ist. Der Vorteil liegt auf der Hand: Glücklicherweise bieten die freien Bereiche am Rand des Stagepianos etwas Platz, um beispielsweise ein Smartphone oder Tablet abzulegen. Ansonsten geht es hier ähnlich zu wie beim großen Vivo S9: Die vier rechteckigen Felder des Vivo S7 lassen sich unterteilen in die Bereiche Sound/Memory, Display, Audio FX und in das links außen liegende Feld für den Player sowie Master EQ und Reverb. Die vier Bereiche lassen vermuten, dass wir es hier mit einem leistungsstarken Stagepiano zu tun haben.
Mittelpunkt der Benutzeroberfläche ist das gut lesbare OLED-Display, welches sowohl zur Auswahl der verschiedenen Klänge sowie auch zur Anzeige diverser Menüparameter dient. Auf dem schwarzen Hintergrund kommt die weiß-leuchtende Schrift gut zur Geltung und typischerweise werden hier nicht mehr als vier Zeilen eingeblendet, wodurch die Schrift grundsätzlich recht groß und leserlich bleibt. Zur Navigation bietet das Vivo S7 Pro vier Pfeiltasten, welche das Manövrieren durch die verschiedenen Menüs vereinfacht. Für das Durchscrollen längerer Einträge oder Klänge dient andernfalls der komfortable Drehencoder, um schnell ans Ziel zu gelangen. Ein Taster mit dem Aufdruck „T2L“ ruft den True To Life-Editor auf, über den beispielsweise Dämpfer- und Saitenresonanzen beim Klavier eingestellt werden.
Bedient wird das Vivo S7 Pro ansonsten hauptsächlich über die 63 Drucktaster, die z. B. für das Auswählen der Klänge und das Navigieren durch die Menüs zuständig ist. Im Sound/Memory-Bereich etwa werden Klänge ähnlich wie bei einem Arranger-Keyboard über die klassischen Kategorien à la Piano, E-Piano, Strings, etc. aufgerufen. Außerdem verraten weitere Taster unterhalb der Klangsektion, dass das Vivo S7 nicht nur 4-fach-multitimbral ist, sondern auch als vollwertiges 4-Zonen-Masterkeyboard eingesetzt werden kann.
Weiter geht es links neben dem Display: Hier liegt die Effektsektion, in der Effekte für die verschiedenen Parts zugewiesen werden können. Über die Drehencoder lassen sich pro Effekt beispielsweise zwei Parameter stufenlos variieren: Ein schönes Feature, um etwa Delay-Zeit und Delay-Intensität zu bearbeiten, ohne sich dabei durch lästige Menüs zu klicken. Links außen befindet sich der vierte Bereich der Benutzeroberfläche, in dem verschiedene Funktionen untergebracht sind: Neben dem Reverb, dem Player sowie auch dem Master EQ gibt es hier Taster für die Chord-Freeze-Funktion sowie z. B. für das Einstellen der Oktavlage. Durch den symmetrischen Aufbau des Bedienfelds findet man sich hier gut zurecht!
Anschlüsse
Alle Anschlussmöglichkeiten des Vivo S7 Pro befinden sich auf der Rückseite des Gehäuses. Im Vergleich zum Vorgänger offenbart sich hier schon auf den ersten Blick, dass das Vivo S7 Pro etwas üppiger bestückt wurde. Zwar muss auch das Vivo S7 Pro noch mit einem externen Netzteil betrieben werden, in allen weiteren Anschlüssen ist es aber wirklich komfortabel ausgestattet. Beginnen wir rechts außen: Neben dem klassischen Audio-Ausgang im Klinkenformat bietet das Vivo S7 Pro nun auch zwei XLR-Ausgänge. Für die Bühne ist das eine echte Bereicherung, denn man kann sich gleich die DI-Box sparen. Daneben liegen vier Pedal-Anschlüsse, bei denen neben dem Expression-, Foot- und Damper-Pedal nun auch ein FX-Anschluss untergebracht ist.
So können Effektparameter neuerdings auch mit einem Pedal geregelt werden. In puncto Haltepedal ist es übrigens sehr erfreulich, dass das Vivo S7 Pro mit einem stufenlosen Haltepedal ausgeliefert wird. So können je nach Betätigen des Pedals verschiedene Dämpfungsgrade erzeugt werden – so, wie bei einem echten Piano eben. Über einen Schalter am Pedal lässt sich der stufenlose Pedalweg auch abschalten Abschließend finden wir – etwas weiter außen – die MIDI-Buchsen (MIDI In/Thru/Out) sowie zwei USB-Buchsen zum Verbinden mit einem Computer bzw. zum Aufstecken eines Speichermediums.
Klangerzeugung
Mit ihrer eigens entwickelten True To Life-Synthese hat sich der Hersteller Dexibell dazu entschlossen, Sampling- und Modeling-Technologien miteinander zu verbinden. Ebenso wie die bisherigen Modelle der Vivo-Serie besitzt auch unser Testkandidat eben diese T2L-Klangerzeugung, die höchsten Ansprüchen gerecht werden soll. Wie der Hersteller verrät, kommen hier beispielsweise Piano-Samples mit einer Länge von bis zu 15 Sekunden zum Einsatz. Die integrierte Audio-Engine arbeitet mit 48 kHz und 24 Bit. Daneben bietet Dexibell mit dem T2L-Editor eine Möglichkeit, klangliche Details wie z. B. Saitenresonanzen, Hammergeräusche und zahlreiche weitere Nebengeräusche einzustellen. Außerdem verspricht Dexibell mit den im Vivo S7 Pro befindlichen 320 Stimmen eine nahezu unendliche Polyphonie. Hören wir uns deshalb im Praxisteil genauer an, wie das klingt.
Weitere Funktionen
Unter den weiteren Features des Vivo S7 Pro befinden sich einige Funktionen, die man nicht in jedem Stagepiano findet. Dazu zählt beispielsweise eine Bluetooth-Schnittstelle, mit der man externes Audio-Material über Smartphones und Tablets über das Vivo S7 Pro abspielen kann. Wer zu seinen Lieblingssongs mitspielen möchte, der kann das dank dieses Features tun. Auch verfügt das Stagepiano über einen Player bzw. Recorder, über den das Gespielte in einer hohen Auflösung (d. h. 48 kHz und 24 bzw. 32 Bit) aufgenommen werden kann. Zum Abspielen erkennt das Vivo S7 Pro außerdem gängige Datenformate, wie MP3, WAV- und AIFF. Aufgezeichnet und abgespielt werden Audio-Daten über einen aufgesteckten USB-Stick.
Ein schönes Feature des Vivo S7 Pro gestattet das Wechseln von Presets ohne Abschneiden des vorangespielten Sounds. Klänge reißen beim Umschalten also nicht mehr ab. Ein spontanes Umschalten der Presets gelingt jetzt ganz „smooth“ und ohne Unterbrechungen – auch bei gehaltenem Sustainpedal. Mir persönlich gefällt beispielsweise die Tatsache, dass das Stagepiano per USB zeitgleich Audio- und MIDI-Daten sendet, was allerdings Nutzern von iOS, Mac bzw. Linux vorbehalten ist. Deutliches Potenzial versteckt sich auch in der Unterstützung des SoundFont2-Standards: Wer beispielsweise selber Samples erstellt, so wie es beispielsweise mit der Software Samplerobot möglich ist, der kann auch seine eigenen Sounds in das Vivo S7 Pro laden.