Ganz bewusst hast du ihn gewählt: Tontechniker am FOH – dein Traumjob! Denn du wolltest mitten drin sein, in der großen Welt der tollsten Events. Den berühmtesten Stars auf der Aftershow-Party die Hand schütteln und dich für deine perfekte Arbeit von ihnen huldigen lassen. Natürlich alles vollkommen entspannt. Aus deiner leicht verklärten Perspektive bist du davon ausgegangen, du würdest bequem hinter dem Mischpult (zu unserem Kaufberater) Platz nehmen und dann die Macht der Fader in der Hand haben.
Anstrengend oder gar körperlich belastend kann das doch nicht sein. Oder? Mittlerweile weißt du längst, dass Theorie und Praxis meilenweit auseinanderklaffen. Und du betrachtest dich mit ein wenig Selbstmitleid nach dem „ganzheitlichen Prinzip“: Körper, Seele und Nerven wie Drahtseile. Oder so ähnlich heißt das wohl. Ein Held wie jeder andere, der langsam diese ganz speziellen, berufsbedingten Folgen spürt…
Bandscheibe, ick hör‘ dir pfeifen
Dass es zahlreiche Spezialaufgaben bei Bühnenbestückung und Aufbau gibt, war dir vollkommen klar. Keine Frage, schließlich sind das unterschiedlichste Dinge, die erledigt werden wollen, bis das Gesamtkonstrukt erstmal steht. Zwar wurdest du in deiner Realität bestätigt, dass die anfallenden Tätigkeiten grundverschieden sind. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Tontechniker vom Kistenschieben, Verkabeln, Riggen und mehr befreit ist. Ganz im Gegenteil: Arbeitsteilung heißt für dich, dass du dir die Arbeit mit dir selbst teilst. Und erst dann, wenn die Tonnen von Equipment sich an ihrem bevorzugten Platz, näherst du dich dem Pult. Deine Bandscheibe signalisiert dir: Du bist gewissermaßen ein Möbelpacker mit Zusatzqualifikation. Von Entspannung keine Spur.
Immer auf die Ohren
Coole Musik hören und deinen Teil dazu beitragen, dass die richtig kesselt? Ja gerne! Warum aber immer diese abgedrehten Dinger beim Soundcheck, wo es jeder schon krachen lässt, bevor du dich unter die schützenden Kopfhörer verkriechen konntest? Der Fluchtweg nimmt seinen Lauf. Rauf damit auf die Hörmuscheln. Wirkliche Abhilfe schaffst du damit nicht. Nächste Erkenntnis für dich: Es geht nicht nur darum, wie man etwas hört, sondern auch, was man hört. Und natürlich horchst du während Soundcheck und Konzert auch immer wieder in den Raum. Der Freifahrtschein für die werten Gäste, dich voll zu quasseln. Und schon wieder gibt’s auf die Ohren.
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Augenfreundlich schreibt sich anders
Tageslicht mausert sich im Laufe der Zeit zum unbekannten Fremdwort, dessen Bedeutung du allenfalls noch vermuten kannst. Die Light-, Effekt- und Pyro-Show der Bands wird in heutigen Zeiten immer abgefahrener. Permanent wirst du von irgendwelchen Blitzen, Lasern, Gobos und mehr umzingelt. Und wenn das dann mal nicht so ist, wird’s einfach dunkel. Deinen Arbeitsplatz darfst du auch nicht taghell beleuchten; das stört die Show. Ein tolles Beispiel dafür ist, dass die Displays der Geräte hintergrundbeleuchtet sind. Warum? Naja, damit du überhaupt was erkennen kannst. Beim Optiker deines Vertrauens kannst du schon mal rechtzeitig einen Termin machen. Die menschlichen Linsen sind nicht für die dauerhafte Nacht erschaffen.
Die Liebe geht DURCH, der Job AUF den Magen
Koffein wird zu deinem ständigen Begleiter. Der Retter in der Not, um nicht vor Übermüdung während des Jobs einfach einzupennen. Manche Kaffeemaschine hat in Technikerkreisen längst einen Kosenamen erhalten und wird zum Ehrenmitglied der Crew gekürt. Ob das in diesen Mengen unbedingt gut ist, wage ich – gelinde gesagt – zu bezweifeln. Schließlich kommt dazu auch noch die meistens unregelmäßige bis gar keine Ernährung. Ganz zu schweigen davon, was dir sonst noch alles sprichwörtlich auf den Magen schlagen kann.
Das besondere Kostüm
Zu den Körperteilen, die am allermeisten beansprucht werden, gehören dein Hirn und deine Nerven. Du bist es gewohnt, dass alle Beteiligten ständig Sonderwünsche haben, jeder einzelne davon „höchst dringend“ ist und schnellstens abgearbeitet werden muss. Du unterliegst einer permanenten Reizüberflutung. Und so viel ist mal sicher: Wenn’s gut läuft, ist das der Erfolg der anderen. Passieren Fehler (meistens bei den anderen), schiebt man dir die Schuld in die Schuhe. Am besten kauf dir die Schuhe schon mal drei Nummern größer. Und pass‘ unbedingt auf dein Nervenkostüm auf. Das brauchst du noch lange.