In der Musikproduktion vieler Genres ist ein guter Vocal-Sound das A und O. Schließlich erzählen Gesang und Rap die Geschichte des Songs und transportieren einen Großteil der Emotionen. Beim Recording ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Take als Lead-Vocal favorisiert wird, der zwar kleine Timing- und Tonhöhen-Abweichungen hat, dafür aber Ausdruck und Gefühl des Songs gut rüberbringt. Die Emotion kann nur der Künstler selbst in seine Performance stecken, doch Tonhöhe, Timing und weiteres lassen sich mittlerweile nachträglich in der Software korrigieren.
Kein Wunder also, dass es auf dem Software-Markt unzählige Tools zum Editieren von Gesang, Rap und Sprache gibt. Bei der Masse an Plug-ins kann man allerdings schnell mal den Überblick verlieren. Welche Plug-ins braucht man also wirklich, um den Vocal-Sound nach Profi-Manier zu bearbeiten? Wir haben euch fünf Werkzeuge herausgesucht, mit denen erfahrene Engineers kleine Patzer kaschieren und den Vocal-Sound ihrer Produktionen polieren.
Details
1. Synchro Arts VocAlign Pro – Synchrone Takes
Damit die Vocals im Song unisono oder auch mehrstimmig klingen, werden im Recording Dopplungen, auch Backings genannt, aufgenommen. Einzelne Teile eines Arrangements werden dabei mehrfach „untereinander“ aufgezeichnet. Nicht zuletzt auch in unterschiedlichen Tonlagen, um Harmonien zu bilden, etwa im Refrain eines Songs. Beim Doppeln der Passagen entstehen natürlicherweise Timingunterschiede, die je nach Performance des Künstlers mehr oder weniger stark von der Hauptstimme abweichen. Das kann sogar so extrem ausfallen, dass es schon fast wie ein kurzes Delay klingt. Für tighte Vocals, die alle eng beisammen liegen, gilt es also diese Timing-Unstimmigkeiten zu korrigieren.
Genau hier kommt VocAlign Pro von Synchro Arts ins Spiel. Ursprünglich wurde das Plug-in entwickelt, um mittels ADR (Automatic Dialog Replacement) Sprache in Filmen nachträglich zu synchronisieren. Schnell machten sich Engineers das Tool zunutze, um in der Musikproduktion das Timing von Backing-Vocals automatisch zur Hauptstimme anzugleichen. Im Plug-in werden dabei die entsprechende Hauptspur und die anzugleichende Dopplung angewählt. VocAlign gleicht letztere dann automatisch an die Hauptspur an und bietet zudem Parameter, mit denen die Synchronisierung feinjustiert werden kann. Nicht nur im Pop- und Rockbereich, sondern auch bei der Korrektur von Rap macht der Einsatz dieses Plug-ins besonders Sinn. Zwar lässt sich auch jedes Wort in der DAW schneiden und faden, doch gerade bei schnellen Vocals, etwa Doubletime, nimmt VocAlign eine Menge Arbeit ab und spart somit Zeit!
Den Test zum Plug-in findet ihr hier.
2. Celemony Melodyne – Natürlich klingende Korrekturen
Melodyne aus der Berliner Softwareschmiede Celemony ist bekannt für seinen natürlichen Algorithmus bei der Korrektur von Tonhöhe und Timing. Das Tool wird gerne dann verwendet, wenn die Bearbeitung der Vocals möglichst unauffällig klingen soll. Die Software gibt es sowohl als Plug-in, zur Bearbeitung von Einzelspuren als auch als eigenständigen Editor, mit dem ganze Arrangements zu bewältigen sind und alle Spuren gleichzeitig dargestellt werden. Melodyne beherrscht neben der Tonhöhe auch die Editierung von Tonhöhendrifts, Vibrato und sogar Timing. Ein Vorteil von Melodyne ist die präzise Bearbeitung einzelner Noten bzw. Wörter. Darüber hinaus ist man mittels der speziell entwickelten DNA Technology sogar in der Lage, in gespielte Akkorde einzugreifen und nachträglich einzelne Noten zu korrigieren, weshalb Melodyne sogar die Editierung von mehrstimmig gespielten Instrumenten ermöglicht. Zwar müssen die zu bearbeitenden Spuren per Echtzeit-Aufnahme ins Melodyne Plug-in transferiert werden, jedoch ermöglicht die Software sehr gezielte Eingriffe auf einzelne Noten. Mittlerweile gibt es von weiteren Herstellern zwar ähnliche Editoren und auch einige DAWs, wie Cubase oder Logic sind serienmäßig mit vergleichbaren Onboard-Editoren ausgestattet. Wenn das Ergebnis möglichst natürlich klingen soll, ist der Melodyne-Algorithmus unschlagbar.
Hier geht es zum Testbericht.
3. Antares Auto-Tune – Die Mutter aller Tonhöhenkorrekturen
Antares Auto-Tune ist ein Plug-in zur Tonhöhenkorrektur in Echtzeit. Seit der Erfindung des Plug-ins wurden mit Auto-Tune die Vocals unzähliger Hits begradigt. Die Software ist im Volksmund auch als T-Pain- oder Cher-Effekt bekannt. Dabei handelt es sich um eine extreme Einstellung des Retune-Parameters, welcher für die Geschwindigkeit der Tonhöhenkorrektur zuständig ist. Wird dieser auf 0 Millisekunden gesetzt, entsteht der roboterartige „Auto-Tune-Effekt“. Doch abgesehen von dieser (nach rund 20 Jahren noch immer nicht totgehörten) Extrem-Einstellung kann Auto-Tune bei dezentem Einsatz auch unauffällig klingen und hat daher auch schon so manchem Star zum wohlklingenden Hit verholfen. Man sagt, dass durch Auto-Tune sogar Menschen singen können, die eigentlich nicht singen können. Da Auto-Tune ohne Editor auskommen muss, lässt es im Vergleich zu Melodyne kaum präzise Editierungen einzelner Noten zu. Sollen die Vocals absolut „on Point“ sein, ist oftmals eine Kombination aus beiden Plug-ins sinnvoll: So erhält man glattgebügelte Vocals und kann Problempassagen (die sich mit Auto-Tune alleine nicht in den Griff bekommen lassen) zudem mit Melodyne gezielt „anpacken“ und korrigieren.
Den Testbericht zu Auto-Tune gibt es hier.
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4. Synchro Arts Revoice Pro – Künstliche Backing-Generierung, Timing und Pitch
Revoice Pro, ebenfalls von Synchro Arts, bietet unter anderem die automatische Angleichung von mehreren Vocal-Takes, ähnlich wie VocAlign. Ein ganz besonderes Highlight des Plug-ins ist allerdings die künstliche Erzeugung von Dopplungen. So können beispielsweise von einer Lead-Vocal automatisch Backing-Vocals generiert werden. Der Klang dieses Features ist dabei so authentischen, wie es kaum ein zweites Tool schafft. Hinzu kommen Features zur präzisen Editierung von s-Lauten, ein Editor zur Tonhöhenkorrektur, Warp sowie eine gute DAW-Integration. Neben der Möglichkeit, die Spuren aufzuzeichnen, ist Revoice nämlich in der Lage, die Audiofiles via Copy/Paste oder aber Drag and Drop zu importieren, was die Vocal-Editierung um einiges beschleunigt.
Hier geht es zum Test!
5. Antares Harmony Engine EVO – Künstliche Harmonien erzeugen
Harmony Engine, ebenfalls aus dem Hause Antares, ermöglicht die Generierung künstlicher Harmonien. Im Plug-in lässt sich der Grundton des Songs sowie die Stimmlage des Ausgangsmaterials in Sopran, Alt, Tenor, Bass usw. definieren, woraufhin bis zu vier Harmonien erzeugt werden können. Damit der Effekt möglichst natürlich klingt, können feine Abweichungen in puncto Verzögerung, Tonhöhenabweichung und Lautstärke zu generiert werden. Der Mixer, mit dem sich die Stimmen dem Original hinzumischen lassen, verfügt über Gain, Panorama, Mute und Solo. Bis zu 16 künstliche Dopplungen der erzeugten Stimmen sind in der Choir-Sektion hinzuschaltbar, wodurch der Effekt erzeugt wird, dass die Harmonien mehrfach eingesungen wurden. Die Ergebnisse klingen besonders dann sehr authentisch, wenn das Ausgangsmaterial zuvor mit Melodyne, Auto-Tune und Co. korrigiert wurde.
Hier geht es zum Test!
Natürlich gibt es neben den genannten Plug-ins noch viele weitere Tools, mit denen ihr eure Vocals editieren könnt. Viele DAWs sind bereits von Haus aus – je nach Bedarf – mit ausreichenden Editoren und Plug-ins ausgerüstet. Letztlich kommt es auch auf die eigene Arbeitsweise an, welche Werkzeuge die Vocal-Bearbeitung im individuellen Fall erleichtern oder beschleunigen. Welche Tools sind eure persönlichen Favoriten, die ihr nicht mehr missen möchtet? Schreibt uns einfach in die Kommentare, mit welchen Plug-ins ihr eure Vocals editiert!
Was ihr bei der Editierung von Vocals beachtet solltet, erfahrt ihr in unserem Vocal-Production-Workshop!