Was macht eigentlich einen Popsong unverwechselbar und welche Elemente machen einen echten Ohrwurm aus? Dieser Frage gehen wir nach und werfen einen Blick auf 10 besonders erfolgreiche Piano-Intros, die Musikgeschichte geschrieben haben.
Neben eingängigen Melodien und Lyrics entscheiden vor allem die Intros darüber, wie schnell ein Song erkannt wird. Je schneller, desto höher der Wiedererkennungswert. Manchmal reichen 1 bis 2 Takte und jeder weiß, um welchen Song es sich handelt. Bei Live-Konzerten ist dies besonders intensiv zu beobachten, wenn das Publikum beispielsweise schon nach den ersten Tönen des Intros euphorisch jubelt. Gänsehaut und starke Emotionen sind hier garantiert. Piano-Intros spielen beispielsweise in zahlreichen Hits eine Schlüsselrolle und sorgen dafür, dass man nicht mehr weghören kann!
Welche Aufgabe haben Piano-Intros?
Das Piano-Intro übernimmt die Aufgabe, in einen Musiktitel einzuleiten. Viele typische Piano-Intros stammen übrigens aus der Zeit der großen Singer und Songwriter wie Ray Charles, Aretha Franklin und viele andere. Das Interessante daran ist, dass diese Größen ihre Songs hauptsächlich am Klavier komponiert haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Upright-Piano oder einen Flügel handelt. Als zentrales Element sowohl für die Komposition als auch für die Performance war das Klavier schon immer unverzichtbar. So ist es nicht verwunderlich, dass auch heute noch viele Künstler ihre Songs am Klavier schreiben. Hinzu kommt, dass ein gutes Piano in fast jedem Tonstudio zu finden ist – der ideale Ort für ein kreatives Arbeiten.
Welche Besonderheiten beschreiben Piano-Intros?
Ein Piano-Intro legt sozusagen den Grundstein für die Stimmung, die Tonart, den Rhythmus und die Dramaturgie des Songs. Häufig greifen Piano-Intros musikalische Fragmente des Songs auf, beispielsweise die „Hookline“ des Refrains oder eine Melodie aus der Strophe. Gelegentlich übernimmt das Klavier-Intro auch ein rhythmisches Muster, das dem Song zugrunde liegt. Dabei unterscheidet sich das Piano-Intro von einem Piano-Riff in seiner Funktion: Das Riff ist oft ein rhythmischer Bestandteil der Musik, während das Piano-Intro eine in sich geschlossene Einheit bildet und den Song kunstvoll einleitet. Es gibt auch einige Beispiele, in denen das Klavier in einer fremden Tonart beginnt und gegen Ende des Intros kunstvoll in die Zieltonart überleitet. Die Möglichkeiten für ein raffiniertes Intro sind also sehr vielfältig.
In unserem Artikel stellen wir einige der besten Piano-Intros aller Zeiten vor!
Für dich ausgesucht
- Let It Be – The Beatles
- Money Money Money – Abba
- Lean On Me – Bill Withers
- Lose Yourself – Eminem
- If I Ain’t Got You – Alicia Keys
- Bring Me To Life – Evanescence
- Bridge Over Troubled Water – Simon & Garfunkel
- Mad World – Gary Jules & Michael Andrews
- My Baby Just Cares For Me – Nina Simone
- (Everything I Do) I Do It For You – Bryan Adams
Let It Be – The Beatles
Den Anfang machen die Urväter der heutigen Popmusik: die Beatles. „Let It Be“ gehört zu den Vorzeigesongs, wenn es um besonders prägnante Piano-Intros geht. Hier setzt das Klavier mit der Akkordfolge der Strophe ein und verzichtet gänzlich auf kunstvolle Verzierungen. Vielmehr wird der Viertelrhythmus von der rechten Hand gesetzt, während die linke Hand in Oktaven liegende Bässe spielt. Auch in dynamischer Hinsicht weist dieses Klavier-Intro eine interessante Entwicklung auf: Es beginnt im Fortissimo und wird im letzten der vier Takte immer leiser. So hat das viertaktige Piano-Intro einen schönen melodischen und dynamischen Bogen. „Let It Be“ erschien übrigens 1970 als Single aus ihrem zwölften Studioalbum und wurde – wie die meisten Songs – von Paul McCartney und John Lennon gemeinsam geschrieben.
Money Money Money – Abba
Weiter geht es mit einem echten Klassiker aus dem Jahr 1976. Die schwedische Band Abba landete mit ihrem Song „Money, Money, Money“ einen echten Hit, der unverkennbar mit einem knackigen Piano-Intro beginnt. Anders als bei den Beatles beginnt dieses Piano-Intro mit einem stakkatoartigen Achtelrhythmus und setzt in einer höheren Oktavlage ein. Auch hier wird das Akkordschema des Refrains übernommen. Die Melodie wird allerdings noch nicht verraten – lediglich die Akkorde werden hier arpeggiert. Die Erfolgs-Single hielt sich allein in Deutschland 5 Wochen an der Spitze der Charts und wurde weltweit zu einem großen Hit.
Lean On Me – Bill Withers
Bill Withers’ „Lean On Me“ ist nicht nur einer der erfolgreichsten Songs aller Zeiten, sondern hat auch ein besonders eingängiges Piano-Intro. Darin wird die Strophenmelodie mit Akkorden unterlegt und so in die erste Strophe geführt. Durch den Wechsel von Dur- und Moll-Akkorden hat das Piano-Intro zudem eine Nähe zum Gospel. Bill Withers komponierte den Song ursprünglich auf einem Wurlitzer Electric Piano und veröffentlichte ihn 1972. Als der Track 1988 von der Band Club Nouveau wiederveröffentlicht wurde, gewann Bill Withers damit einen Grammy als Songschreiber.
Lose Yourself – Eminem
Es dauert nur wenige Sekunden, bis man Eminems´ Titel „Lose Yourself“ wiedererkennt. Grund dafür ist das charakteristische Piano-Intro, das eine fast kindliche und sanfte Melodie erklingen lässt. Musikalisch steht das Intro damit in starkem Kontrast zum Rest des Titels, was als Stilmittel besonders wirkungsvoll ist. Durch die Klangbearbeitung mit einem Filter – zusammen mit dem Knistern einer Schallplatte – erzeugt das Intro eine nostalgische Stimmung. Hinzu kommt ein Orgelsound, der zunächst mit einem Pedalton eine traurige und dramatische Stimmung erzeugt. Interessant ist, dass dieses Piano-Intro kurz darauf von einer E-Gitarre abgelöst wird und sich der Charakter stark verändert.
If I Ain’t Got You – Alicia Keys
„If I Ain’t Got You“ ist der erste Song einer weiblichen Künstlerin, der sich länger als ein Jahr in den Hot R&B/HipHop Charts halten konnte. Der hohe Wiedererkennungswert des Titels liegt unter anderem in seinem Piano-Intro. Vier arpeggierte Akkorde in hoher Lage leiten den Song ein: Cmaj7, Bm7, Am7 und Gmaj7, also die Akkorde der ersten vier Stufen der Tonart G-Dur. Typisch für eine Ballade im Soul- und R&B-Bereich: die Verwendung von Vierklängen mit Septimen. Dadurch hat „If I Ain’t Got You“ eine gewisse Nähe zum Jazz. Alicia Keys spielt die Arpeggios so gefühlvoll und weich, dass man sich dieser romantischen Stimmung kaum entziehen kann.
Bring Me To Life – Evanescence
Für das nächste Beispiel machen wir einen Ausflug in den Bereich des Alternative Rock. Auch hier trägt das Piano-Intro wesentlich zum Wiedererkennungswert des Songs „Bring Me To Life” bei. Begleitet von Streichern spielt das Klavier in hoher Lage ein interessantes Pattern, das hauptsächlich aus Quarten, Quinten und Sexten besteht. Obwohl das Stück in der Tonart e-Moll steht, wird hier zunächst die Mollterz umspielt. Auch hier handelt es sich um einen Pedalton: Der Grundton E durchzieht den gesamten Part des Piano-Intros, und die wechselnden Akkorde darüber erzeugen eine dramatische Stimmung. Im Jahr 2004 gewann die Band Evanescence für diesen Song übrigens einen Grammy.
Bridge Over Troubled Water – Simon & Garfunkel
Musikalisch besonders interessant wird es bei Simon & Garfunkel. Mit ihrem Piano-Intro zu ihrer Ballade „Bridge Over Troubled Water“ haben sich die beiden Musiker unsterblich gemacht und ein Meisterwerk geschaffen. Darin gelingt es ihnen, verschiedene Momente und Emotionen des Songs zusammenzufassen – fast so, wie man es von einem Klappentext in einem Buch kennt. Dabei ist der Aufbau des Piano-Intros besonders detailliert ausgestaltet. Durch die breiten Akkorde wird der Zuhörer sofort an die Hand genommen. Der Bass bewegt sich teilweise gegenläufig zur Melodie, und die Stimmführung weist einige musikalische Finessen auf.
Mad World – Gary Jules & Michael Andrews
„Mad World“ wurde ursprünglich von der britischen Band Tears For Fears geschrieben und 1982 veröffentlicht. Vielen dürfte jedoch vor allem die später veröffentlichte Coverversion der beiden Amerikaner Gary Jules und Michael Andrews bekannt sein. Der Grund für den besonders stimmungsvollen Charakter dieser Version ist die Gesaltung des großartigen Piano-Intros des Songs. Der gedämpfte Klang eines Upright-Pianos mit Moderator-Filz erzeugt übverdies eine sehr intime und zerbrechliche Stimmung. Die Tonart f-Moll und die dorische Skala, auf der die beiden Akkorde f-Moll und B-Dur stehen, unterstützen diese Stimmung. Die simple, absteigende Melodie bietet dabei absoluten Ohrwurmcharakter.
My Baby Just Cares For Me – Nina Simone
„My Baby Just Cares For Me“ ist ein Jazz-Standard, der erst viel später von Nina Simone aufgenommen wurde. Das Stück wurde später noch einmal zu einem Hit, als es 1987 in einer Parfümwerbung verwendet wurde. Charakteristisch ist das swingende Piano-Intro, in dem der absteigende Walking-Bass fast schon eine Melodiefunktion übernimmt. Dazu kommen synkopierte Akkorde in der rechten Hand, die als dichte Vierklänge in jazztypischer Harmonik gesetzt sind.
(Everything I Do) I Do It For You – Bryan Adams
Zum Abschluss ein absoluter Klassiker. Mit seiner Rockballade „(Everything I Do) I Do It For You“ landete Bryan Adams 1991 in vielen Ländern einen Nummer-1-Hit. Dabei leitet das Piano-Intro ganz besonders elegant in den Song ein. Der helle Flügelklang, eine ordentliche Portion Hall und ein darunter liegendes Synthie-Pad gehören zu den typischen Stilelementen einer Piano-Ballade. Dabei skizziert das Piano in der rechten Hand die Melodie des Refrains, geschmückt mit einigen kleinen Verzierungen. Die linke Hand hingegen spielt einen Pedalton mit dem Grundton Db, über den sich die drei Akkorde Db, Ab und Gb bewegen. Dieses Stilmittel wurde vor allem in den 1980er Jahren verwendet, beispielsweise auch von Phil Collins, Elton John und Billie Joel.