Der E-Bass ist nach wie vor ein relativ junges Instrument, denn seine Geschichte beginnt erst so richtig ab dem Jahr 1951. In dieser Zeitspanne hat sich eine hohe Vielfalt verschiedener E-Bass-Modelle entwickelt. Einige E-Bass-Modelle haben sogar regelrecht Musikgeschichte geschrieben. Zehn dieser Klassiker wollen wir euch in diesem Artikel vorstellen!
Fender Precision 1951
Den E-Bass gab es bereits seit den 30er-Jahren, aber erst durch Leo Fenders innovative Kraft gelang der Durchbruch in Form von Fertigung in nennenswerten Stückzahlen. Mit der wachsenden Elektrifizierung und der steigenden Lautstärke dank besser und lauter werdender Verstärker in der Musik trugen die damaligen Kontrabassisten ein schweres Los – sie konnten unverstärkt immer schlechter mit ihren Ensembles mithalten!
Abhilfe schuf hier der kalifornische Radiomechaniker Leo Fender: Er entwarf einen Bass, den man problemlos verstärken konnte. Zudem sollte man auf dem Instrument aufgrund der Bundstäbchen im Griffbrett einfacher und präziser intonieren können – daher der Name “Precision”. Für zahlreiche Musiker – auch zum Beispiel Gitarristen, die sich durch mehr Vielseitigkeit weitere Jobs erschließen wollten – erleichterte dies den Zugang zum Instrument.
Grundvoraussetzung für den großen Erfolg dieses Bassmodells war aber vor allem die serielle Fertigung hoher Stückzahlen. Der Korpus des Ur-Precision-Basses bestand aus Erle oder Esche, der Hals mitsamt Griffbrett aus einem einzelnen Stück Ahorn.
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Hinzu gesellte sich noch ein Singlecoil-Tonabnehmer, welcher mittig zwischen Steg und Hals positioniert war. Gepaart mit den Röhrenamps aus der damaligen Zeit ergab diese Mischung einen vollen, warmen und runden Basssound, mit dem man sich als Bassist nun endlich wieder Gehör verschaffen konnte. Berühmte Fans bzw. User des Precision-Basses in seiner ursprünglichsten Form sind z. B. Dusty Hill von ZZ Top oder Superstar Sting.
Fender Precision ab 1957
Leo Fender entwickelte seine Produkte beständig weiter und hatte sein Ohr stets am Kunden. Trotz des großen Erfolges des Precision-Basses wünschten sich viele Bassisten eine etwas bequemere Bespielbarkeit und einen gegenüber Brumm-Einstreuungen weniger empfindlichen Tonabnehmer.
Heraus kam 1957 der Fender Precision, welchen wir nahezu unverändert bis heute kennen und lieben. Lehnte sich der Ur-Preci noch stark an Fenders Telecaster-Gitarre an, erhielt der Nachfolger ein deutlich eigenständigeres Design. Modifikationen gab es beim Korpus- und beim Halsprofil, der Sattelbreite und der Hardware. Der größte Schritt war aber sicherlich der Split Coil Pickup, der mit seiner Bauweise und Position den legendären Precision-Sound am stärksten prägt.
Dieser Klang beeinflusste von 1957 an die Musikgeschichte nachhaltig – und das in nahezu allen Stilistiken. Berühmte Player dieses absolut zeitlosen E-Bass-Modells sind z. B. James Jamerson, Duck Dunn, Pino Palladino, Roger Waters, Glenn Hughes, Steve Harris und unzählige mehr.
Fender Jazz Bass
Weitere drei Jahre später reagierte Leo Fender abermals auf die Rückmeldungen seiner Kunden. Erleichterung in Sachen Bespielbarkeit und vor allem mehr klangliche Flexibilität standen bei diesen ganz oben auf der Liste. Das Ergebnis war der Fender Jazz Bass, der sich ebenfalls bis heute kaum verändert hat.
Die Merkmale sind ein asymmetrisches Body-Design, schmalere Sattelbreite und zwei Singlecoil-Tonabnehmer mit je zwei Reglern für Lautstärke sowie eine passive Tonblende. Das eröffnete damals neue Klangwelten – der Stegpickup lieferte knackige und drahtige Sounds mit viel Attack, der Halspickup ein mächtiges Low End, ähnlich wie beim Precision Bass. Zusammengemischt ergaben die Tonabnehmer den typischen Jazz-Bass-Allroundsound “für alle Lebenslagen”.
Schon seit 1957 gab es bei Fender eine größere Auswahl bei den Farboptionen. Ab den 60er-Jahren stieg die Zahl der Optionen abermals deutlich an – auch und gerade beim Jazz Bass. Große Namen, die man mit dem Jazz Bass verbindet, sind z. B. Jaco Pastorius, Marcus Miller, Geddy Lee usw.
Music Man Stingray
1965 übergab Leo Fender gesundheitsbedingt seine Firma an den Medienkonzern CBS und war zunächst nur noch als Berater tätig. Als sich sein Gesundheitszustand besserte, war er zunehmend unzufrieden mit der Art und Weise, wie CBS seine Instrumente fertigte. Daher gründete er 1971 mit zwei Weggefährten die Firma Tri-Sonic, welche sich später zur Firma Music Man entwickelte.
Der nächste große Wurf für unsere Zunft erblickte 1976 das Licht der Welt: der Music Man Stingray Bass! Im Design spiegelten sich noch die ersten Kreationen Fenders wieder – die größte Innovation war sicherlich der fette Humbucker in der Nähe der Brücke inklusive der zweibandigen Aktiv-Elektronik, mit der man Bässe und Höhen boosten konnte.
Der tiefmittig-drückende Sound des Music Man Stingrays war ideal für Rock und den aufkommenden Heavy Metal geeignet. Die zusätzlichen Höhen der Aktiv-Elektronik machten den Music Man Stingray aber auch für alle Fans der damals noch jungen Slaptechnik interessant. Bekannte Stingray-User sind z. B. Bernard Edwards, Tony Levin, Louis Johnson, Tim Commerford, Michael Anthony, Flea …
Gibson EB-3
Der ewige Konkurrent Fenders war und ist die Firma Gibson. Bei Gitarren haben beide einen ähnlichen Kultstatus, bei seinen E-Bass-Modellen hingegen war Gibson in letzter Konsequenz nie so erfolgreich wie Fender, obwohl die Company ebenfalls ein paar coole Bassmodelle im Portfolio hatte und hat.
Einer davon ist der Gibson EB-3, vom Design stark an die SG-Gitarre angelehnt, weshalb er häufig “SG Bass” genannt wird. Sein Vorgänger war der EB-0, welcher einen Humbucker direkt Halsende hatte. Diese Pickup-Position hatte einen sehr basslastigen, aber auch etwas undifferenzierten Sound zur Folge, was dem Tonabnehmer den Spitznamen “Mudbucker” bescherte. Der EB-3 erhielt daher einen zusätzlichen Mini-Humbucker nahe des Steges, was für mehr Höhen, Attack und Transparenz im Sound sorgt.
Rockgeschichte schrieb der Gibson EB-3 mit Jack Bruce, seines Zeichens Bassist der legendären Band Cream mit Eric Clapton an der Gitarre und Ginger Baker an den Drums. Weitere berühmte Namen sind unter anderem Andy Fraser von Free und Trevor Bolton von David Bowies “Spiders from Mars” und – später – Uriah Heep.
Gibson Thunderbird
Dem nächsten Kandidaten aus der Gruppe der wichtigsten E-Bass-Modelle aller Zeiten wurde leider ebenfalls lange nicht der gebührende Erfolg zuteil. Die Rede ist vom Gibson Thunderbird, meiner persönlichen Meinung nach einer der coolsten Bässe überhaupt! 1963 begann erstmals die Produktion des “Donnervogels” mit dem ikonischen Design, damals in der sogenannten Reverse-Ausführung (unteres Korpushorn in Halsnähe länger).
Ein Mahagonikorpus und zwei Humbucker sorgten für einen mächtigen, drückenden und fauchigen Ton. Leider war aufgrund von Erfolglosigkeit 1965 bereits wieder Schluss, aber 1966 versuchte man es mit der Non-Reversed-Version (die Bodyform wurde quasi “gespiegelt”) noch einmal, musste aber 1969 wieder aufgeben. Und auch ein erneuter Reverse-Versuch in den 70er-Jahren war zunächst nicht von umwerfendem Erfolg gekrönt (1976-79). Die Zeit war scheinbar immer noch nicht reif für den Thunderbird.
Erst ab dem Relaunch von 1987 konnte sich der Gibson Thunderbird wirklich dauerhaft am Markt behaupten, und mittlerweile sind auch die Instrumente der früheren Serien heißbegehrt. Zu seinen Fans gehören Spieler wie Roger Glover (Deep Purple), Krist Novoselic (Nirvana), John Entwistle (The Who), Nikki Sixx (Motley Crüe), Pete Way (U.F.O.), etc.
Höfner 500/1
Dass dieser Bass im Volksmund auch “Beatles-” oder “Beatle”-Bass genannt wird, zeigt ungefähr die Dimension, in der dieses Instrument mit “Sir” Paul McCartney und den Beatles verknüpft wird. Sowohl die Form wie auch die Bauweise lehnen sich an eine Violine an. Der Korpus dieser speziellen E-Bass-Modelle ist hohl und Boden, Decke und Zargen werden auf ähnliche Weise miteinander und mit dem Hals verbunden, wie man es aus dem Streichinstrumentenbau kennt. Daher ist der zweite Spitzname des 500/1 auch “Violin Bass”.
Der Korpus ist vergleichsweise klein, die Mensur beträgt passend dazu nur 30 Zoll (762 mm). Zwei Humbucker sitzen entweder in der Nähe des Stegs und des Halses oder näher zusammen in der Nähe des Halses. Standesgemäß wird der 500/1 mit Flatwound-Saiten bestückt.
In der Summe ergeben diese Features jenen warmen und vollen Sound, der wie kaum ein zweiter Musikgeschichte geschrieben hat – und das auch nicht, wie z. B. beim Precision Bass, durch viele verschiedene Player, sondern einzig und allein aufgrund von Paul McCartney und den Beatles.
Rickenbacker 4001
Die amerikanische Company Rickenbacker hatte zwar 1957 mit dem Modell 4000 erstmalig ein E-Bass-Modell auf den Markt gebracht, aber erst mit dem 4001 stellte sich ab 1961 langsam Erfolg ein. Der 4001 hob sich in vielen Dingen stark von dem großen Namen Fender ab. In erster Linie ist da natürlich das Design zu nennen, hinzu kommen ein Ahornkorpus und allen voran der durchgehende Hals.
Zuerst als Sonderausstattung, später dann in Serie gab es die “Rick-O-Sound”-Elektronik. Neben der Möglichkeit, die beiden Singlecoil-Pickups als ein Monosignal abzugreifen, kann man via Stereoklinkenbuchse die Tonabnehmer einzeln abnehmen, um sie so z. B. zu verschiedenen Amps zu schicken.
Dank des Ahornbodies und des durchgehenden Halses bietet der Bass ordentlich Höhen, Attack und Sustain. Auch die Tiefen sind rund und ausgewogen, aufgrund der Holzauswahl sind die Mitten aber weniger stark ausgeprägt. Das ist hier aber positiv zu verstehen, denn diese Eigenart macht den besonderen Charakter des Rickenbacker 4001 aus. Mit ihm verbindet man Namen wie Chris Squire (YES), Roger Glover (Deep Purple), Cliff Burton (Metallica), Lemmy (Motörhead), Paul McCartney …
Der amerikanische Edelbass
Bei den nächsten beiden Kandidaten geht es nicht um ein spezielles E-Bass-Modell, sondern eher um eine besondere Art von Instrumenten. Den Anfang macht der amerikanische Edelbass: Seine Ursprünge liegen bei Ron Wickersham und Susan Frates, welche zusammen an der Westküste der USA in den 60er-Jahren die Firma Alembic gründeten.
Die Company war zunächst auf den Bau und das Modifizieren von PA-Systemen, Verstärkern und Elektroniken spezialisiert, der Schritt zum Instrumentenbau war von daher nicht mehr weit: 1971 erschien der Alembic Series I. Kennzeichen waren das opulente Omega-Design, erlesene Hölzer, ein durchgehender Hals und die proprietäre Elektronik samt Pickups.
Auch an der Ostküste – vor allem in New York – betraten ab Mitte der 70er-Jahre immer mehr Namen die Szene: Spector, Ken Smith, Fodera, Sadowsky, Carl Thompson, Michael Tobias etc. Gemeinsamkeiten sind im Vergleich zu den traditionelle (Fender-)Bässen deutlich aufwendigere Konstruktionen, ausgewählte und exquisite Hölzer, spektakuläre Deckenhölzer, häufig eigene Pickups und Aktiv-Elektroniken, Handarbeit, Bau auf Kundenwunsch, die nicht selten jedes Instrument zu einem Unikat werden lassen, usw.
Auch waren diese Companys zum großen Teil für den Erfolg von mehrsaitigen Bässen verantwortlich, denn diese gab es bis dato noch nicht so einfach von der Stange. Wenn man Anfang der 80er-Jahre einen Fünfsaiter haben wollte, dann musste man ihn selbst in Auftrag geben!
Relativ bald sprangen auch deutsche Bassbauer auf den Zug auf – heutzutage sind wir mit Namen wie Warwick, Sandberg, Marleaux, LeFay, Ritter, Human Base, Franz Bassguitars und vielen mehr gesegnet.
Moderne Innovatoren
Immer wieder gibt es Bassbauer, welche über den Tellerrand hinüber in andere Bereiche schauen und mit innovativen Konstruktionen und/oder Werkstoffen experimentieren. Zwei davon habe ich hier und heute exemplarisch ausgewählt.
Der Engländer Rob Green machte mit seiner Firma Status den Graphithals auf verschiedenen E-Bass-Modellen populär. Nicht ganz unbeteiligt daran war vor allem Bass-Superstar Mark King von der Band Level 42, der bis heute mit Status zusammenarbeitet. Graphit besitzt eine ähnliche Wärmeleitfähigkeit wie Holz, fühlt sich also nicht kalt und steril an. Dafür ist es jedoch extrem dicht und unempfindlich gegenüber klimatischen Schwankungen.
Eine sehr niedrige Saitenlage, viel Attack und ein schneller Rebound des Daumens beim Slappingsind die großen Vorteile, die sich aus der Verwendung dieses Werkstoffs ergeben. Daher erfreuten sich Status-Bässe besonderer Beliebtheit bei Freunden der Slaptechnik, vor allem Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre.
Die starre Mensur eines E-Basses ist hinsichtlich des physikalischen Verhältnisses von der Dicke einer Basssaite zu ihrer Länge immer ein Kompromiss. Um optimal schwingen zu können, bräuchten dickere Saiten eigentlich eine längere Mensur, dünnere dafür jedoch kürzere. Auch die Intonation würde sich dadurch verbessern.
Mitte der 80er-Jahre nahm sich ein Gitarrenbauer namens Ralph Novak dieses Problems an und entwarf sogenannte “Multiscale Instrumente”. Diese besaßen gefächerte Bünde (Fanned Frets), so dass jede Saite ihre ideale Mensur erhielt. Nicht viel später übernahm Sheldon Dingwall dieses Konzept – seither gibt es keinen Bass ohne Fanned Frets von dem kanadischen Bassbauer!
Bis vor wenigen Jahren war Dingwall mit diesen sehr speziellen E-Bass-Modellen noch relativ alleine am Markt. Da sich seine Instrumente jedoch immer größerer Beliebtheit vor allem in der Metal-Szene erfreuten, haben mittlerweile viele kleine und größere Hersteller nachgezogen. Sheldon Dingwall wird für immer derjenige Bassbauer bleiben, der von sich behaupten kann, als erster Hersteller diesen Weg beschritten zu haben.
Soweit für heute mit den wichtigsten E-Bass-Modellen aller Zeiten – bis zum nächsten Mal,
euer Thomas Meinlschmidt